Teil 1: Grundlagen

Von Jörn Heller am 13.Jan. 2015

Das erste Kapitel unserer Artikelreihe beschäftigt sich zunächst mit einigen Grundlagen. In weiteren Beiträgen folgt dann ein Blick auf die derzeit neueste Entwicklung der Lawinenkunde in Form der Mustererkennung, die vor allem in der Schweiz und in Tirol entwickelt wurde.

Diese Annäherung an den Winter geschieht auf zwei Ebenen: Einerseits auf der Ebene der Ausrüstung in Form von „Check your equipment and safety gear", andererseits auf einer mental-inhaltlichen Ebene: Lawinenkundliches Wissen auffrischen und optimieren, Lawinenlageberichte und Wetterberichte regelmäßig verfolgen und einholen, um einen generellen Überblick auf die Niederschlagsperioden und den Schneedeckenaufbau zu bekommen und den bewussten Wiedereinstieg in das komplexe Feld der Schnee- und Lawinenkunde zu erleichtern.

Der Vollständigkeit halber sei hier am Rande erwähnt, dass es selbstverständlich auch eine dritte Ebene, die der physischen Vorbereitung, gibt. Doch auf diese soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.

1. „Check your equipment and safety gear"
Allgemein: Die gesamte Tourenausrüstung sollte vor jeder Saison auf Vollständigkeit überprüft, gewartet und ggf. ausgetauscht werden.

  1.  Haften die Felle zuverlässig und sind sie imprägniert?
  2.  „Help yourself": Hast du das notwendigste Werkzeug (Multitool, Gaffa Tape, Kabelbinder, etc.) für den Fall des Falles dabei?
  3.  Ist die Funktion der Bindung gewährleistet, die Bindung korrekt justiert (Auslösewerte), die Kanten geschliffen, der Belag in Ordnung und gewachst?
  4.  Gut gerüstet: Warme Reservehandschuhe und eine Sturmhaube gehören in jeden Winterrucksack. Empfindlicheren Gemütern sei ein „Hot Pack" als eiserne Reserve (im 1. Hilfe Paket deponiert) empfohlen.
  5.  Selten im Hochwinter aber spätestens ab Ende Februar sollten auch die Harscheisen wieder „mit an Bord" sein.

Generell: Weitere Notfallausrüstung überprüfen und ggf. ergänzen bzw. ersetzen.

  1. First Aid Kit: Ist dieses vollständig, wasserdicht verpackt und im Freeride Rucksack?
  2. Ein 2- Personen Biwaksack und Rettungsdecke sind für verantwortungsbewusste Freerider und Tourengeher Minimalstandard, ein Sam Splint (klein verpackbare, leichte Faltschiene) und eine leichte kompakte Stirnlampe für den Notfall sind eine sinnvolle Ergänzung.

Safety gear:
POWDERN? ABER SICHER!
Beim Klettern ist der Partnercheck seit vielen Jahren selbstverständlich. Auch beim Freeriden und auf Skitour ist es wichtig, seine Ausrüstung rechtzeitig vor jedem Winter zu prüfen. Folgende Checkliste solltest du vor jeder Saison durchgehen:

Lawinenverschüttetensuchgerät

Lawinenairbags

Natürlich müssen Schaufel und Sonde einwandfrei funktionieren und dürfen im Rucksack nicht fehlen! Alles klar? Dann steht deinem Powder-Vergnügen nichts mehr im Weg! Falls du Fragen zu Equipment und Wartung hast, wende dich an deinen Fachhändler.

2. Mental – inhaltliche Ebene
Ein Sprichwort sagt: „Aus den Augen aus dem Sinn". Sind wir mal ehrlich, geht es uns nicht (fast) allen gleich? Schnee- und Lawinenkunde ist ein dynamisches und ein sehr komplexes Thema. Rechtzeitig vor Beginn der Wintersaison gilt es, das angestaubte Wissen wieder aufzufrischen und ein Gespür für den Schnee, die Schneedecke und die gesamte Materie zu entwickeln.

  • Wissen kannst du auffrischen durch: Fachliteratur, Internetrecherchen, Führerliteratur und Kartenstudium, das aktuelle Faltblatt „Achtung Lawinen" oder aber auch durch einen Wiederauffrischungskurs bei einem professionellen Anbieter, wie z.B.  Mammut Alpine School oder SAAC.
  • Einen Überblick verschaffst du dir durch die regelmäßige bzw. tägliche Konsultation der Lawinenlage- und der Wetterberichte: Wo hat es wann, wieviel und unter welchen Umständen geschneit?
  • 3 x W: Wie hoch ist die Lawinenwarnstufe, Wo (Exposition, Höhenlage, Steilheit, Hangform + Zusatzinformationen) ist es am gefährlichsten und Was ist das aktuelle Hauptgefahrenmuster (Ursache und Zusatzbelastung)?

Diese Informationen gilt es dann bei der Planung der Tour systematisch und strukturiert in einen Gesamtzusammenhang zu bringen (Probabilistik, 3x3 der Tourenplanung mit der DAV Snowcard oder der Reduktionsmethode, Limits). Doch das ist ein eigenes Thema und wird hier nicht behandelt.

Nur wer diese Informationen versteht und verinnerlicht, kann draußen auf Tour wahrnehmen und nur wer wahrnimmt, kann handeln und eigenverantwortlich entscheiden.

Literatur
Damit ihr euch optimal vorbereiten könnt, haben wir hier einige Literaturempfehlungen zusammengestellt:


In den noch folgenden Beiträgen werden wir dann im Detail auf das Konzept der Mustererkennung eingehen. Das methodisch didaktische Konzept der Mustererkennung benennt immer wiederkehrende Lawinenmuster und ist der analytischen Säule der modernen strategischen Lawinenkunde zuzuordnen. Es existieren zehn Tiroler und vier Schweizer Muster, wobei sich die Beiträge auf die vier Schweizer Muster (Neuschnee, Triebschnee, Nassschnee und Altschnee) beschränken, denen sich die weiter ausdifferenzierten Tiroler Muster zuordnen lassen.

Zum Autor:
Jörn Heller ist seit mehr als 20 Jahren staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, Mitglied im Bundeslehrteam des DAV, seit 1995 freier Mitarbeiter bei der Mammut Sports Group AG und Bergführer bei der Mammut Alpine School. Als begeisterter Freerider und Skitourengeher ist Schnee- und Lawinenkunde eines seiner „Steckenpferde" und er ist regelmäßig von Neuem beeindruckt und voller Demut ob der „Überraschungen", die die Schneedecke für uns bereit hält.

„Denn merke, die Lawine weiß nicht, dass du ein Experte bist"... (W. Munter)
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