Black Diamond Ski „Handmade in Austria"

Black Diamond Ski „Handmade in Austria"

Von JuliaS am 28.Sep. 2017

20170928 BD1Ich fühl mich wie ein Kind im Zuckerlgeschäft. Eventuell auch wie Charlie in der Schokoladenfabrik, das hab ich noch nicht zu hundert Prozent entschieden. Überall stehen sie bunt und in allen Farben des Regenbogens herum, schon in Folie gepackt oder noch nicht verpackt, alleine oder paarweise oder gestapelt. Ich möchte am liebsten alle angreifen und jeden einzelnen aus den Regalen nehmen. So ungefähr sieht für mich das Paradies aus, also zumindest wäre es mein Shoppingparadies, wenn es was zu kaufen gäbe.

Gibt es aber nicht, zumindest nicht für mich, ich stehe nämlich auf Einladung von Black Diamond mitten in der Skiproduktion von Blizzard in Mittersill. Hier im Pinzgau werden nicht nur Ski für die Hausmarke hergestellt, sondern auch für andere Brands: Für Nordica, das wie Blizzard ebenfalls zur Tecnica-Group gehört, einige andere OEM-Partner (Erstausrüster, Anm.), die hochwertige Premiumprodukte handmade in Austria brauchen und eben Black Diamond. „Wirtschaftlich bot es sich 2008 für Black Diamond an, mit der Skiproduktion in einem eigenen Werk in China zu produzieren. Seit der Kollektion Fall 2015 – die Vorlaufzeit beträgt ca. 2 Jahre - werden die Ski in Österreich hergestellt“, erklärt Christian Lehmann, Sports Marketing und Pro Sales Manager Europe. Mag. Helmut Exenberger, Geschäftsleiter der Blizzard Sport GmbH, ergänzt: „Wir freuen uns über die äußerst partnerschaftliche und erfolgreiche Kooperation mit Black Diamond, da Black Diamond als Anbieter hochwertiger Ski ‚Handmade in Austria‘ perfekt zu unserer Fokussierung auf Premiumprodukte passt. Darüber hinaus schätzen wir die sehr professionelle und wertschätzende menschliche Art der Zusammenarbeit mit Black Diamond.“ Wie genau hier bei Blizzard die Ski entstehen, dürfen wir uns heute ansehen. Bevor wir uns von den Fahreigenschaften der Ski „Made in Austria“ selbst überzeugen können. Also zurück zum Anfang.

20170928 BD2Dort, also am Anfang, ist von einem Ski weit und breit noch nichts zu sehen. Viel eher fühlt man sich wie in einem Holzverarbeitungsbetrieb – überall liegen stapelweise Holzbretter. Die sind aber tatsächlich das Innenleben eines Sandwich-Skis, denn das sind nicht einfach nur Bretter, sondern verleimte parallele Furnierholzkerne. Und in jedem einzelnen Ski steckt ein solcher. „Hier in Mittersill produzieren wir ausschließlich Ski in Sandwich-Bauweise. Die geschäumten Ski werden in unserem Werk in der Ukraine hergestellt“, erklärt uns Jörg Moosbrugger, Head of Mould Construction bei Blizzard. Verwendet werden hauptsächlich heimische Hölzer wie Buche, Pappel oder Esche; falls doch Exoten wie Paulownia, Okoume oder Bambus zum Einsatz kommen, so stammen diese Plantagenhölzer aus nachhaltiger Produktion. Die Kombination der Hölzer macht später die Charakteristik des Skis aus. Black Diamond wählt zum einen ultraleichte Balsa/Flachs-Kerne für die Helio Carbon Ski und zum anderen Pappelkerne für die Route und Boundary Serien. Zuerst wird jedoch aus dem Rohkern der taillierte Kern gefräst, auf den anschließend die Seitenwange aufgebracht wird. Der Holzkern ist also direkt für die Taillierung des Skis verantwortlich. Abschließend wird der Kern „dickenverteilt“. Bis jetzt war er ja an allen Stellen genau gleich dick wie die Furnierholzlatte, aus der er gefertigt wurde. Jetzt aber wird er so gefräst, dass diejenigen Teile des Holzkerns, die später leichter und weicher sein sollen, dünner gefräst werden, die stabilen Teile aber dicker bleiben. Diese Dickenverteilung macht die Performance des Skis aus, so werden für Frauenmodelle zwar die gleichen Werkzeuge verwendet (dazu später noch mehr), allerdings besteht der Kern erstens aus anderen Hölzern, die zweitens auch anders dickenverteilt sind. Die angelieferten Holzkerne werden noch vor dem ersten Arbeitsschritt geprüft. „Holz ist ein natürlicher Rohstoff, daher sind keine zwei Kerne gleich steif. Durch eine engmaschige Qualitätskontrolle erzielen wir trotzdem nahezu identische Skieigenschaften“, erklärt Jörg.

Natürlich beeinflussen auch andere Einlagen die Charakteristik eines Skis: „Die Titanal-Bindungsverstärkungen kommen beispielsweise aus dem Telemarken, die erhöhen die Torsionssteifigkeit“, erzählt uns Fred Bernard, Black Diamond Athlet und Bergführer aus Chamonix. „Beim Black Diamond Route kommt beispielsweise auch kein Karbon zum Einsatz. Daher ist der Ski zwar ein wenig schwerer als der Helio mit den gleichen Maßen, fährt sich aber komfortabler und lässt sich vielseitiger einsetzen.“ Diese zusätzlichen Lagen aus Karbon, Fiberglas oder Titanal werden erst sehr viel später im Herstellungsprozess benötigt, noch sind wir bei den Basics.

Der Holzkern ist verwendungsbereit, was braucht ein Ski noch? Klar, einen Belag. Einfärbig schwarz, das ist zwar nicht vorbei, aber mittlerweile lassen sich die irrsten Design-Varianten produzieren. Per Hand übrigens, denn für Vollautomatisierung sind die produzierten Stückzahlen viel zu gering. „Das Um und Auf ist, dass die Pressen in der richtigen Reihenfolge versorgt werden.“ Die Beläge kommen in Rollen und werden in einem ersten Schritt auf die richtige Länge zugeschnitten. Kontrastfarbige Logoinserts oder Designelemente werden – ebenfalls per Hand - ausgestanzt und in der jeweiligen Farbe anschließend neu eingeklebt. Erst ganz zum Schluss fräst eine CNC-Fräsmaschine den Belag dann in die entsprechende Geometrie.

20170928 BD3Gerüchten zufolge sucht eine große Anzahl an Skifahrern ihren Ski allerdings nicht nach Innenleben oder Belag aus, sondern weil ihnen das Topsheet so gut gefällt, die hübsche Oberfläche. Auch wenn die für die Performance eines Skis nicht ausschlaggebend ist, steckt doch eine Menge Technologie und KnowHow drin. Prinzipiell werden im Moment zwei unterschiedliche Verfahren eingesetzt: einerseits das traditionelle Siebdruckverfahren, andererseits Thermosublimation. „Aktuell stehen wir ungefähr bei 50% Siebdruck, 50% Sublimation“, gibt Jörg auf Nachfrage Auskunft. Der Siebdruck hat einige Vorteile: das Verfahren ist hoch präzise, es lassen sich auch Spezialeffekte wie Metallicfarben aufbringen und es ist bei großen Stückzahlen sehr kostengünstig. Beim Siebdruck wird jede verwendete Farbe mittels Rakel einzeln durch ein eigenes, semidurchlässiges Sieb aufgetragen. Die letzte Schicht ist immer weiß, um die Strahlkraft der Farben zu erhöhen. Einfache Rechenaufgabe: wenn es von einem Skimodell 5 Längen gibt und das Topsheet 3 Farben hat, so benötigt man 15 Siebe. Im Gegensatz dazu funktioniert das Thermosublimationsverfahren ähnlich wie Bügelfolie für Textilien: Ein Tintenstrahldrucker druckt das Topsheet-Motiv auf Transferpapier, das in der Sublimationspresse bei großem Druck und hoher Temperatur auf die Oberflächenfolie aufgebracht wird. Verwendet wird diese Methode vor allem bei aufwändigen Designs wie Farbverläufen – die lassen sich im Siebdruckverfahren gar nicht realisieren. Auch fotorealistische Bilder können so auf einem Paar Ski landen. Zusätzlicher Pluspunkt: das Verfahren ist flexibel und schnell. Die Zukunft des Topsheet-Designs liegt aber im Direktdruck: „Noch ist das Verfahren aber nicht so weit, es gibt aktuell noch Probleme mit der Farbhaftung. Außerdem sind die entsprechenden Maschinen sehr teuer“, erklärt Jörg.

20170928 BD4Die wichtigsten Einzelteile sind bereit, jetzt geht’s ans Zusammenbauen. Auch das passiert in Handarbeit. Jetzt kommen auch endlich die zu Beginn erwähnten Werkzeuge zum Einsatz. Diese „Werkzeuge“ sind die Aluminiumformen, in die die Bestandteile des Skis schichtweise eingelegt werden, um anschließend unter Druck und Temperatur verklebt zu werden. „Für jeden Ski und jede Länge muss ein eigenes Werkzeug hergestellt werden. Diese Werkzeuge sind das Spezielle, das Kapital unserer Skiproduktion“, führt Jörg gerne und stolz aus. „Das Sandwich-Pressverfahren ist dann eigentlich keine Hexerei mehr. Wir verkleben die Bauteile mittlerweile mit Prepregs, das sind Epoxi-getränkte Glasfasermatten, die in halbfertigem Zustand tiefgefroren werden und erst bei der Verwendung auf 140° erhitzt und ausgehärtet werden.“ Das Tiefkühlen ist notwendig, um die Haltbarkeit der Prepregs zu gewährleisten. Warum aber überhaupt Prepregs? „Dadurch fällt das händische Einpinseln mit Epoxiharz weg. Eine ziemliche Patzerei…“ Umweltfreundlichere Alternativen zu Epoxi gibt es aktuell nicht. „Momentan geht ohne Epoxi nichts, das Harz ist ein Must in der Skiproduktion. Wir sehen die Chemiekonzerne in der Verantwortung, umweltfreundliche Alternativen zu entwickeln.“ Der fertige Ski aus der Presse wird noch kontrolliert, dann kommt er in die Schleiferei.

Hier sprühen die Funken! Zuallererst wird der Überstand aus dem Pressverfahren mit einer Bandsäge entfernt und Tip bzw. Tail des Skis manuell vorgeschliffen. Danach kommt der Ski in die 1. Schleiflinie, die „Bandlinie“. Der Name kommt von den Bandschleifautomaten, die den Ski bearbeiten: Sie entfernen Schaum und Klebereste und schleifen Kanten und Seitenwangen. Danach geht’s ab in die „Steinlinie“ zum Planschleifen des Belags. Zu guter Letzt schließlich erfolgt in der „Tuninglinie“ der Feinschliff: Die Lauffläche wird strukturiert und die Kanten präpariert. Und dann, ja dann kommt der fertige Ski zu seinen Kollegen aufs fahrbare Regal Richtung Endausfertigung. Wenn der arme Ski allerdings Pech hat, dann wird er von der Qualitätskontrolle ausgewählt und sein letztes Stündchen hat geschlagen, bevor er jemals den Schnee berühren konnte. Denn Qualitätskontrolle ist nur ein anderes Wort für Gemetzel: Ski werden zerbrochen, zerhämmert, zerstört – um sicherzustellen, dass sich auch keine Fabrikationsfehler eingeschlichen haben. Hier ist noch keines der Bretter wieder raus gekommen…

20170928 BD5Diejenigen, die nicht der Stichprobenziehung zum Opfer gefallen sind, werden jetzt in der Endausfertigung ausgehfein gemacht. Die Schutzfolie, die vom ersten Arbeitsschritt an die Oberfläche des Skis geschützt hat, wird abgezogen, danach wird der Ski vollautomatisch hinsichtlich Gewicht, Vorspannung und Biegekennwert vermessen. Wie schon gesagt, ist jeder Holzkern einzigartig, demnach auch jeder aus einem solchen hergestellte Ski. Selbst die Ski derselben Serie, die exakt gleich sein sollten, können sich in diesen Werten unterscheiden. Deshalb werden auch erst nach der Vermessung Paare aus deckungsgleichen Einzelski gebildet. Außerdem werden noch Platten, Skispitzen und sonstige Applikationen montiert, bevor sich die Endkontrolle die Ski nochmals vornimmt. Auf jeden Ski kommt die Seriennummer, er wird gewachst und poliert, die Kante konserviert und paarweise werden sie in Folie verpackt.

Hier im Lager steh ich jetzt also vor dem „Süßigkeitenregal“ und könnte mich gar nicht entscheiden. Gut, dass ich das auch jetzt noch nicht muss – zuerst geht’s noch mit der BD Crew zum Skifahren, um die Skier der kommenden Saison gleich zu testen. Nach diesem Vormittag und den vielen Infos passt man gleich noch mehr darauf auf, wie sich die Ski in ihren Fahreigenschaften unterscheiden. Und die Unterschiede sind wirklich groß! Zu welchen Ski die BD-Athleten greifen? „Das hängt von den Bedingungen ab“, antwortet der Osttiroler Steilwandskifahrer Thomas Gaisbacher. Er fährt am liebsten den Boundary Pro 115 oder den Helio 105. Der gehört auch zu den Favoriten von Freeriderin Giulia Monego: „Trotz Karbon und Leichtbauweise ist der Helio ein Easy-Skiing-Ski.“ Fred Bernard und Jérémy Prevost setzen dafür auf den Boundary Pro 115 bzw. 107. Im Sulz am Paß Thurn fährt sich aber auch der Route sehr spaßig. Wäre ich das kleine Kind im Zuckerlgeschäft, dann bräuchte ich wohl noch ein bisschen für meine Entscheidung…

Offenlegung:

Der Besuch der Blizzard Skiproduktion in Mittersill erfolgte auf Einladung von Black Diamond Equipment Europe S.à.r.l.

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