Trip Report - Saisonende am Säntis

Von christian fink am 4.Jun. 2009

"...ist doch verrückt! Um die Jahreszeit geht man doch Biken." war die Reaktion im Büro auf die Antwort nach der Frage bezüglich der Pläne fürs Wochenende. Das mit dem Biken stimmt ja irgendwo, aber verrückt ist was anderes. Für besessene Freeskier zum Beispiel, den immer noch vorhandenen Schnee...


Trip Report - Saisonende am Säntis

Report

Auf der Jagd nach dem letzten Schnee des Winters

Autoren: Georg Rathfelder & Joachim Spengler Date: 04. Juni 2009

"...ist doch verrückt! Um die Jahreszeit geht man doch Biken." war die Reaktion im Büro auf die Antwort nach der Frage bezüglich der Pläne fürs Wochenende. Das mit dem Biken stimmt ja irgendwo, aber verrückt ist was anderes. Für besessene Freeskier zum Beispiel, den immer noch vorhandenen Schnee einfach ungenutzt rumliegen zu lassen!
Aber fangen wir von vorn an. Es war am Himmelfahrts-Wochenende, als Gex und ich es endlich nochmal zu einer Skitour geschafft hatten. Wir schlugen unser Lager in der Maighelshütte auf und waren unter anderem auf dem Piz Borel. Einen Trip-Report dazu gibt es hier im Forum.

Nachdem wir tolle Tourentage mit erstaunlich viel Schnee erlebt hatten, konnten wir den Winter nicht für beendet erklären. Fest stand jedoch, dass wir nicht nochmals so weit fahren wollten, da uns am folgenden Wochenende nur zwei Tage zu Verfügung standen. Schnell kam das Gespräch auf den Säntis. Den hatten wir schon den ganzen Winter nur im Hinterkopf, und so wurde nach der Tour zu vor der Tour.

Das Internet wurde akribisch nach Informationen zu den aktuellen Schneeverhältnissen durchforstet, doch außer ein paar alten Fotos war nicht viel zu finden und auch die Webcam am Gipfel zeigte nur nackten Fels und natürlich viel Beton. Doch von meinem Büro aus sah ich die ganze Woche über viel Weiß und so war klar, dass wir die Sache nicht sausen lassen konnten. Wenn wir die Verhältnisse nicht von unten klären konnten, mussten wir eben rauf!

Angesichts der warmen Temperaturen und der Tatsache, dass dieser Winter bisher ohne Pre-Ski-Camping vergangen war, beschlossen wir die Nacht vor der Abfahrt in der Nähe der Talstation im Zelt zu verbringen. Kurz nachdem Gex mich abgeholt hatte trafen wir am Samstagnachmittag an der Schwägalp ein, wo wir an einem windstillen Ort unser minimalistisches Lager aufschlugen. Nach einem großzügigen Abendessen - auf Touren geht es uns immer sehr gut - krochen wir in die Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen verließen wir unseren Platz, wo außer ein paar geknickten Grashalmen keine Spuren unserer Anwesenheit zurückblieben und standen pünktlich zur ersten Bergfahrt in der Talstation der Säntisbahn. Vor und in der Kabine gab es große Augen - denn natürlich waren wir die einzigen mit Ski. Während die Masse sich auf dem einbetonierten Gipfel mit seiner imposanten Antenne verstreute, stiegen wir nach einem kurzen Check der Schneelage zum Einstieg der Abfahrt hinab.

Wir wählten nicht den Standard-Einstig beim Gasthaus nach dem Tunnel, sondern schnallten unsere Ski an der Scharte zwischen Lisengrat und Säntisgipfel an und heizten von dort aus Richtung Wagenlücke ab. Während Gex in gewohnter Manier seine Speedline zog fotografierte ich vom Gegenhang - diese Arbeitsteilung hat sich auf Grund unserer unterschiedlichen Fahrkünste bestens bewährt, und das nicht nur am Säntis, sondern schon während der ganzen Saison.

Kurz vor der Wagenlücke bestätigte sich dann die Aussage des Seilbahnbediensteten: "Abfahrt??? Bis zur Wagenlücke, vielleicht." Aber bloß weil man bis zur nächsten Wegbiegung keinen Schnee mehr sieht kehren wir nicht um. Also schulterten wir die Ski und stiegen die paar Meter zur Wagenlücke auf - und dahinter wieder ab - bis zum Schnee.

In der Wagenlücke hatten wir uns beraten, wie der weitere Tourenverlauf aussehen könnte. Angesichts der Schneelage Richtung Seealpsee schien uns der Abstieg nach Wasserauen wenig einladend. Auch weil wir dann mit dem Bus und der Bahn wieder zurück nach Schwägalp fahren hätten müssen. Zudem beinhaltete unser Seilbahnticket nach genauerer Betrachtung sogar eine Talfahrt. Also beschlossen wir uns noch etwas in dem Bereich unterhalb des "Blauen Schnees" zu vergnügen, denn hier lag noch viel Schnee.

Angetrieben durch das neue Ziel schnallten wir die Ski an die Rucksäcke und stiegen durch eine einladende Bowl ein Stück Richtung Gipfel auf. Nach einer angenehmen Pause bei Sonnenschein und beeindruckenden Wolkenspielen erfolgte die bewährte Arbeitsteilung: Gex vor der Linse und ich am Auslöser. Auf diese Weise komme ich auch oft in den Genuss der Firstline.

Nach dieser letzten Abfahrt stiegen wir wieder zurück durch die Wagenlücke und fellten auf dem "Großen Schnee" an und ernteten wieder ungläubige Blicke von den Wanderern. Doch nebenbei: Wir waren nicht die größten Freaks. Ein ganz hart gesottener war barfuß unterwegs...

Während wir zum Gipfel aufstiegen, zogen Wolken ins Tal und für die letzten Höhenmeter fanden die Ski wieder ihren Platz an den Rucksäcken. Als wir im Gasthaus am Gipfel noch einen Möhl genossen, wurde an den Nebentischen gemunkelt und Manche schienen zu rätseln, was wir hier mit den Ski wollten: Mit der Gondel abfahren natürlich, was denn sonst bei all dem Schnee hier oben...

Diese Tour hat einmal mehr gezeigt, dass das Gute oft sehr nahe liegt. So nahe, dass man es nicht ernst genug nimmt. Das hat sich jetzt geändert. Wir werden auf jeden Fall nächsten Winter wieder zurückkommen, demm der Alpstein ist bei sicheren Verhältnissen ein hervorragendes Freeride- und Tourengebiet.

Wohlgemerkt: Es gibt keine präparierten und kontrollierten Pisten. Wer sich hier vergnügt, sollte seine Ski in jedem Gelände einwandfrei beherrschen und über die nötige Ausrüstung verfügen. Je nach Routenwahl und Verhältnissen kann es durchaus sein, dass man sich mit Skischuhen oder Steigeisen auf steilem Eis oder Fels bewegen muss.

Zur Routenauswahl: Die wohl meist befahrene Route führt vom Gipfel (Einstieg beim Gasthaus) über den "Großen Schnee" zur Wagenlücke. Das Stück nach der Wagenlücke ist auf ca. 70 hm recht steil. Direkt anschließend ist ein kurzer, aber auch steiler Kamin zu befahren. Von dort geht es hinunter zum Mesmer und weiter durch das steile Leiterfeld. Entlang des Seealpsees muss man evtl. schieben oder gar die Felle anlegen.

Die weitere Abfahrt nach Wasserauen ist bei geringer Lawinengefahr, man beachte die steilen Hänge zu beiden Seiten des Tales, unproblematisch. Zurück nach Schwägalp geht es über Herisau mit der Appenzeller Bahn oder per Bus. Diese Abfahrt beinhaltet keinen nennenswerten Zwischenanstiege.

Die Skitourenvariante mit noch mehr Abfahrtshöhenmetern führt vom "Großen Schnee" nicht durch die Wagenlücke, sondern folgt dem Hochtal bis zur Meglisalp, von wo man wieder zum Rotsteinpass aufsteigt. Von dort kann man eine wahrlich endlose Abfahrt bis nach Unterwasser genießen. Auch von dort gibt es eine Busverbindung zurück nach Schwägalp.

Noch zu erwähnen bleibt, dass sich auch die Anreise zum Säntis super mit öffentlichen Verkehrsmittel bewältigen lässt. Übrigens: Wer seine Lines gerne im Sommer unter die Lupe nehmen will, dem sei der Alpstein als hervorragendes Wandergebiet empfohlen. Man sollte allerdings seine Freude an atemberaubenden Tiefblicken haben und die nötige Trittsicherheit mitbringen.

Einen weiteren Bericht über unseren Trip gibt es hier.
Additional Information
Mehr Bilder {ijoomla_redirect id=139}
Article Options

{ijoomla_redirect id=70} zurück zum Anfang
Hinterlasse eine Antwort
Bitte anmelden, um einen Kommentar zu posten