Event-Report: 3-Star FWQ Engadinsnow

Von Lea Hartl am 19.Feb. 2014

Freeride Contests sind in aller Munde. Doch wie spielt sich das Ganze eigentlich aus der Sicht einer Teilnehmerin ab? Lea Hartl schreibt nicht nur über solche Veranstaltungen, sie nimmt auch aktiv daran teil. Zuletzt am 3-Sterne Freeride World Qualifier am Corvatsch im Rahmen des diesjährigen Engadinsnow. Was sie dort erlebte, schildert Lea uns mit den folgenden Zeilen.

Riders Meeting für das Engadinsnow 3* FWQ am Vorabend des Contest
Die Veranstalter erklären mit ernster Miene, dass es seit Weihnachten nur an 7 Tagen nicht geschneit hat, dass das Face diese Saison noch nie befahren wurde und dass die Bergführer während der letzten drei Tage wegen den kritischen Lawinenbedingungen nicht mal in die Nähe des Faces kamen. Man ist unsicher ob der Contest überhaupt stattfinden kann. Nächstes Meeting morgen um 10:30 Uhr, Start hoffentlich um 12. Vorher geht nicht, weil erst noch gesprengt werden muss.

Der Contest war eigentlich auf zwei Tage ausgelegt, mit einem Qualitag am Furcla Face und einem Finale am Corvatsch. Das Finale wird man sich sparen, weil schon einer der Reservetage aufgebraucht ist und keine Zeit mehr bleibt. Eine weitere Verschiebung soll nach Rücksprache mit der FWT aufgrund der drohenden Überschneidung mit dem 4* Contest in Hochfügen vermieden werden. Wir machen es morgen oder gar nicht - so die Info seitens der Veranstalter.

Wetterfenster ermöglicht Contest
Am nächsten Morgen dann Erleichterung: In der Nacht hat es aufgehört zu schneien und der Himmel ist schon um sieben strahlend blau. Das komplette Furcla Face steht für die Rider zur Verfügung, es gibt keine gesperrten Zonen, wie es bei früheren Contests schon der Fall war. Die von unten gesehen linke Seite ist flacher und gegliederter, mit mehreren kleinen und mittleren Felsen und Cliffbändern. Die rechte Seite ist wesentlich steiler, teilweise sehr ausgesetzt und bietet Cliffs von der eher massiveren Sorte.

Ich bin mit Jenni Kaipainen gekommen, einer Finnischen Riderin die ich schon länger kenne. Die Ski Mädels starten als letztes, Jenni hat Startnummer 90, ich bin mit 99 die letzte Starterin. Wir können rund 50 Fahrer beobachten, bevor wir uns auf den Weg zum Start machen müssen. Das Niveau bei den Ski Männern ist schon ab dem ersten Fahrer sehr hoch, wobei sich vor allem die Bigmountain-Spezialisten im rechten Teil des Faces spektakulär hervorheben.

Tricks werden verhältnismäßig wenige gezeigt. Es ist erstaunlich viel Publikum da, unter anderem ein älteres Ehepaar, das haargenau meiner Vorstellung der typischen St. Moritzer Ferienklientel entspricht. Die Dame trägt einen bodenlangen Pelzmantel, der Herr die Art von Outdoorkombi, der man ansieht, dass hier geschmackvolles Understatement teuer bezahlt wurde. Sie verfolgen das Geschehen durchaus interessiert mit einem Fernglas:

Zwiegespräch der fachkundigeren Art
„Warum fährt er da jetzt so komisch herum?(Rider hat offensichtlich Orientierungsprobleme.)

„Wo ist er denn jetzt hin? Ach, da steht er!(Rider steht über einem großen Cliff und scheint zu überlegen, was er jetzt macht, siehe Bild Sluff)

„Huch! Oh Gott! Was macht er denn?!(Rider setzt zum Sprung an.)

„...bewegt er sich?(Rider war nicht schnell genug und schlägt stumpf ein.)

„ja, ich glaube er versucht jetzt aus dem Loch zu krabbeln. (Rider gräbt sich aus seinem Bombhole aus und sucht seine Ski.)

Als wir an den Start kommen, ist ein Großteil der Männner schon weg. Die Stimmung bei den meisten Mädels ist gut. Fast alle haben sich Lines im flacheren Teil ausgesucht, man ist sich einig, dass die Gefahr zu hoch ist, sich im steileren Teil zu verfahren. Superstar Nadine Wallner scheint es trotzdem wagen zu wollen und wird ehrfurchtsvoll beäugt. Ariana Tricomi, eine junge Italienerin, macht Trockenbungen für einen Spin. Auf Nachfrage meint sie, dass sie überlegt, an einem kleinen Cliff im oberen Teil einen Dreier zu probieren. Wenn sie ihn steht, wäre ihr ein Podiumsplatz sicher, was natürlich die Chancen von allen anderen schmälert. Trotzdem wird sie von allen animiert es zu versuchen.

Ariana Tricomi begeistert mit einem perfekten 360
Ich bin heute nicht motiviert genug um viel zu riskieren und habe mir drei kleinere Cliffs ausgesucht. Ansonsten freue ich mich auf eine nette Abfahrt in gutem Schnee. Solche Mengen an Neuschnee sind für Nordalpenbewohner diese Saison ja ziemlich ungewohnt. Nach und nach starten die Anderen. Vom Start aus sieht man das Face kaum ein. Schwer zu sagen, wie es für sie läuft. Ariana zaubert einen perfekten Dreier ins Abendlicht und alle, die noch oben sind, jubeln ihr zu. Soweit ich weiß, ist sie damit die erste Frau, die bei Freeride Contests erfolgreich Tricks macht. Ich vermute, dass wir in Zukunft noch viel von ihr hören werden.

Schließlich sind nur noch Anna Smoothy (Schwester von Sam) und ich mit den Bergführern oben. Anna hat Musik dabei und macht ein kleines Aufwärmtänzchen. Wir bedanken uns bei den offensichtlich gelangweilten Bergführern für ihre Geduld und sie fragen, ob wir ihnen zum Abschluss nocht noch ein paar Double Backflips zeigen wollen. Anna startet und verschwindet hinter einer Kuppe.

Drop In als letzte Starterin
Jetzt bin nur noch ich übrig. Ich bin eigentlich gar nicht nervös und freue mich nach der Warterei richtig darauf, endlich zu fahren. Bei meinem ersten kleinen Felsen fliege ich etwas weiter als gedacht und ich muss aufpassen, dass ich den zweiten nicht vor lauter Geschwindigkeit verpasse. An dieser Stelle im Hang ist erst eine andere Spur und ich sehe durch den Sluff meinen Absprung kaum. Nach einem kleinen, halb-blinden Hopser lande ich in einer Staubwolke und überschlage mich prompt.

Da ich eher schnell unterwegs war, purzle ich weiter über einige kleinere Felsen und verliere einen Ski. Ich hoffe die Bergführer freuen sich, ein doppelter Frontflip war das mindestens. Die Landung war schön weich und meinen Ski habe ich auch schnell ausgegraben. Im Ziel warten die anderen und mir wird sofort ein Pappbecher mit überraschend alkoholischem Tee in die Hand gedrückt. Der Sturz hat meiner Laune keinen Abbruch getan und ich freue mich für alle, die mit ihrem Run zufrieden sind. Wenn man hinfällt, weil der Schnee zu gut war, sollte man sich nicht beschweren.

Unsere allgemeine Event-Review zum Engadinsnow 2014 findet ihr ebenfalls bei uns im Magazin. {gallery}2468{/gallery}
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