Be like Rudi

Von MS am 7.Feb. 2016

Rudi ist gerne im Schnee. Rudi ist gerne im freien Gelände. Rudi denkt viel darüber nach, ob und wann er wohin geht. Rudi ist schlau. Sei wie Rudi.

Wer ist Rudi? Rudi Mair ist einer der Hauptverantwortlichen des Tiroler Lawinenwarndienst, ein sehr netter Mensch, und entsprechend seiner Profession ziemlich kenntnisreich in der Thematik Schnee, Mensch und Lawine. Rudi erinnert uns an Bill. Bill aus dem Internet. Be like Bill.

Gestern, am Faschingssamstag war auch einer der typisch heiklen Tage der Saison. Einer dieser Tage, wo man die Uhr nach stellen kann. Relativ viel Neuschnee, erster schöner sonniger Tag, viel Wind und starke Erwärmung durch den "Föhn". Die Lawinen und mit ihnen die Unglücke kommen an solchen Tagen wie auf Bestellung. Nicht, dass sie jemand bestellt hätte. Darauf wetten braucht man auch nicht mehr, weil es eh klar ist, dass Menschen in Lebensgefahr kommen werden und auch sterben werden.

“Du L., sollen wir wetten wieviele Menschen morgen sterben werden?”

“Nein, so etwas tut man eher nicht. Das ist nicht nett.”

“Ok, tun wir nicht. Ist aber doch nichts anderes als auf steigende Reispreise zu hedgen, und hat vermutlich gar höhere Gewinnchancen.”

 

Auszug aus der Lokalpresse zu den Lawinenereignissen am 6.2.2016:

"In Tirol ist es am Samstag zu 18 Lawinenabgängen gekommen. In elf Fällen sind insgesamt 24 Personen verschüttet bzw. teilverschüttet worden. Davon wurden sieben verletzt, fünf wurden getötet." (Quelle)

"Mair: Wir haben immer wieder gewarnt. Man muss Klartext reden, das ist heuer einfach ein hundsgemeiner Winter. Der Schnee ist grottengrauslig. Es hat heuer schon im Oktober geschneit, der ist teilweise liegen geblieben. Der bildet bis jetzt das extrem schwache Fundament. Es hat mittlerweile ein bisschen draufgeschneit. Die Tourengeher sagen sich, es liegt eh kein Schnee, da ist die Lawinengefahr nicht so groß. Dabei sind die schneearmen Winter die gemeinen. Selbst wir haben schon vier Lawinen ausgelöst."

 

Überblicksgrafik Lawinenunfall Geier, 6.2.2016.

Lesetipp: Blogeintrag LWD Tirol.

"Warum war gerade am Samstag so ein Ausnahmetag?

Mair: Wie gesagt, der Aufbau der Schneedecke ist höchst instabil. Noch dazu war der Beginn des Wochenendes und der Beginn der Semesterferien. Die Sonne hat auch noch vom Himmel gelacht. An solchen Wintertagen brauchen wir gar keine Wetten abschließen, ob was passiert. Denn es passiert immer was. Wir Lawinenexperten sprechen von einem Klumpenrisiko. Das heißt, sehr viele ungünstige Faktoren kommen zusammen." (Quelle)

"Die Verschütteten waren Gäste der Lizumer Hütte und vom Hüttenwirt Anton Nigg durch Aushänge des Lawinenwarnberichts und persönliche Warnung über Wetter und Lawinengefahr informiert. Er habe ausdrücklich vor der Begehung des „Geiers“ gewarnt, so der Hüttenwirt. Er könne nur warnen und niemanden etwas verbieten, sagte Nigg im Interview mit ORF Tirol." (Quelle)


Schneedeckenstabilitätstest von Patrick Ribis, FC Stubai am 7.2.2016.

Klumpenrisiko – Ein Kommentar für die Praxis

Gestern war Samstag, Wochenende, und Winter- bzw. Faschingsferienbeginn. Wer nicht auf Kamelle- und Trophäenjagd geht, oder davor flüchtet, geht in die Berge. Nach frühem Aufstehen und Temperaturcheck war klar, dass nach dem Frühstückskaffee eine Wal-Doku die sicherere Alternative ist.

Ja, bei Lawinenwarnstufe drei (von fünf) darf man schon in den freien Skiraum und hat bei Neuschnee auch gute Chancen auf schöne Abfahrten. So frisch angezuckert und nach dieser langen Schlechtschneeperiode spielt der Faktor Schneegeilheit eine ziemlich große Rolle. Wer es nicht weiß, wird sich unwissend in große Gefahr für das eigene und andere Menschenleben begeben. Wer die Gefahren kennt, wird diese vielleicht übersehen wollen, wegwischen, einfach ignorieren.

Hat man nun ein- oder zweimal im Jahr Zeit zum powdern, fällt es schwer “Nein” zu sagen. Die Unterkunft ist gebucht, die Ausrüstung neu und mit tausenden Euro finanziert, stundenlang ist man angereist, hat sich extra Zeit freigeschaufelt um einen schönen Tag im Schnee zu verbringen. Die Freunde sind auch dabei, sind heiß und daheim im Büro wäre es auch nicht negativ beim Montagsmeeting vom Erlebten zu träumen oder prahlen. Und dann sieht alles so gut aus, und man soll nicht ran an den Speck? Chapeau vor jedem, der in dieser Lage “nein” sagt.

Beim mittäglichen Botengang durch Innsbruck schweift der Blick hoch zur sonnenbeschienenen und schneebedeckten Nordkette. Hach, das wäre jetzt schon schön. Das Hafelekar glitzert schneeweiß und lockte. Die SPuren der Freerider verraten, dass viele am Berg waren und viel Powder genossen. Viele waren in Hängen unterwegs, die so mancher nicht befahren würde, wäre er Rudi.

Lokalmatador Lukas Ruetz zur Thematik: “Altschneeprobleme sind für fast jeden „normalen“ Wintersportler unterwegs praktisch nicht zu erkennen.”

"Es nützt nur persönlich ambitionierte, intensive, reflexive, selbstkritische, regelmäßige Beschäfigung mit der Thematik!"

Was würde Rudi tun?

Rudi? Wo ist eigentlich Rudi und was würde Rudi tun? Rudi ist damit beschäftigt, einige Unglückliche aus Lawinen zu ziehen. Wäre es nicht schön, wenn mehr Skifahrer wie Rudi wären?

Be smart.

Be like Rudi.

Be like Lukas.

Be like Patrick.

Hinterlasse eine Antwort
Bitte anmelden, um einen Kommentar zu posten
nächster Artikel

Foto der Woche #10