Kolumne: Not und Tugend

Von Marius Schwager am 23.Dez. 2015

Oh was ein Jammer! Der Schnee fehlt. „De oarmen deitschn Touristen hom kuan Schnea nita. Da Karl-Heinz, da Lawinenhund hot oa nix mea zum dian!“ Stermann & Grissemann waren schon immer ihrer Zeit voraus und bejammerten den Schneemangel zur Weihnachtszeit. Ist es denn eigentlich bedenklich, dass der Schnee fehlt? Kann auch der kleine Klaus etwas dagegen tun?

 Nun, erst mal räumen wir mit den Mythen auf. Es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, dass an Weihnachten und Silvester kein oder wenig Schnee liegt. Weiße Weihnachten sind generell sogar ziemlich selten. Meteorologisch relevante Zeiträume umfassen meist eine Vergleichsphase von rund 30 Jahren. Alles darunter wird von der Wissenschaft eher als Wetter, nicht aber als Wandel des Klimasystems betrachtet. Insofern, entspannt euch, Jünger des weißen Pulvers.

Andererseits wird unser Klima immer wärmer. Immerhin haben das mittlerweile die meisten Menschen soweit verstanden und die Menschheit hat das neuerdings in Paris in Vertragsform festgehalten und versucht virtuelle Obergrenzen für Temperaturerwärmung und Verschmutzung in Zukunft einzuhalten. 195 Staaten erzielen eine Einigung, da darf auch mal unsere Umweltministerin eine Freundenträne vergießen.

Nun sind wir aber bereits bei einem der maximal zwei Grad Erwärmung zur Referenzperiode angelangt. Was bedeutet das für Skifahrer? Im Schnitt rechnet man mit 0,6 Grad Temperaturrückgang je 100 Höhenmeter. Geht man vom schlechten Szenario aus, das für die Alpen einen fast doppelt so hohen Temperaturanstieg bedeutet wie im weltweiten Schnitt, so kommen wir auf 300-600 Höhenmeter, die sich das allgemeine Schneelevel erhöhen wird. Ziemlich doof fürs Treeskiing, nicht allzu tragisch aber für das Gesamterlebnis Skifahren bzw. Freeriden. Das wird weiterhin möglich sein.

Halten wir fest, es ist wärmer als früher und wird erstmal weiter wärmer und Freeriden wird im Schnitt schlechter als früher – früher war ja auch immer alles besser, sagte schon Opa – doch was macht nun der kleine Klaus das Klimaschwein?

Tja Klaus, wie wäre es wenn du und wir alle endlich mal anfangen etwas zu ändern? „Die anderen“ scheinen es ja nicht zu machen. Wäre doch mal ein Ansatzpunkt. Weniger dicke Autos, weniger alleine Fahren, vielleicht gibt es ja eine Klausine, die dir beim Fahren eventuell ne Butterstulle schmiert oder Ähnliches? Weniger auf Kunstschneepisten an Weihnachten zur natürlich schneearmen Zeit herumeiern.

Weniger kann manchmal auch mehr sein. Man könnte auch, ganz klassisch wie in kriegszustandsähnlichen Zeiten aus der Not eine Tugend machen. Ganz ohne Herzinfarkt und "kommen Sie und genießen Sie unsere hervorragenden Kunstschneepisten". Dann geht man eben einen genüsslichen Spaziergang im Wald machen. Oder man nutzt einen nahegelegenen Bikepark oder die schneelosen Tage und schaut, wie man ganz für sich persönlich die eigenen Klima- und Umweltbilanz verbessern kann.

Wer hier mal einen Schritt zurück macht und sein Tun kritisch hinterfragt, wird ziemlich sicher feststellen, dass man sogar mit weniger mehr und besser leben könnte. Vielleicht kuschelt man sich lieber mal zu viert in den Kombi zum powdern, vielleicht geht man lieber mal wieder einmal sieben Tage am Stück statt sieben Mal einen Tag freeriden. Vielleicht kauft man seine Skiprodukte lieber beim europäischen Produzenten, statt aus China oder Afrika. Vielleicht achtet man auch bei seinem geliebten Bergsportdestinationen auf Nachhaltigkeit www.sustainablemountaintourism.org/. Oder man dreht die Heizung ein Grad herunter und zieht einen Pulli daheim an.

Es gibt unzählige Ansatzpunkte und jeder etwas tun kann – für alle und letztlich auch für sich selbst. Ich sage 50% der von uns selbst verursachten Umweltschäden sind ohne Einbußen in ein qualitativ hochwertiges Bergliebhaber- und Skifahrerleben möglich. Ziemlich locker sogar. Machen wir aus der Not eine Tugend und machen es besser. Alternativ warten wir einfach weiter und schauen den Skipisten statt dem Weihnachtsbaum beim brennen zu (Hochzeiger/Pitztal/Tirol/Österreich), Smileyface.

Tipps: Klimarechner sagen euch wo und wieviel ihr etwas verbraucht und wo Einsparungspotential ist.

Bikepark Opening Le Gets

Offenlegung Klimabilanz Weiße Arena (Laax)

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