Trip-Report Andorra - EL CAMINO a Granvalira

Von Roman Knopf am 29.Okt. 2007

Viele Wege führen nach Rom, nach Andorra hingegen nur zwei. Eine Möglichkeit ist der Landweg durch die Schweiz nach Frankreich, Richtung Costa Brava und schließlich gen Westen in die Pyrenäen nach Andorra. Eine andere ist das Fliegen!


Report

Trip-Report Andorra -

EL CAMINO a Granvalira


oder: In Barcelona gibt es keine Schneeketten!


geschrieben am: 29. Oktober 2007
geschrieben von: Anthony Brey
 
Viele Wege führen nach Rom, nach Andorra hingegen nur zwei. Eine Möglichkeit ist der Landweg durch die Schweiz nach Frankreich, Richtung Costa Brava und schließlich gen Westen in die Pyrenäen nach Andorra. Hierfür berechnet der Internet Routenplaner eine Fahrzeit von 14 Stunden und eine Distanz um die 1350 Kilometer. Die Alternative zum Autofahren heißt Fliegen: kein Stau, keine Maut! Ganz ohne Wagen geht es natürlich nicht, schließlich landet der Flieger nicht im Skiresort.
Ein wunderschöner Wintertag, minus 17°C. Von Obertauern kommend habe ich eben die bayrisch-österreichische Grenze passiert, die Sonne ist gerade aufgegangen, und die von Reif überdeckten Bäume funkeln wie Kronleuchter im orangen Morgenlicht.

Gestern war ich noch beim Pulverschneefahren und jetzt sitze ich im Auto und bin auf dem Weg zum Münchner Flughafen. Ein weiteres Zwischenziel ist Barcelona, von wo aus es mit einem Mietwagen in das etwa 200 Kilometer nördlich liegende Andorra gehen soll.

Der Flug nach Barcelona ist atemberaubend: Von München geht es in 10.000 Metern Höhe über Innsbruck, Brenner, dann südlich vom Vinschgau Richtung Mailand. Vorbei am Stubaital, Ötztal, Pitztal, Kaunertal, Reschenpass über die Ortler-Gruppe in Sichtweite der Diavolezza. Alles wirkt so klein, kompakt und so schnell erreichbar.

Nach nicht ganz zwei Stunden Flugzeit lande ich in Barcelona, bekleidet wie es im Winter üblich ist: Sorell, lange Unterhose drunter und meinen geliebten Daunenanorak. Beim Verlassen des Flugzeuges wird es mir schnell warm, und als ich mit meiner Wintersportausrüstung das Flughafengebäude verlasse, stehe ich vor Palmen bei plus 16°C und zerfließe förmlich.

Ich gehe zur Autovermietung, um meinen Wagen abzuholen. Auf die Frage, ob das Auto Winterreifen habe, sagt die Seniora: „Winterreifen? In Barcelona gibt es keine Winterreifen!“ „Dann nehme ich halt Schneeketten, oder gibt es die auch nicht?“ Ich packe also meinen Kram ins Auto und fahre los.

Ich komme nicht weit, weil der Motor ruckelt und stottert, also zurück zum Vermieter. Ich erzähle ihm was los ist und bekomme zur Antwort: „Räumen Sie den Wagen aus, ich besorge Ihnen einen anderen“. Ich räume, brav wie mir befohlen, mein Zeugs raus und als ich fertig bin, überreicht mir der freundliche Herr die Schlüssel für einen anderen Wagen.

Ich tigere also los, um den nagelneuen Seat Ibiza zu meinem Gepäck zu steuern. Ich parke und steige aus, und als ich ein Krachen höre, ist doch tatsächlich einer der Autoschieber über meine Ski gefahren. Resultat: Der Fersenautomat hat sich vom Ski gelöst.

Ich wollte doch nur einen Mietwagen, und jetzt - eine Stunde später - habe ich schon den zweiten, und meine Ski sind unbrauchbar. Zum Glück ist Jaime Puigdengoles zum Flughafen gekommen, um mich zu empfangen. Jaime studiert Architektur, und jetzt beginnen für ihn die Semesterferien. Und die verbringt er mit Dennis, seinem Studienkollegen, in Grandvalira, Andorra. Und aus diesem Grund bin ich da.

Als ich den Mietwagen endlich in Empfang nehmen kann, entledige ich mich der winterlichen Kleidung und mache mich mit Jaime auf den Weg nach Barcelona, um meine Ski zu reparieren. Wir bringen die Ski zu Sasco, einem Sportshop in Barcelona.

Autofahren ist hier ein ganz besonderes Erlebnis, denn es gelten eigene Regeln. Es macht keinen Spaß in der Rushhour zu Sasco’s Shop zu fahren, nur um meine Ski und Dennis abzuholen. Am schnellsten und ohne Mautstellen fährt man über Land die A2 nach Igualada und weiter nach Ponts. Für die gesamte Strecke muss man ungefähr drei Stunden einrechnen.

Ponts liegt auf halber Strecke und ist für einen kurzen Stopp wie geschaffen. Am Marktplatz sind einige kleine Lokalitäten, in denen hervorragende spanische Speisen serviert werden. Zum Beispiel das La Brasa, eine kleine Kneipe, in der es Fleisch und verschiedene Würste vom Grill gibt und der Salat frisch zubereitet wird. Wenn man einen der begehrten Plätze an der Bar ergattert, sitzt man quasi in der Küche und kann dem Koch beim Zubereiten der Speisen zusehen.

Nach einer kleinen Pause geht es weiter der C14 folgend nach La Seu d’Urgell, von wo aus es nicht mehr weit bis zur Grenze von Andorra ist. Im Principat d’Andorra herrscht Zollfreiheit, und aus diesem Grund ist in Andorra la Vella der Großteil auf den Verkauf von Schnaps, Zigaretten und Elektrogeräten ausgerichtet.

Die Stadt ist umringt von Bergen, die schon fast erdrückend wirken, wenn man die Weite gewohnt ist. Von Andorra la Vella ins Skigebiet sind es zwischen zehn und 40 Kilometer, je nachdem von wo aus man in das Resort einsteigen will. Grandvalira ist das größte zusammenhängende Skigebiet in Südeuropa (280 Pistenkilometer) und flächenmäßig mit dem Arlberg (Zürs, Lech, Stuben, St. Anton) zu vergleichen.

Umrahmt von einem 30 Kilometer breiten Gürtel aus Bergen ist der Kern des Resorts Grandvalira schneesicher. Die Talstationen der einzelnen Orte befinden sich auf einer Höhe zwischen 1300 und 2100 Metern, und die meisten Pisten werden künstlich beschneit.

Grandvalira ist ein Zusammenschluss aus sechs Orten. Encamp auf 1300 Metern und Canillo auf 1500 Metern sind die am tiefsten liegenden Orte, deren Talabfahrten nur selten zu befahren sind. El Tarter auf 1710 Metern und Soldeu auf 1800 Metern sind der perfekte Aufenthaltsort für alle Freestyler.

Hier befindet sich ein Funpark, der keine Wünsche offen lässt: eine Halfpipe, eine Menge Rails, die es in sich haben, eine Kickerline mit drei Kicker, zwei Wallrides, eine Hip und vieles mehr. Wem es im Funpark von El Tarter zu langweilig wird, kann einen Abstecher in den Railpark von Grau Roig unternehmen. Hier stehen 12 verschiedene Rails in einer Line.

Für Freerider empfiehlt sich Pas de la Casa. Dieses Dorf ist ein Schneeloch, und wenn es in Grandvalira schneit, dann ist dies der Ort mit dem meisten Schnee. Die Location befindet sich oberhalb der Baumgrenze, offene Hänge warten förmlich darauf entjungfert zu werden. Es gibt hier nicht nur viel Schnee, sondern auch eine Menge Wind, den Baumeister von Lawinen. Also immer schön die Lawinen-Ausrüstung mitnehmen!

Für die Zeit, in der es schneit und die visuellen Verhältnisse nicht gerade die besten sind, bietet sich El Tarter und Soldeu mit seinen Kiefernwäldern förmlich an. Nach zwei Tagen Skifahren im Fun- und Railpark bei strahlend blauem Himmel zog über Nacht ein Tief in die Pyrenäen und brachte zehn Zentimeter im Tal und einen knappen halben Meter Schnee im Skigebiet. Das war auch nötig, da abseits der Pisten der Schnee langsam knapp wurde.

Wegen der schlechten Unterlage offpiste, schaufeln wir am nächsten Tag einen Kicker, um auf ein Dach zu springen. Wir benötigen den halben Tag und entschließen uns den Spot am nächsten Tag zu shooten. Es schneit den ganzen Tag und die ganze Nacht, ohne Schneeketten geht gar nichts mehr. Für mich hat der letzte Tag in Andorra begonnen, und da es immer noch schneit und der Nebel tief hängt, gehen wir erst mal eine Runde Powdern.

Am Nachmittag springen Jaime, Dennis und Friends auf das Hüttendach, rauf und runter, und am Abend fahren wir nach Pas de la Casa, um Urbanrails zu fotografieren. Bei der Rückfahrt über den Pass, der bis auf 2400 Meter führt, brauchen wir eine Ewigkeit, da das Schneetreiben ein schnelleres Vorankommen verhindert.

So gegen Mitternacht sind wir in Soldeu angekommen, ich packe meine Sachen ins Auto, um in der Früh gleich losfahren zu können. Wir trinken noch ein Bier zum Abschied, dann haue ich mich hin. Um sechs Uhr werde ich von meinem Handy geweckt, es schneit immer noch.

Nach knapp fünf Kilometern reißt eine Schneekette. Als ich es merke, versuche ich anzuhalten, um zu sehen was geschehen ist, doch die Bremsen funktionieren nicht so, wie sie sollten. Schließlich komme ich doch zum Stehen und muss die Kette entfernen, da sie zu stark beschädigt ist. Mit einer Schneekette und der defekten Bremse fahre ich im ersten Gang nach Andorra la Vella.

Letztlich schaffte ich es aber doch nach Hause und somit meinen Weg nach Andorra.

Fotos und Text: Anthony Brey  Dieser Artikel ist im Bergstolz-Magain erschienen. Es kann gratis abonniert werden, es fallen lediglich Portokosten an!


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Fotos und Text: Anthony Brey
Dieser Artikel ist im Bergstolz-Magazin erschienen.

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