Trip-Report - Unterwegs am Elbrus im Kaukasus

Trip-Report - Unterwegs am Elbrus im Kaukasus

Von X-SKIER Freeride Team am 3.Apr. 2008

Auch in diesem Winter brachen Martina, Axel und Chris auf nach Russland, um den Kaukasus unsicher zu machen und sich auf die Suche nach dem richtig tiefen Powder und den endlosen "First Tracks" zu begeben.

Martina, Axel und Chris in Russland auf der Suche nach dem tiefen Powder.

Auch in diesem Winter brachen Martina Stadlhuber, Axel Hörmann und Chris Rudig auf nach Russland, um den Kaukasus unsicher zu machen und sich auf die Suche nach dem richtig tiefen Powder und den endlosen "First Tracks" zu begeben. Im Tagebuch-Stil berichten sie von ihren Erlebnissen.

Ankunft von Chris und Martina am Freitag, den 21.03.2008 in Mineralnye Vody - erste Überraschung. Aus der Lagerhalle MinVody ist ein richtiger Flughafen entstanden: Eine moderne, neue Ankunftshalle, sogar mit sauberen, begehbaren Toiletten - eine echte Überraschung!

Auf der ca. 4-stündigen Fahrt nach Cheget wurden wir schon ein wenig nervös, kein Schnee weit und breit. Erst auf den letzten Kilometern vor Cheget begann der Schnee und inzwischen war der Regen auch in starken Schneefall übergegangen.

Der Samstag begann dann erstmals mit Warten. Es gabviel Neuschnee und potentielle Lawinen mussten erst gesprengt werden. Dazu wurden die Hänge mit Kanonen vom Tal aus beschossen, und wir mussten fürs erste im Hotel bleiben. Es wurden Lawinen bis ins Tal befürchtet. Am frühen Nachmittag ging dann der erste Lift in Betrieb, aber leider reichte es wegen dem Andrang nur mehr für eine Abfahrt mit einigen wenigen Powderturns.

Dann, am Sonntag die Ernüchterung. Wärmeeinbruch und Regen bis auf über 2500m. Viele Nassschneelawinen und der gut einen Meter tiefe Powder hatte sich in schweren Sulzschnee verwandelt - der übelsten Sorte. Und dann noch der zweite Schock: Die Schlange am Lift ist elendslang. Eineinhalb Stunden Anstehen und eine Abfahrt reichen uns für den Tag, danach wird eine Flasche Wodka gekauft...

Am Montag fuhren wir dann gleich mal in der Früh auf den Berg, um den Menschenmassen am Lift zuvorzukommen - funktioniert auch recht gut, nur der Schnee ist immer noch nicht besser. Aber eine neue Farbe hat er bekommen, gelb vom Wüstenstaub, den das Schlechtwetter durch den Südwind aus dem Iran mitgebracht hat. Wir hoffen, dass mit Axel, der aus "Rostow an der Don" mit dem Zug anreist, das Wetterglück zurück kommt.

Am Dienstag ist die Schlange in der Früh zum Glück (dank Axel???) schon wesentlich kürzer, aber starker Wind hat eingesetzt. Am Berg tobt ein kleiner Sandsturm (dank Axel?!?!!), gelb verfärbte Wolken und gelber Schnee. Wir hiken ein Stück Richtung Grande Couloir, geben aber nach ca. 45min unser Vorhaben wegen der starken Windböen auf. Nach dem Graben eines Schneeprofils fahren wir Richtung Terskol ab...

Fazit der ersten Tage: Viel zu warm, zu viele Leute, Frühlingsschnee statt Powder. Nach 2 Jahren super Verhältnissen haben wir heuer wohl richtig Pech! Aber es besteht Hoffnung, für die nächsten Tage ist eine Kaltfront mit Schneefall angekündigt. Wir werden sehen...

Außerdem erfahren wir von einem russischen Freeride Contest, der die nächsten Tage starten soll. Das wird uns auch Beschäftigung bringen.

Auf jeden Fall ist unser Kaukasus immer für eine Überraschung gut und wir werden so oder so Spass haben. Wenn sich das Wetter nicht ändert, werden wir eben die Landschaft mit Pferd (oder Kuh?) erkunden. Man trifft auch immer lustige Leute.

Uum Beispiel jetzt im Postamt, wo ein älterer Russe - ehemaliger Jagdflieger - begeistert ist, endlich wieder Deutsch sprechen zu können. Während wir diesen Bericht schreiben, hat Axel von ihm schon eine Nachhilfestunde in Deutscher Grammatik bekommen :-) Auf jeden Fall stirbt die Hoffnung zuletzt...


Es ist zu schön um wahr zu sein, aber wir wachen auf und sehen Schneeflocken durchs das Zimmerfenster. Unsere Gebete wurden also erhört – der erhoffte Wettersturz kam schon während der Nacht!

Wegen starkem Sturm am Berg läuft verspätet nur der unterste Lift. Chris und Martina wagen eine Fahrt. Mir ist die Warterei zu blöd und gehe zurück ins Hotel. An der Mittelstation ist keine Sicht und erst 5 cm Neuschnee.Ein zweiter Run macht kein Sinn und somit gehen wir zufrieden in die Hütte, um uns dort die Zeit mit Kartenspielen zu vertreiben. Jedoch sind wir mehr als zufrieden, da der Schneefall bis jetzt angehalten hat.

In der Hütte spielen wir ein österreichisch verändertes Kartenspiel von “66” (Anmerkung der Redaktion: Schnapsen). Ziel ist es dabei nur, mich zu betrügen, da einige Regeln einfach keinen Sinn machen. Der Klügere gibt nach und somit gebe ich Chris und Martina ein Erfolgserlebnis im Kartenspielen.

Da unser Ski-Spaß erst die nächsten Tage richtig starten wird, möchte ich die Zeit nutzen, um etwas über Land und Leute erzählen. Ich selbst bin in der südrussischen Stadt “Rostow am Don” gelandet die zugleich als “Tor zum Kaukasus” bezeichnet wird.

Von dort habe ich eine 6-Stunden Zugfahrt nach Mineralnye Vody angetreten. Ich war angenehm überrascht! Im Gegensatz zu der Deutschen Bahn hält die Russische Bahn die Fahrzeiten ein und ist pünktlich. Wobei, sind wir doch mal ehrlich, es ist kein Kunst, besser als die Deutsch Bahn zu sein, oder? Entweder sind sie unpunktlich oder sie streiken...

Zurück zur Zugfahrt: Diese wurde irgendwann lustig, da man nach einiger Zeit erkannte, dass ich Ausländer bin. Somit waren permanent Leute um mich und haben mir allerhand an Fragen gestellt. Die meisten auf Russisch aber irgendwie ging die Verständigung. Den Kindern musste ich permanent Sätze auf Englisch oder Deutsch in ihre Schulbücher schreiben. Die Fahrt war also sehr kurzweilig.

Um 21 Uhr stieg ich dann am Bahnhof der kaukasischen Stadt Mineralnye Vody aus. Da war mir nicht mehr wohl, weil mich dort "aussschliesslich" finstere Gestalten erwarteten. Von Russland bin ich zwar schon einiges gewohnt, aber das war nochmals eine Steigerung.

Zuerst gab es mal einen grossen Streit, da die Preisvorstellungen der Taxifahrer "sehr fantastisch" waren. Letztendlich habe ich noch einen guten Preis erzielen können. Pech hatte ich, dass der Taxifahrer großer Modern Talking und Formel-1 Fan war. So ist mein Taxifahrer mit mir 2 Stunden (normalerweise fährt man 3 Stunden) mit Modern Talking in unmenschlicher Lautstärke durch die Nacht gebrochen. Überlebt habe ich alles und kam heil in Cheget an.

Jetzt noch ein paar Sätze, wo wir eigentlich sind: Wir befinden uns in der russischen Republik Karbadino-Balkaria im Zentralkaukasus. Die Menschen dort bezeichnen sich als Balkaren und haben eine eigene Sprache (Balkarisch) und mit dem Islam auch eine eigene Religion. Jedoch scheren sie sich reichlich wenig um Religion – dafür schmeckt ihnen auch der Cognac und Wodka zu gut.

Im Kaukasus selbst wohnen mehr als 50 verschiedene Voelker, die als Kaukasusvoelker bezeichnet werden. Liest man etwas ueber die Geschichte vom Kaukasus, kennt man sich bei den unzähligen Kriegen nicht mehr aus... Der Kaukasus war immer ein Krisengebiet und wird es auch bleiben.

Von den zwei Skigebieten Cheget und Elbrus (2 km Entfernung) ist zum Beispiel Georgien nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt. Letztes Jahr kam es zum Beispiel vor, dass wir am Berg zwei russischen Grenzsoldaten in die Arme "gehikt" sind. Die Skitouristen sind hauptsächlich Russen aus den Grosstädten, die dort ihren Skiurlaub ausgiebig geniessen.

Genug geschrieben für heute. Leider habe ich den Bericht 2 Mal schreiben müssen, da die Dame vom Postamt (wo ich mich befinde) OHNE Warnung den PC ausgeschaltet hat. Somit hat sie das erste Mal in ihrem Leben, ein ganzes Dutzend an deutschen Flüchen hoeren muessen.

Es schneit immer noch!

Terskol Postamt, Mittwoch, 16:30 Uhr
aXeL


Mittwoch abend: "Candle light dinner", da wieder die Stromversorgung nach Cheget unterbrochen ist. Der Grund ist eine der vielen, abgehenden Lawinen bis ins Tal. Danach landen wir mit einem neuen, russischen Freund “Nick” in der Bar Charlie im 9ten Stock des Hotelbunkers “Hotel Cheget”, welches Strom via Generator bezieht.

Gute Musik und Wodka bringen uns in Stimmung, bis um 24 Uhr der Generator kein Benzin mehr hat. Bei totaler Finsternis tasten wir uns die 9 Stockwerke hinunter und erreichen unser Bett sicher und glücklich.

Donnerstag: Leider gab es nicht den erhofften, grossen Schneefall, jedoch genug, um wieder Spass beim Freeriden zu haben. Ausserdem ist die Gefahr der Nassschneelawinen durch die Abkühlung vorerst gebannt. Oben am Berg angekommen, sind wir überrascht, dass noch keine Spuren in die Osthänge des Mount Cheget gezogen wurden. Somit nehmen wir uns der Aufgabe “first tracks” dankend an. Auch der zweite und dritte Run finden im unberührten Gelände statt. Mehr Informationen, siehe Fotos!

Freitag + Samstag: An beiden Tagen geht es mit unseren “first tracks” ohne Ausnahme weiter. Dafür nehmen wir 40-Minuten Hikes in Kauf, die wir auf einer Höhe von über 3000 Meter zurücklegen. Nach dem grossen Schock durch die elendslange Liftschlange am Wochenende haben wir nun dazugelernt und wissen, wie hier das Warten am Lift funktioniert.

Hier also nun, exklusiv: "Anstehen am Lift für Freerider in Russland!" Nach unserer Hochrechnung befördert der Lift etwa 270 - 280 Personen pro Stunde. Wenn nun also ca. 120 - 150 Leute anstehen, also die Schlange ekelhaft lang ist, dann hält man als erstes Ausschau nach fetten Latten. Oft genug winkt auch schon ein russischer Freerider von ganz vorne, der auch uns an unseren breiten Skiern erkannt hat. Was macht man dann? Ganz selbstverständlich und zielstrebig geht man an der langen Schlange vorbei und begrüsst sich freundlich. Nachdem man dann schon vorne steht...

An den Abenden treffen wir oft andere russische Freerider, jedoch hatten wir bis jetzt noch keine Zeit, ausreichend Party zu machen. Wir müssen unsere Mission “first tracks” zu Ende führen. Da wir langsam älter werden (außer Martina), können wir Party bis spät in der Nacht und frühes Aufstehen nicht mehr verbinden.

Allgemein muss man mal wieder die freundliche Art der russischen Freerider hervorheben. Sie sind nett, offen, gut gelaunt und begeistert, auch wenn die Schneeverhältnisse zu wünschen übrig lassen. Respekt!


Samstag abend: Irgendwie waren wir in Stimmung, mal wieder, wie in guten alten Zeiten, die Disco im Hotel Cheget zu besuchen. Als wir noch ein paar russische Freerider (Bekannte) treffen, schmeckt der Wodka plötzlich sehr gut. Somit wurde es leider etwas zu viel Wodka. Es hat einfach Spass gemacht wieder russische Party zu feiern...

Und somit gab es am Sonntag den verdienten Ruhetag. Ausschlafen. Noch länger schlafen. Etwas Shopping auf dem Markt von Cheget. Mittagsschlaf. Abendessen. Früh schlafen gehen.

Montag: Ausgeschlafen sind wir pünktlich und motiviert beim Frühstück. Im Lift dann die erste Überraschung: die Menschenschlange ist spurlos verschwunden. Dies unterstreicht unsere Theorie, dass am Sonntag großer Abreisetag war und Anfang April wenig Touristen kommen. Auch hier im Kaukasus neigt sich die Skisaison langsam dem Ende zu.

Das Wetter ist bewölkt und als wir zum Hiken beginnen, setzt Schnefall ein. Somit unternehmen wir einen netten Run ins Tal, leider geht ganz unten der Schneefall in Regen über. In einer der gemütlichen Huetten wärmen wir uns mit Borschtsch-Suppe und warmen Tee auf.

Danach wagen wir noch eine Bergfahrt. Durch den starken Regen im Tal und Schneesturm am Berg werden wir in den alten Sesselliften richtig durchgefroren. Der Run ist lustig, da wir in eine weisse Wand fahren und uns mehr oder weniger runtersuchen. Die warme Dusche im Hotel haben wir uns mehr als verdient.

Wichtige Neuigkeit: Kein Anstehen am Lift mehr, nix mehr los. Und: Es schneit oben sehr ergiebig. Ab morgen geht es wieder richtig los. Attacke !!!!


Die letzten Tage waren vom Wetter sehr wechselhaft. Aprilwetter im Kaukasus Glücklicherweise immer mit frischem Powder. Und somit hiken wir noch das ein und das andere Mal den Grat des Mount Chegets. Bei den Runs geben uns die Couloirs weiter unten den Rest.

Diese sind durch die Steilheit und des ständigen wechselnden Schnees (Powder, Sulz, Eis, gefrorene Lawinenbrocken darunter) sehr anspruchsvoll und lassen unsere Oberschenkel richtig "ausbrennen". Aber die unverspurten Hänge motivieren uns, trotz der immer stärker werdenden Müdigkeit und Kraftlostigkeit noch den ein oder anderen Run zu machen. Nur leider erlaubt das schlechte Wetter keine Fotos mehr.

Desweiteren findet noch das Finale des russischen Freeride Contest vom obersten Punkt des Cheget-Grates statt. Dazu muss man sagen, dass es ein wirklich gut organisierter Contest war. Auch wurde sehr guter Sport geboten. Die Wertung des Finales war auch interessant. Alle Runs wurden auf Video aufgezeichnet und alle Finalteilnehmer mussten dann anhand des Videos die anderen Rider bewerten.

Nach diesem Finale beginnt auch eine der berühmt-berüchtigten russischen Freerideparties... Wir sagen Euch eines. Die russischen Freerider sind super Menschen. Und wenn man mit Ihnen Party macht, geht es richtig zur Sache und es gleicht harter Arbeit - aber schöne Arbeit :-) Diese Parties sind auch ein würdiger Abschied von unseren guten russischen Freunden.

Freitag ist unser Rückflug nach von Mineralnye Vody. Axel, der mit dem Bus von Mineralnye Vody nach nach Rostow muss, steigt an der Busstation aus. Als er zum Bus gehen will, wird er noch von 2 Polizisten kontrolliert und in deren Station mitgenommen.

Das ist eben auch Russland - Polizei die abkasieren will. Axel ist aber in dieser Beziehung schon erfahren und berichtet per SMS: "Die Polizisten sind Arschgeigen! Das muss man wieder ganz normal aussitzen - das bedeutet, dumm stellen, kein Russisch reden - auch nicht verstehen, wieder dumm stellen... bis sie Dich gehen lassen. In einer russischen Polizeistation zu sitzen ist normal. Man muss aber nur cool bleiben und darf nichts zahlen."

Am Flughafen von Minvody werden Martina und Chris noch ganz unerwartet von der russischen Airline Aeroflot überrascht. Beim Ticketkauf im Januar wurde uns zugesichert, dass 30 kg Gepäck pro Person erlaubt sind. Auch der Hinflug verlief problemlos. Aber plötzlich hat Aeroflot seine Bestimmungen geändert und es sind nur noch 20 kg erlaubt.

Nach langer Streiterei bleibt uns nichts Anderes übrig als Übergepäck zu zahlen. Auch in Moskau erwartet uns dann nochmal dieselbe Prozedur mit langer Diskussion und wir dürfen wieder einige Rubel an diese Fluglinie abgeben. Fazit: Nie wieder Aeroflot!

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