People - Drew Tabke

Von Hans-Martin Kudlinski am 7.Feb. 2013

Hierzulande dürfte der US-Amerikaner, Drew Tabke, den meisten besonders seit der letztjährigen Freeride World Tour Saison, die er als Gesamtzweiter abschloss, ein Begriff sein. Dabei ist der aktuell Führende des FWT-Rankings schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr - seit fast zehn Jahren ist er fester Bestandteil der Freeride Contests rund um den Globus. Wir hatten die Möglichkeit, mit Drew über die drei ausstehenden Events in der Freeride World Tour by The North Face, die Definition seines Styles und Auswanderungspläne in tropische Gefilde gesprochen.

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fs.net: Drew, Du hast vor Kurzem den Freeride World Tour Event in Chamonix gewonnen. Wie sieht Dein persönlicher Rückblick auf die Geschehnisse dort aus?


Drew:
Der Contest war großartig. Die FWT hat mal wieder bewiesen, wie professionell sie arbeitet. Sie haben es wieder geschafft, alles pünktlich zum Sonnenaufgang fertig organisiert zu haben – die Athleten am Startplatz, den Live Feed ready to go, alles so wie es sein sollte, um am Ende die bestmögliche Show für die Zuschauer und die idealen Bedingungen für die Fahrer bieten zu können. Wohlgemerkt handelte es sich beim Face um eine Ausweichmöglichkeit. Also musste kurzfristig noch einmal alles von der anderen Seite des Berges hinüber transportiert werden – eine beeindruckende logistische Leistung. Und auch das Face an sich bot tollen Schnee und kreative Möglichkeiten.

fs.net: Bislang zwei Siege in drei Veranstaltungen – nicht der schlechteste Start in die Contest Saison. Wie lautet deine Vorhersage für die restlichen drei Stopps? Werden wir dir in Verbier zusehen können, wie du dir den Titel holst?

Drew: Das jetzt schon vorherzusehen ist schwierig. Es fühlt sich in jedem Fall sehr gut an, diese zwei Siege im Rücken zu haben, unglaublich gut sogar.  Auf der anderen Seite sind drei weitere Stopps eine Menge Holz und die Abstände zwischen den Top Ridern sind relativ knapp. Gerade im letzten Jahr war es ebenfalls sehr knapp, als es auf den Stopp in Verbier zuging. Da gab es fünf Fahrer, die abhängig von ihrem Abschneiden im letzten Stopp den Gesamttitel hätten holen können. Es wird also sehr spannend zu sehen, wie sich die das Ranking während der nächsten beiden Events vor dem Finale entwickeln wird.

fs.net: Wer könnte dir beim Griff nach dem Titel in die Quere kommen?

Drew: Eigentlich alles und Jeder. Was ich mir beim Contest-Fahren immer wieder vor Augen führen muss ist, dass ganz egal wie gut ich vorbereitet bin oder wie toll ich an diesem Tag fahre,  es noch Millionen von Faktoren gibt, auf die ich keinen Einfluss habe. Damit meine ich z.B. die Performance der anderen Rider, das Wetter, den Schnee, das Licht, das Judging, die gesundheitliche Verfassung, einfach alles mögliche. Daher versuche ich einfach so gut vorbereitet wie irgend möglich zu sein und zu akzeptieren, dass es beim Freeriden in erster Linie darum geht, sich mit diesen unerwarteten Veränderungen zu arrangieren, die zwangsläufig auftreten werden.

fs.net: Du nimmst nun seit fast einem Jahrzehnt am Wettkampfgeschehen teil – hast du jemals einen Punkt in deiner Karriere erreicht, an dem das Skifahren aufgrund das Leistungsdrucks der Contests seinen Reiz für dich verloren hat?

Drew: Nicht wirklich. Die Freeride Contests werden einfach immer besser. Eine Leute sagen immer noch „Oh, diese Comps sind Mist, die hauen sich doch nur bei schlechten Bedingungen irgendwo den Berg runter.“ Aber wer das Geschehen über die letzten Jahre verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, dass wir üblicherweise im Powder ein sickes Face in einer hervorragenden Location befahren. Das ist der aktuelle Standard geworden und es fällt schwer, davon genug zu kriegen.

fs.net: Hast du schon einmal ernsthaft darüber nachgedacht, die Contests an den Nagel zu hängen und zum Filmen zu wechseln?

Drew: Nein, noch kein einziges Mal. Aber ich habe schon mal mit dem Gedanken gespielt, mit dem Skifahren aufzuhören und beispielsweise irgendwo in die Tropen zu ziehen. Wenn man sich die ganze Zeit die Füße abfriert und sich tagtäglich mit der Lawinengefahr auseinander setzen muss, kann das durchaus mal seinen Tribut fordern.

fs.net: Würdest  du die Contest Szene als eine Notwendigkeit betrachten, um sich einen Namen zu machen und dadurch dann letztendlich auch die Möglichkeit zu haben, eigene Projekte umsetzen zu können?

Drew: Nein, überhaupt nicht. Ich war immer davon überzeugt, dass Freeride Competitions ihre eigenständige Daseinsberechtigung haben. Damit meine ich, dass ich sie nicht als ein Sprungbrett hin zu etwas anderem oder als reines Mittel zum Zweck ansehe. Freeriden ist ein toller Sport und damit hat es sich. Ich weiß, dass das einige Rider anders sehen . Sie nehmen sich vor, dass sie zur Tour stoßen, dann ein, zwei Jahre mit guten Platzierungen mitfahren und danach weiterziehen und Filmen, oder ihre eigenen Projekte umsetzen.  Und das sei ihnen ja auch vergönnt.

fs.net: Es ist recht schwierig, dir und deinem Style ein Label anzuheften. Du bist weder voll und ganz auf den Freeride- noch auf den Freestyle-Aspekt fokussiert. Wie würdest du in eigenen Worten deine Interpretation des Freeskiing beschreiben?

Drew: Ich stehe auf hohe Drops und saubere Landungen, eine Auswahl an unterschiedlichen Turns und guten Schnee. Meine Herangehensweise ans Freeriding ist es, mir ein Face anzusehen und dann eine Line zu finden, in der ich möglichst viele dieser Dinge umsetzen kann. Außerdem ist es wichtig, sich nicht zu sehr um die Judging Kriterien zu sorgen oder  Rücksicht auf die Kameraperspektive zu nehmen. Vielmehr geht es mir darum, mich darauf zu konzentrieren, etwas zu fahren, das mich auf einem persönlichen Level inspiriert. Etwas das ich auch fahren wollen würde, wenn ich einfach nur mit ein paar Freunden unterwegs wäre. Auf diese Art und Weise kommt dann in der Regel auch ein außergewöhnlicher Run zustande.

fs.net: Würdest du deine Vielseitigkeit als dein Erfolgsrezept ansehen?

Drew: Auf jeden Fall, aber es ist keine Zielvorgabe auf die ich mich konzentriere – ich gehe eben Skifahren. Mittlerweile höre ich viele Kids sagen, dass sie einfach nur Skifahrer sind. Sie bezeichnen sich also nicht ausschließlich als Parkfahrer, Freerider oder Rennläufer. Soetwas zu hören freut mich immer sehr.

fs.net: Glaubst du, dass diejenigen Fahrer, die sich ausschließlich auf eine der beiden Richtungen konzentrieren noch eine Zukunft haben werden? Natürlich nur auf die Podiumsplatzierungen in der Freeride World Tour bezogen...

Drew: Ich hoffe, dass es auf dem Freeride World Tour Podium immer Platz für jede Art von Riding geben wird. Es hängt natürlich auch immer davon ab, was das Face, welches letztendlich ausgewählt wurde, hergibt. Das Gelände, jedes einzelnen Contesthangs bevorzugt immer auch bestimmte Riding Styles – je nachdem welche Features dort geboten sind. Ich bin der Meinung, dass es der FWT sehr gut gelingt, ein Gleichgewicht zu finden. Es geht dabei von technisch extrem anspruchsvollem Gelände wie in Verbier bis hin zu eher Spielerischem in Courmayeur.

fs.net: Du hast die Freeskiing World Tour gewonnen, bist Zweiter im Gesamtranking der FWT gewesen und nun bist du Gesamtführender der vereinigten Freeride World Tour. Du kannst also gut beurteilen, ob sich die Entwicklung in die richtige Richtung bewegt. Wo würdest du noch ein Potential sehen, um Verbesserungen umzusetzen, welche es sowohl dem Sport als auch der Tour ermöglichen, sich weiter zu entwickeln.

Drew: Wir sind eindeutig auf dem richtigen Weg. Wenn ich die freie Wahl hätte, würde ein Finale der World Tour in Haines, Alaska auf dem Wunschzettel stehen. Drop off mit dem Heli, lediglich zehn Fahrer, die im Jam Session Format gegeneinander antreten. Der beste von drei Runs je Fahrer wird gewertet und der Gewinner nimmt 100.000 US-Dollar mit nach Hause.

fs.net: Das wäre natürlich eine Ansage. Wer dich schon einmal getroffen hat, wird bestätigen, dass du ein sehr umgängliches Kerlchen bist -  inwiefern steht diese Charaktereigenschaft mit deinem Ehrgeiz, ganz oben auf dem Podium zu landen, in Konflikt? Wo ziehst du die Grenze zwischen „Freund“ und „Konkurrent“?

Drew: Freeriding ist so ein individualistischer Sport, dass es mir sehr leicht fällt beides zu trennen. Wenn du oben am Start stehst, wird alles andere ausgeblendet und du fokussierst dich nur auf deinen Run. Genau genommen denke ich, dass das einer der besten Aspekte am Freeriding ist – es ist nahezu unmöglich einen Run 100%ig perfekt so auszuführen, wie man ihn sich zuvor ausmalt. Ich würde deshalb so weit gehen und sagen, dass ein wirklich perfekter Run für mich ein wichtigeres Ziel als der Weltmeistertitel ist. Falls ich eines Tages im Ziel ankommen sollte und sage: „Verdammt, das war genau was ich mir vorgestellt hatte und ich hab's perfekt umsetzen können!“ Das wäre dann vermutlich auch der Moment an dem ich schlicht und einfach meine Karriere beenden könnte.

fs.net: Nunja, dann wollen wir hoffen, dass Du in den kommenden Jahren immer nur knapp am perfekten Run vorbeischrammst und uns auf diese Weise noch eine ganze Weile auf den Events der Freeride World Tour erhalten bleibst. Vielen Dank für deine Zeit!

Drew: Danke euch! {gallery}1839{/gallery}
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