People: Markus Eder

Von Nico Hölzel am 25.Mär. 2015

Italien. Das Land mit den schiefen Türmen, schwimmenden Städten und deutschen Urlaubern so weit die italienische Küste reicht. Von der Küche ganz zu schweigen. Aber Freeskiing? Der Südtiroler Markus Eder kann sich mit Fug und Recht den einzigen Athleten der Weltspitze nennen, der aus der stolzen Nation des Gelato stammt.

Es ist dieses schelmische Lachen. Ein Lachen, welches sein komplettes Gesicht einnimmt und nicht mehr loszulassen scheint. Ein Lachen, das vermitteln könnte, er habe kurz zuvor etwas Verbotenes angestellt. Dieser überaus frohe und ansteckende Gesichtsausdruck beschreibt die Charakterzüge des jungen Südtirolers wohl am deutlichsten. Es verdeutlicht, wie sehr er das liebt, was er macht.

Markus Eder ist Freeski-Profi. New-School-Freestyler. Der bislang Einzige in der Weltelite aus dem Land von Pizza und Pasta, in dem „wintersporttechnisch" vor allem der alpine Rennzirkus einen hohen Stellenwert einnimmt. Freeskiing fliegt da noch weit unter dem Radar.

Doch der gebürtige Luttacher verkörpert mit seiner humorvollen und offenen Art die neue Generation im italienischen Freestyle-Skisport. Er ist eine Art Pionier, dem der Skirennsport zu langweilig und beengend wurde und sich entschloss die Freiheiten des Freeskiing zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen. Seitdem wächst die Szene vor allem in Südtirol stetig an. Dies ist zu großen Teilen ein Verdienst des 24-Jährigen.

Eingeengt im Stangenwald
Wenn man als Kind im Ahrntal im Nordosten Südtirols aufwächst, verhält es sich nicht viel anders, als in den übrigen Regionen des Alpenraums. Der erste Kontakt mit den zwei Brettern an den Füßen lässt nicht lange auf sich warten. Im zarten Alter von drei Jahren stellten ihn seine Eltern zum allerersten Mal auf Skier. Zu diesem Zeitpunkt konnten weder Mutter, noch Vater Eder auch nur erahnen, wie vielversprechend sich die Karriere des Sohnemanns entwickeln würde.

Am Klausberg erlernte Markus Eder das Einmaleins des Skisports und partizipierte früh in alpinen Skirennen. Doch was tun, wenn der Sport, den man ausübt, keine Freude mehr bereitet? Wenn die gewünschte Entfaltungsfreiheit im Rennsport durch Tore und Stangen eingeschränkt ist? Jede Kurve vorgegeben wird und keinen Raum für Kreativität bietet? Eder verspürt im Alter von 15 Jahren wie er genau diese Eigenschaften beim Skifahren vermisst. Bei etwas, dass ihm eigentlich Freude bereiten sollte.

Karriere-Start ohne Hindernisse
Freeskiing scheint für ihn die logische Konsequenz zu sein. Es verschafft ihm den nötigen Freiraum sich zu entwickeln und seine Kreativität in einem zuvor unbekannten Maß auszuleben. Und diese besitzt Eder zuhauf. Die ersten Erfolge lassen nicht lange auf sich warten.

2010 ergattert er eine Wildcard für das Nine Knights Event und erklimmt bei seinem Debüt auf der großen weißen Freeski-Bühne geradewegs das Siegerpodest. Der Rookie aus dem "freestyle-scheuen" Italien macht sich international innerhalb eines Contests einen Namen.


Ein rasanter Aufstieg in der Szene stellt sich ein und Einladungen zu den wichtigsten Wettbewerben flattern in das heimatliche Südtirol. Starts für das Team Europe bei dem Swatch Skiers Cup (2010-2012) und bei Red Bull Linecatcher (2011) folgen. Einen seiner größeren Erfolge kann Eder allerdings nicht im Park, sondern abseits der präparierten Kicker in zunächst ungewohntem Terrain verbuchen. Als Teilnehmer der Freeride World Tour 2013 gelingt dem Ahrntaler der erste Platz in Courmayeur am Fuße des Mont Blanc. Mehr als nur ein Prestigeerfolg. Es ist der Start in eine Profikarriere und ein Schritt in Richtung der großen Rider dieser Szene.

Ein Höhepunkt seiner noch jungen Laufbahn ist sicher die Teilnahme an den olympischen Winterspielen in Sotschi vergangenen Jahres. Slopestyle erfährt durch die Aufnahme in das Programm einen riesigen medialen und öffentlichen Zuspruch, der Eder nun auch in seiner Südtiroler Heimat entgegenkommt.

Unbedingter Erfolgswillen
Zufrieden ist er trotz des olympischen Leitsatzes „Dabei sein ist alles" nach Platz 15 und dem Verpassen des Finalruns aber nicht. Als Perfektionist würde er sich selbst bezeichnen. Erst dann glücklich, wenn die Tricks fehlerfrei beherrscht werden. „Markus ist jemand der weiß was er tut, wenn er Ski fährt. Er denkt an die Tricks, die er landen will und macht keine Fehler", so Christof Schenk, ebenfalls Freeskier aus dem Grödner Tal.

Was Eder über seine Wahl zum Berufsfreestyler sagt: „Ich denke, ich habe den richtigen Sport für mich gewählt." Dabei sei er aber kein Draufgänger, der sich wie wild den Berg hinunter stürze, nur um eine besonders spektakuläre Linie zu fahren. „Ich gehe jedes Detail der Line durch und muss schauen, wie ich mit der Angst klarkomme", erklärt er.

Neue Perspektiven entstehen
Mit seinem Stil weiß er zu faszinieren. Als „verspielt" könnte man ihn am ehesten beschreiben. Für Eder ist es sichtbar eine riesige Freude die spektakulären Sprünge aus dem Park ins Backcountry zu transferieren. Eine neue Perspektive beginnt mit ihm und einigen anderen Athleten wie Sean Pettit und Richard Permin im Freeride-Segment zu entstehen.

Der Freiraum des Freeskiings beschränkt sich heute nicht mehr nur auf die Entscheidung zwischen Park oder Powder. Eder ist einer jener Fahrer, die diese Grenzen sprengen. Je nachdem wie es die Bedingungen hergeben, werden entweder Rails oder riesige Klippen gestanden. Es sei laut Eder ziemlich schwer geworden für die eingefleischten Freerider, die nicht so viele Tricks beherrschen, mit den Jungen mitzuhalten.

"Oscar" als bester Newcomer
Seit dem Winter 2014 ist der Südtiroler Teil der Filmcrew von „Matchstick Productions" und weiß sofort in seinem ersten großen Filmpart zu begeistern. In „Days of my Youth" beweist er welch immenses Talent in ihm steckt und offenbart seine vermeintlich grenzenlose Kreativität. Es scheint, er sähe die massiven, alaskischen Klippen als einen Skatepark, der nur zum Spielen für ihn gemacht worden sei. Ein perfekter Spielplatz für seine ideenreiche Ader.

Während seine Kollegen Cody Townsend aus den USA oder der Franzose Richard Permin die steilen Faces nach den höchstmöglich befahrbaren Cliffs absuchen, fokussiert sich Eder auf die spielerischen Aspekte der Berge. Es ist anzunehmen, dass jeder halbwegs ambitionierte Freeskier schon mindestens einmal die Berge auf diese Art und Weise betrachtet hat. "Das sieht nach einer fetten Line aus!" Oder:"Diese Klippe kann man bestimmt springen!" Der Unterschied zu Eder? Er betrachtet nicht nur. Er fährt.

Markus Eder wird der Szene in naher Zukunft zweifellos seinen Stempel aufdrücken. Immer im Gepäck dieses ansteckende Lachen.
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