Contest Diary: Basti Hannemann beim Big Mountain Hochfügen

Von Hans-Martin Kudlinski am 19.Feb. 2013

Nach einer langwierigen Verletzungspause im Vorjahr greift der Atomic Teamrider Basti Hannemann diesen Winter wieder aktiv in das Freeride Contestgeschehen ein. Wir hatten die Möglichkeit, ihn im Rahmen des Big Mountain Hochfügen 2013 einen Tag lang zu begleiten und die Abläufe "hinter den Kulissen" des Events zu dokumentieren.

Just in time...
Sonntagmorgen kurz nach acht Uhr vor der Talstation des 8er Jet in Hochfügen. Der Parkplatz des Zillertaler Skigebiets beginnt sich rasch zu füllen. Unter den Besuchern, die von den Parkeinweisern in die Reihen geleitet werden, ist an diesem Morgen auch einer der besten deutschen Freerider, Basti Hannemann. Er hat sich mit dem befreundeten Felix Wiemers zusammengeschlossen, um die Fahrt zum für diesen Tag angesetzten Big Mountain Hochfügen anzutreten. Ein 4 Sterne Freeride World Qualifier Event, welches jedes Jahr auf's Neue talentierte Fahrer ins Zillertal lockt, um Punkte für die FWT-Qualifikation zu sammeln.

Basti ist aktuell bereits mit dem Freeride World Tour Zirkus rund um den Globus unterwegs, doch lässt er sich die Möglichkeit nicht nehmen, an seinem bevorzugten Zillertaler Spot den Contest mitzufahren. Im vergangenen Winter konnte er sich beim Big Mountain Hochfügen den zweiten Platz sichern, die Zielsetzung für den Tag scheint also eindeutig: Alles oder nichts.

Kaum haben die beiden den Parkplatz erreicht, folgt die übliche Routine, die jedem Skifahrer geläufig sein dürfte. Das gesamte Material raus aus dem Auto, rein in die Skischuhe, dabei stets das unwohle Gefühl im Hinterkopf, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Doch diesmal ist alles an Bord: Rückenprotektor, Helm, LVS, Schaufel, Sonde, etc. und auch das Startnummerntrikot hat Basti eingepackt. Alles simple und logische Dinge, die es aber dennoch zu beachten gilt. Schließlich wäre es ein wenig ungünstig, später am Starttor zu stehen und vergeblich nach der Bib Number zu suchen.

First Stop: Rider's Meeting

Nachdem die Vollständigkeit der Ausrüstung gecheckt wurde, geht es direkt mit der Gondel nach oben. Schließlich ist das letzte Rider's Meeting vor dem Contest für 8:30 Uhr auf der Terrasse der 8er Alm anberaumt. Eine „Pflichtveranstaltung" für alle teilnehmenden Rider, bei der von Seiten der Veranstalter nochmals die neuesten Informationen über den Ablauf und die Schneebedingungen im Wettkampfhang mitgeteilt werden.

Schon vor dem Meeting nutzen Basti und Felix die Möglichkeit, Informationen über die aktuelle Lage zu sammeln. Während der Gondelfahrt offenbart sich ein guter Blick auf die Ostwand, dem Austragungsort des Big Mountain Hochfügen. Man tauscht sich über die jeweils geplante Line aus und interpretiert die Spuren, welche von den Vorläufern im Hang hinterlassen wurden. Wirkt die Schneedecke stabil, oder kam diese bereits oberflächlich ins Rutschen? Die letzten Tage hatte es in Hochfügen stark geschneit, daher handelt es sich hierbei um einen besonders wichtigen Punkt. Doch alles deutet auf sichere Verhältnisse hin – die Vorzeichen stehen also gut.

Beim Rider's Meeting bestätigt sich dieser Eindruck. Der Timetable kann wie geplant umgesetzt werden, dem Auftakt des Big Mountain Hochfügen mit dem Start des ersten Riders um 9:30 Uhr steht nichts im Wege. Beim Blick in den Himmel keine Überraschung – Wolken sucht man vergebens, es ist fast windstill, ideale Bedingungen also. Das sorgt für eine gelöste Stimmung sowohl auf Seiten der Veranstalter als auch auf Seiten der Fahrer.


Die Atmosphäre unter den Athleten ist freundschaftlich. Die immer wieder betonte Kollegialität untereinander bewahrheitet sich. Keine Spur von Geheimniskrämerei bezüglich der eigenen Strategie. Es hat mehr den Anschein eines Freeride-Klassentreffens, wenn man beobachtet, wie Basti alte Bekannte begrüßt, mit ihnen über deren Linienwahl spricht, witzelt und man sich auch privat gegenseitig auf den neuesten Stand bringt.

Der Andrang bei den Qualifier Events für die Freeride World Tour ist mittlerweile enorm. In Hochfügen gehen neben Hannemann insgesamt knapp 70 Fahrerinnen und Fahrer in den unterschiedlichen Kategorien an den Start. Was die Startnummernvergabe betrifft, hat Basti mit der Nummer 17 eine nicht ganz ungünstige Ausgangsposition erlangt. Früh genug, um nicht in einen komplett zerfahrenen Hang droppen zu müssen. Andererseits hat er die Möglichkeit die allerersten Fahrer zu beobachten und somit schon eine grobe Tendenz abschätzen zu können, wohin sich das fahrerische Level an diesem Tag bewegen wird. Wenn beispielsweise schon der erste Rider mehrere Tricks in seine Line einbauen sollte, kann Basti davon ausgehen, dass er entsprechend nachziehen und auf Risiko gehen muss, um auf den vorderen Plätzen zu landen.

Aufstieg aus eigener Kraft

Um die Zeit bis zum Start zu überbrücken, setzen sich Basti und Felix gemeinsam in das Restaurant der 8er Alm – direkt ans Fenster, um weiterhin den Blick auf die Ostwand und das dortige Geschehen zu haben. Wichtig ist es dabei für den Augsburger in erster Linie Rückschlüsse auf die tagesaktuellen Verhältnisse im Face zu ziehen. Das Gelände an sich ist ihm dank der vergangenen Jahre und der vielen Runs, die er in Hochfügen bereits absolvieren konnte, bestens vertraut. Seine Eltern besitzen ein Haus im Zillertal, welche ihm über den Winter hinweg als ideales "Basislager" dient. Nachdem er einen Vorläufer durchs Fernglas beobachten konnte, ist es dann auch für Basti an der Zeit, den Weg zum Starttor anzutreten.

Also rein in die Jacke, noch einmal vergewissert, dass man nichts Wichtiges auf dem Tisch hat liegen lassen und ab zum Sessellift „Hochfügen 2000", der uns zum Ausgangspunkt für den Hike auf die Ostwand bringt. Während der Liftfahrt ist es dann soweit – die Startnummer 1, Simon Wohlgenannt, eröffnet den Big Mountain Hochfügen mit einer soliden Leistung. Die nachfolgenden Fahrer lassen ebenfalls nichts anbrennen und legen damit die Messlatte hoch an.

Nach dem Ausstieg und einer kurzen Querung werden die Ski geschultert. Es folgt ein etwa 20minütiger Aufstieg, bis der Startpunkt erreicht ist. Ein vergleichsweise kurzer Hike, was den Athleten entgegenkommt – so kann man die Kräfte für den bevorstehenden Run schonen. Basti hat sich im Laufe der letzten Contests angewöhnt während des Aufstiegs Musik zu hören. Bevorzugt eingängigen HipHop, um kurz vor dem Start noch einmal runter zu kommen und der Nervosität entgegen zu wirken.


Oben angekommen bleibt dann noch einmal kurz Zeit, sich selbst und Goggle, Helm und die restlichen Notwendigkeiten zu sortieren, durchzuatmen und das übliche Ritual zu absolvieren. Bei diesem kommt auch das Team der Veranstalter ins Spiel. Bevor die Rider in die Ostwand droppen dürfen, wird jeder nochmals einzeln kontrolliert. Ist das LVS auf Sendebetrieb? Sind Schaufel und Sonde im Rucksack vorhanden? Und natürlich sollte auch das Startnummerntrikot sitzen. Hannemann hat seine Hausaufgaben gemacht und erfüllt alle Kriterien anstandslos.

Eine konzentrierte Anspannung ist ihm nun kurz vor dem Run anzumerken. Die Fahrer reihen sich hinter dem Startbogen auf. Schlag auf Schlag stößt sich einer nach dem anderen von der kleinen Wechte ab und beginnt seinen Lauf. Gewissenhaft knallt Basti die Schnallen seiner Boots zu und ist daraufhin dann auch der Erste in der Reihe. An der Kante stehend wartet er auf das „Go!" per Funk. Dann ist es soweit: Die Freigabe für Startnummer 17 wird durchgegeben, Hannemann dropt ein.

Der Run aus Basti's Sicht

Er schildert uns anschließend den Verlauf seines Runs wie folgt: „Vor dem Start war ich aus irgendeinem Grund recht nervös. Nach den ersten Turns wurd's dann aber besser, der Schnee war mit der beste den ich je in einem Contest gefahren bin. Als ich dann an den ersten Roller kam, war mir klar, dass es ziemlich schwierig werden würde, richtig einzuschätzen wie weit man fliegt und somit auch wie schnell man den Backflip wegdrehen muss. Naja, und wie es meistens so läuft habe ich den Backy dann doch überdreht. Eigentlich gar nicht mal so schlimm, aber genug für einen ordentlichen Backslap. Leider hat's mich danach seitlich verrissen, aber nach einer Rolle stand ich dann wieder auf dem Ski und konnte meinen Run noch zu Ende fahren."

Nach dem Sturz nimmt Basti auf dem Weg ins Ziel noch zwei Drops mit und hat trotz der vertanen Chance auf ein Top-Ergebnis seinen Spaß an den idealen Bedingungen. Unten angekommen macht er sich dann wieder auf den Rückweg zur 8er Alm, um von dort aus die restlichen Runs zu beobachten. Schließlich stehen noch einige befreundete Rider auf der Starterliste, denen Basti gerne zusehen möchte.

Vom Rider zum Beobachter
Auch hier wird der gemeinschaftliche Gedanke trotz der der Wettkampfsituation deutlich. Zwar ist dem Augsburger eine gewisse Enttäuschung durchaus anzumerken, allerdings ist diese kein Grund, nicht dennoch das beste aus der Situation zu machen und bei den Runs seiner Mitstreiter mit zu fiebern. Und Gelegenheiten gibt es dafür an diesem Tag zu Hauf. Das fahrerische Level beim diesjährigen Big Mountain Hochfügen ist enorm - viele Fahrer bauen mehrfach Freestyle Tricks in ihre Line ein und sorgen damit für Begeisterung bei den Zuschauern.

Auch Felix, mit dem Basti am morgen nach Hochfügen gefahren war, geht auf's Ganze und startet mit einem enormen Backflip in seinen Lauf. „Nachdem ich unten im Ziel war, habe ich ihm noch geschrieben, dass er langsamer als geplant auf den ersten Roller zufahren soll. Man kann den Kick des Absprungs schnell mal unterschätzen. Scheint so als hätte er nicht mehr auf sein Handy geschaut," lacht Basti und freut sich über Felix gestandenen Trick. Den restlichen Run bringt er sicher ins Ziel und auch die übrigen Fahrer geben weiterhin Gas und können den Contesttag unverletzt beschließen.


Nach dem Contest bleibt Zeit für ein paar weitere Runs

Ohne Zwischenfälle kann das Programm des Big Mountain Hochfügen abgespult werden. Daher versammeln sich sämtliche Rider auch bereits um kurz nach Zwölf Uhr im Restaurant der 8er Alm, um sich für den restlichen Tag zu stärken. Denn die Bedingungen sind so verlockend, die Möglichkeiten so vielseitig, dass auch nach dem Wettkampf noch Zeit für ein paar weitere interessante Runs bleibt - bis zur Siegerehrung am Nachmittag sind schließlich noch ein paar Stunden Zeit.

Nach dem Mittagessen starten wir also erneut in einer Vierergruppe bestehend aus Basti, Felix, seiner Freundin Julia und mir, um noch ein wenig das Gelände um das Skigebiet unsicher zu machen. Da Hannemann oft für diverse Foto- und Videoshootings und auch privat gerne im Hochfügener Backcountry unterwegs ist, kennt er sich dort bestens aus und weiß genau, wo sich noch ein paar unverspurte Lines finden lassen. So auch heute: Am Ausstieg des "Hochfügen 2000" Lifts queren wir diesmal Skier's Right den Hang zwischen den Lawinenverbauungen, um weiter südwestlich auf einen Rücken zu gelangen und von dort aus den Einstieg zu ein paar weniger offensichtlichen Runs bis zurück zur Talstation des 8er Jets zu erreichen. Wie erhofft warten dabei noch einige First Tracks auf uns.

Auf ein Neues im kommenden Winter
Ein gelungener Abschluss des Skitags, den wir dann gemütlich bei einem Weizen im Bistro "8er Treff" ausklingen lassen. Anschließend versammeln sich bei der Siegerehrung nochmals alle übrigen Teilnehmer des Big Mountain Hochfügen. Den Sieg holte sich der Franzose Loic Collomb-Patton, Basti wurde letztendlich 18. von 31 Fahrern in der Kategorie Ski Men.

Ein Ergebnis, das den Augsburger für die Neuauflage des Events im kommenden Winter anspornt: "Zufrieden bin ich damit natürlich nicht, aber so ist es nunmal. Wenn du um die vorderen Plätze mitfahren willst, musst Du auch auf Risiko gehen. Das habe ich getan und dabei wurde ein kleiner Fehler direkt bestraft. Ich freue mich auf jeden Fall darauf, im nächsten Jahr wieder mit dabei zu sein und dann wieder Vollgas zu geben."

Für Basti stehen nun erst einmal ein paar Shooting-Tage mit der Junkies on a Budget Crew an, bevor es dann für den nächsten Freeride World Tourstopp nach Kirkwood in Nordamerika geht. Wir sind bereits auf die Ergebnisse gespannt und wünschen ihm für den Rest der Saison alles Gute.

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