Das X Over Ride aus der Sicht von Lea Hartl

Von Lea Hartl am 27.Mär. 2013

Am vergangenen Wochenende machte fand das X Over Ride am Kitzsteinhorn statt. Lea Hartl war für uns vor Ort und schildert die Geschehnisse im Rahmen des Events aus ihrer Sicht. Welche Eindrücke sie dort sammelte, erfahrt ihr in unserem Event-Report.

Bei Sonne und traumhaftem Schnee machen sich die üblichen Verdächtigen auf den Weg zum Start. Die Damen fahren unterhalb eines großen Cliffs in das Face ein, die Herren oberhalb davon. Die Damen finden das nicht so toll, vor allem da man uns erst nach dem Face Check mitgeteilt hat, dass wir woanders starten. Der Hang gibt nicht allzu viel her, aber der Schnee könnte kaum besser sein.

Den einzigen Schreckensmoment am heutigen Tag gibt es beim Run von Sabine Schipflinger. Vom Start aus ist der obere Teil des Faces und das Ziel einsehbar, der steilere Mittelteil nicht. Die ersten Fahrerinnen sind schon im Ziel und wir haben eine ungefähre Vorstellung, wie lang die Runs dauern. Sabine startet, verschwindet im steilen Bereich und taucht nicht mehr auf. Wir starren eine Weile hinunter auf den Zieleinlauf, bevor alle fast gleichzeitig anfangen, besorgt zu spekulieren, was wohl passiert ist. Auch bei einem Sturz hätte sie doch schon längst unten sein müssen. Immerhin machen die in der Nähe platzierten Bergrettern beruhigenderweise keine Anstalten sich zu bewegen. Nach fast zehn Minuten kommt sie ins Ziel - mit einem Ski am Fuß und einem in der Hand. Wir atmen auf.

Unten stellt sich heraus, dass sie mit viel Pech oberhalb eines Cliffs gestürzt ist und Kopf über hinunterfiel. Zum Glück ist ihr nichts passiert, nur die Ski sind mit ausgerissener Bindung und mehrfach gebrochener Kante ein Totalschaden. Ihr Kommentar dazu: „Eigentlich wollte meine Mutter heute zum Zuschauen kommen. Gott sei dank hat sie es sich noch anders überlegt."

Lotten Rapp, die man sonst eher auf den großen Events antrifft, gewinnt bei den Skidamen mit einer flüssigen, schnellen Line. Sie hatte vergessen, sich rechtzeitig für den 3* Event morgen anzumelden und erfolgreich auf eine Wildcard spekuliert. Seit ich letztes Jahr bei einem Contest gesehen habe, wie sie mit Gipsarm ein 6 Meter Cliff in Bruchharsch gesprungen ist, habe ich etwas Angst vor ihr, aber sie entpuppt sich als sehr freundliche Person, die dauernd alle umarmt.

Am Abend ist Riders' Meeting für den morgigen 3* Event. Ein Riders' Meeting wäre kein Riders' Meeting wenn es pünktlich anfangen würde und so haben wir eine extra halbe Stunde Zeit für Selbstdarstellung und Szenensmalltalk. Anschließend informiert uns ein Bergführer in schönem Österreichisch-Englisch über die Schneebedingungen:

„If you jump here in, have in mind there are fishmouths down under. So maybe it is not good."

Tag 2: 3* Qualifier Lankarschneid

Nach einem weiteren Riders' Meeting beginnen wir den Aufstieg zum Start. Heute ist es viel wärmer als gestern und wir werden beim Stapfen gegrillt. Der Schnee hat die Konsistenz von Kartoffelbrei. Ein Cliff, das ich mir gestern ausgesucht hatte, scheint mir jetzt nicht mehr besonders einladend – ich vermute, dass bei der Anfahrt zu viel nasser Schnee mit rutschen wird und die Landung durchnässt ist. Nachdem die ersten Starterinnen unten sind, erhalten einige der anderen warnende Anrufe von Freunden in der Zuschauer Area: Der Schnee ist sehr nass und schwierig zu fahren, es gab schon viele Stürze.

Da ich mich letzte Woche in Kappl geärgert habe, dass ich mich nicht etwas mehr getraut habe, beschließe ich heute trotzdem ein bisschen mehr Risiko einzugehen. Kurz unterhalb des Starts sind zwei große Felsen mit einer schmalen Rinne dazwischen. Von unten sah es so als, als könnte man über ein kleines Cliff in die Rinne springen und dann mit einer relativ problemlosen, kurzen Straightline aus der Rinne heraus fahren. Tatsächlich ist die Rinne schmaler und schräger als gedacht, was ich aber erst in der Luft bemerke. Kurz glaube ich, dass ich in den gegenüberliegenden Felsen knalle, aber bevor ich richtig erschrecken kann, bin ich schon im Schnee. Ich lande auf den Füßen und was dann genau passiert, weiß ich nicht, jedenfalls bin ich gleich wieder in der Luft und überschlage mich dreimal. Eine kleine Bestandsaufnahme später fahre ich weiter, es tut nichts weh, die Ski sind noch dran, nur ein Stock ist weg. Unten angekommen erfahre ich, dass über die Hälfte der Skidamen gestürzt ist. Damit ist klar, dass heute sturzfreies Fahren ohne Showeinlagen für eine gute Platzierung gereicht hätte. Einerseits ärgert mich der Sturz, andererseits bin ich zufrieden, weil ich es wenigstens probiert habe.

Rapp vor Schuler und Kaipainen
Lotten Rapp, die heute als einzige Skifahrerin einen ordentlichen Drop gestanden hat und auch sonst fehlerfrei gefahren ist, gewinnt erneut, vor Katharina Schuler („Des war a chicken line, da bin i ned stolz drauf") und Jenni Kaipainen, die den Drop in die Rinne auch machen wollte, aber versehentlich daran vorbei gefahren ist.

Die Ski Herren lassen sich vom Kartoffelbrei Schnee natürlich nicht beeindrucken und zeigen wie gewohnt starke Leistungen. Jochen Mesle überrascht das Publikum am Ende seines Runs noch mit einem Backflip und steht ganz oben auf dem Podium. Bei den Snowboardern gewinnt Flo Orley mit einem großen Drop und sichert sich damit auch den Österreichischen Meistertitel. Bei den Snowboard Damen kann Amber Schuecker die zahlreich anwesenden World Tour Fahrerinnen auf die hinteren Plätze verweisen.

Einer der Helfer bringt mir am Ende des Events meinen verlorenen Stock mit. Er begrüßt mich mit einem freundlichen „Hallo High-Speed Lady, suchst du deinen Stock?" und setzt zu einem kumpelhaften Fistbump an. Leider verlassen mich in diesem Moment sämtliche feinmotorischen Fähigkeiten und ich verfehle mit meiner Faust die seine. Da er etwas wacklig am Hang steht, fällt er um. Ich möchte am liebsten im Boden versinken. Auf einen schönen Sturz kann man stolz sein, damit unterhält man immerhin das Publikum. Die in Freeridergesellschaft angemessenen Brohugs, Handshake- und Abklatschvarianten nicht mit Eleganz zu beherrschen - das ist einfach nur peinlich. Ich entschuldige mich und suche schnell das Weite....

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