People: Tim Fritz

Von Hanna Finkel am 31.Dez. 2014

Tim Fritz zählt mittlerweile zu den besten deutschen Freeridern und kann nicht nur auf nennenswerte Ergebnisse im blau-roten Stangenwald zurückblicken, sondern auch auf bemerkenswerte Erfolge im Backcountry und im Steilwandfahren. Dazu fährt er außerdem begnadet Telemark und ist "nebenbei" auch noch staatlich geprüfter Skilehrer und Ausbilder im DSLV.

Im Nachhinein ist man immer schlauer: Dass der Tim und ich uns schon ziemlich früh über den Weg gelaufen sind, das haben wir beide erst viele Jahre später herausgefunden. Denn schon während unserer alpinen Rennkarriere in jungen Jahren standen wir des Öfteren gemeinsam im Starthaus bei ein und demselben Schwäbischen bzw. Schwarzwälder Verbandsskirennen. Dass wir die selben Riesenslalom- und Slalomläufe bezwungen haben, darauf sind wir aber erst vor rund fünf Jahren beim Ece Freeride Contest "Kick The Vik" in der Schweiz Daraufhin haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt und aus einer Bekanntschaft ist inzwischen eine Freundschaft geworden.

Nun haben wir uns für freeskiers.net über blau-rote Stangenwälder, Skilehrpläne, Freeriding und der Freude daran, draußen zu sein unterhalten.

Hanna: Hey Tim, sag mal, kannst du dich noch an die kleine Rennfahrerin aus deinem Konkurrenzverband SSV in einem pechschwarzen Rennanzug beim steilen Riesenslalom in Todtnau-Fahl erinnern, die überraschenderweise beim Scott-Cup 2001 den dritten Platz gemacht hat? Das war nämlich ich ;)

Tim: Oje Hanna, ich war schon damals recht schüchtern was Mädels angeht und hatte gerade bei den Rennen im steilen Fahler Loch die Gedanken eher beim bevorstehenden Lauf. Die Rennen dort waren immer super anspruchsvoll und sehr selektiv. Und so schnell wie du damals den Lauf hinunter gedüst bist, konnte ich dich doch gar nicht sehen... Dein dritter Platz von damals bestätigt aber, was ich auch Jahre später bei unserem ersten gemeinsamen Skicross an demselben Ort sehen durfte: Nämlich deine ausgezeichnete Skitechnik, gepaart mit dem nötigen Mut um allen um die Ohren zu fahren...

Hanna: Hihi Charmeur, vielen Dank für die Blumen ;) Wie hast du die Zeit als aktiver Skirennfahrer beim SVS (Skiverband Schwarzwald) in Erinnerung? Was waren deine Lieblingsläufe? Welche Disziplin bist du am liebsten gefahren?

Tim: Wir waren super viel unterwegs und durften das tun, was uns den größten Spaß bereitete: Nämlich Skifahren! Ich sehe das als großes Privileg und bin meiner Mum super dankbar, dass sie mir all das ermöglicht hat. Durch die vielen Reisen wurde man sehr früh selbstständig und hat viele tolle Skigebiete kennen gelernt.
Am stärksten war ich im Riesenslalom. Ich erinnere mich an einen sehr langen kupierten Hang in Davos am Pischa. Dort den Leki Pokal gegen die Schwaben zu gewinnen war ein tolles Gefühl ;)

Hanna: Stimmt, bei den Mädels waren zu dieser Zeit die Rennfahrerinnen vom SSV in der Regel schneller und bei den Jungs hattet ihr vom SVS die Nase meistens vorn. Hattest du damals Ambitionen oder sogar die Möglichkeit, irgendwann mal an die alpine Weltspitze zu kommen?

Tim: Puh, wenn man das immer im Voraus wüsste. Jedenfalls war ich immer im höchsten Kader, den man in der jeweiligen Altersklasse erreichen konnte. Mit der Nominierung in den C/D Kader vom DSV und der Möglichkeit ins Skiinternat zu gehen, beendete ich jedoch die Stangenkarriere. Wer weiß, wohin die alpine Reise noch gegangen wäre.

Hanna: Wie kam es zum Cut mit der alpinen Rennkarriere und wie ging deine skitechnische Laufbahn daraufhin weiter?

Tim: Wie gesagt, waren wir super viel unterwegs. Jedes Wochenende im Schnee, gleichzeitig selten in der Schule und so gut wie keine Zeit für Freunde außerhalb des Skiverbandes. Dazu kam das streng reglementierte Training im Verband, wo nicht viel außerhalb von rot-blauen Stangenwäldern passierte.
Ein Skiurlaub mit Freunden, bei dem wir fast ausschließlich im Gelände unterwegs waren, zeigte mir, wie viel Spaß es macht außerhalb der Stangen Ski zu fahren! Genau solche Erlebnisse und so eine besondere Zeit mit seinen besten Freunden zu teilen, das ist großartig! Bis heute empfinde ich Varianten und Tiefschnee fahren als das Schönste beim Skifahren.

Nachdem ich dem Rennlauf den Rücken gekehrt habe, wechselte ich zum Skicross und begann parallel mit der Ausbildung zum Staatlich geprüften Skilehrer. Dort lernte ich Tobias Heinle kennen, der mich zu meinem ersten Freeride Wettkampf mitnahm. Die lockere Atmosphäre und die Dichte an guten und verrückten Skifahrern beeindruckten und begeisterten mich! Mir war sofort klar, dass das nicht mein letzter Contest sein würde.

Hanna: Cool! Aber jetzt bin ich ein bissel verwirrt. Als wir uns beim Kick the Vik 2009 kennen gelernt haben, bist du mit Telemark an den Start gegangen. Bist du jetzt eher fersenfrei unterwegs?

Tim: 2009? So lange ist das schon her? Stimmt, damals stand ich fast nur noch auf den Telies. Die Bewegung beim Telemarken ist für mich einfach immer noch die ästhetischste, die man im alpinen Wintersport finden kann. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass es schwierig wird bei Freeride Contests den Skifahrern mit freier Ferse Paroli zu bieten. Daher bin ich heute sowohl mit fester als auch mit freier Ferse unterwegs und freue mich die Möglichkeit zu haben, nach Lust und Laune die Bretter zu wechseln.

Hanna: Was hast du dir denn freeridetechnisch für Ziele in diesem Winter gesteckt? Hast du irgendwelche großen Projekte in den Startlöchern stehen?

Tim: Nachdem ich mich im letzten Winter bei einem Contest aufgrund schlechter Verhältnisse böse verletzt habe, möchte ich in dieser Saison eher wieder dem guten Schnee hinterher reisen und mit meinen Freunden einfach eine feine Zeit verbringen. Leider ist es bei Freeride Wettkämpfen oft so, dass man nicht viel zum Fahren kommt und dann bei schlechten Bedingungen echt Gas geben muss. Das möchte ich diesen Winter vermeiden und mehr zum Fotografieren und Steilwandfahren gehen.

Projekte sind Japan, Norwegen und ein noch geheimes, welches ich schon lange verwirklichen möchte. Außerdem möchte ich so viele steile Sachen wie möglich fahren und vielleicht geht sich ja die eine oder andere Erstbefahrung aus.

Hanna: Das hört sich spannend an. Du bist ja mittlerweile schon viel in den Bergen herumgekommen. Schwebt dir irgendein Traumziel vor Augen, das du auf deinen Skiern unbedingt erreichen möchtest?

Tim: Natürlich gibt es Ziele wie Alaska, Patagonien oder Japan. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass wir mit den Alpen einen der besten Spielplätze direkt vor unserer Haustüre haben, den sich ein Skifahrer nur wünschen kann. Hier die steilsten Wände sicher zu befahren und dabei das gesamte Spektrum von Risikomanagement, technischen Aufstiegen und schwierigen Abfahrten so umweltverträglich wie möglich und mit meinen besten Freunden zu meistern, das ist mein größtes Ziel.

Hanna: Werden wir Dich auch in einem Skifilm sehen?

Tim: Hm, kleine Edits wird es immer mal wieder geben. Der Rest hängt von den Produktionsfirmen ab. Falls also gerade ein Filmproduzent diese Sätze liest, ich hätte Zeit ;)

Hanna: Als staatlich geprüfter Skilehrer hast Du es ins Ausbildungsteam des Deutschen Skilehrerverbandes DSLV gebracht! Lassen sich denn Ausbildungskurse mit Freeride Wettkämpfen und Trips vereinbaren?

Tim: Ja, bisher klappt das sehr gut! Auch wenn die Termine manchmal schwer zu koordinieren sind, bin ich sehr froh, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, vom Skifahren leben zu können. Und mir mit Skifahren das Skifahren finanzieren zu können.

Hanna: Kann man das Freeriden und das klassische „Skischule-Fahren" (technisch sauber und präzise) überhaupt vergleichen? Du hast ja allein schon einen komplett anderen Ski unter den Füßen.

Tim: Absolut! Egal in welchem Gelände und mit welchem Ski unterm Fuß - die Hauptbewegungen sind ja die gleichen. Ich bin daher der Meinung: Nur wer gut Schule fahren kann, fühlt sich auch in einem steilen, eisigen Couloirs oder in einer Pillowline wohl. Man profitiert beim Freeriden sehr stark davon, wenn man eine gute skifahrerische Grundausbildung im Rennlauf oder im Skilehrerwesen mitgemacht hat. Das gibt viel Sicherheit in technisch schwierigen Situationen.

Hanna: Was reizt dich an der Arbeit bei den Schlümpfen (Anm. d. Red.: Als Schlümpfe werden die Ausbilder des DSLV liebevoll bezeichnet)?

Tim: Die Zusammenarbeit mit sensationell guten Skifahrern, von denen ich noch eine ganze Menge lernen kann. Skitechnisch, egal ob im Gelände oder auf der Piste, immer auf dem neusten Stand zu sein ist ebenfalls Gold wert. Zudem ist es einfach ein Privileg dieses Wissen und Können anderen zu vermitteln um zusammen eben eine Menge Spaß am Berg zu haben.

Hanna: Wie behilfst du dir, wenn du mal einen schlechten Tag auf Skiern hast und das Skigefühl in diesem Moment einfach nicht stimmen will?

Tim: Hm, das Wichtigste in dieser Situation ist, dies überhaupt zu bemerken und sich einzugestehen, dass man gerade nicht so sicher auf den Brettern steht. An solchen Tagen sollte man einen Gang zurück schalten und sich in bekanntem Gelände und dem Feedback seiner Freunde um die Skitechnik kümmern. Man kann nicht immer sensationelle Skitage haben, manchmal klappt's einfach nicht wie man will. Rauszufinden an was es liegt und dies zu verbessern, bringt einen jedoch enorm weiter. Somit ist auch ein solcher Tag kein verlorener, sondern sogar ein sehr wichtiger!

Hanna: Was was mich jetzt noch brennend interessiert: Was machst du eigentlich im Sommer, wenn kein Schnee liegt?

Tim: Eigentlich das gleiche wie im Winter! Egal ob mit dem Bike, Gleitschirm oder am Seil - mir geht's darum, eine gute Zeit in den Bergen zu verbringen. Am liebsten mit meinen Freunden oder Kunden, die zusammen mit mir die Schönheit der Natur teilen möchten. Bei Interesse gebt Bescheid oder schaut einfach mal auf bergwärts.com vorbei.

Hanna: Ganz lieben Dank dir, Tim! Und wann gehen wir das nächste Mal gemeinsam wieder Skifahren?

Tim: Sag wann's dir passt, dann bin ich da :)

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