
GANZ IM SÜDEN - Antarctica
Text: Léa Bouard Fotos: Etienne Claret & Léa Bouard Archive
Ich habe immer geglaubt, dass man mit einem positiven Ansatz eine Kettenreaktion guter Dinge auslösen kann. Genau das ist nach meiner einmaligen Reise nach Alaska passiert. Ich bekam die Gelegenheit, eine neue Gegend zu erkunden, einen Ort, den ich bisher nur in Büchern oder im Fernsehen gesehen hatte. Ich las Lektüren über all die großen Entdecker wie Roald Amundsen, Robert Falcon Scott und andere, die zu den ersten gehörten, deren Augen die Schönheit der weißen Polarumgebung einfingen, die mit ewigem Schnee und Eis bedeckt und mit kristallenen Eisbergen geschmückt sind. Und ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich dieses unbekannte Land jemals betreten würde.
Antarktis! Es gibt wirklich keinen vergleichbaren Ort auf der Erde. Es ist ein Land der Extreme – der kälteste, windigste und trockenste Kontinent. Nur 1 % der Glücklichen, die jemals dort waren, hatten die Chance, auf dem Schnee Ski zu fahren. Und ich fühle mich unglaublich glücklich, unter ihnen zu sein. Diese Reise war ein wahrgewordener Traum und ich platze vor Aufregung, jeden Moment davon zu teilen. Unser Abenteuer begann mit einer waghalsigen Fahrt durch die tückische Drake Passage, ein legendärer Gewässerabschnitt, der für sein heftiges Wetter bekannt ist. Es ist die ultimative Prüfung für jeden Kapitän.
Am ersten Tag kamen wir auf Deception Island an, der Caldera eines aktiven Vulkans, der im 19. und 20. Jahrhundert Walfang- und Robbenstationen beherbergte. Früher wurden dort große Fässer zur Lagerung von Walöl verwendet. Ich bin erleichtert, dass sie sie nicht mehr töten. Vulkanausbrüche zerstörten 1969 diese britische Basis.
Es ist eine einzigartige Landschaft, die aus kargen Vulkanhängen, dampfenden Stränden und mit Asche bedeckten Gletschern besteht. Die Atmosphäre mit der verlassenen Fabrik, dem schwarzen Sand und dem Nebel an diesem Tag hat mich unglaublich beeindruckt.
Und dann waren sie da – entzückende kleine Pinguine, die am Strand entlang watschelten, ein Anblick, der mein Herz mit Freude erfüllte.
Am zweiten Tag näherten wir uns endlich der unberührten Schönheit dieses eisigen Wunderlandes. Meine Ripsticks berührten den antarktischen Boden. Das ist ein ziemlich surreales Gefühl, es gibt keine Worte, die jemals die exquisite Schönheit und den Charme dieses Ortes beschreiben könnten. In Mitten zwischen großen Eisbergen und den Bergen der Antarktis fühlte ich mich frei. Die Natur ist atemberaubend. Bevor wir das Boot verließen, legten wir großen Wert darauf, dieses empfindliche Ökosystem zu respektieren, indem wir unsere Ausrüstung reinigten und desinfizierten.
Jeden Tag freute ich mich darauf, um 7 Uhr morgens auf dem Boot geweckt zu werden und gespannt zu sein, was mich außerhalb meines Zimmers erwartete. Ich begann immer mit einer Tasse Kaffee, zog meine wärmsten Klamotten an und ging hinaus auf das Deck, um die atemberaubende Landschaft zu betrachten. Jeden Tag funkelten meine Augen vor Staunen und ich fühlte mich unglaublich frei.
Ich habe diese Momente noch mehr genossen, da es während der gesamten Reise keine WLAN-Verbindung oder irgendeine Art von Kommunikation nach aussen gab. Von der Welt getrennt zu sein fühlte sich unglaublich befreiend und friedlich an. Nach der Reise beschloss ich, mein Telefon einmal im Jahr für mindestens zehn Tage auszuschalten und mich an einen einsamen Ort zurückzuziehen, um wieder mit mir selbst in Kontakt zu kommen. Es hat etwas zutiefst Befriedigendes, völlig präsent zu sein, insbesondere in einer so bemerkenswerten Umgebung.
Am dritten Tag kamen wir in der Wilhelmina Bay an, die von wirbelnden Schneeflocken und hoch aufragenden Eisbergen umgeben war. Die schiere Größe dieser gefrorenen Wildnis hat mich wirklich berührt. Es ist ein seltenes Privileg, Zeuge solch roher Schönheit zu werden, wenn man mit den Zodiacs fernab von aller Zivilisation unterwegs ist.
Normalerweise ist es zu kalt und zu trocken, um zu schneien, weshalb alles gefroren bleibt. Es kommt äußerst selten vor, dass Schnee fällt und so frischer Pulverschnee vorhanden ist. Wir hatten das Glück, dieses Wetter zu erleben. An diesem nebligen Tag fuhren wir hinauf zur Nansen-Insel, alles war weiß und magisch.
Bevor wir aufbrachen, mussten wir täglich unsere gesamte Ausrüstung waschen und desinfizieren. Um das Land zu schützen, hatten wir mehrere Einschränkungen, unter anderem kein Essen, keine Getränke beim Verlassen des Bootes. Die Antarktis ist eine andere Welt, eine weiße Polarwelt und das soll auch so bleiben. Es ist magisch, alles ist riesig, eisig und weiß.
Tag 4 begann mit einem Bluebird-Tag auf der Wiencke Insel. Es schneite anderthalb Tage lang, bevor der blaue Himmel zurückkehrte. Das ganze Team war super aufgeregt. Wir sind nutzten den kompletten Tag für viele gute `runs`. Wir hatten Glück mit diesem Wetter und außerdem war es windstill. Das bedeutet, dass die großen Felswände und Couloirs nicht vom Wind beeinträchtigt wurden und der Schnee an den Bergen hängen blieb.
Zum Abschluss des Tages beschlossen wir, ein großes Couloir abzufahren, das wir schon von weitem gesehen hatten. Wir stellten mit unserem Guide sicher, dass der Schnee stabil war. Alles perfekt, das grüne Licht leuchtet. Die letzten 200 Meter lagen noch vor uns. Der Schnee war so tief, dass wir Mühe hatten, den Gipfel zu erreichen. Die Berge können dort auch sehr steil sein, das Couloir hatte eine Neigung von etwa 45 Grad. Es erinnert mich an die Berge in Chamonix, wo ich lebe. Ich hätte nicht gedacht, dass die Berge in der Antarktis so sein könnten. Und das war etwas ganz besonderes, die Abfahrt war ein wahrer Traum.
Am fünften Tag überquerten wir mit dem Boot den Lemaire-Kanal, um eine andere Insel zu erreichen. Die Tierwelt in der Antarktis ist unwirklich, wir beobachteten vom Boot aus viele Wale und Schwertwale. Es sind wirklich riesige Kreaturen. Auf den Inseln gab es jede Menge Pinguine und Robben. Einfach nur toll ihnen zuzusehen.
Am sechsten Tag kam ein heftiger Sturm auf uns zu. Wir mussten unsere Reise verkürzen, um die Drake-Passage überqueren zu können. Drei Tage lang versuchten wir, nach Ushuaïa zurückzukehren. Die Wellen waren so groß, dass ich im Schlaf aus dem Bett gerissen wurde. Ich konnte nicht schlafen, weil es sich zu sehr in alle Richtungen bewegte. Das war eine verrückte Erfahrung, ich dachte, wir würden dort alle sterben. Wenn wir am Tisch saßen, mussten wir ständig unsere Teller und unser Glas festhalten. Manchmal hörten wir nach einer großen Welle Dinge auf den Boden fallen und brechen. 50 Teller gingen gleichzeitig auf dem Boden zu Bruch. Endlich, nach drei ereignisreichen Tagen schafften wir es zurück nach Argentinien.
Während der Fahrt war ich von einem Team umgeben, dass sich davor überhaupt nicht kannte. Aber wir haben es geschafft, unserer Kreativität in diesem Umfeld Ausdruck zu verleihen. Und all diese unterschiedlichen Situationen haben uns geholfen, uns jeden Tag ein bisschen besser kennenzulernen. Wir haben einzigartige Erfahrungen gemacht und dabei aufeinander geachtet, an einem Ort, an dem die nächste Hilfe zwei Tage entfernt ist.
Ich hatte die Chance, in Begleitung gleichgesinnter Menschen voller Demut herrliche Berge zu besteigen. Ich habe in so kurzer Zeit viel gelernt. Wir haben gelacht, wir haben gejubelt und wir haben zusammen Stürme überstanden und Freundschaften geknüpft, die für immer Bestand haben werden.
Ich wollte die Antarktis nie verlassen. Es hat mir etwas Besonderes gezeigt. Ich werde dieses Abenteuer nie vergessen. Ich bin dankbar, die Antarktis gesehen und befahren zu haben. Es war eine lebensverändernde Erfahrung. Ich bin dankbar, die Welt bereisen und so tolle Orte erleben zu dürfen. Dieser Ort hat eine unauslöschliche Spur in meiner Seele hinterlassen und eine Leidenschaft für Erkundungen entfacht, die niemals verblassen wird. Ich bin unbeschreiblich dankbar für dieses außergewöhnliche Erlebnis. Ich schwebe mit der Schwingung und Energie des Lebens. Es gibt so viele schöne Orte zu entdecken. Aber das war bisher mein Lieblingsabenteuer. Danke, Antarktis, du hast mein Herz für immer erobert!
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