Der große freeskiers.net Saisonrückblick

Von Nico Hölzel am 23.Apr. 2015

Es ist vollbracht. Die warme Jahreszeit bricht an. Endlich. Endlich? Ja, endlich. Eine lange und beschwerliche Zeit der Trauer und des Leides liegen hinter uns, denn der diesjährige Winter 2014/2015 konnte leider die hohen Erwartungen, die man als Skifahrer nun mal stellt, abermals nicht erfüllen.

Das Dasein eines Freeriders zu führen, erfordert in den Alpen ein ungeheures Maß an Selbstdisziplin, Geduld und Ausdauer. Und einen Topf voller Geld und noch mehr Zeit. Wetterseiten werden akribisch studiert, um ja keinen auch noch so leichten Schneefall zu verpassen. Falls es dann zu unerwarteten Ausbrüchen des Himmels kommt, schnappt der in diesen Abläufen schon sehr routinierte Freerider sowohl Ausrüstung, als auch Buddy, schmeißt alles zusammen in seinen geräumigen Wagen, lässt Gattin oder Gatten im Morgenmantel zurück und macht sich auf den endlos langen Weg zu dem Fleckchen Erde, welches das weiße Glück verspricht.

Es gleicht einer Odyssee. Von Ort zu Ort, Gebiet zu Gebiet, von einem Hörnle zum nächsten Köpfle. Immer auf der verzweifelten Suche nach unverspurten Runs. Oh Winter, where are thou?

Der Film „Oh Brother, where are thou?" der Coen Brüder, handelt von einer Odyssee dreier flüchtiger Gefangener (u.a. George Clooney) zur Zeit der weltweiten Wirtschaftskrise 1937 in den USA. Ebenfalls orientiert an Homers Werk, wandeln die drei Filmhelden ziellos umher, auf der Suche nach einem Schatz. Dabei treffen sie auf einige an den Epos angelehnte Figuren und entwickeln sich unbemerkt sogar zu Country-Stars.

Der Winter lässt auf sich warten
Rückblickend gab es sicher schon bessere Winter in den nördlichen Alpen. Ende des Jahres und zu Beginn des Neuen sah es alles andere als rosig für den Allgäuer Wintersport aus. Wenn sich die Lifte drehten, dann nur entlang eines schmalen Kunstschneebandes, welches sich verloren durch eine graubraune Landschaft schlängelte. Zu allem Übel durfte man sich zusätzlich noch mit abertausenden Skifahrern auf den wenigen Quadratmetern um jeden einzelnen Schwung duellieren. Doch dann kam der sehnlichst erwartete Schnee und endlich konnten auch wir das erste Mal die weiße Pracht vorzeigen.

Die freeskiers.net Redaktion blickt in jedem Fall auf einen sehr spannenden und aufregenden Winter 14/15 zurück. Vieles, was wir uns für die Saison vorgenommen hatten, konnte umgesetzt werden.

Erfüllung eines Kindheitstraums
Als Kind träumte ich beispielsweise immer von einem Adventskalender voller Skiequipment. Einen Adventskalender, hinter dessen Türchen sich keine Socken oder Schokolade, sondern entweder Ski, Goggles oder gar ein LVS-Gerät versteckten. Gut, zugegebenermaßen wusste ich als 5-jähriger Knirps nicht einmal annähernd um die bloße Existenz eines LVS-Geräts.

Mit dem freeskiers.net Adventskalender konnten wir uns nicht nur einen Kindheitstraum erfüllen, sondern auch einigen unter den Usern ein vorweihnachtliches Geschenk bereiten. Insgesamt wurden winterliche Gewinne im Gesamtwert von knapp 10.000€ verteilt.

Alles neu macht der Januar
Das neue Jahr wartete mit einem überaus großen Projekt für unsere Homepage auf. Nach drei Jahren wurde es mal wieder Zeit für einen Tapetenwechsel. Also hieß es: Spachtel raus und ab in die Arbeitsklamotten. Zum Glück betreiben wir nur ein Online-Portal und keinen Dachdeckerbetrieb, sodass uns allen der Anblick der Mitarbeiter in Latzhosen und Feinripp-Unterhemd erspart blieb.

Angepackt wurde trotzdem und so konnten wir 2015 ein neues, frisches Design der Homepage präsentieren. Freundlichere Farben, mehr Übersichtlichkeit und eine bessere Navigation standen bei der Überarbeitung des Layouts im Vordergrund. Durch das große und fantastische Feedback der User konnten wir ständig auf aktuelle Wünsche und Vorschläge eingehen und haben versucht, freeskiers.net so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Ein Dank gilt allen, die durch konstruktive Kritik zur „Verjüngungskur" beigetragen haben.

Freeride-Camps für Tiefschnee-Enthusiasten
Sicherheit besitzt im Freeridesport höchste Priorität. Mit den teuersten LVS-Geräten, Sonden oder Lawinen-Airbag-Rucksäcken am Mann oder der Frau ist es jedoch nicht getan, denn im Ernstfall sollte jeder Handgriff sitzen. Freeride-Camps mit geschulten Bergführern bieten die perfekte Möglichkeit sowohl erfahrenen Ridern, ihr bereits vorhandenes Wissen zu vertiefen, als auch Neulingen den Einstieg in den Tiefschnee zu erleichtern.

Mitte Januar fanden sich einige Freeride-Enthusiasten im Pitztal zu unserem Movement Fly Camp powered by Arva ein. Zusätzlich zum Spaß im Powder bekamen die Teilnehmer von den Bergführern das nötige Wissen in Sachen Vorbereitung, Geländebeurteilung und Verschüttetensuche näher gebracht. Sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis wurde der Umgang mit LVS, Sonde und Schaufel in verschiedenen Szenarien geübt und gefestigt.

Pulver im Allgäu
Bei passender Wetterlage ist es, so unglaublich es klingen mag, auch im Allgäu möglich den ein oder anderen Powderrun zu erwischen. Der Hochgrat hat sich dabei in den letzten Jahren zu einer wahren Perle und zum Powderhotspot gemausert. Durch die uralte und charmant anmutende Gondelbahn erreicht man die Spitze des Grats und gelangt in nur wenigen Fußminuten zu unzähligen Abfahrtsmöglichkeiten im freien Gelände.

Unser Freeride-Camp, in Zusammenarbeit mit Alpina und der Mammut Alpine School, lockte aus diesem Grund über 20 Teilnehmer Ende Februar in das kleine Skigebiet. Waren die Bedingungen am ersten Camp-Tag noch sehr dürftig, – es hatte zuvor zwei Wochen keinen frischen Schnee mehr gegeben – entschied sich Frau Holle über Nacht etwas Vernunft walten zu lassen und belohnte uns mit immerhin 15 cm frischem weißen Gold, welches von den Teilnehmern dankend angenommen wurde.

Der unerwartete Schneefall erlaubte nun lange Abfahrten in unverspurtem und steilem Terrain sowie einige Treeruns, sodass jeder auf seine Kosten kommen konnte. Für all diejenigen, die bei einem Trip auf keinen Umtrunk verzichten wollen, rundete eine kleine Fackelwanderung mit anschließender Glühweinverkostung die Geschichte ab. Selbstverständlich musste sich jeder diese edlen roten Tropfen hart erarbeiten, indem man den Gipfel des Hochgrats erklomm. Soll ja nicht heißen, Freerider wären nur zu einem zu gebrauchen.

Ski-Test mit brandneuem Material
Absolutes Highlight dieses Winters war sicherlich das von Bergstolz, Powder Magazin und unserer Wenigkeit initiierte und organisierte FreerideTestival am Kaunertaler Gletscher Ende März. Über 25 Marken der führenden Skiindustrie kündigten sich im Vorfeld an, um ihre brandneuen Produkte der kommenden Saison 2015/2016 der Öffentlichkeit zu präsentieren und zum Test freizugeben.

Nun hieß es über das gesamte Wochenende: Testen, Testen, Testen. Und die Bedingungen im Kaunertal trugen ihr Übriges dazu bei, dass die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg wurde. Trotz eisigen Temperaturen und einer länger andauernden Trockenperiode, konnte die Herde der Freerider bei strahlendem Sonnenschein immer wieder frische Schneelöcher finden, in denen man sich mit dem neuen Material genüsslich suhlte.

Praktikantenjobs sind doch immer das Gleiche
So gut die ganze Geschichte auch bei allen Beteiligten ankam, muss ich an dieser Stelle über einen äußerst negativen Aspekt berichten. Um den Testival-Besuchern die beeindruckende und über 1.100 Höhenmeter umfassende Variantenabfahrt „Nörderberg" zu ermöglichen, wurde ein kostenloses Shuttle angeboten, welches die Freerider schnell und komfortabel zurück zur Talstation brachte. Somit entfiel das lästige Warten auf den Bus zurück ins Skigebiet.

Leidtragende des Service waren wie immer die armen Praktikanten. Um das Shuttle kontinuierlich am Laufen zu halten, waren wir zwei Tage lang gezwungen eine Mercedes M Klasse mit 250 PS (und Automatik) die kurvenreiche Passstraße des Kaunertaler Gletschers hinauf zu prügeln. Für Skifahren blieb da keine Zeit. Eine unaussprechliche Tortur, die man selbst seinen schlimmsten Feinden nicht wünscht.

Einer dieser Tage
Trotz der zum Teil miserablen Bedingungen bot dieser Winter wieder einige Highlights. Wer sich zum Beispiel bis heute immer noch nicht Candide Thovex' „One of those Days 2" angesehen hat, dem entziehe ich hiermit jegliche Legitimation zum Skifahren.



Allerdings darf sich der Franzose nicht alleine für spektakuläre Bilder aus der Szene rühmen. Das Team von Sweetgrass Productions bewies mit ihrem Streifen „Afterglow" nicht nur ihre scheinbar grenzenlose Kreativität, sondern stellte Freeriden in völlig neuem Licht dar (Wortspiel an dieser Stelle unbeabsichtigt).

Events wie Nine Queens und die Nine Knights, die Red Bull Playstreets oder aber auch die lokalen und überregionalen Freeride-Contests hielten stets außergewöhnliche Leistungen bereit und helfen ungemein bei der Entwicklung des Sports. Vor Allem bringen diese Veranstaltungen den gesamten Sport näher an den Zuschauer heran und sorgen für ein direktes Verhältnis.

Der Hesse in der Spitze
Aus deutscher Sicht gab es in der Contest-Szene ebenfalls erfreuliches zu berichten. Insbesondere von der Freeride World Tour. Felix Wiemers verpasste als einziger Starter aus dem Land von Angela Merkel zwar knapp einen Platz unter den Top Ten, sicherte sich aber zum ersten Mal in seiner Karriere einen Podiumsplatz (Rang 3 in Fieberbrunn).

Alles in Allem möchte sich das gesamte freeskiers.net-Team, vom Redakteur bis zum IT-Fachmann, vom Chef bis zum Praktikanten, bei allen Lesern, Usern, Gewinnern, Freeridern, Newschoolern, Tourengängern, Monoskiern, Snowbladern, Telemarkern, Schlittenfahrern und sogar den Snowboardern für eine abwechslungsreiche und spannende Wintersaison bedanken.

Da ein kleines Online-Magazin wie das unsere sich ohne Sponsoren nur schwerlich über Wasser halten kann, möchten wir selbstverständlich an dieser Stelle allen Partnern für ihre Kooperation unseren Dank aussprechen.

Wir hoffen, dass unsere Arbeit auf Wohlwollen gestoßen ist und alle gut durch den – wieder mal zu kurzen – Winter gebracht hat.

Keep on Riding!

Euer freeskiers.net-Team
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