DEEP & RAW - a journey to Japan

DEEP & RAW - a journey to Japan

Von Tine Listl am 6.Nov. 2019

Skifahren im Land der aufgehenden Sonne

 

Wer an Japan denkt, denkt meist an Tokyo, Kirschblüten und Sushi. Doch in der Freeride-Szene steht Japan für unendliche Schneemengen und den leichtesten und fluffigsten Schnee weltweit.

Info:

Der Grund für diese Schneeverhältnisse in Japan und besonders auf der nördlichsten Insel Hokkaido ist die Nähe zu Sibirien und zum Meer. Die kalten Winde, die von Sibirien über das Japanische Meer kommen, nehmen extrem viel Feuchtigkeit auf und schneien diese auf der Westseite der Berge ab. Da das Meer nicht zufriert wird konstant Feuchtigkeit aufgenommen und es schneit fast ununterbrochen. Durch die anhaltende Kälte, -10 bis -20 °C in den Wintermonaten bleibt der Schnee sehr kalt und trocken. Schichtenbildung wird dadurch verringert und die Lawinengefahr sinkt. Der Schnee ist so leicht und fluffig, dass man beim Durchfahren kaum gebremst wird und einem der Schnee immer bis über den Kopf fliegt. Jährlich fallen dort 20 bis 25 Meter Schnee und es türmen sich riesige Schneewände auf.

Jeder will einmal mit breiten Powderskiern bis zum Bauchnabel durch diesen Schnee pflügen und in die weiße Wonne abtauchen. Deshalb machte sich im vergangenen Februar eine Gruppe aus Bayern und Österreich auf den Weg nach Hokkaido, der nördlichsten Insel Japans. Begleitet wurden Johannes Scharl, Moritz Schwarz, Tine Listl, Florian Zebisch und Andi Valentin vom Fotografen Klaus Listl und dem Filmer Johannes Pöllmann. Schon auf dem Weg vom Flughafen zum Skigebiet zeigte sich ihnen das alle Gerüchte stimmten. Schneewände zu beiden Seiten der Straße und dichter Schneefall hießen die Reisenden Willkommen.

Das bekannteste Skigebiet auf Hokkaido ist Niseko United, ca. 2,5 Autostunden südwestlich der Hauptstadt Sapporo. Es gibt öffentliche Busse und eine Zuglinie direkt vom Flughafen bis nach Niseko. Es umfasst die Teilgebiete Annupuri, Niseko Village, Grand Hirafu und Hanazono mit über 30 Liften und unzähligen Pisten. Frühes Aufstehen lohnt sich, denn bei Schneefällen von 60cm – 80cm in der Nacht werden auch die Pisten zu Powderhängen, da die Pistenraupen mit dem Planieren gar nicht hinterherkommen. Besonders interessant sind auch die abgegrenzten Freeride Areas neben den Pisten, die von einer Lawinenkommission freigegeben werden. Das Gelände ist von den, für diese Gegend typischen, japanischen Birken durchzogen und bietet steilere und flachere Passagen voll von weißem Glück. Der sehr lichte Wald und das meist diesige Licht bieten eine zauberhafte Kulisse. Über ausgeschriebene Skirouten lassen sich vom Skigebiet aus mit kurzen Anstiegen die umliegenden Hügel erklimmen, von denen viele weitere Powder Routen zurück ins Tal führen. Es ist jedoch wichtig, sich an die Regeln und Grenzen des Skigebiets zu halten, da streng kontrolliert wird. Disziplin, Höflichkeit und rechtmäßiges Handeln sind in Japan sehr wichtig.

Nach einem anstrengenden Tag lässt es sich in den heißen Schwefelquellen, den Onsen, bei 45 -50 °C heißem Wasser perfekt entspannen und in Erinnerungen an den Tag schwelgen. Rund um Niseko befinden sich viele öffentliche Badehäuser. Darüberhinaus haben viele Hotels eigene Onsen. Die Becken sind für Frauen und Männer getrennt und haben wie überall in Japan sehr hohe hygienische Standards. Auch für das leibliche Wohl findet sich in Niseko und Umgebung etwas für jeden Geschmack. Unzählige Hotels, Restaurants und Bars bieten einheimische wie auch internationale Küche an. Sehr beliebt sind Restaurants mit Tischgrill und natürlich Sushi Restaurants. Ein weiterer Hotspot ist außerdem die Pizzeria „Niseko Pizza“. Für ein unvergessliches Esserlebnis ist das „SushiShin“ im Hotel Kamui besonders zu empfehlen. Das Ambiente ist sehr gemütlich und der Chefkoch bereitet das Sushi vor seinen Gästen selbst zu. Die Qualität und der Geschmack des rohen Fischs in Japan ist überwältigend und überzeugte letztendlich sogar einen eingeFLEISCHten Fischverweigerer.

Auch kulturell konnte sich die Gruppe aus den Alpen von den Besonderheiten der japanischen Traditionen sowie den Unterschieden zur eigenen Kultur ein Bild machen. So genossen sie bei einem traditionellen japanischen Abendessen eine Geisha-Darbietung. Zu fernöstlichen Klängen tanzten die aufwendig geschminkten Damen in wunderschönen Kimonos und bewirteten die Gäste aus der Fremde. In mehreren Gängen konnte die ganze Bandbreite an japanischen Meeresgerichten gekostet werden. Vom klassischen Sushi über Meerschnecke und Miso-Suppe aus Algen. Überraschenderweise gehören traditionell auch Trinkspiele zu diesen Abendenden dazu, weshalb die Geishas eifrig Sake und Bier nach schenkten.

Ein weiteres kulturelles Highlight darf auf keiner Japanreise fehlen: die Teezeremonie. Im ganzen asiatischen Raum wird schon seit Jahrhunderten die heilende Kraft des Tees genutzt. Der japanische Matcha-Tee, der aus gemahlenem grünen Tee zubereitet wird, besitzt besonders viele gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe. Während der Zeremonie wird das Pulver nach strengen Vorgaben mit einem Teebesen aus Bambus in exakt temperiertem Wasser schaumig geschlagen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Teezubereitung wird hier der gemahlene Tee mitgetrunken, was die Wirkung und den Geschmack intensiviert. Die Teezeremonie soll durch den streng geregelten Ablauf zur inneren Einsicht und Ruhe einladen.

Doch nicht nur bei speziellen Events zeigen sich die Besonderheiten Japans. Auch bei alltäglichem, wie beispielsweise einem Besuch im Supermarkt oder auf dem Fischmarkt in Otaru gibt es viel zu entdecken. Es lohnt sich stets mutig zu sein und Unbekanntes aus zu probieren um neue Geschmäcker kennen zu lernen. Besonders beeindruckt waren die Europäer von der Mentalität der einheimischen Bevölkerung. Zur Begrüßung gibt man sich nicht die Hand, sondern neigt lediglich leicht den Kopf, während die Arme seitlich am Körper bleiben. Gleiches gilt auch, wenn man sich für etwas bedankt oder für Unannehmlichkeiten wie eine gesperrte Straße entschuldigt. Die Zufriedenheit der Gäste hat einen hohen Stellenwert. Im Skigebiet gibt es beim Anstehen am Lift kein Gedrängel oder lautes Rufen. Dafür ertönen aus sämtlichen Maschinen oder Automaten verschiedenste Geräusche und Durchsagen. So wird zum Beispiel jeder einfahrende Sessellift von einem lauten „Pling“ und dem anschließenden „Arigato gozaimas“ („Danke“) des Liftboys begleitet. Das gleiche Prozedere wiederholt sich auch beim Aussteigen.

Die Freerider hatten durch eine Tour mit Schneemobilen und Snowcat die Möglichkeit, weiteres, unberührtes Terrain abseits der Skigebiete zu erkunden. Lincoln Taylor von „Big Wave Snow Cat Tours“ führte sie dabei über eingeschneite Wege ins Gelände und zu versteckten Powder-Abfahrten auf den umliegenden Bergen. Mit den starkmotorisierten Snowmobilen im Powder unterwegs zu sein machte sehr viel Spaß und fordert neben Geschicklichkeit auch viel Muskelkraft. Die unberührten Hänge mit meterhohem und frisch gefallenem Pulverschnee waren schließlich ein absolutes Highlight der Reise. Die begeisterten Wintersportler fühlten an diesem Tag wie im siebten Himmel.

Eine Reise in das winterliche Japan bietet eine Fülle an neuen Eindrücken und Erfahrungen und ist ein Muss für jeden Powder-Fan. Der Titel des entstandenen Kurzfilms über diese Reise verdeutlicht schließlich die prägnantesten Eindrücke und fasst diese in nur zwei Worten zusammen: „DEEP & RAW“.

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