People - Reine Barkered

Von Bernhard Scholz, Hans-Martin Kudlinski am 31.Jan. 2013

Beim Stopp der Freeride World Tour in Chamonix haben wir den Gesamtsieger des letzten Jahres getroffen. Der Schwede stand uns Rede und Antwort zu seiner Karriere, seinen Zielen und dem Leben als Freerider.

FS: Hallo Reine, vielen Dank, dass wir Dich interviewen können. Stell Dich bitte unseren Lesern vor. Du hast heute hier in Chamonix den 4. Platz erreicht, herzlichen Glückwunsch!
R: Hallo FS.net. Vielen Dank.. Nun, ich heiße Reine Barkered, bin 30 Jahre alt und komme aus Åre in Schweden.

FS: Wie bist Du zum Freeriden gekommen?

R: Meine Sportart war der Skirennsport. Das habe ich gemacht und dann mit dem Skifahren eine kleine Pause eingelegt. 2004 begann es dann mit dem Freeriding. Freunde meinten, ich solle bei den "Swedish Freeride Big Mountain Championships" mitfahren. Ich hatte damals nichts anderes zu tun und fragte was man da machen müsse. - "Ach, da fährst Du einfach einen Berg runter". Also bin ich da hin und fuhr. Das war zwar nicht so erfolgreich aber es hat viel Spaß gemacht wieder an einem Wettbewerb teil zu nehmen.

FS:Was treibt dich an?

R: Bevor ich in Comps gestartet bin habe ich die Berge noch nicht als einen möglichen Spielplatz gesehen. Dann aber bin ich immer mehr ins Backcountry gegangen, habe immer mehr Lines ausprobiert, habe Filme geschaut und generell viel gelernt. Da es nur wenig Wettbewerbe in Schweden gab habe ich mich für diese jedes Jahr angemeldet. Mir ging es dabei aber immer mehr um die Atmosphäre, die Community, das miteinander. Irgendwann wurde ich aber auch erfolgreich und von da an ging alles seinen Weg.

FS: Inzwischen fährst Du also um zu gewinnen?
R: Ja natürlich, Gewinnen macht Spaß! Aber das ist für mich mehr eine Art Bonus. Insgesamt habe ich gar nicht so viel gewonnen, ich war einfach immer konstant auf einem sehr hohen Level.

FS: Wenn Du nicht so erfolgreich wärst, würdest Du dann etwas andere machen? Filme?
R: Schwer zu sagen. Jeder hat Ups und Downs, ich auch. Bei Wettbewerben fahre ich nach wie vor mit weil es mir Spaß macht. Täte es das nicht würde ich es bleiben lassen. So war es zumindest bei den Skirennen. Filmen würde ich gerne mehr, aber durch den engen Zeitplan der Competitions ist das schwer. Wir haben jetzt nur 3 Wochen Pause und mit Wetterglück kann man da etwas machen, zumindest ein paar kürzere Clips für die Sponsoren.

FS: Ein Thema durch die harten Wettkämpfe sind Verletzungen. Du bist einer der wenigen die noch keine hatten.
R: Ja, das ist wirklich super. Etwas ernsteres hatte ich noch nie. Vielleicht mal eine Prellung am Arm oder solche Kleinigkeiten, aber noch nie Brüche oder etwas dergleichen. Meinem Körper geht es richtig gut und da ist natürlich auch Glück mit dabei.

FS: Trainierst Du hart dafür?
R: Nein, überhaupt nicht. Ich gehe einfach Skifahren. Schon früh in der Saison, dafür aber nicht so heftig. Andere Sachen mache ich natürlich auch, aber es muss Spaß machen. Wakeboarden, Biking, Surfing, solche Sachen. Ein wenig Balance Board, aber kein Krafttraining oder so. Die Sommer nutze ich um aufzutanken, ich lass es dabei langsam angehen. Der Körper muss zur Ruhe kommen, ich bin jetzt 30 und das macht es nicht einfacher.

Auf die Erholung fokussiere ich mich dabei und für mich hat das bisher sehr gut funktioniert. Einen Sommer lang habe ich sogar das ganze Programm mit einem Trainer, Krafttraining usw. durchgezogen. So schlecht wie danach bin ich noch nie gefahren, also mache ich es nicht mehr. Ich wurde schwer und langsam, es war also vielleicht nicht das Richtige für mich. Früh auf den Gletschern Skifahren gehen, ein wenig in Schweden Touren gehen, sobald es schneit in ab in die Alpen zum Skifahren - das hilft wirklich.

FS: Wo fährst Du am liebsten Ski?
R: Das ist ziemlich mir eigentlich ziemlich egal, ich fahre da hin wo Schnee liegt. Österreich gefällt mir allerdings wirklich sehr gut, da habe ich immer eine gute Zeit.

FS: Letztes Jahr gab es auch in Roldal einen Stopp der FWT. Dieses Jahr leider nicht. Hättest Du gerne wieder einen Tourstopp in Skandinavien?
R: Ja, das würde mich wirklich sehr freuen. Aber es ist nicht einfach, da das Wetter zu der Zeit immer sehr wechselhaft und meist schlecht ist. Das verkompliziert die Sache natürlich enorm. Letztes Jahr in Roldal saß ich im Hotelzimmer und war felsenfest davon überzeugt, dass der Contest wegen des Wetters ausfallen müsste. Dann gab es 30 Miunten lang diffuses Licht und alle Rider mussten sich sofort fertig machen, und kurz darauf hatten wir das Wetterfenster. Das war Glück.

Außerdem gibt es natürlich mehrer Skigebiete mit etwas Terrain, aber so richtige Big Mountain Lines gibt es eigentlich nicht, keine richtigen Herausforderungen. Mal einen Drop hier, einen Kicker da und dazwischen eine steile Rinne, aber es ist sehr schwer alles zu kombinieren. Das gibt es zwar auch tiefer im Backcountry, aber für einen Contest ist das nichts. Im Frühjahr sieht es wieder anders aus, da ist es viel besser. Alle unsere Competitions finden im Frühjahr statt. Da gibt es zwar keinen Pulverschnee, dafür aber den weichen Sulz. Sulz ist dann unser Pulver. Schade, dass es dieses Jahr mit Roldal doch nicht geklappt hat, vielleicht nächstes Jahr.

FS: Skandinavier haben einen eigenen Stil, zählst Du Deinen Stil auch dazu?
R: Absolut! So richtig schnell fahren auch wenn die Bedingungen eigentlich schlecht sind, das zeichnet den Stil von uns Skandinaviern aus. Das beste aus jedem Tag machen, alles macht Spaß, auch wenn es eigentlich total furchbar ist, so schätze ich uns ein. Raus zu gehen, egal bei welchen Bedingungen, das hilft ungemein dabei, erfolgreich zu sein. Jetzt in den Alpen wird man ja verwöhnt. Da fragt man sich dann schon "oh, ist es sonnig? Sollten wir wirklich fahren gehen? Guter Pulver?". Daheim gehen wir ständig fahren, auch wenn es richtiges Hundewetter hat und der Schnee richtig schlecht ist. Mit Freunden hat man dann trotzdem eine gute Zeit.

FS: Letztes Jahr hast Du die FWT gewonnen. Was hat sich dadurch geändert?
R: 4 Jahre lang habe ich versucht zu gewinnen. Im ersten Jahr noch nicht so sehr. Dann habe ich aber meine Chance gesehen und habe es natürlich versucht - vor allem auch weil ich das alles ja aus einem guten Gründen heraus mache und einer ist natürlich das Gewinnen. Für mich selbst, für meine Einstellung, hat sich allerdings nicht viel geändert. Ich sehe jede Saison als frisch und neu an und dementsprechend fahre ich auch. Trotzdem ist es super das geschafft zu haben, den Titel zu haben. Das erfüllt mich schon mit Freude und auch Stolz. Ich glaube auch, dass es in ein paar Jahren noch mehr Wert ist diesen Titel zu haben.

FS: Ist das Level der Rider auf der Tour in den letzten 4 Jahren gestiegen?
R: Ja. Auch davor schon, aber insbesondere dieses Jahr. Die Rider fahren konsistenter, landen ihre Sprünge besser, fahren insgesamt besser. Das ist für den Sport gut, denn wir wollen natürlich eine Progression sehen und so gut sein wie wir es nur sein können. Dafür braucht es viele gute Fahrer in der FWT.

FS: Die Freestyle Komponenten sind dieses Jahr wichtiger geworden. Welchen Einfluss hat das auf die FWT und auf das Freeriding im allgemeinen?
R: Wenn man der FWT jetzt zuschaut macht das Spaß, es gibt immer einiges zu sehen. Für die Zuschauer ist das daher sicher gut. Ich selbst bin ja kein sonderlich begabter Freestyler. Ich mache mal einen Backflip, einen 3er oder selten mal einen Frontflip. Meist ist das in Contests ja auch genug. Was ich in Zukunft gerne sehen würde wären die echten Big Mountain Lines mit den Tricks in solch einem Lauf. Dass jemand den schnellen und aggressiven Big Mountain Part auslässt um auf kleinen Features Tricks zu zeigen wäre meiner Ansicht nach der Falsche Weg. Da gilt es eine Balance zu finden.

Wir haben im Moment ein paar Rider die einfache Lines fahren und Tricks machen, aber ein paar wenige machen die Tricks auch in den echten Big Mountain Lines, Tom Leitner oder Drew Tabke. Das ist wirklich gut und meiner Ansicht nach auch die Zukunft. Die nächste Generation wird das noch besser machen. Es wird aber auch immer die Leute geben die sehen wollen wie sich die Top Fahrer in schwierigem Terrain bewegen können - auf der anderen Seite gibt es dann das "Red Bull Line Catcher", da sieht man die Tricks. Es ist einfach schwierig Big Mountain Freeride mit Backcountry Freestyle in einem Contest zu vergleichen. Vielleicht sollte man eine Art Limit einführen. 70% müssen Big Mountain sein, der Rest ist Bonus.

FS: Wo siehst Du Deine eigene Position in diesem Sport?

R: Inzwischen bin ich einer der älteren Semester bei der FWT. Früher hatte ich Kaj Zackrisson und Sverre Liliequist, die waren die Veteranen, mit denen konnte man sprechen wenn man Tipps brauchte etc.. Plötzlich sind sie nicht mehr dabei, nur noch Seb Michaud, ich bin jetzt einer von den Älteren. Von den Organisatoren der Tour wird mir inzwischen viel mehr Vertrauen entgegen gebracht da ich mich bewiesen habe. Sie hören sich meine Meinung gerne an. Auf der anderen Seite spreche ich natürlich auch mit all den anderen Fahrern und so sehe ich mich auch in einer Art als Mediator.

Anfangs habe ich mich gefragt ob ich für so etwas der Richtige bin, es gibt Markus Eder der eher der Freestyler ist, dann Drew Tabke, der beides kann, und mich, der eher traditionell Big Mountain fährt. Viele könnten das tun was ich mache, aber es ist nun mal mir zugefallen und es macht mir großen Spaß, mir gefällt diese Position. Um dahin zu kommen musste ich natürlich auch etwas tun, lange dabei sein, konsistent Fahren, mich als Rider etablieren und ich habe einfach mal gefragt ob ich das machen soll. Viele Fahrer fragten mich da ich einen guten Draht zu den Organisatoren habe.

FS: Wie läuft die Organisation der FWT aus Deiner Sicht?
R: Es läuft gut, insbesondere angesichts des großen Starterfelds in diesem Jahr. In Zukunft wird es wohl wieder weniger Fahrer geben, aber als man die beiden Touren (An.d.R.: Freeride World Tour & Freeski World Tour) zusammen schloss mussten natürlich Fahrer aus beiden Touren übernommen werden. Angesichts der vielen Starter macht die Organisation einen ausgezeichneten Job. Natürlich ist das auch ein laufender Prozess besser zu werden, es gibt bei jedem Contest Meetings bei denen man schaut was gut gelaufen ist und was nicht, wo es Verbesserungspotential gibt usw..

FS: War es eine gute Idee die beiden Touren zusammen zu schließen?
R: Ja, ich denke es war eine gute Idee. Es wertet die Erfolge aller Rider auf. Jetzt sind alle Augen auf uns gerichtet. Es ist nicht mehr so, dass sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf zwei Touren richtet sondern auf eine konzentriert ist. Die FWT ist jetzt die "einzige echte" Tour. Dadurch wird der Sport insgesamt ernster genommen.

FS: Wird Freeriden irgendwann olympisch?
R: Das glaube ich nicht. Bei Olympia gibt es sehr viele Regeln, alles ist reglementiert und normiert. So etwas ist schwierig an unterschiedlichen Bergen. Und ich glaube damit ist auch niemand unglücklich. Wir haben unser eigenes Ding, und das ist auch gut so.

FS: Vorhin hast Du erwähnt, dass Du auch Skitouern gehst. Erzähl uns vom Touren-Reine.
R: Das mache ich nur, wenn ich Zeit habe und ich weiß, dass irgendwo guter Schnee liegt. Ich bin eigentlich kein Skitourengänger. Ich fahre lieber, für den Aufstieg bin ich wohl etwas zu faul. Ich mag Helikopter und Liftanlagen. Nur wenn es gutes Riding gibt, dann lege ich auch mal die Felle an und ziehe los.

FS: Wie sieht ein Freeridetag von Dir aus?
R: Wenn ich keine Wettbewerbe fahre, gehe ich's lockerer an. Das kann auch ein Grund dafür sein, warum ich noch keine Verletzungen hatte. Ich gebe dann sehr viel weniger Gas wenn ich einfach nur so fahre. Einen guten Drop nehme ich mal mit, oder eine Line zu der ich einfach hin komme. Aber ich suche nicht nach den großen, schweren Abfahrten um dort zu trainieren. Dafür brauche ich eine Film- oder Fotocrew, oder eben einen Contest.

Andernfalls mache ich es nicht da es mir zuviel ist. Ich übe auf den eher kleinen Features. Mal ein Drop hier, ein kleines Couloir da, mal ein Double, aber ich fahre nicht so hart wie in Contests. Die Wettbewerbe geben mir den Kick um die 10-20-30% mehr Einsatz zu geben. Und im Contest verbinde ich dann die vielen kleinen Einzelteile an denen ich geübt habe zu einem einzigen Contestrun. Das machen nicht sehr viele so, die meisten suchen ständig nach großen schweren Lines, aber ich mache das nur wenn ich da leicht hin komme. Dabei mache ich nie etwas gefährliches, ich will da Spaß mit Freunden haben.

FS: Hält das auch Deine Lust auf Skifahren aufrecht.
R: Ja klar! Das einfache, spielerische Fahren mit Freunden macht einen riesen Spaß. Ich denke es ist sehr wichtig, dass man sich das erhält, dass man raus geht um Ski zu fahren weil es Spaß macht. Wettbewerbe machen mir auch Spaß, aber es dauert lange, der Druck vor dem Start ist enorm, wenn ich nur noch das machen würde wäre es nicht gut.

FS: Wie sehen Deine Pläne aus?
R: Dieses Jahr möchte ich in erster Linie zum Finale in Verbier. Von Anfang an war mein Plan für diese Saison nach Verbier zu kommen und dort gut zu fahren, dann freue ich mich darüber. Alles andere ist eher zweitrangig. Aber natürlich strebe ich die Titelverteidigung an, wenn es klappt wäre es toll. Das wird aber sehr schwer, Drew Tabke hat schon zwei Stopps gewonnen. Ich gebe aber mein Bestes und den Rest sehen wir dann. Am "Bec des Rosses" zu gewinnen ist großartig, es ist das Größte. Für die nächsten Jahre möchte ich sehen wohin sich der Sport entwickelt und dabei meine Position aufrecht erhalten. Je nachdem wohin sich alles entwickelt werde ich das so lange machen wie es mir Spaß macht.

FS: In die Richtung Product Development gehst Du auch?
R: Da arbeite ich insbesondere mit meine Kleidungssponsor, 8848 Altitude, bei denen ich eine Signature Line habe. Wir haben versucht das zu integrieren was sich am besten fürs Freeriding eignet. Bei Dynastar, meinem Skisponsor, sieht es etwas anders aus. Dort spreche ich viel mit Aurelien (An.d.R.: Ducroz) und wir versuchen unsere Ideen mit einzubringen. Das dauert allerdings sehr lange, unsere Anregungen werden aber gerne angenommen, man hört uns zu, der Prozess dauert aber einfach länger bis neue Produkte entstehen. Bei der nächsten Produktlinie wird einiges von unserem Input mit drin sein.

FS: Wie kommst du mit Aurelien, einem Deiner stärksten Konkurrenten, aus?
R: Anfangs war die Bezieung durch Respekt geprägt. Inzwischen kennen wir uns besser und sind auch enge Freunde geworden. Als ich neu bei der Tour war kannten wir uns ja gar nicht und man weiß nicht viel voneinander. Wenn man sich aber jedes Jahr wieder trifft, sich auch privat sieht, dann lernt man sich kennen und wir haben eine Freundschaft entwickelt. Das ist zwar nicht immer einfach, das wir Konkurrenten sind, aber in dieser Sportart kann man befreundet sein und sich für den anderen freuen wenn er gut fährt. Das ist ja auch das coole an Freeriding, man kann Freunde haben, die zugleich die größten Konkurrenten sind.

FS: Hast Du noch etwas, das Du unseren Lesern mitteilen möchtest?
R: Wir brauchen mehr Deutsche in der FWT! Geht raus, fahrt bei den Qualifiers mit! Habt Spaß dabei! Es gibt noch nicht so viel Konkurrenz, die Chancen sind gut, dass es auch klappt!

FS: Vielen Dank, Reine und viel Erfolg weiterhin.
R: Danke!
Hinterlasse eine Antwort
Bitte anmelden, um einen Kommentar zu posten