Auch wir hatten am Wochenende eine Lawinenauslösung. Glücklicherweise ist nix passiert. Wens interessiert:
Fehleranalyse
Glücklicherweise ist niemand zu Schaden gekommen, trotzdem denke ich mir ich kann aus diesem Fehler lernen, denn jeder kann einmal einen Fehler machen, doch einen Fehler mehrmals zu machen zeugt von Dummheit.
Der Anrissbereich der Lawine lag in einem fast 40° steilen Nordhang auf 2040m. Der Lawinenlagebericht sagte folgendes aus:
BEURTEILUNG DER LAWINENGEFAHR
Die Lawinengefahr in den Tiroler Tourengebieten ist leicht zurückgegangen, verbreitet aber noch als erheblich einzustufen. Gefahrenstellen liegen an Steilhängen aller Expositionen, bevorzugt oberhalb von etwa 2000m. Die Hauptgefahr geht dabei von frischen und älteren Triebschneeansammlungen aus, die im Gelände oft nur schwer zu erkennen sind. Ein Schneebrett kann zumeist immer noch durch geringe Zusatzbelastung ausgelöst werden, also schon durch das Gewicht eines einzelnen Skifahrers oder Snowboarders. Da die Verhältnisse oft auch kleinräumig sehr unterschiedlich sind, erfordern Skitouren und Variantenfahrten Erfahrung in der Beurteilung der Lawinensituation.
Kurze Durchrechnung mit Stop or Go und Reduktionsmethode:
Stop or Go: Bei Gefahrenstufe „erheblich“ bleiben wir unter 35° => also auf jeden Fall Stop.
Reduktionsmethode: Risiko= Erheblich ( 8 ) / [weniger als 40° (2) x große Gruppe mit Enlastungsabständen (2)] 8/4= 2! Das ist doppelt so hoch wie das akzeptierte Restrisiko.
Doch wie konnte es soweit kommen, normalerweise rechnen wir immer mit einer der vorhin genannten Methoden. Mehrere Fehlerquellen haben sich bei unserer Beurteilung eingeschlichen. Die Messung der Hangneigung mittels Karte ergab 35° damit wären wir bei Stop or Go sehr knapp an der Grenze gewesen, da keine Gefahrenzeichen wie Triebschneepakete erkennbar waren, hätten wir das als noch ok eingeschätzt. Im Lawinenlagebericht steht aber extra, dass Triebschneepakete sehr schwer erkennbar sind. Laut Reduktionsmethode wären wir auf ein Restrisiko von 1,333 gekommen, laut Munter im Ausnahmefall ein gerade noch akzeptables Risiko. Akribisches Nachmessen der Hangneigung zu Hause ergab dann, dass eine! Höhenlinie eine Steilheit von 40° ergeben hätte. Dies konnte aber im Gelände (Wind, kein Tisch,...) nicht genau genug gemessen werden. Hier hätte uns eine sorgfältigere Tourenplanung vermutlich auf den Fehler hingewiesen. Sobald ich bei der Abfahrt gemerkt hatte, dass der Hang doch wesentlich steiler als 35° wird, hätte ich die anderen Teilnehmer auf unseren Fehler aufmerksam machen müssen und die Abfahrt dort stoppen sollen. Im Pulverrausch bin ich auf diesen Gedanken gar nicht gekommen. Ein weiterer Gefährdungsfaktor war sicherlich, dass niemand aus der Gruppe über den stark zerfahrenen Normalweg abfahren wollte. Doch hätte es andere Alternativen gegeben?
Der Normalweg:
Steilster Bereich: Gipfelhang zwischen 30° und 35° Exposition Süd
Stop or Go: Immer unter 35° also go.
Reduktionsmethode: Erheblich ( 8 ) / [weniger als 35° (4) x Verzicht auf nördliche Hälfte (3) x ständig befahrene Hänge (2) x große Gruppe mit Entlastungsabständen (2)] 8/48=0,166 ein sehr geringes Risiko
Wankreise:
Steilster Bereich: Einfahrt in die Reise: 40° und Exposition West-Nordwest
Stop or Go: über 35° also stop.
Reduktionsmethode: bei Erheblich unter 40° bleiben. Also stop.
Wank Südflanke:
Steilster Bereich: ganz oben 35°-37° dann konstant unter 35° Exposition Süd
Stop or Go: über 35° also stop.
Reduktionsmethode: Erheblich ( 8 ) / [weniger als 40°(2) x Verzicht auf nördliche Hälfte (3) x große Gruppe mit Entlastungsabständen (2)] 8/12=0,666 ein geringes Risiko, also eine lohnende (unverspurter Pulver) aber noch ausreichend sichere Variante.
Fazit:
Die Analyse zeigt, dass eine umfassende Tourenplanung unabdingbar ist. Außerdem hält die Reduktionsmethode manchmal noch lohnende Alternativen bereit, die mit alleiniger Anwendung der Stop or Go Methode nicht erkannt, beziehungsweise beurteilt werden können.
Ganzer Bericht der Tour hier
Gruaß
Simon
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