Interview Felix Wiemers

Von Nico Hölzel am 20.Mär. 2015

674 Metern über Normalnull. So hoch erhebt sich Felix Wiemers Hausberg die "Sackpfeife" in der hessischen Heimat. Selbstverständlich stürzt sich der einzige deutsche Starter der Freeride World Tour längst steilere und höhere Gipfel rund um den Globus hinunter. Im Interview verrät uns der Uvex-Teamrider mit den vielen Talenten wie alles begann, seine Sicht zur Entwicklung des Freeridens und seinen zukünftigen Job in der Heimat.

freeskiers.net: Ganz banal gefragt. Wer hat dich zum Freeriden gebracht?

Felix:
Ich bin über meine Eltern zum Skifahren gekommen. Sie haben mich auch frühzeitig schon mit ins Gelände genommen, sodass ich meine Leidenschaft fürs Freeriden schon in jungen Jahren entdeckt habe.

freeskiers.net: Als dein Idol bezeichnest du Shane McConkey oder Sean Pettit. Hat das einen Einfluss auf deinen Stil beim Fahren?

Felix: Shane McConkey hat Einfluss auf jeden, der sich Freerider nennt. Heutzutage gibt es keinen Freeride Ski ohne Rocker mehr – und den hat Shane eben entwickelt und mit K2 zur Serie gebracht, was ein großer Schritt für unseren Sport war und es für jeden eine Portion leichter am Berg macht.

freeskiers.net: Du bist als Bundesligaturner der KTV Obere Lahn vorwiegend am Boden unterwegs. Dadurch besitzt man neben Wettkampferfahrung auch eine gehörige Portion Akrobatik. Zunächst, wie oft wurdest du schon darauf angesprochen, inwiefern die beiden Sportarten zusammenpassen?

Felix: In jedem Interview kommt diese Frage, was wohl auch daran liegt, dass die Kombination relativ einzigartig ist!

freeskiers.net: Einzigartig trifft es wohl am Besten. Zweitens: Warum Freeride World Tour und nicht Slopestyle bei den X-Games?

Felix: Ich bin einige Jahre im Park gefahren und habe sogar auch Contests bestritten. Jedoch war ich bei guten Verhältnissen immer im Gelände unterwegs, weil mir das Fahren im Powder einfach mehr Spaß gemacht hat. Nachdem ich mich auch beim Freeriden in Contests versucht hatte und von Anfang an erfolgreich war, habe ich mich immer mehr aus dem Park zurückgezogen. Im Frühjahr segel ich aber immer noch gerne über die Kicker.

freeskiers.net: Der Sicherheitsaspekt ist im Freeride-Business von enormer Bedeutung. Es kam zur Absage der Tour-Stopps in Fieberbrunn und in Kappl. Das Lawinenrisiko ist diesen Winter extrem hoch und wird immer wieder unterschätzt. Die Geschichte mit Julien Lopez in Kappl ging da beispielhaft sogar durch die breiten Medien. Wird das Glück beim Freeriden teilweise zu sehr erzwungen?

Felix: Die Veranstalter von Contests probieren natürlich, dass die Wettbewerbe stattfinden, aber wenn es zu gefährlich ist, dann können die Events eben nicht wie geplant durchgeführt werden. Es wurde dann alles versucht, um einen fairen Wettbewerb auf dem möglichst besten Face zu schaffen und dabei steht die Sicherheit eben im Vordergrund. In Andorra wurde der Contest dann unter vernünftigen Verhältnisse nachgeholt. Respekt an den Veranstalter, für den es sicher nicht leicht war!

Man muss eben auch immer bedenken, dass einem bei keinem Hang eine 100-prozentige Gewähr geben kann – es wird alles mögliche versucht die Contests sicher und fair zu gestalten!

freeskiers.net: Was hält die Zukunft für dich bereit? Gibt es neue Filmprojekte? Kannst du dir vorstellen, Contests einfach mal Contests sein zu lassen und dich auf das Filmen zu konzentrieren?

Felix: Zur Zeit läuft es ja mit den Contests ganz gut und ich bin auch für den kommenden Winter für die Tour qualifiziert. Die Zeit ist dann immer sehr knapp im Winter, wenn man sich auf der World Tour rumtreibt. Dennoch probiere ich dazwischen so viel wie es geht zu filmen und werde im neuen midiafilm Streifen sowie im Movie der Freeski-Crew zu sehen sein!

Ich konnte die letzten Wochen ein paar coole Shots einfahren, also seid gespannt! Auch zum Fotos habe ich einige einsacken können, auch wenn es leider in diesem Winter wohl zeitlich nicht für einen Fototrip reicht. Hier habe ich in den letzten Jahren mit Kirgistan, Russland, Rumänien und Andorra immer wieder coole Trips gehabt..

freeskiers.net: Kommen wir zum Chile Trip im Zusammenhang mit der Filmproduktion zu „Endless Winter". Das Land ist von der Mentalität ein völlig anderes und die Anden sind eben nicht gleich die Alpen. Wie wirkte das Ganze auf dich? War es ein verrückter Spot zum Riden?

Felix: Land und Leute sind überwältigend und absolut eine Reise wert – zu jeder Jahreszeit! Wenn man dann noch im August oder September dort ist, dann hat man das Glück, dass der Hochwinter in den Anden tobt, sodass sich einige gute Runs ausgehen. Vor allem das Terrain um die Puma Lodge, wo es mit dem Heli bergauf geht, hat mich begeistert!

Und wenn es in den Bergen vom Wetter her nicht so rund läuft, dann kann man sich mit dickem Neoprenanzug beim Surfen an der nahen Küste austoben. Es ist wirklich an alles gedacht in Chile.


freeskiers.net: Was war denn bisher der ausgefallenste Spot, an dem du je zum Riden warst?

Felix: Definitiv Kirgistan! Aber das war auch ein unvergessliches Abenteuer!

freeskiers.net: Die prämierte „Line des Jahres" von Cody Townsend aus „Days of my youth" hast du sicher gesehen. Um in dieser unfassbar engen Rinne in einem unmenschlichen Tempo zu fahren muss man schon genug in der Hose haben. Kannst du dir vorstellen diese Line auch zu befahren?

Felix: Ich war noch nicht am Spot und will mir daher auch kein Urteil erlauben. Fakt ist, dass die Line fett aussieht!

freeskiers.net: Wie siehst du die Entwicklung des Freeridens – kalkuliertes Risiko oder einfach lebensgefährlich?

Felix: Jeder Run wird präzise von den Ridern geplant und es schmeißt sich keiner auf gut Glück von den Cliffs ohne vorher die Landungen zu checken. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Auch dass die Lawinensituation an jedem Tag im Gelände im Auge behalten wird und das nötige Equipment mit dazugehöriger Kenntnis immer am Mann sein sollte, ist eine der Grundvoraussetzungen, um das Risiko zu minimieren. Geht nicht alleine fahren und überlegt gut, welchen Hang man auch mal auslassen muss. Wenn man den Sport mit Verstand betreibt, dann ist das Risiko in jedem Fall geringer und zu berechnen, aber natürlich ist es auch kein Schachspiel!

freeskiers.net: Du bist nun neues Mitglied der UVEX-Core Reihe. Einer jungen, frischen Freeridelinie, die sich zum Ziel gesetzt hat, immer mehr junge Menschen zu erreichen und deren Lifestyle gerecht zu werden. Inwiefern konntest du denn einen Einfluss auf das Produkt nehmen? Hattest du die Gelegenheit am Design mitzuarbeiten?

Felix: Wie bereits erwähnt bin ich ja erst frisch an Bord, aber dennoch war ich schon auf einem Meeting dabei, wo wir uns mit den Designern austauschen konnten, was natürlich sehr cool ist. Ich kann sagen, dass in Zukunft einige interessante Produkte dabei sind!

freeskiers.net: Freeride World Tour – der nächste Stop in Haines, Alaska steht kurz bevor. Das Mekka des Freeridens. Wie aufgeregt bist du, endlich mal in Alaska die Skier anzuschnallen?

Felix: Ich bin gespannt was mich erwartet und freue mich, dass es jetzt los geht. Alaska war das Ziel für die Saison und ich kann dort jetzt ohne großen Druck fahren. Ich werde mir natürlich auch ein paar Heliruns gönnen, wenn ich schon mal da bin. Also hoffen wir, dass das Wetter mitspielt.

freeskiers.net: Rechnest du dir Chancen aus, auch beim Finale in Verbier, Schweiz, dabei zu sein?

Felix: Die Chance ist nicht übel, dass ich mich qualifiziere, aber es sind viele gute Rider dabei, von denen eigentlich jeder aufs Podium fahren kann. Ich wäre natürlich gerne in Verbier dabei und mit einem soliden Run kann das auch klappen – immerhin bin ich ja derzeit 11.

freeskiers.net: Und abschließend: Wo sieht man dich nach deiner aktiven Karriere? Kannst du dir vorstellen als vollbärtiger Pensionär den Liftbetreiber der „Sackpfeife" zu spielen?

Felix: Dann hätte ich wohl leider nicht viel zu tun.. Die Schneetage im Mittelgebierge werden immer seltener! Aber meine Heimat hält vor allem einige gute Trails zum Biken bereit, was im Sommer in jedem Fall attraktiv ist. Aber jetzt ist erst mal Skifahren angesagt!

freeskiers.net: Vielen Dank für deine Zeit, Felix!
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