Interview: Mammut Alpine School

Von Jörg Angeli, Bernhard Scholz am 23.Apr. 2013

Der schweizer Bergsportartikelhersteller Mammut bietet mit der Alpine School ein umfangreiches Programm an Ausbildungen, Kursen und speziellen Angeboten im alpinen Bergsportbereich. Wir haben uns mit Rainer Taglinger, dem inhaltlich Verantwortlichen der Mammut Alpine School (MAS), getroffen, um mehr über die Einrichtung zu erfahren.

fs.net: Seit wann gibt es die Mammut Alpine School?

RT: Die Mammut Alpine School gibt es seit dem Jahr 2008, dem selben Jahr, in dem auch die Mammut Sports Group Deutschland als Tochterfirma von Mammut gegründet wurde. Seit 2010 sind wir mit der Mammut Alpine School auch in Österreich und der Schweiz vertreten.

fs.net: Was steckt dahinter? Woher kam die Idee für den Aufbau der Mammut Alpine School?

RT: Ich habe früher mit meiner alten Bergschule schon sehr viel mit Mammut in den Bereichen Händlerschulungen sowie Kundenevents zusammengearbeitet. Und dann haben wir gemerkt, dass eigentlich kein anderer Hersteller eine wirklich eigene Bergschule hat – obwohl wir mit Mammut ja genau die Ausrüstung herstellen, die sowohl Bergführer als auch Freizeit-Alpinisten brauchen. Das war die Geburtsstunde der MAS, wie wir sie intern nennen. Klar hat das auch für uns Vorteile, aber in erster Linie profitieren die Kunden davon. Sie können Kurse für ihr Bergsport-Hobby besuchen, sich in puncto Sicherheit am Berg ausbilden lassen, weltweit alpine Abenteuer mit Gleichgesinnten buchen oder einfach nur die neueste Mammut-Ausrüstung testen.

fs.net: Das heißt, dass Sie waren derjenige waren, der das Ganze initiiert hat?

RT: Es war eigentlich schon eher ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Mammut und mir. Dadurch, dass wir schon lange zusammen gearbeitet haben, war eine Vertrauensbasis vorhanden und so konnte die ganze Geschichte dann auch entstehen.

fs.net: Welche Schritte waren notwendig, um die Alpine School in ihrer heutigen Form aufzubauen?

RT: Am Anfang war es so, dass meine alte Bergschule VIPS in die Mammut Alpine School umbenannt wurde und 2010 wurde sie dann komplett in die Mammut Sports Group GmbH integriert.

fs.net: Ein solches Angebot gab es also vorher (bei Mammut) noch nicht?

RT: Die Mammut Sports Group hat früher schon Schulungen für ihre Händler gemacht, die wir teilweise mit betreut haben. Nachdem 2004 die Firma Raichle aufgekauft wurde, haben wir dann im Rahmen der Schuhpromotion den Kunden die Möglichkeit gegeben, die Produkte im Einsatz zu testen. Das Projekt wurde damals von uns (Anm. d. Red.: Bergschule VIPS) umgesetzt und so ist dann diese Idee entstanden, dass wir den Mammut Kunden noch wesentlich mehr bieten können als nur unsere Produkte zu verkaufen. Nach dieser Entwicklung kam dann Mammut mit der Idee auf mich zu, den Kunden spezielle Angebote zu machen und bei einem Teil dieser Angebote Testmaterial zur Verfügung zu stellen, welches dann von den Endverbrauchen im Einsatz auf Herz und Nieren getestet werden kann. Das geht natürlich aus logistischen Gründen nicht bei allen Touren, aber wir haben mittlerweile viele Veranstaltungen, bei denen wir den Teilnehmern umfangreiches Testmaterial zur Verfügung stellen und die Produkte unter der Anleitung von professionellen Bergführern ausführlich getestet und ausprobiert werden können.

fs.net: Welchen Mehrwert bietet die Mammut Alpine School für die Kunden neben dem Gedanken, dass die Produkte ausführlich getestet werden können.

RT: Man muss heutzutage neben den Produkten noch andere Mehrwerte für die Kunden schaffen. Es liegt also nahe, dass wir als Bergsporthersteller auch alpine Erlebnisse anbieten. Der Mehrwert besteht vor allem in der Führung, Betreuung und Schulung durch unsere bergsporterfahrenen und staatlich geprüften Berg - und Skiführer, die natürlich alle die internationale Lizenz (IVBV) besitzen. Man bekommt bei uns komplett von Event- und Expeditionsprofis durchorganisiertes Bergsport-Abenteuer. Unsere Mitarbeiter sind regelmäßig an professionellen Alpinexpeditionen nach Südamerika oder in den Himalaya beteiligt und können dann ihre Erfahrungen in unsere Angebote einbringen. Und wenn jemand nach dem Ausprobieren noch Produktberatung wünscht, dann sind wir natürlich auch immer zur Stelle. Zudem achten wir immer darauf, dass die Qualität in allen Bereichen der Mammut Alpine School besonders hoch ist.

fs.net: An wen richtet sich die Mammut Alpine School? Brauch ich bestimmte Vorkenntnisse, um an den Kursen teilnehmen zu können?

RT: Nein. Unser Programm ist sehr breit gefächert und reicht von einfachen Wanderungen über Ausbildungskurse, Bergsteigerkurse im Eisbereich bis hin zu Hochtouren oder sogar Auslandsunternehmungen, bei denen 6000er in Peru, Kirgistan oder Ecuador auf dem Programm stehen. Es braucht also niemand gewisse Grundvoraussetzungen, um überhaupt bei uns mitmachen zu können. Wir haben für alle Könnerstufen entsprechende Touren im Angebot, egal ob Einsteiger oder sehr Fortgeschrittener.

fs.net: Ist die Alpine School ein Marketinginstrument für Mammut?

RT: In gewisser Weise ist es ein Marketingtool, ja. Aber nicht im Sinne von Werbung oder Produktverkauf sondern als Service-Dienstleistung an unsere Kunden und alle Bergsport-Interessierten. Wir wollen keine Kaffee-Fahrten organisieren, wo man erst wieder vom Gipfel darf, wenn man eine Jacke gekauft hat, sondern den Menschen für unsere "Spielwiese" begeistern und hoffen natürlich, dass sie sich vom Bergsport-Virus anstecken lassen. So etwas gibt es übrigens bei keiner anderen Marke. Wir sind weltweit der einzige Bergsportartikelhersteller mit einer eigenen Bergschule.

fs.net: Wie wird die Mammut Alpine School von den Kunden angenommen?

RT: Wir sammeln nach jeder Tour Rückmeldungen von unseren Kunden Teilnehmern und fragen nach Feedback vom Leihmaterial, über die Bergführer bis hin zur Organisation. Natürlich kann man nicht immer jeden Kunden zu 100 Prozent% zufriedenstellen, aber insgesamt sind die Rückmeldungen sehr positiv, und das freut uns natürlich sehr.

fs.net: Wie groß ist die Nachfrage nach den Kursen? Seid ihr voll ausgelastet?

RT: Es kommt schon manchmal vor, dass wir Angebote generieren, bei denen wir gemerkt haben, dass dort ein höherer Bedarf vorhanden ist. Gerade unsere Ausbildungs- und Schulungsprogramme werden sehr gut angenommen. Sehr beliebt sind auch die vergünstigten Kurse, die ein Kunde buchen kann, wenn er zuvor zum Beispiel ein LVS-Gerät bei uns gekauft hat. So erhält er die Möglichkeit, das Produkt in der richtigen Anwendung zusammen mit einem Bergführer kennenzulernen. Generell ist es aber natürlich immer so, dass wir das Angebot in puncto Verfügbarkeit anpassen, wenn wir einen Anstieg der Anfragen in einem bestimmten Bereich sehen.

fs.net: Wer ist in die Organisation der Mammut Alpine School involviert? Wer arbeitet für sie?

RT: Zum einen arbeiten natürlich Bergführer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Rahmen der einzelnen Angebote für uns. Zum anderen ist die Alpine School bei Mammut in der Verwaltung integriert. Dort organisieren wir dann den Bedarf an Programmen und Schulungen für Händler und Kunden. Die MAS selber hat dann auch noch ein Büro, welches, in Abhängigkeit von der Saison, mit 3 bis 4 Leuten besetzt ist. Dort werden dann vor allem Kundenanfragen und administrative Aufgaben erledigt. Die Programmentwicklung schließlich ist mein Thema. Ich war schon mehr als 20 Jahre als Berg- und Skiführer unterwegs bzw. bin es teilweise immer noch und bilde Nachwuchs-Bergführer aus. Dadurch habe ich einen relativ guten Einblick, was der Markt braucht bzw. fordert, was gut läuft, wo die Nachfrage eher nachlässt etc. Dementsprechend passe ich dann die Programme an.

fs.net: An welchen Maßstäben orientieren sich eure Lehrpläne? Sind diese selbst entwickelt oder sind sie angelehnt an anderen Lehrplänen?

RT:  Wir entwickeln selber keine Lehrpläne. Ich bin beim Deutschen Bergführerverband VDBS in meiner Position im Vorstand für die Ausbildung von Bergführern in Deutschland zuständig und besitze daher einen guten Einblick in Lehrmeinungen und was letztendlich auf den Kursen an Wissen vermittelt werden muss. Alle ausgebildeten Bergführer bei uns wissen, was aktuelle Lehrmeinungen sind. Dementsprechend wird auch in unseren Kursen ausgebildet.

fs.net: Wie viele Kunden hatte die MAS bisher?

RT: Genaue Zahlen habe ich gerade nicht zur Hand. Wir verzeichnen aber ein stetiges Wachstum bei unseren Kursen. Wir passen unser Programm regelmäßig anhand der Nachfrage an. Manche Sachen laufen nicht mehr so gut und werden dann eingestellt. Andere Bereiche wie z.B. Ausbildung und Schulung werden dafür ausgebaut.

fs.net: Habt ihr einen besonders beliebten Kurs, eine Art Dauerbrenner?

RT: Was bei uns immer ein Dauerbrenner ist, sind zum Beispiel unsere Eis- und Klettersteigkurse. Bei beiden Angeboten bekommen die Leute sehr viel Testmaterial zur Verfügung gestellt. Das geht dann vom Schuh bis zur Softshell-Jacke und Rucksack. Das sind Bereiche, an denen viele Kunden sehr interessiert sind, aber gleichzeitig auch sagen, dass sie nicht von Anfang an in das komplette Equipment investieren wollen. Sie wollen es oft erst mal ausprobieren und dann sehen, ob und wie viel Spaß sie daran haben. Gleichzeitig können sie das Material testen. Auch die leichten Hochtouren sind Angebote, die sehr oft genutzt werden.

fs.net: Sind eigene Wissensblöcke z.B. über Equipment in die Kurse integriert oder läuft das ganze spontan über die Nachfragen der Teilnehmer?

RT: Das unterscheidet sich vor allem von der Art der Tour. Bei den Ausbildungskursen sind feste Blöcke eingeplant, in denen neben der praktischen Ausbildung auch Theorie vermittelt wird, z.B. über Wetterkunde, Tourenplanung o.ä. Oft sind dann auch Programmpunkte über unbedingt benötigte Ausrüstung oder was in einem Rucksack immer mit dabei sein sollte integriert. Unsere Bergführer sind natürlich auch über das Material so gut informiert, dass sie jederzeit die Fragen der Teilnehmer darüber beantworten können. Man muss dazu aber natürlich auch sagen, dass sie keine Product Manager sind, die jedes Detail der Produktlinie kennen. Aber sie wissen sehr gut über die Mammut Ausrüstung Bescheid. Es soll aber wie gesagt natürlich nicht den Charakter einer Kaffeefahrt haben und daher orientieren wir uns auch immer an den Nachfragen der Teilnehmer. Bei den Hochtouren, bei denen es eher um die Führung geht, ist das Thema dann auch eher nur am Rande wichtig. Dabei stellen Kunden auch eher nebenbei spezielle Fragen oder möchten Empfehlungen bezüglich des Equipments haben.

fs.net: Gibt es Aufgaben, die sich die Mammut Alpine School für die Zukunft vorgenommen hat, die momentan noch nicht im Fokus stehen?

RT: Ja. Wir sehen zum Beispiel, dass es Produkte gibt, die der Kunde nur dann kaufen würde, wenn er voll verstanden hat, wie er sie richtig einsetzen kann. Das sind in erster Linie natürlich technische Produkte, vom LVS-Gerät bis zum Lawinenairbag-Rucksack. Hier möchten wir den Kunden zukünftig verstärkt anbieten, dass sie von uns zu einem sehr fairen Preis eine Ausbildung erhalten, wenn sie ein bestimmtes Produkt aus diesem Segment kaufen. Zudem erweitern wir unsere klassischen Programme, die momentan eine sehr hohe Nachfrage haben. Sicherlich werden auch noch neue Bereiche entstehen, wie etwa kürzere Bergsportreisen in Regionen wie z.B. Marokko oder Elbrus.

fs.net: Abgesehen von der Erweiterung des Programms, in welche Richtung geht die Entwicklung der Mammut Alpine School in den nächsten Jahren?

RT: Ich will noch gar nicht zu viel verraten in dieser Richtung, aber eine Sache ist sicherlich die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Fachhändlern und die Entwicklung spezieller Programme, bei denen wir nicht nur das Produkt auf der Fläche anbieten, sondern das Ganze mit einem echten Erlebnis und mit Events verknüpfen. Wir wollen zudem Angebote bereitstellen, die etwas besonderes sind wie z.B. mit David Lama klettern oder mit Stephan Siegrist auf Hochtour gehen oder mit Huck & Chuck zum freeriden. Auch unsere Testevents mit den Photoshootings haben mittlerweile eine große Fan-Gemeinde und das wollen wir natürlich beibehalten und weiter ausbauen.

fs.net: Vielen Dank für das Interview und die ausführlichen Antworten!

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Das RescYou wurde für Bergungseinsätze bei einem Spaltensturz entwickelt und kann für die Fremd- wie auch die Selbstrettung eingesetzt werden. Dabei ist das Gerät schnell einsatzbereit und ersetzt aufwändige Flaschenzuginstallationen. Nach dem Abbremsen eines Spaltensturzes wird das Gerät am Klettergurt (Selbstrettung) oder am Fixpunkt (Fremdrettung) installiert. Anschliessend werden die beiden Seilklemmen am Partieseil eingehängt und der kompakte 6-fache Flaschenzug, welcher die beiden Seilklemmen verbindet, betätigt.

Produktdetails
  • Zertifiziert nach EN 567 (Steigklemme)
  • Inklusive Safety Card mit Kurzanleitung zur Spaltenrettung
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