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Donnerstag, 28 September 2023 11:56

IM PORTRAIT: Tommie Bennett

Wie hast du das Snowboarden für dich entdeckt? Und was hat dich so fasziniert, dass du seitdem dabei geblieben bist?

Als ich gerade mal 4 Jahre alt war, waren Ski eines der ersten Dinge, die ich mir an meine winzigen Füße geschnallt habe. Aber es dauerte nicht lange, bis das Snowboarden mein Herz eroberte. Ich erinnere mich lebhaft an meine erste Erfahrung mit dem Snowboarden. Mein Vater sagte mir, ich solle den Hügel hinaufgehen und versuchen, mit dem Snowboard wieder herunterzukommen. Und glaubt es oder nicht, im zarten Alter von 8 Jahren schaffte ich es tatsächlich, mich anzuschnallen, aufzustehen und mich selbstständig von einer Seite zur anderen zu bewegen. An diesem Tag klickte etwas - die pure Freiheit, die mir das Snowboarden bot, faszinierte mich.

Jetzt, mit 28 Jahren Snowboarderfahrung und über 150 Tagen pro Saison auf den Pisten, hat meine Begeisterung nicht im Geringsten nachgelassen. Was mein Interesse immer wieder weckt, ist die grenzenlose Möglichkeit zur Selbstverbesserung in diesem Sport. Ob es darum geht, neue Tricks zu versuchen, komplexe Drehungen zu meistern oder immer anspruchsvolleres Terrain zu bewältigen, das Snowboarden bietet ein endloses Spektrum an Abenteuern.

Kürzlich habe ich mich dazu entschieden, meinen sicheren Vollzeitjob zu verlassen, um mich voll und ganz auf die Gründung meiner eigenen Ski-Brillen Firma und die Content-Erstellung zu konzentrieren. Diese grundlegende Entscheidung ging aber nicht nur um den geschäftlichen Part, sondern hat mir Platz zum Atmen gegeben. Mit der neu gewonnenen Freiheit bin ich um die Welt gereist und habe verschiedene Snowboardgebirge in den verschiedensten Ländern erlebt. Jedes Reiseziel bietet seine eigenen Bedingungen, Bergkultur und eine frische Perspektive auf den Sport. Es ist diese ständig sich entwickelnde Reise, der Selbsterfahrung und der unermüdlichen Weiterentwicklung, die mich tief in die Welt des Snowboardens verstrickt hält.

Warum arbeitest du als Snowboardtrainer und Content-Ersteller, obwohl du “einfach so” Snowboarden könntest?

Seit dem Tag, an dem ich angefangen habe, meine Schwünge zu ziehen, hatte ich das ehrgeizige Ziel, Profi-Snowboarder zu werden und die USA bei den Olympischen Spielen zu vertreten. Ich habe alle meine Anstrengungen darauf ausgerichtet, diesen Traum möglich zu machen. Und meine Eltern haben einen Zweitjob angenommen, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Neun Jahre in meiner Snowboardkarriere vergingen und ich brach mir im Alter von 17 Jahren den Rücken. Aus dieser traumatischen Verletzung heraus hatte ich Angst, mich in die Luft zu erheben, Tricks zu machen oder schnell zu fahren, was für die Verwirklichung meines Traums als Profi-Snowboarder erforderlich war. Ich war nicht mehr bereit, meinen Körper bis an die Grenzen zu belasten, um meine olympischen Ziele zu erreichen und fühlte mich wie ein kompletter Versager, ich hatte meine Eltern enttäuscht. Ich wurde 18 Jahre alt und musste meine Arztrechnungen bezahlen. Glücklicherweise erhielt ich ein Jobangebot, um für ein Wochenend-Freestyle-Snowboardprogramm zu coachen. Unerwartet verliebte ich mich in das Coaching und das Teilen meiner Leidenschaft mit anderen. Am Anfang arbeitete ich in Teilzeit, dann arbeitete ich mich hoch, um mein eigenes Snowboard-Coaching-Programm aufzubauen, das sich auf komplette auf Athleten konzentrierte, die ihre olympischen Träume verwirklichen wollten. Nach 15 Jahren des Coachings wollte ich meine Leidenschaft und mein Wissen mit so vielen Menschen wie möglich teilen, also wandte ich mich den sozialen Medien zu in der Hoffnung, mit mehr Menschen in Kontakt zu treten. Ich hatte diese Idee seit über 10 Jahren im Hinterkopf, hatte aber zu viel Angst, online beurteilt oder kritisiert zu werden. Als ich mein Coaching-Programm zuerst startete, war ich völlig auf mich allein gestellt und hatte keinen Plan B. Ich sammelte all meinen Mut zusammen und begann, mein Coaching in die Welt zu tragen. Ich wusste, dass das der richtige Schritt war, denn in weniger als 2 Wochen wurde mein Snowboard-Content viral und begann, eine Fangemeinde aufzubauen. Kaum zu glauben, dass dies zu Gelegenheiten führte, mit erstaunlichen Menschen zu arbeiten und die Welt zu bereisen.

Wenn ein Tag auf dem Snowboard wirklich schlecht gelaufen ist, was bringt dich dazu, am nächsten Morgen wieder auf‘s Snowboard zu steigen?

Jeder Tag präsentiert sich mir als Leinwand, die darauf wartet, mit Verbindungen, geteilten Leidenschaften, fesselndem Inhalt, neuen Tricks oder schlichtem Glück bemalt zu werden. Diese Perspektive beflügelt meine Begeisterung und macht es mir mühelos, mein Snowboard zu schnappen und die Pisten zu befahren, ganz gleich, wie herausfordernd der vorherige Tag gewesen sein mag. Immerhin sind keine zwei Tage identisch, und es gibt immer die Verlockung eines frischen Starts und neuer Möglichkeiten, die vom Berg herüberlocken.

Meine Reise verlief nicht ohne Stolpersteine, buchstäblich. Im Laufe der Jahre wurden Verletzungen vertraute Begleiter, und ich habe Freunde erlebt, die lebensverändernde Situationen durchmachen mussten, wobei einige sogar gelähmt wurden. Diese ernüchternden Erfahrungen haben in mir ein tiefes Gefühl der Wertschätzung und Dankbarkeit für jeden Tag geweckt. Mir ist sehr bewusst, dass mein Körper nicht mehr so widerstandsfähig ist wie in meinen Tagen der Olympiaträume. Jede morgendliche Dehnung, jeder Zwicker, erinnert mich schmerzlich an die Zeit und die körperliche Belastung meiner Leidenschaft.

Mit diesen Gedanken auf mich wirkend, gibt es auch eine zugrunde liegende Angst, die mich antreibt - die Erkenntnis, dass jeder Tag auf dem Snowboard potenziell mein letzter sein könnte. Ich werde von dieser Vorstellung angetrieben, vielleicht sogar gezwungen, das Beste aus jeder einzelnen Fahrt herauszuholen. Einen Tag frei zu nehmen oder Negativität zuzulassen, ist keine Option. Ich möchte jeden Moment schätzen. Und wie ich bereits erwähnte, ist der physische Beweis vorhanden. Die Hüftoperation, der ich mich am 15. August 2022 unterzogen habe, ist ein Beweis dafür. Während die Schmerzen und Herausforderungen anhalten und als tägliche Erinnerung dienen, unterstreichen sie auch die Tatsache, dass meine Tage des Snowboardens begrenzt sind. Jede Drehung, jeder Schwung und jeder Sprung sind ein Geschenk, und ich bin entschlossen, sie alle zu genießen.

Ich liebe das Snowboarden und nehme nur selten einen Tag frei, wegen dieser Einstellung.

Was macht dich im Leben glücklich?

Als ich mit dem Snowboarden begonnen habe, habe ich etwas Wichtiges gelernt: Glücklich sein ist viel besser als einfach nur viel Geld zu haben. Das war nicht nur eine einfache Idee, es war eine große Überzeugung für mich. Selbst wenn ich viel Geld und coole Sachen haben könnte, wäre es das nicht wert, wenn ich nicht innerlich glücklich wäre.

Diese Art zu denken hat mir geholfen, Entscheidungen in meinem Leben zu treffen. Jedes Mal, wenn ich etwas entscheiden musste, habe ich mich gefragt: Wird mich das wirklich glücklicher machen? Eine Bergabfahrt mit dem Snowboard fühlt sich großartig an, aber sie mit anderen zu teilen, macht noch mehr Spaß.

Jetzt, nach vielen Jahren, bin ich immer noch eine glückliche Person. Ich finde immer Dinge, über die ich lächeln kann. Das Beste ist, wenn ich meine Liebe zum Snowboarden teilen kann. Wenn ich jemandem Neues beibringe, jüngeren Snowboardern helfe oder nette Dinge für die Snowboard-Community tue, sind das die besten Momente. Sie erinnern mich daran, dass glücklich sein und anderen helfen mehr wert ist als nur Geld zu haben.

Was möchtest du noch erleben und erreichen?

Snowboarden bedeutet für mich so viel mehr, als nur den Berg hinunterzurutschen; es ist wie ein Stück meines Herzens. Ich werde super aufgeregt, wenn ich daran denke, diese Liebe mit allen anderen zu teilen. Stell dir vor, einer Million anderer Snowboarder zu helfen, das Beste aus sich herauszuholen und 10.000 neue Leute dazu bringen, Snowboarden auszuprobieren – das ist mein Traum.

Wenn ich in meinem Lieblings-Videospiel ein hartes Level knacken will, muss ich üben, aus Fehlern lernen und mich ständig verbessern. Und so ist es auch bei meinen Träumen. Aber es ist mir auch wichtig, mich daran zu erinnern, den Spaß nicht zu vergessen.

Ich würde gerne mein Snowboard packen und in die entlegensten Ecken der Welt erkunden. Jeder Ort hat einzigartige Berge, eine andere Schneebeschaffenheit und großartige Snowboarder, von denen ich lerne und ihre Geschichten teilen möchte.

Ich möchte meine eigene Marke "Benetek" gründen. Die Marke ermöglicht es mir, meine Liebe zum Snowboarden mit der ganzen Welt zu teilen!

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Mittwoch, 08 März 2023 11:43

Jackie Paaso im Interview

Jackie Paaso war 11 Jahre lang integraler Bestandteil des Freeride World Tour Rider-Feldes. Mit ihren kompromisslosen Runs – die auch gerne mal mit einem Crash endeten – war sie stets eine heiße Kandidatin aufs Siegerpodest in der Ski Frauen-Kategorie. Wir haben uns mit ihr über ihren Rückzug aus der FWT unterhalten und darüber, wie die Geburt ihres Sohnes ihr Leben verändert hat.

Hallo Jackie! Wie schön, dass du Zeit hast für uns! Fangen wir direkt an: Wie und wann hast du mit dem Skifahren begonnen? Hast du dich direkt in den Sport verliebt?
Ich habe mit 4 Jahren angefangen Ski zu fahren. Ein Familienfreund hatte den Sport meinem Vater vorgestellt und der wiederum hat die ganze Familie dafür begeistert. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich mich damals sofort in das Skifahren verliebt. Es war alles, was ich als Kind tun wollte.

Haben dich deine Eltern sehr unterstützt oder war das Skifahren eher dein eigenes Ding?
Meine Eltern waren sehr unterstützend. Sie haben viel geopfert, damit ich Moguls fahren konnte und als ich vom Mogulskiing zurücktrat und später mit Freeriden begann, standen sie immer noch hinter mir.

Warum hast du mit dem Buckelpistenfahren aufgehört?
Ich habe aufgehört, als ich 21-22 Jahre alt war, weil ich die Liebe für den Sport nicht mehr spürte. Ich hatte das Talent, so weit zu kommen, wie ich wollte, aber die Leidenschaft, die es braucht, um weiterhin erfolgreich zu sein, war nicht mehr da. Nachdem ich eine ganze Saison auf der Suche nach meiner Leidenschaft gewesen war und sie trotzdem nicht wiedergefunden hatte, beschloss ich, zurückzutreten.

Wie lange hat es dann gedauert, bis du dich auf das Freeride-Skifahren konzentriert hast?
Es dauerte einige Jahre, bis ich zum Freeskiing wechselte. Ich kannte Park Skiing und hatte ein bisschen damit experimentiert, aber es hat mich nie in seinen Bann gezogen. Erst als ich später nach Lake Tahoe zog, entdeckte ich Freeskiing und probierte es. Ein paar meiner Freunde sahen mein Potenzial und ermutigten mich, Freeriding weiter zu verfolgen.

Wie hast du entdeckt, dass eine Karriere im Freeriden für dich möglich sein könnte?
In Tahoe traf ich so viele professionelle Skifahrer und erkannte schnell, dass ich das auch versuchen wollte und dass es zwar vielleicht nicht einfach, aber sicherlich möglich war.

Du hast lange Zeit auf der FWT verbracht. Was hast du am meisten daran geliebt?
Ich war etwa 11 Jahre auf der FWT. Ich denke, was ich am meisten daran geliebt habe, waren die Menschen, die ich getroffen habe. Ich habe so viele langanhaltende Freundschaften geschlossen, insbesondere mit meinem Ehemann und Vater meines Sohnes, Reine Barkered.

Im Film "Evolution of Dreams" sprichst du über die schwere Zeit, die du hattest, als du mit Mogul-Skifahren aufgehört hast. War das ähnlich nach deinem Rückzug aus der World Tour?
Nein, ganz und gar nicht. Obwohl ich Träume hatte, den Gesamtsieg zu erringen und ein paar Mal knapp dran war, wusste ich, dass es beim Skifahren so viel mehr gibt als den Wettkampf, etwas, das ich die meiste Zeit meines Lebens gemacht hatte. Deshalb hatte ich gleich viele Pläne und Projekte, und obwohl ich zugeben muss, dass ich das Starttor und - ehrlich gesagt – auch das Podest vermisse, habe ich seit meinem Rücktritt von der FWT so viel erlebt und war daher ziemlich zufrieden.

Du engagierst dich nicht nur für mentale Gesundheit, sondern hast auch die SAFE AS-Kliniken gegründet. Was ist SAFE AS?
Die SAFE AS-Kliniken sind eintägige Einführungskurse in Lawinenkunde, die ich gemeinsam mit Elyse Saugstad, Ingrid Backstrom und Michelle Parker ins Leben gerufen habe, um Bewusstsein zu schaffen und Frauen Lawinen-Knowhow beizubringen, ohne dass sie sich eingeschüchtert fühlen durch die vermeintliche Expertise anderer. Wir möchten auch die Kosten für diejenigen, die finanzielle Unterstützung benötigen, durch Stipendien, dank der großzügigen Unterstützung unserer vielen Sponsoren, erschwinglicher machen.

Du lebst seit einigen Jahren in Schweden. Wie unterscheidet sich Schweden von den USA (und was ist mit diesem Surströmming-Fisch-Ding???)
Ja, ich lebe jetzt seit etwa neun Jahren in Schweden und bin erst kürzlich sogar Staatsbürgerin geworden! In gewisser Hinsicht ist Schweden sehr ähnlich wie der Nordosten der USA, wo ich aufgewachsen bin, aber politisch und sozial ist Schweden ein Land, das mich heute oft stärker anspricht, besonders jetzt, wo ich Mutter bin. Oh, und der Surströmming ist – meiner Meinung nach, Entschuldigung liebe Schweden - eine widerliche schwedische Delikatesse, die aus fermentiertem Fisch besteht. Ich kann es nicht empfehlen – wirklich nicht.

Du bist im vergangenen Jahr auch Mutter geworden. Wie hat sich das auf dich persönlich und als Athletin ausgewirkt?
Ja, ich bin Mutter geworden! Es ist das herausforderndste und belohnendste Ereignis in meinem Leben. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich jemanden so sehr lieben würde. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es bei Reine genauso ist.

Als Athletin war es eine große Herausforderung und ich arbeite immer noch daran, die Balance zu finden. Ich bin immer noch motiviert, rauszugehen, aber die Zeit ist begrenzt und ich priorisiere das Wohlergehen meines Sohnes, also auch in diesem Sinn eine neue Challenge für mich. Diesen Winter bin ich, ehrlich gesagt, gleichermaßen aufgeregt und nervös, ob alles so klappt, wie ich es mir erhoffe.

Gibt es etwas, das du deinem Sohn für sein Leben beibringen möchtest?
Ich möchte meinem Sohn beibringen, wie man das Leben genießt. Während ich möchte, dass er sich selbst versorgen kann, möchte ich auch, dass er sich Zeit nimmt, um seine Familie, Freunde und Leidenschaften zu genießen.

Wenn du dich zum Schluss mit drei Worten beschreiben müsstest, welche wären es?
Empfindsam, wettbewerbsorientiert und zielstrebig.

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast Jackie! Alles Gute weiterhin Dir und Deiner Familie!
Danke! Hat mich gefreut!

Zur Person:
Jackie Paaso
Alter: 40
Heimatort: Åre
Sponsoren: Picture Organic Clothing, Scott, Thule, Pomoca
Karriere-Highlights: Verbier Xtreme Champion 2016, Vize-Champion FWT 2016, 11 Jahre auf der FWT, Evolution of Dreams, The Arctic 12, SAFE AS Clinics

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Freitag, 24 Februar 2023 12:02

Interview: Justine Dufour-Lapointe

Justine Dufour-Lapointe ist einer der erfolgreichsten Rookies auf der Freeride World Tour in diesem Winter. Wobei: Eine Olympiasiegerin und Weltmeisterin – beides im Mogul-Skiing – als “Rookie” zu bezeichnen, wirkt schon irgendwie vermessen. Dass sie auch im Freeride zu den besten des Fachs zählt, hat sie bei ihren bisherigen FWT-Stopps bewiesen: Sieg in Ordino-Arcalis, ein 4. Platz in Kicking Horse und ein sechster Rang beim Bequeira Beret Pro ergeben insgesamt Platz 3 im Zwischenklassement und sichern ihr die Teilnahme an den Freeride World Tour Finals in Fieberbrunn und Verbier in diesem März.

Wir haben die 28-jährige Kanadierin aus Montreal zum Interview getroffen und uns mit ihr über ihren Wechsel ins Freeeride-Lager und ihre Erwartungen an diese Saison unterhalten.

Hi Justine! Die drängendste Frage vorab: Was hat dich dazu bewogen, deine erfolgreiche Buckelpisten-Karriere an den Nagel zu hängen und in die Freeride World Tour zu wechseln?
Ich bin 12 Jahre lang Moguls auf höchstem Niveau gefahren, habe die Olympischen Spiele gewonnen. Ich durfte so viele Erfahrungen machen und bin unendlich dankbar dafür. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es für mich an der Zeit ist, meine Komfortzone zu pushen, meine Limits zu pushen und etwas neues zu lernen.

Ich lerne einfach gerne neue Sachen und Tricks, ich arbeite gerne an Details, um mich im Skifahren zu verbessern. Und im Freeriden kann ich genau das tun. Es ist ein unglaubliches Erlebnis für mich und eine riesige Challenge.

Wie sahen denn die Reaktionen aus deinem Umfeld aus, als du deine Entscheidung Bekannt gegeben hast? Wie haben deine Sponsoren reagiert?
Meine Familie, Freunde und Unterstützer haben total positiv reagiert. Sie sind wirklich happy und aufgeregt, fiebern mit mir mit. Es ist das erste Mal, dass Freeriden in Quebec ein großes Thema ist, und ich bin, glaube ich, die erste kanadische Athletin, die auf diesem Level vom Buckelpistenfahren zum Freeriden wechselt. Das macht mich stolz.

Auch meine Sponsoren waren stoked von den Neuigkeiten, dass ich in Zukunft an der Freeride World Tour teilnehme und mich mit den besten Freeriderinnen der Welt messe.

Was denkst du, sind deine größten Stärken im Riderfeld der FWT?
Mit Sicherheit meine Jump-Skills, Skifahrerisch gesehen. Aber ich glaube, dass ich eine ganze Ladung Tools in meiner Zeit im Spitzensport mitbekommen habe, die ich nun gut nutzen kann. Ich denke da an die körperliche Vorbereitung im Gym, und natürlich auch an meine mentale Stärke.

Ich komme aus einem sportlichen Umfeld, das sehr leistungsgetrieben ist, sehr stressig und in dem der Druck auf die Sportler sehr hoch ist. Damit habe ich umgehen gelernt. In der World Tour ist die Situation am Startgate ähnlich, ich denke, da kann ich das, was ich gelernt habe, gut einsetzen.

War es für deine Entscheidung, auf der FWT zu starten, von Bedeutung, dass FIS und FWT jetzt zusammenarbeiten?
Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung davon. Ein paar Wochen nach meiner Entscheidung kamen die News rein und ich war zuerst einmal einfach nur überrascht. Also nein, für meine persönliche Entscheidung hat das keine Rolle gespielt. Ich glaube aber, dass das für das wettkampforientierte Freeriden ein zukunftsweisender Schritt ist.

Macht es einen Unterscheid, eine FWT-Saison oder eine Saison im FIS World Cup zu planen?
Oh ja! Auf der World Tour gibt es viel weniger Bewerbe, man hat also zwischen den Contests viel mehr Zeit, um Skifahren zu gehen und zu trainieren. Ich verbringe aber auch wesentlich mehr Zeit mit Reisen.

Das Timing ist einfach komplett unterschiedlich: Während du beim Buckelpistenfahren genau weißt, dass am Wochenende der Bewerb stattfindet – was auch immer passiert, im Großen und Ganzen – hast Du auf der World Tour immer das Zeitfenster, das mal 10, mal 7, mal 5 Tage lang ist. Du musst viel flexibler sein, denn du kannst ja nie genau sagen, wann der Contest jetzt stattfinden wird, musst deinen Reiseplan ganz anders anlegen. Es passiert viel mehr Unvorhergesehenes als im Mogul Skiing.

Welche Erwartungen hast du an deine erste Saison auf der Freeride World Tour? Was möchtest du erreichen?
Unglaublich, aber wahr: Ich versuche, gar keine Erwartungen zu haben, ich will mich einfach überraschen lassen! Diese Erfahrung mache ich nur für mich, ich möchte für mich selbst eine vollkommen neue Verbindung zum Skifahren finden, das ich doch so sehr liebe. Ich möchte die Verbindung mit den Bergen neu spüren. Ich freue mich darauf, all diese Fähigkeiten, die ich mir im Lauf der Jahre angeeignet habe, in einem komplett neuen Umfeld einzusetzen. Und ja, ich möchte natürlich schon gut Skifahren… Aber ich hab nichts zu verlieren, oder? (lacht)

Zum Schluss noch: Wie fühlt es sich denn für dich an, nur mehr auf breiten Latten unterwegs zu sein?
Ha, sehr, sehr toll, wenn es Powder hat! Klar war es eine gewisse Umstellung für mich, nicht mehr auf den winzigen Mogul Skiern zu fahren. Freeride Ski sind breiter und schwerer, aber oft auch sehr spielerisch zu fahren. Ich habe in der Saisonvorbereitung so viel über das Equipment gelernt, das war super! Mittlerweile fühle ich mich auf meinen Freeridelatten extrem wohl, sie fühlen sich wie ‚meine Ski‘ an und ich liebe das Gefühl im Tiefschnee.

Danke für deine Zeit und das Interview, Justine! Wir sind schon gespannt, wie du dich im Teilnehmerfeld der FWT schlägst und wünschen dir viel Glück!
Bitte, sehr gerne! Und ja, ich bin auch gespannt und aufgeregt!

Freeride World Tour Finals 2023:
Fieberbrunn Pro 11. – 17. März 2023
Yeti Xtreme Verbier 25. März – 2. April 2023

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Donnerstag, 23 Februar 2023 11:39

Aus der Branche: Majesty Skis

Die polnische Freeski-Schmiede Majesty Skis dürfte den meisten Insidern mittlerweile ein Begriff sein, fährt ja nicht nur FWT- und FWQ-Riderin Zuzanna Witych auf Majesty, sondern sind die innovativen Latten bereits seit Jahren gut im Freeride SKitest vertreten. Wir haben Gründer Janusz Borowiec zum Interview getroffen und uns mit ihm ziemlich ausführlich über Brand, Ski-Konzept und die Zukunft von Majesty Skis unterhalten.

Hallo Janusz! Zunächst einmal: Wer ist Majesty Skis?
Majesty ist eine unabhängige Skifirma, die von Skifahrern betrieben wird, die Innovation und künstlerisch inspiriertes Produktdesign vorantreiben. Wir fertigen in Handarbeit Skier und entwickeln Equipment für ernsthaft motivierte Skiabenteurer und Wintersportler.

Majesty steht dabei für herausragende Handwerkskunst, hochwertige Technik, innovative Konstruktionen und originelles Top-Sheet-Artwork: Wir kreieren außergewöhnliche Skier für außergewöhnliche Menschen.

Wie kam es überhaupt dazu, dass ihr eine Skifirma gegründet habt?
Majesty wurde 2007 in der Hohen Tatra in Südpolen gegründet, wo Backcountry-Skiing, Freeride und Freeskiing genauso elementar für uns sind wie die Luft zum Atmen.
Zu einer Zeit, als sich die meisten Marken auf leistungsorientiertes Pistenskifahren konzentrierten, wollten wir Alternativen für Leute schaffen, die ihre eigenen Wege gehen und sich durch Freiheit und Abenteuer definieren wollten.

Seit dem ersten Tag liegt es sozusagen in unserer DNA, dass wir an die notwendige Vielseitigkeit von Skiern glauben. Ski sollten immer eine Allround-Performance liefern und Spaß machen. Wir begannen als Freeski-orientierte Marke, entwickelten aber sehr schnell unsere Freeride- und Tourensegmente.

Jetzt lautet der Anspruch von Majesty Skis "re//define skiing". Was bedeutet das?
Hier bei Majesty wollen wir die Art und Weise, wie unsere Kunden – und die, die es noch werden sollen - über das Skifahren und die Produkte, die sie verwenden, denken, neu//definieren. Nehmen wir Freeride-Ski. Als Freerider wählen wir das Abenteuer und die Freiheit, dabei sollen uns das Gelände und Equipment keine Grenzen setzen. Das beste Szenario wäre ein Paar Freeride-Ski, das bei allen Bedingungen funktioniert - ob auf hartem Untergrund, weich, eisig, nass, im Matsch oder im Pulverschnee. Man braucht die Ski nicht zu wechseln, nur weil man später am Tag in anderem Gelände unterwegs ist. Man braucht nicht unterschiedliche Ski für verschiedene Bindungsarten. Die optimale Situation wäre: Ein Paar Freeride-Ski.

Für Tourenski bedeutet re//define skiing etwas anderes, denn Tourenski sind leicht und sehr technikorientiert. Wir haben das jahrelange Know-how und die Erfahrung aus der Entwicklung des einzigartigen und revolutionären Shapes, des Profils und der Konstruktion unserer Supernova-Ski genutzt. Mit unserem neuen Tourenskisortiment bieten wir leistungsstarke Tourenskier für Skifahrer, die nicht bereit sind, Performance für Leichtigkeit zu opfern und umgekehrt. Majesty soll dich dabei unterstützen, deine Ziele neu zu definieren. Und du sollst die Zukunft der technischen High-Performance-Ski erleben können.

Apropos Ski: Was ist neu bei Majesty Skis für diese Saison?
Beginnen wir mit titanverstärkten Freeride-Skiern, die als hochleistungsfähige All-Terrain-Skier gebaut wurden. Havoc Ti, Vadera Ti und Vanguard Ti. Alle diese Skier wurden letzte Saison beim Freeride Skitest getestet. Nach der Einführung der leichten und vielseitigen Freeride-Tourenmodelle vor 2 Jahren, haben wir nun schwerere Freeride-Ski eingeführt, die für sehr anspruchsvolle Runs und Skifahrer entwickelt wurden, die eine breite und wendige Ein-Ski-Lösung für ihren Köcher suchen. Die Freeride-Ski der Ti-Reihe wurden für Geschwindigkeit und hohe Anpassungsfähigkeit gebaut, um alle Wünsche der anspruchsvollsten Freerider zu erfüllen.

Wir haben auch eine völlig neue Palette von Freeski-Produkten - Dirty Bear Pro, Vandal, Dirty Bear XL und frauenspezifische Skier - Vesper und Vestal. In die neue Freeski-Linie sind unser gesamtes Know-how und unsere Erfahrung eingeflossen, die wir bei der Entwicklung unserer spezialisierten Skikategorien gesammelt haben. Das neue Freeski-Sortiment wurde durch ein ganzes Spektrum an technischen Lösungen neu definiert, die deinen Lieblingsberg in einen natürlichen Freeski-Spielplatz verwandeln werden.

Und schließlich die neuen Tourenski - Superpatrol und Superpatrol Carbon - die neuesten Spitzenprodukte, die für anspruchsvolle, fortgeschrittene Skifahrer und Bergprofis entwickelt wurden. Sie werden in zwei Konstruktionen hergestellt - Glasfaser und Karbon-Layup. Der Superpatrol ist der dünnere Bruder des Supernova-Skis (93-95 mm Breite). Er ist extrem stabil, präzise und reaktionsschnell. Entwickelt mit Flat-Tails, Rocker-Tips, Semi-Cap Topsheet, Triax-Glasfaser und unserer Cut-Off-Tail-Technologie (COT), alles um einen leichten Paulownia-Holzkern gewickelt.

Was sind die Vorteile eures 4x4-Konzepts im Gegensatz zu einem traditionellen Radius-Konzept?
Das 4x4-Konzept (4-Radius-Sidecut und 4-Radius-Rocker) ist eine Lösung, mit der wir zunächst unsere Freeride- und Freeride-Touring-Ski ausgestattet haben. Der 4Radius Sidecut ist das Ergebnis der Anwendung von 4 verschiedenen Radien auf den Sidecut des Skis. Diese Lösung ermöglichte es uns, die Kontaktkante zu verlängern, ohne die Agilität zu beeinträchtigen. Dies ist sehr wichtig, wenn man in abwechslungsreichem Gelände fährt.

Der neue 4Radius Sidecut erleichtert die Schwungeinleitung, erhöht das Vertrauen, die Stabilität und die Kontrolle in allen Geländeformen. Er ermöglicht es, die gesamte Länge des Skis zu spüren, was einem viel mehr Kontrolle gibt: Man kann die Kante effektiver nutzen, sie länger halten und so mehr aus jedem Schwung rausholen, egal ob kurze Carvng-Turns oder lange Big Mountain Schwünge. Die supereinfache Schwungauslösung macht nicht nur Spaß, sie verleiht auch viel Sicherheit.

Majesty Skis sind durch die Bank recht leicht. Woran liegt das? Und was ist euer Geheimnis, damit die Ski auch bei wechselnden Bedingungen funktionieren?
In den letzten Jahren haben wir eine Reihe von Produkten entwickelt, die den Menschen die Möglichkeit geben, der Natur näher zu kommen, sie zu erforschen und auf vielfältige Weise zu genießen. Deshalb fühlen wir uns hier bei Majesty so eng mit dem Begriff "Adventure Skiing" verbunden. Und mit weniger Gewicht an den Füßen erkundet es sich einfach leichter!

Wir verwenden dieselben Komponenten wie die führenden Hersteller: Holzkerne aus Pappel, Esche, Paulownia, Glasfaser in verschiedenen Webarten und Gewichten, Aramidgewebe, Carbon und auch Titanal. Wichtig ist, sich daran zu erinnern, dass es immer auf die richtige Kombination der Materialien ankommt, nicht auf deren reines Vorhandensein im Ski. Wenn wir ein neues Skimodell auf den Markt bringen, denken wir an den Skifahrer, den Einsatzzweck und das Terrain, in dem er sich bewegt.
In unserem Tourenskisortiment verwenden wir einen Kern aus Paulownia-Holz und eine Textoile-Platte als Verstärkung, die im Bindungsbereich angebracht ist. Im Freeride-Touring-Bereich verwenden wir einen Paulownia-Pappelholzkern mit Textolite-Platte. Unsere Freeride-Linie ist mit Titanal ausgestattet, aber das bedeutet nicht, dass die Skier viel schwerer werden, sie dämpfen die Vibrationen nur viel effizienter und fahren aggressiver durch das Gelände.

Spricht man von Leichtgewichts-Ski, kommt man an Carbon nicht vorbei. Indem wir die Ausrichtung der Carbonfasern zwischen 0°, 30° und 45° anpassen, können wir den Flex kontrollieren, optimieren und ergänzen, ohne Steifigkeit oder Reaktionsfähigkeit zu verlieren. Diese Konstruktion wurde 2014 offiziell mit dem Werewolf-Ski eingeführt - einem ultraleichten Vollcarbon-Ski mit Paulownia-Kern. Der Werewolf hatte einen elliptischen Rocker an der Front und ein gewölbtes Heck. Damals war es ein visionärer Ski, aber der Markt war sehr skeptisch, was die Verwendung von Rockern in Tourenski anging (sic!). Wir waren unserer Zeit weit voraus.

Gibt es - was die Konstruktion betrifft - Unterschiede zwischen den Herren- und Damenmodellen?
Die Damenski sind die gleichen Produkte, haben aber einen anders konstruierten Kern und eine andere Grafik. Es gibt gewisse Unterschiede in der Anatomie von Männern und Frauen. besonders Schwerpunkt und Kraftverteilung unterscheiden sich. Daher sind wir der Meinung, dass Männer und Frauen unterschiedlich konstruierte Ski benötigen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Die Skikonstruktion für Frauen hat ein etwas weicheres, fehlerverzeihendes Flexmuster, das speziell für leichtere Skifahrer entwickelt wurde.

Wo produziert ihr eigentlich eure Ski?
‚Think global, act local!‘ war irgendwie schon immer unser Motto, wir produzieren unsere Ski also in Polen. Das hat viele Vorteile: Wir können die Produktion laufend analysieren und gleichzeitig an Prototypen arbeiten. Auch der ökologische und soziale Aspekt sind wichtig, ebenso wie die Tatsache, dass wir im Ausland ein positives Image des Landes aufbauen. Die Transportwege sind kurz. Wir kennen die Herkunft der Komponenten, die in der Produktion verwendet werden, einschließlich der Herkunft des Holzes, das für die Konstruktion unserer Skier verwendet wird.

Habt ihr in den vergangenen Jahren auch in Energiereduktion bzw. Reduktion eures CO2-Footprints investiert? Bzw. was habt ihr in diesem Bereich für die Zukunft geplant?
Wir beziehen alle Materialien, die wir für unsere Skier benötigen, aus verantwortungsvollen Quellen. Wir kaufen Holz von FSC-zertifizierten Sägewerken, um sicherzustellen, dass das Holz auf verantwortungsvolle und ethische Weise geerntet, verarbeitet und verkauft wurde. Bei der Herstellung unserer Skier achten wir darauf, nach Möglichkeit nachhaltige Produkte zu verwenden, die das ökologische Gleichgewicht nicht verletzen, wie zum Beispiel organisches Harz.

Neben der Minimierung der Auswirkungen unserer Produktion auf die Umwelt liegt uns auch die Wiederherstellung der Ressource Holz am Herzen. Jedes Jahr kaufen wir bei Skis4Trees Setzlinge und pflanzen Bäume, deren Anzahl der Anzahl der verkauften Skipaare entspricht. Auf diese Weise sorgen wir in Absprache mit Spezialisten für die Wiederherstellung der Wälder.

Wir sind überzeugt, dass unsere Verantwortung für die Skier nicht mit der Übergabe an den Benutzer endet. Es laufen auch 2 Projekte bei uns, die sich darum drehen, gebrauchte Ski zu recyceln. Und wir hoffen, dass wir mit unserem Einsatz für die Umwelt auch die Freeride-Community dazu inspirieren können, sich für den Erhalt unserer Natur zu engagieren. Weitere Infos zu unserem Nachhaltigkeits-Engagement findest du auf unserer Website.

Und zu guter Letzt: Wo können interessierte Leser euer neues Skisortiment in dieser Wintersaison ausprobieren und testen?
Wir werden zum FreerideTestival am 25. und 26. März 2023 in Hochfügen kommen! Und aus gut unterrichteter Quelle weiß ich, dass freeskiers.net User auch am Freeride Skitest teilnehmen können – da werden wir dann bereits die Ski 23/24 dabei haben…

Danke für deine Zeit und das ausführliche Gespräch Janusz! Wo bekommen Interessierte denn sonst noch weitere Infos zu Majesty?
Einfach auf unserer Webste vorbeischauen und uns auf Social Media folgen. Hier gibt’s immer Updates zu Testmöglichkeiten und neuen Produkten.

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Mittwoch, 08 Februar 2023 15:03

Im Portrait: Lena Stoffel

Wo kommst du her und wie kamst du zum Skifahren?
Ich komme aus dem oberschwäbischen Alllgäu, aus einem kleinen Dorf bei Leutkirch im Allgäu. Meine Eltern sind leidenschaftliche Skifahrer:innen und haben mich schon ganz früh auf die Ski gestellt. Dann haben sie mich und meinen Bruder im alpinen Rennlauf für eine Weile engagiert begleitet und den regionalen Bezirk mit allen Kindern trainiert. So bin ich wirklich von klein auf ins Skifahren reingewachsen und es gehörte immer ganz natürlich zum Leben dazu.

Du bist zu Beginn deiner Karriere noch viele Rennen gefahren. Wie kam es zu dem Wechsel in Richtung Freeride und Freestyle?
Ja genau, ich bin dann in meinen Teenager Jahren im Jugend Nationalkader FIS Rennen gefahren. Jedoch wollte ich nach dem Abitur nicht nur durch Stangen fahren und habe mich entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen. Ich bin nach Innsbruck, um zu studieren und bin hier in die Freeride und Freestyle Szene hineingeraten und mit ihr gewachsen. Ich habe während meines Studiums an regionalen Contests teilgenommen und nach und nach wurde es immer internationaler. 2010 war ich dann bei den X-Games in Tignes im Slopestyle am Start und bin damals Fünfte geworden. Ich bin auch den ein oder anderen Freeride Contest gefahren, da mir das Skifahren im freien Gelände schon immer Spaß gemacht hat.

Wann und warum hast du der Contest-Szene dann ganz den Rücken zugewandt?
2011 hatte ich dann leider meine erste Kreuzband- und Meniskus-Verletzung. Ich habe mich zurückgekämpft und war auf dem Weg, mich für Olympia 2014 in Sotschi zu qualifizieren. Da kam dann aber 2013 die zweite Knieverletzung am selben Knie dazwischen. Im folgenden Winter habe ich dann entschieden, Wettkämpfe sein zu lassen und lieber so Ski zu fahren, wie ich es eh am liebsten habe - im freien Gelände und im Tiefschnee. Ich habe im Winter meinen staatlichen Skilehrer abgeschlossen und bin dann im Frühjahr mit Aline Bock zusammen für ein Filmprojekt nach Norwegen. WAY NORTH ist dabei entstanden. Wir haben irgendwie den Zahn der Zeit getroffen und der Film kam gut an. Zwei Frauen, Skifahren, Snowboarden und Surfen zu verbinden, gab es damals noch nicht so viel. Das hat uns beiden den Weg eröffnet, noch einige Filmprojekte in den Jahren danach umzusetzen.

Diese Filmprojekte folgen dir hauptsächlich ins Backcountry. Was ist es, was dich am Skifahren neben der Piste so begeistert?
Das ist recht einfach zu beantworten. Es ist die Natur, die Berge und die Ruhe. Nicht in den Massen Ski zu fahren und versuchen schöne Berge zu sehen und sie ab zu fahren. Optimalerweise natürlich im Tiefschnee.

Eins der Projekte, in denen du involviert warst, Vanishing Lines, erschien letzten Winter und handelt von mehr als nur dem Skifahren. Worum geht es bei dem Film?
Ja, das war ein tolles Filmprojekt und es hat mich gefreut, Teil davon sein zu dürfen. Die Idee kam von Mitch Tölderer, einem Innsbrucker Snowboarder, der die Veränderung, die hier in Tirol stattfindet und stattgefunden hat, aus erster Hand erfährt. Im Film geht es grundsätzlich um den Schutz der letzten wilden Natur hier in Tirol und sinnbildlich natürlich für alle Berge, hauptsächlich in den Alpen. Erzählt wird das an dem Beispiel der Pläne, die es für die Zusammenschließung vom Pitztaler und Ötztaler Gletscher gab. Gott sei dank kann ich “gab” sagen, da diese Pläne durch Bürgerinitiativen und Petitionen und andere Aktionen nun nicht mehr auf dem Tisch liegen.

Wie genau wird das im Film dargestellt?
Man sieht erschreckende Bilder von Großbaustellen in schöner Wilder Natur und im Gegensatz dazu aber wunderschöne Aufnahmen von Mitch, wie er im Karwendel eine Rinne fährt und mich wie ich in den Kalkkögeln tolle Skiabfahrten habe.

Gletscher sind hochsensible und wunderschöne Ökosysteme und große Wasserspeicher. Deswegen ist es wichtig, diese auch zu schützen.

Sollten wir also gar keine Lifte mehr zum Skifahren nutzen?
Nein, das finde ich nicht. Ich finde es wirklich toll, was wir hier in den Skigebieten für Möglichkeiten haben. Die bestehenden Gebiete bringen Menschen in die Berge und machen diese für viele zugänglich. So sehen viele die Schönheit der Natur der hochalpinen Landschaften und ich glaube, dass das eine Chance ist, alle diese Menschen aktiv im Naturschutz wiederzufinden. Ich finde, wir sollten versuchen, die kleinen Skigebiete so gut es geht zu unterstützen und auch mal in solche zum Skifahren zu gehen. Ich bin nur dafür, dass was schon da ist verantwortungsvoll besser zu machen und nicht immer mehr zu bauen. Wir haben ja schließlich genug Pistenkilometer.

Wie siehst du das Reisen und die Auswirkungen auf die Umwelt, wenn du um die Welt reist, um Schnee zu finden- eine endliche Ressource, die durch den Klimawandel bedroht ist?
Ich liebe es, verschiedene Berge zu sehen und etwas über andere Kulturen zu erfahren. Ich habe mich immer privilegiert gefühlt, diese Orte in ihrem wahren Zauber und ihrer Schönheit zeigen zu können, und zwar mit meinen Augen und aus meiner Position als Skifahrerin heraus. Deshalb möchte ich Menschen dazu inspirieren, verantwortungsbewusst zu reisen, lokale Unternehmen zu unterstützen und Orte so zu hinterlassen, wie sie sie vorgefunden haben.

So sehr das Reisen mich und meine Verbindung zur Natur geprägt hat, vor allem in Japan, aber auch in Norwegen, kann ich diese Schönheit auch zu Hause immer wieder finden. Andererseits verstehe ich natürlich den Widerspruch. Schnee als endliche Ressource ist definitiv bedroht, und weite Reisen, vor allem mit dem Flugzeug, nur um ihn zu finden, verschlimmern die ganze Sache noch. Ich versuche also, meine eigenen Auswirkungen zu minimieren und durch meine Arbeit zu zeigen, wie schön und wie wichtig es ist, den Winter zu schützen.

Seit kurzem bist du auch Vize-Präsidentin bei Protect Our Winters (POW) Austria. Warum bist du bei POW dabei und was beinhaltet ihre Arbeit?
Ich bin bei POW schon länger als Botschafterin dabei. Es war mir ein grundlegendes Bedürfnis, mich bei einer NGO zu engagieren, die versucht die natürlichen Interessen aller Berg- bzw. Wintersportler:innen zu bündeln und somit auch unser aller Spielplätze zu schützen.

Die Arbeit ist vor allem durch positive Kommunikation und Sensibilisierung geprägt. Wir wollen alle Outdoorenthusiast:innen mit an Bord holen und dieser Gemeinschaft eine gemeinsame, starke Stimme geben. Wichtige Themen für uns sind unter anderem auch die direkte Lobbyarbeit mit der Politik sowie Bildungsinitiativen und viel zum Thema Mobility. Es gibt Workshops in Schulen, die nun nach den schwierigen Corona Zeiten auch wieder starten. Sie heißen Hot Planet Cool Athletes Workshops und unsere Botschafter:innen sind dort stark involviert. Sie halten die Workshops teilweise und sind so Vorbilder und coole Klimaschützer:innen. Dann versuchen wir im Thema Mobility, vor allem die Anreise zu unseren geliebten Orten, wo wir Skitouren gehen, Klettern, wandern, snowboarden usw., strukturell zu verbessern, und auf der anderen Seite auch als Vorbilder zu agieren und mit Kampagnen zu informieren.

Wie kann man mitmachen oder euch bei POW unterstützen? Seid ihr auch international aktiv?
Auf der POW Website kann man sich informieren, ganz einfach Mitglied werden und herausfinden, wie man sich sonst engagieren kann.
Und ja, POW ist international. Es gibt in vielen Städten eine Community, die sich regelmäßig trifft, wie z.B. in München, Innsbruck oder Graz sowie in anderen Städten in Europa und auf der ganzen Welt.

An welchen Beispielen erkennst du die Klimakrise auf deinen Trips in verschiedenen Regionen?
Man erkennt die Klimakrise vor allem an den abnormalen Wettermustern, die wir erleben. Überall, wohin ich reise, und wenn ich mit Einheimischen spreche, scheint es, dass die Winter in einem Jahr zunehmend extrem trocken sind und im nächsten Jahr starker Schneefall eintritt. Ich bin zwar immer auf der Suche nach Schnee oder Wellen, aber es scheint, dass sich die üblichen Wettermuster ändern oder einfach verschwinden. Am deutlichsten kann ich die Veränderungen vor meiner Haustür, in Innsbruck, sehen, wo der Stubaier Gletscher immer weiter verschwindet.

Welche Projekte stehen bei dir als nächstes an?
Ich habe für ein Foto Essay eine Reise ins Piemont geplant, in ein Tal, das keine Lifte hat und besonders reich an Tradition ist. Und es ist ein Skitouren-Paradies - wenn es Schnee hat. Eventuell müssen wir es jedoch auf später im Jahr verschieben. Ansonsten versuche ich einfach so viel Zeit wie möglich in den Bergen zu verbringen, da kommen die guten Ideen und die Kraft für meine persönlichen und auch die Projekte mit POW letztendlich her.

Publiziert in People
Er ist einer erfolgreichsten Ski-Ärzte der Welt: Doc Christian Schenk. Der Österreicher hat mehr als 50.000 Menschen operiert, darunter Weltmeister und Persönlichkeiten wie Caroline von Monaco. Im Interview erklärt der 1,96 Meter große Unfallchirurg, warum er bei seinen Operationen immer barfuß im Blut steht, wieso Hobby-Fahrer mehr Ski-Gymnastik wie in den achtziger Jahren machen sollten und wie er bald mit einem Cocktail in der Hand vom Strand aus operieren und Anweisungen geben wird. Und wenn ein Patient mal nicht so viel Geld hat, dann lässt sich der Herr Doktor von Bauern mit Beeren bezahlen oder schickt die Rechnung gleich an das Christkind.

Herr Doktor Schenk, mit Verlaub: Ihre Klinik hier in Schruns sieht aus wie ein Robinson Club mit Fitnessraum, Pool, Bar und Tennisplatz.
Es gibt nix Besseres. Ich habe mir den Traum eines jeden Chirurgen erfüllt. Aufgebaut habe ich mir das alles selbst: Schritt für Schritt, ohne Unterstützung, ohne fremde Investoren.

Wie viele Leute arbeiten für Sie?
In den Hochzeiten sind es bis zu 120 Leute in der Klinik, bei der Helikopter-Linie fünf Piloten und 14 Flugretter. Das ist ein Traum. Wenn ich mal ein neues MRT-Gerät oder einen neuen Heli möchte, dann frage ich meine Frau. Sie ist hier der „Chief Financial Officer“. Veronica ist ein kongenialer Partner, meine Dual-Seele. Ihr gelingt es immer mich einzubremsen, wenn mal wieder die Gefahr besteht, dass ich mich völlig vergaloppiere (grinst).

Gibt es auf dieser Welt noch einen anderen Arzt der ein eigenes Spital und ein Flugunternehmen hat?
Ich habe noch von keinem anderen gehört.

Wann geht es bei Ihnen morgens in der Früh los?
Am späten Vormittag komme ich hierher und spiele erstmal eineinhalb Stunden Tennis, schließlich geht es im Leben um „S“ und „X“: um Spaß und „X-undheit“.

Mittlerweile sind Sie schon 67 Jahre alt…
…und habe die gleiche Gaudi wie am ersten Tag. Solange ich Spaß an meinem Beruf habe, denke ich doch gar nicht ans Aufhören. Warum auch? Thomas Gottschalk ist ja mit seinen 70 Jahren im Fernsehen auch wieder omnipräsent. Warum? Because it's fun!

Wie geht es nach dem Tennis-Match weiter?
Dann gehe ich zu meinen Patienten. Sie müssen wissen: die Lifte machen um halb neun auf, ab 11 Uhr kommen schon die ersten „Gäste“ mit dem Krankenwagen oder Heli zu uns.

Und dann in den OP?
Gegen 15.00 Uhr gehe ich in unseren Pavillon Mittag essen. Und dann geht's los.

Sie fangen abends um vier erst so richtig an zu arbeiten?
Ich arbeite und lebe wie die New Yorker, eben a bisserl zeitversetzt. Das liegt daran, dass ich ein unausstehlicher Morgen-Muffel bin. Frisch gestärkt geht's in den OP.

Für wie lange?
„Mal schaun, was der Berg heut' so abwirft“ (lacht). Gestern Nacht war um ein Uhr Feierabend, also eine wirklich humane Zeit. In den heißen Phasen habe ich am nächsten Morgen beim Bäcker noch frisches Brot für meine Familie zum Frühstück geholt.

Sie arbeiten 24 Stunden durch?
Bis zu 12 Stunden. Ich achte aber darauf mindestens sechs Stunden Schlaf zu haben. Von Ende November bis Ende April geht es bei uns immer heiß her.

Arbeiten Sie auch Weihnachten und Sylvester?
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich im Winter auch nur einen Tag nicht gearbeitet hätte. Wichtig ist, dass die Patienten schnell operiert werden, schließlich liegt mir das Wohl von ihnen am Herzen.

Warum diese Dringlichkeit?
Als ich während meinem Militärdienst als „Senior Medical Officer“ für die UN-Friedenstruppen auf den Golanhöhen im Einsatz war, sagte ein israelischer Sanitäts-Offizier der Luftwaffe zu mir den wohl wichtigsten Satz in meinem Berufsleben: „FROM THE BATTLEFIELD TO THE OPERATING TABLE WITHIN TWO HOURS“, also möglichst rasch vom Unfallort bis auf den OP-Tisch. Dieser Satz hat sich in mein Hirn gebrannt, denn je schneller die Soldaten auf dem OP-Tisch lagen, desto schneller und besser war ihre Genesung.

Der deutsche Versicherungsvertreter aus Gummersbach oder die Verwaltungsangestellte aus Ennepetal muss aber nicht gleich wieder an die Front.
Das nicht, aber statt drei Wochen müssen sie nur drei Tage im Krankenhaus bleiben. Mehr noch: der Heilungsverlauf und die Reha verkürzen sich um ein Vielfaches.

Ist es nicht fürchterlich anstrengend 12 Stunden im OP-Saal zu stehen?
Anstrengend ist es auf den Golanhöhen, wenn ein kleiner Junger vor Ihnen liegt bei dem ein Schädelknochen ins Hirn ragt und sie kein vernünftiges OP-Besteck haben. Den Moment hingegen, als der kleine Mahmut nach der OP aufwachte, werde ich nie vergessen. Wenn Sie den kleinen Burschen Monate später zufällig quietschfidel auf der Straße wiedersehen und er sie mit seinen Kinderaugen anlächelt, dann ist das ein unbeschreibliches Glück.

Wie viele Operationen haben Sie schon gemacht?
Seit 1994 in meiner Klinik 48.300, mit denen davor weit über 5.0000. Für mich gibt es nichts Schöneres, als wenn Menschen hier wieder aufrecht und gesund aus meiner Klinik gehen.

Warum operieren Sie stets mit nackten Füßen?
Mein Oberarzt in Kitzbühel war in meinem ersten Jahr gefühlt einen halben Meter kleiner als ich. Das bedeutet: ich musste mich immer am OP-Tisch nach unten beugen. Also zog ich meine Clogs aus, damit mir mein Rücken nicht so weh tat. Bei den arthroskopischen Eingriffen rinnt aber ständig Blut runter. Also waren weiße Tennissocken auch keine Lösung. Ich entschied mich barfuß zu operieren, dadurch habe ich das beste Bodengefühl.

Was machen Sie anders als alle anderen?
Keine großen Schnitte, wenig Narben.

Ein Magazin bezeichnete Sie als „Grenzverschieber“. Können Sie noch was lernen?
Ich bitte Sie! Alles andere wäre Hybris und Selbstüberschätzung. Jeden Monat lese ich die deutsch-, französisch- und englischsprachige Literatur zu meinen Themen durch. Natürlich gibt es immer wieder Artikel, die ich nicht so gut finde. Nur Zeitungen zu lesen, die meine eigne Meinung widerspiegeln, wäre unsinnig.

Reflektieren Sie sich selbst?
Jede Nacht unter der Dusche-statt singen. Ich überlege, wie man diese oder jene Situation im OP besser hätte machen können. Oft beschimpfe ich mich als „Trottel“ oder „Vollpfosten“. Das gute aber ist: das bekommt ja keiner mit, alle schlafen um die Zeit (lacht).

Wollten Sie schon immer Arzt werden?
Mein Großvater war Chirurg, mein Vater Internist, das „Arzt sein“ wurde mir in die Wiege gelegt. Mir ist das mit 16 im Schullandheim klargeworden. Ein Mitschüler verletzte sich beim Skifahren. In mir kam das Helfer-Gen hoch, ich schmierte sein kaputtes Knie ein, massierte es, ohne zu wissen was ich da so mache. Sieben Jahre später war ich Österreichs jüngster Arzt.

Eigentlich wollten Sie doch Tennis-Profi werden!
Es war eine Entscheidung für meine Berufung und gegen meine sportliche Leidenschaft. Ich habe mich also für den weißen Arzt-Kittel und gegen das weiße Lycra-Leiberl entschieden.

War es eine einfache Entscheidung?
Natürlich nicht. Um die Welt jetten, Tennis spielen und dabei noch Geld verdienen – das sind schon Dinge, die mir als junger Spund gefielen. Einerseits. Anderseits habe ich zu mir gesagt: „Christian, sei ehrlich: ein Thomas Muster, der die French Open, gewinnt wirst Du nie.“ Es war ein Akt der Vernunft. Nach der Tennis-Dekade habe ich gesagt: das war es. Danach folgten erst zehn Jahre Windsurfen dann zehn Jahre Golf, immer volle Pulle.

Sie machen alles extrem.
Ich liebe das „Alles-oder-nichts“-Prinzip. Für mich gibt es immer nur eine Devise: entweder mache ich es gleich gescheit oder gar nicht.

Sind Sie ein Kopf- oder ein Bauchmensch?
Das weiß ich nicht. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich ein intuitiver Mensch bin, ein Gefühl für Menschen und ihre Bedürfnisse habe.

Mit dieser Erkenntnis haben Sie 1989 Zimmer im Kurhotel Schruns angemietet und in der selbst renovierten Kuranstalt, die Sie zu einer unfallchirurgischen Praxis mit einem OP umgebaut haben, operiert.
Als Unfallchirurg und Sportmediziner habe ich mich von Anfang an auf die endoskopische Gelenkschirurgie und minimalinvasive Frakturen-Behandlung spezialisiert. Ich wollte einfach Zeit und Kosten sparen. Als ich die ersten operierten Kreuzbänder schnell bewegen und belasten ließ hielten mich viele für verrückt. Heute macht das jeder. Heute können wir auch dank der technischen Unterstützung und perfekten OP-Vorbereitung durch hochauflösende 3D-Bilder brutale Trümmerbrüche arthroskopisch operieren. Von knapp 150 Schienbeinkopf-Frakturen habe ich im vergangenen Winter nur drei „offen“ operieren müssen.

Das hört sich nach einem Metzger an.
Ich habe noch gelernt das Messer voll durchzuziehen – aber nur, wenn es nicht anders geht. Es ist wichtig auch die offene Chirurgie zu beherrschen.

Sie haben mal gesagt, dass sich am Anfang ihrer Arzt-Karriere die „richtigen Leute weh getan haben.“
Kaum habe ich die Bäder im Kurhotel saniert, standen schon die ersten vor meiner Türe. Einer meiner ersten Patienten war Olympiasieger Patrick Ortlieb, dann Weltmeister Marc Girardelli. Mit dem Skirennfahrer-Ehepaar Anita Wachter und Rainer Salzgeber ging es weiter, dann kam Fritz "the Cat" Strobl der noch immer den Rekord in Kitzbühel hält sowie Hahnenkamm-Sieger Büchel. Bei mir lagen Ski-Legenden wie Ivica Kostelic oder Bode Miller auf dem OP-Tisch.

Die Anzahl der Operationen schätzten Sie aber am Beginn völlig falsch ein.
1989, also im ersten Jahr planten wir für das Gesamtjahr 200 Operationen. Bis September hatten wir schon 500 Leute zusammengeflickt. Deswegen mussten wir nach fünf Jahren nach einer neuen Bleibe suchen. Mein Bruder war Architekt, baute für mich vier Jahre später das "Sport & Chirurgie Sanatorium Dr. Schenk" auf 2.400 Quadratmetern.

Davon profitieren noch heute Ihre Patienten. In der Vorsaison verletzten sich laut der „Auswertungsstelle für Skiunfälle“ bis zu 46.000 deutsche Skifahrerinnen und Skifahrer. So viele, wie seit zehn Jahren nicht mehr. Was sind die Gründe dafür?
Das Tempo und die Energie in der Kurve. Die Leute meinen immer, dass sie ihre Carving-Ski beherrschen würden. Das ist ein Trugschluss. Hinzu kommt die Höhe hier im hochalpinen Gelände. Wenn ich das ganze Jahr über als "Flachlandtiroler" im Büro arbeite und ohne Vorbereitung auf 2.500 Meter hochlifte und meine so runterschießen zu können, dann geht das nicht immer gut.

Was sollten sie tun?
In den 80-ern bereiteten sich die Menschen zusammen mit Rosi Mittermaier und Christian Neureuter noch mit Ski-Gymnastik im Bayerischen Fernsehen auf den Winter vor. Heute nur auf YouTube Ski-Videos anzuschauen, reicht halt nicht.

Gibt es während der Saison Unterschiede bei den Verletzungen?
In den ersten drei Winter-Monaten, also von Dezember bis Februar, habe ich meist Brüche auf dem Tisch, weil in dieser Zeit die Pisten durch den Kunstschnee und die Kälte knallhart sind. Im März und April, wenn der Schnee weicher ist, kommen mehr Weichteilverletzungen. Die Folge sind kaputte Schultern mit Band- und Sehnenverletzungen sowie Luxationen, natürlich auch das übliche Programm hinsichtlich Oberschenkel und Unterschenkel. Und dann gibt es noch den Unterschied zwischen jungen und älteren Skifahrern.

Der da wäre?
Je älter die Skifahrer werden, desto schwächer sind die Knochen. Meist halten die Bänder bei einem Sturz das Knie noch zusammen, dafür nehmen die Schienbeinkopf-Frakturen bei Menschen ab 50 rapide zu. Haben Sie den James Bond-Film „Goldfinger“ gesehen?

Natürlich.
Da gibt es doch die eine Szene wo das Auto in der Schrottpresse zerquetscht wird. So sieht der Schienbeinkopf bei einem „Best Ager“ nach einem kapitalen Sturz aus.

Denken Sie sich manchmal: Warum fährt der oder die überhaupt Ski?
Ich lebe mit meinen Patienten in der Gegenwart und der Zukunft. Die einzige Frage, die ich mir stelle, ist: wie bekomme ich die Frau oder den Mann so schnell als möglich zurück in sein privates, berufliches und sportliches Leben. Das, was mir hingegen Sorgen bereitet, ist der Speed. Die Skifahrer haben so viel Geschwindigkeit wie ein Motorradfahrer drauf, ebenso bei Unfällen leider nicht selten das gleiche Verletzungsmuster.

Das müssen Sie bitte erklären.
Früher war der klassische "Skihaxen" ein Drehbruch des Unterschenkels, als nächstes kamen die modernen Kunststoffskischuhe mit der Kraftübertragung ein Stockwerk höher. Es folgten Kniebandverletzungen, Schienbeinkopfbrüche, Hüftfrakturen- und Luxationen. Und dann kam der Carvingski. Dieser brachte eine massive Erhöhung der Energie während der Schwungphase, mit der nicht jeder umgehen kann.

Hat der Carving-Ski auch Ihre Arbeit verändert?
Grundlegend. Der Carving-Ski ist eine super Sache – wenn man ihn fahren kann. Im Slalom fällt das bei dem Schweizer Ramon Zenhäusern auf. Zenhäusern ist 2,02 Meter groß und rauscht mit seinen langen Haxen nur so um die Stangen herum. Er steht mit seinen „Giraffen-Beinen“ voll auf der Kante und hat einen Riesen-Hebel – Lieschen Müller kann das halt nicht.

Warum?
Weil Lieschen weder die Kraft und Muskeln noch die Skitechnik hat. Sie müssen wissen: diese Ski wurden ursprünglich als reine Renngeräte für Tempo 80 km/h aufwärts konzipiert.

Was ist ihr Tipp?
Der Freizeitsportler sollte solche Rennbestien nicht mehr anschnallen und sich mit Rückenprotektoren, Ellbogen- und Handgelenksschützern wie ein Eishockeyspieler ausrüsten.

Was ist mit dem Helm?
Ein Helm ist heute so wie beim Fahrradfahren moralische Pflicht.

Was hat sich bei den Profis verändert?
Wenn es einen bei 150 Sachen im Zielsprung auf der Streif in Kitzbühel in der Luft zerreißt, weiß ich, was kommt: Schädel-Hirn-Trauma, Schlüsselbeinbruch, Kreuzbandriss - die ganze Palette der hochenergiebedingten Traumatologie. Da wirken so unglaubliche Kräfte auf die Rennfahrer ein, das kann sich kein Mensch vorstellen.

Der einzige Schwachpunkt, sagt Weltmeister Aksel Lund Svindal, den es auf der Abfahrt gebe, sei der Körper. Beispiele sind Kjetil Jansrund und Max Franz. Die beiden erlitten schwere Verletzungen ohne, dass sie dabei stürzten. Jansrund brach sich wegen den harten Schlägen die Hand, Franz zerschmetterte sich im Skischuh seine Ferse.
Die Schläge, die sie dort einsteckten, sind mit fast nichts zu vergleichen. Svindal hat mal gesagt, das sei in etwa so, als würde man mit einem Auto mit 100 Sachen frontal gegen eine Bordsteinkante fahren. Der Reifen, die Felgen, alles sei dann einfach kaputt.

Sie haben Ihr Spital mit einer Fertigungsstraße eines Auto-Werkes verglichen. Wieso?
Was macht ein Pilot, bevor er mit 400 Passagieren abhebt? Er checkt sein Flugzeug und bereitet seinen Flugweg professionell vor. Und bevor zum Beispiel ein Auto das Werk verlässt, durchläuft es alle wichtigen Qualitäts- und Prozesskontrollen. Einige Versicherungen meiner Patienten meinen, dass dies nicht notwendig sei. Damit habe ich ein Problem, da offensichtlich das Grundprinzip der professionellen Prozesskontrolle noch nicht ubiquitär bekannt ist. Bevor ich einen Patienten entlasse, mache ich ein postoperatives CT oder MRT. Egal, ob die Versicherung zahlt oder nicht, schließlich will ich jeden Patienten mit dem bestmöglichen Gefühl und Sicherheit nach Hause schicken. Ich kann doch nicht sagen: „Hier ist Ihr neuer Golf. Ob er bei Tempo 160 auseinanderfällt, wissen wir nicht.“

Nehmen Sie auch Kassen-Patienten?
Für Leute, die Hilfe brauchen, finde ich immer eine Lösung. Ich mache keinen Unterschied, ob ein Ski-Weltmeister, ein VIP oder ein Landwirt aus dem Silbertal zu mir kommt von dem ich weiß, dass er mich „nur“ mit Brombeeren bezahlen kann.

Und wenn die Versicherung nicht bezahlt?
Bei Bedürftigen senden wir die Rechnung an das "Christkind", mit einem vom Patienten geschriebenen Brief. Auf deutsch: dann nehme ich die Kosten auf meine Kappe, weiß aber, dass bei der OP alles geklappt hat und er/sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder gesund wird. Diesen Luxus leiste ich mir. Es gibt aber auch Patienten, die lehne ich ab.

Ernsthaft?
Natürlich. Chirurgie heißt, dass ich invasiv bin, ich muss also in den Patienten hineingehen mit meiner Arbeit. Das heißt aber auch im Gegenzug, dass der Patient mich auch hineinlassen soll, mir vertrauen muss. Manchmal kommt es vor, dass dieses Vertrauen und die Bereitschaft von Seiten des Patienten fehlt, für so etwas entwickelt man im Laufe der Jahre eine spezielle Sensibilität. Dann sage ich: „Hören Sie zu, ich glaube, ich bin nicht der Richtige für Sie, es gibt da draußen in Ihrem Fall irgendwo einen besseren Arzt als mich.“

Sind die Patienten dann sauer auf Sie?
Bitte, wo denken Sie hin? Ich bin ein Wiener, ich versuche das freundlich zu übermitteln: sofern ich die Energie habe (grinst). Der Patient muss zu uns passen. So einfach ist das.

Wer passt per se nicht?
Wir behandeln keine Wirbelsäulen-Frakturen die operiert werden müssen, die komplette Diagnostik und Erstversorgung führen wir natürlich gerne durch bevor wir sie zu einer kompetenten Versorgung weiterschicken. Das Gleiche gilt für intensivpflichtige Schädel-Hirn-Traumata, ansonsten machen wir bis auf Prothesen an der oberen und unteren Extremität praktisch alles. Für Trümmerhaufen und wilde Frakturen an der Schulter, Arme und Beinen sind wir in aufgrund unserer Erfahrung in den Alpen sicher eine ganz gute Adresse.

Werden Sie am OP-Tisch noch nervös?
Natürlich. Allerdings habe ich fast schon fast alles gesehen und erlebt, schließlich habe ich habe jahrzehntelang am und im Grenzbereich gearbeitet.

Haben Sie auch Grenzen verschoben?
Dort, wo es möglich war, habe ich mich schon immer über die Grenzen hinausgewagt. In den Jahren habe ich die Intuition des Alters sehr zu schätzen gelernt. Bei meinem alten Tennis-Club „WAC“ in Wien haben wir zu den betagten Spielern, die die Jüngeren schlugen, immer gesagt, dass sie mit der „ekelhaften Routine“ spielen würden.

Wie haben Sie sich in den vergangenen Jahren verändert?
Ich habe mich mit der Technik weiterentwickelt. Sie haben ja gerade mein Büro gesehen, da stehen drei Bildschirme drin. Auf dem einen ist die Krankenakte, auf dem zweiten die Kernspin-Untersuchung (MRT) und auf dem dritten die Computer-Tomografie, die ich dreidimensional anschaue, um die verschiedenen Strategien der geplanten OP zu simulieren. Das alles schaue ich mir vor einer OP ganz genau an, ähnlich wie ein Skirennfahrer die Eispiste in Kitzbühel inspiziert.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Alles aus der Ferne zu steuern. Eines Tages werden wir ein Visualisierungs-Programm haben, das mir ermöglicht, mit einem Cocktail am Strand zu sitzen und zu sagen: „Burschen, bitte seid so nett und macht jetzt dieses oder jenes“. Machen muss er es dann natürlich selbst. Ich beginne schon heute mit dem Training des eigenen Nachwuchses.

So wie beim roboterassistierten Operationssystem „Da Vinci“?
Wenn in Bälde die Datenübertragungsgeschwindigkeiten schnell und stabil sind, wird es auch von der Ferne möglich sein mit einem Robotersystem, das mein verlängerter Arm ist, zu operieren. Das ganze Feld wird mir – wo immer auf der Welt ich auch bin – dreidimensional und hochauflösend dargestellt. Genial! Da kommen wir zu Ihrer ersten Frage zurück. Das ist dann wie im Robinson Club. Oder auf jeden Fall dort, wo es richtig schön warm ist.

Dass ein Mediziner erfolgreich ist und auch noch betriebswirtschaftlich ein Händchen hat, ist eher selten. Zumindest so selten, dass kein anderer Arzt eine eigene Klinik und ein eigenes Helikopter-Unternehmen hat.
Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass das an meiner Kindheit liegt. In Wien bin ich im zweiten Bezirk aufgewachsen. Dort leben viele freundliche und hochintelligente Juden die in Wien liebevoll „die Insrigen“ genannt werden. Von den geschäftstüchtigen Menschen habe ich wohl viel gelernt, genauso habe ich in meiner Jugend den älteren Geschäftsleuten am WAC-Tennisclub gut zugehört und die Geheimnisse des Wiener Schmelztiegels in mich hineingesaugt.

Sie lieben Ihren Beruf.
Mein Beruf ist neben meiner Frau Veronica meine große Liebe. Wie schon zu Anfang gesagt: Es gibt einfach nix besseres…
Publiziert in People
Mittwoch, 22 Dezember 2021 12:12

Interview: Aksel Lund Svindal

Er ist der wahrscheinlich intelligenteste Sportler der Welt: Aksel Lund Svinal. Der norwegische Skirennfahrer ist an einem Dutzend Start-ups beteiligt, ist Partner einer Beteiligungsgesellschaft und besitzt Hotels. Im Interview blickt der Sponsoren-Liebling zurück auf seine Ski-Karriere, erklärt warum er immer an „einem Stück“ im Ziel ankommen will, ihn sein eigener Ski fast umbrachte und es in Kitzbühel ums „blanke Überleben“ geht. Ein Gespräch mit einem wirklichen Ausnahme-Sportler dessen neuer Kinofilm „AKSEL“ seit 2. Dezember in den Kinos läuft.

Herr Svindal, weil Ihr Körper nach 17 Profijahren und 17 Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften streikte, kehrten Sie dem Skirennsport 2019 den Rücken zu. Bei der Verkündung sagten Sie, dass Sie „happy seien, dass es nun vorbei ist". Nun stehen Sie mit ihrem neuen Kinofilm „AKSEL“ wieder im Rampenlicht. In dem Film gibt es die eine Szene, als Sie in Kitzbühel mit mehr als 100 Sachen rückwärts auf die Eispiste krachten. Was war da los?
Die Kompression, die in einer Kurve liegt, sah ich vor lauter schlechter Sicht einfach nicht. Ich bekam einen Schlag auf den rechten Ski, wurde durch den Druck wie ein Auto auf dem Schrottplatz zusammen gequetscht, dann wie eine Kugel aus einer Kanone geschossen. Und dann lief alles ab wie in einem schlechten Film.

Wie meinen Sie das?
Alles lief plötzlich wie in Zeitlupe ab. Ich wusste ja schon was kommt: Wolken, Himmel, Ski. Hier war es nur anders. In dem Moment, als ich mit durch die Luft flog, sah ich auf der linken Seite der Piste wie die Ärzte und Rettungssanitäter schon nach rechts zum Sicherheitszaun rannten. Das war der Punkt, als ich dachte: „Mist, die rennen wegen mir!“ Und dann schlug ich ein. Sekunden später standen sieben Ärzte um mich herum. Eigentlich drängten sie darauf, dass ich mit dem Helikopter abtransportiert werden sollte. Das wollte ich nicht. Mein Vater stand unten im Ziel, meine Kollegen oben am Start – ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machen. Sie fuhren mich mit dem Akia ab. Mein Fehler.

„Wir fuhren durch die Menschenmenge. Ich hielt immer noch die abgebrochenen Stöcke in den Händen. Meine Brille hing nur noch auf einer Seite am Kopf. Die Leute jubelten und wollten Selfies machen“, schreiben Sie in Ihrem Buch.
Das war der völlige Wahnsinn. Sie fuhren mich zu einer provisorischen Notaufnahme. Die war eigentlich nicht für die Rennfahrer gedacht, sondern für das betrunkene Party-Volk. Ich, der gerade der Streif abgeworfen wurde, lag neben Leuten, die wegen ihrer Alkoholvergiftung am Tropf hingen. Irgendwann brachten sie mich dann ins Krankenhaus. Dort war die Lage nicht viel besser. Hannes und Georg waren noch vor mir dran. Vor lauter schwerer Stürze auf der Streif stand ich im Spital im Stau. Kurz danach haben sie das Rennen abgebrochen. Kaputte Skifahrer lassen sich eben schlecht vermarkten.

Ein Jahr später standen Sie wieder am Start. Das Frühstück vor dem Rennen wollte nicht lange in Ihrem Körper bleiben, so nervös waren Sie.
Zum Glück muss ich da nicht mehr runterfahren – zumindest nicht im Rennanzug (grinst)
Fiel es Ihnen immer leicht dort runterzufahren?
Nein, weil es bei Abfahrten wie in Kitzbühel oder Bormio schlicht ums blanke Überleben geht. Das Problem bei den Rennen ist, dass man sich für eine Sache motivieren muss, vor der man eigentlich Angst hat. Deshalb ist unser oberstes Ziel: in einem Stück unten im Ziel ankommen.

Sie hatten Angst?
Als Teenager bin ich einmal an Kitzbühel vorbeigefahren. Da dachte ich: „Hoffentlich muss ich da nie runterfahren.“ Im Herbst 2002 teilten mir meine Trainer freudig mit, dass sie mich für die Streif nominieren würden. Es verging kein Tag, an dem ich vor dem ersten Höllenritt auf der brutalsten Abfahrt der Welt nicht Angst hatte. Wenn man dieses fürchterliche Biest aber mal gemeistert hat, dann fühlt man sich wie ein Gladiator.

Geht das allen so?
Didier Cuche hat die Streif schon fünfmal bezwungen. Dann kam er eines Tages zu dem Entschluss, dass er sich das Rennen nicht mehr zutraut.

Warum?
Wir wissen: der einzige Schwachpunkt, den es auf der Abfahrt gibt, ist unser Körper. Die Eispiste wird niemals nachgeben – unser Körper hingegen schon. Beste Beispiele sind Kjetil Jansrund und Max Franz. Die beiden erlitten in Kitzbühel schwere Verletzungen ohne, dass sie dabei stürzten.

Wie geht das?
Gleich nach der Mausefalle gab es eine Kompression am Anfang eines Linksschwungs, der extrem holprig und unfassbar vereist ist. Kjetil brach sich die Hand, Max zerschmetterte sich im Skischuh seine Ferse. Die Schläge, die wir dort einstecken, sind mit fast nichts zu vergleichen.

Können Sie es trotzdem versuchen?
Das ist in etwa so, als würden Sie im Auto mit 100 Sachen frontal gegen eine Bordsteinkante fahren. Der Reifen, die Felgen, alles ist dann einfach kaputt.

Zur Not könnten Sie ja die Skier immer quer stellen, bremsen.
Geht nicht. Ich würde den ganzen Hang einfach gnadenlos abrutschen, so steil und eisig sind die Pisten. Das Einzige, was ich tun kann, ist weiterfahren. Letztendlich ist der Speed entscheidend: egal wie schnell ich bin, ich will noch schneller werden. Allerdings ist mein Kopf während des Rennens nie im Hier und Jetzt.

Sie denken bei Tempo 150, ob Sie noch Milch und Butter kaufen sollen?
Ich muss mich bei der hohen Geschwindigkeit im Kopf in der Zukunft befinden. Bei den Abfahrten in Kitzbühel oder Wengen ist der Speed so hoch, dass ich im Kopf weiter sein muss. Wir haben es mal ausgerechnet, rund eine Sekunde oder umgerechnet vierzig Meter weiter vorne. Würde ich nur reagieren, würde ich sofort im Fangzaun landen.

Also Höchstkonzentration pur.
Mich haben sie vor Jahren mal komplett vor den Olympischen Spielen in Vancouver vermessen. Ich war von oben bis unten verkabelt. Eine Kamera war auch in meiner Skibrille eingebaut. Das Ergebnis war verblüffend. Normalerweise blinzelt ein Mensch alle vier bis sechs Sekunden mit seinen Augenliedern. Während der 90 Sekunden Abfahrt blinzelte ich hingegen nur einmal, so konzentriert war ich bei der Sache. Ich selbst wusste das gar nicht. Auch nicht, dass ich nach dem Durchfahren der Ziellinie plötzlich wie wild blinzelte. Fast so, als wollte ich die vergangenen 90 Sekunden alles aufholen.

Normale Menschen würden sagen, dass sie Angst hätten.
Unterschwellig spielt sie natürlich mit. Mein ganzes Nervensystem ist in akuter Alarmbereitschaft, pumpt Adrenalin und Endorphine wie wild durch meinen Körper. Das muss ähnlich wie bei einem Autounfall sein – nur eben zwei Minuten am Stück.

Ähnlich schlimm wie bei einem Autounfall bei hoher Geschwindigkeit verletzten Sie sich 2006 bei der Abfahrt in Beaver Creek. Was ist passiert?
Geschwindigkeit ist eines, Kontrolle das andere. Letzteres hatte ich am 27. November 2007 beim „Golden Eagle“-Sprung nicht, weil ich schlicht und einfach zu schnell war. Schon beim Absprung geriet ich in Schieflage, Millisekunden später sah ich kein Sicherheitsnetz mehr, keine Piste, keine Tore. Nur noch Himmel, Wolken und meine Skier.

Konnten Sie in der Luft gar nichts mehr korrigieren?
Aussichtslos. Das Einzige, was ich noch versuchte, war mich in der Luft zu drehen und zusammenzurollen damit ich nicht mit dem Genick aufprallte.

Sie krachten mit mehr als 100 Stundenkilometern auf die Eispiste.
Das habe ich später auf Youtube gesehen. Als ich aufschlug, verlor ich das Bewusstsein.

Waren Sie lange bewusstlos?
Als ich ein paar Sekunden später kurz aufwachte, sah ich nur die Skihandschuhe voller Blut. Erst dachte ich noch, dass der Crash vielleicht doch nicht so schlimm gewesen sei, ich spürte keine Schmerzen, nichts. Im Nachhinein war es nur das Adrenalin, das durch meinen Körper pumpte. Im Krankenwagen wurde dann alles schwarz. Erst im „Vail Valley Medical Center“ wurde ich wieder wach. „Es kann sein, dass Du wieder aufwachst und einsehen musst, dass du nicht mehr Skifahren kannst“, sagte der Arzt zu mir. Was er und ich noch nicht wussten, war, dass ich mir die messerscharfen Kanten meiner Rennskier in den Hintern gerammt hatte.

In Ihrem Buch schreiben Sie „dass ich an jenem Dienstag hätte sterben können“.
Mein eigener Ski hatte mich aufgeschlitzt, fast umgebracht. Er hat sich durch mein Gesäß in den Körper gebohrt. Sie müssen wissen: die Kanten der Abfahrtsski sind so scharf wie ein Skalpell. Die Ärzte vermuteten, dass mein eigener Ski mir meine Organe und meine Bauchhöhle zerschnitten hatte, weil ich so viel Blut verlor. Um das festzustellen, schnitten sie mich vorne am Bauch auf, holten meine Organe heraus, packten wieder alles dort hinein und nähten mich zu. Es war wie ein Wunder: Alle Organe waren heil.

Ist der Sport so wichtig, dass Sie ihr Leben riskieren?
Es ist ja nicht so, dass wir uns von heute auf morgen mit 150 Sachen die Eispisten herunterstürzen. Das ist ein Prozess über Jahre hinweg. Wenn ich allerdings im Weltcup ganz oben auf dem Podest stehen will, muss ich eben voll am Limit fahren. Wenn wir Rennfahrer ehrlich sind, gieren wir wie wilde Hunde nach Knochen.

„Als ich 2007 in Beaver Creek verunglückte, war ich ein anderer Mensch als der, der ein Jahr später auf der gleichen Strecke an den Start ging“, schreiben Sie in Ihrer Biografie „Größer als ich“.
Das war ich schon in der ersten Woche als ich 18 Kilo verlor. Das war die Hölle. Über die Vene wurde ich tagelang intravenös ernährt. Meine Muskeln schrumpften, so schnell konnte ich gar nicht schauen. Schreckliche Ereignisse wie dieses – oder der Tod meiner Mutter 1991 – prägen einen Menschen, machen ihn demütig. Das Entscheidende dabei ist, dass man Rückschlüsse für sich zieht, daraus lernt.

Ihre Fans schickten Ihnen Genesungswünsche, Stofftiere, Blumen…
…und gefühlt Tonnen an Schokolade, weil sie in den Zeitungen lasen, dass ich so viel abgenommen hatte. Das war supernett gemeint. Das, was aber bis auf meine engsten Freunde und Verwandten keiner wusste, war, dass ich einen künstlichen Darmausgang gelegt bekam. An Essen war gar nicht zu denken, solche Schmerzen hatte ich. Die Ärzte verabreichten mir in den Phasen, in denen ich vor Bauchschmerzen schrie, Morphium.

Ein Jahr später standen Sie wieder am Start in Beaver Creek. Erst gewannen Sie die Abfahrt, einen Tag später den Super-G. Sind Sie eigentlich noch normal?
(lacht). Natürlich hatte ich die Hosen voll. In der Reha-Phase habe ich jedoch wochenlang meinen Fahrfehler analysiert, wusste, was ich falsch gemacht hatte. Mein Plan war es deshalb vor dem gefürchteten Sprung ein bisschen Gas rauszunehmen. Natürlich würde mich das Zeit kosten, deswegen würde ich eben davor und danach noch mehr Vollgas geben. Der Plan war nicht der schlechteste. Ich konnte beide Rennen gewinnen.

Was werden sie vom Skirennsport noch vermissen?
Skifahren ist das geilste auf der Welt. Deswegen stehe ich ja heute noch so oft es geht auf den Brettern. Wenn immer es geht, fahre ich zusammen mit meinem Vater oder Freunden. Dass, was ich hingegen sicherlich nicht vermisse werde, ist das ständige Schwitzen.

Wie bitte?
2003 bei der WM ging es los. Wir saßen als Team beim Abendessen in St. Moritz. In dem Restaurant war es wirklich alles andere als warm. Ich schwitzte hingegen wie ein Büffel, riesige Schweißflecken zeichneten sich unter meinem Pulli ab. Ich hatte ehrgeizige Ziele an mich, hohe Erwartungen. Das bedeutet: bei den großen Rennen musste ich beweisen, dass ich es kann! Das fiel mir auf, weil ich immer nur zwischen Oktober, dem Saisonstart in Sölden, und April, dem Saisonabschluss auf der Lenzerheide, schwitzte wie ein Verrückter.

Bei der WM 2019 im schwedischen Åre belegten Sie bei der Abfahrt den zweiten Platz, in Kitzbühel konnten Sie nie gewinnen. Trotzdem eine vollendete Karriere?
Schauen Sie mich an. Wirke ich wie ein unglücklicher Mensch? Kitzbühel hätte ich gerne mal gewonnen, das stimmt. Was den zweiten Platz angeht ist das genau richtig. Mein Freund Kjetil hatte eine schwierige Saison, bei ihm klappte nicht viel. Am Ende lag er zwei Hundertstel vor mir. Umgerechnet sind das 54 Zentimeter bei 2.922 Meter Abfahrt. Was aber noch viel wichtiger war, war die Tatsache, dass im ganzen Zielraum norwegische Flaggen mit „Danke, Aksel!“ wehten – das war viel wichtiger als mein Sieg. Und was gibt es Schöneres als in Åre aufzuhören? Dort bin ich mit meinen großen Vorbildern Kjetil André Aamodt und Lasse Kjus gefahren, hier stand ich zusammen bei meinem letzten Rennen mit einem anderen Wikinger auf dem Podest. Meine Karriere war ein einziger Traum. Und heute mache ich das, was ich immer schon machen wollte. Ich bin einfach dankbar.

Nun machen Sie die Karriere nach der Karriere. Sie werben für die Skifirma Head, den Elektronik-Giganten Samsung, Porsche…
…was alles sehr langfristige Kooperationen sind. Nur mein Gesicht irgendwo in eine Kamera zu halten und zu sagen „hey, kauft bitte jenes Produkt!“ mache ich nicht. Sie können meinen Vater fragen: schon als Knirps war ich großer Porsche-Fan. Heute dank der umweltfreundlichen E-Autos noch mehr. Das bin ich der Umwelt schuldig.

Wie meinen Sie das?
Na ja, wenn man ganz ehrlich ist, ist die CO2-Bilanz von uns Skirennfahrern alles andere als klimafreundlich. Wir fliegen von Kontinent zu Kontinent. Am Anfang einer Saison geht es in Lake Louise in Kanada los, danach folgen die Rennen im italienischen Gröden und im österreichischen Kitzbühel, bevor es nach Norwegen und Italien geht. Sauber ist anders.

Deshalb haben Sie die nachhaltige Modemarke „Greater than A“ gegründet.
Unser Ziel war es, die Modelwelt nachhaltig und grundlegend zu verändern. Wenn ein Shirt bei Primark 1,99 Euro kostet, dann kann etwas nicht stimmen. Wir wollten fair sein. Gegenüber unseren Kunden, Händlern, Produzenten. Ich bin der festen Meinung, dass man in der Arbeitswelt nur dann erfolgreich ist, wenn man eine Win-Win-Situation für alle erzeugt. Das haben wir gemacht, so dass alle fair und gerecht bezahlt werden. Das war angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimakrise, Wasserverschmutzung oder prekäre Arbeitsbedingungen nicht leicht. Wir wollten nicht länger Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein.

Wieso sprechen Sie in der Vergangenheit?
Ich bin kein Fashionista. Wenn ich in Lyngen oder den Lofoten in Norwegen durch den Tiefschnee fahre – das bin ich. Deshalb habe ich meine Anteile an der Modemarke „Greater than A“ verkauft. Stattdessen habe ich zusammen mit „Sweet Protection“ eine Skikollektion entworfen. Davon habe ich wenigstens eine Grundahnung (grinst).

Damit sind Sie auf den Spuren von Willy Bogner, Lasse Kjus oder Jean-Claude Killy. Alles ehemalige Rennfahrer, die ein Modelabel gründeten.
Wir wissen einfach was man bei Skibekleidungsherstellern noch besser machen kann.

Das müssen Sie erklären?
Für die Olympischen Spiele in Südkorea vergaß beispielsweise unser Ausstatter uns Skihosen mit Reißverschlüssen an den Seiten mitzugeben. Wir haben die Hosen also gar nicht über unsere klobigen Skistiefel bekommen. Und bei minus 20 Grad können wir schlecht die ganze Zeit die Skistiefel an- und ausziehen. Wir schnitten unsere Jogginghosen ab, fuhren mit langer Unterwäsche. Es war so unfassbar kalt.

Wieso können Sie die Skischuhe nicht ausziehen?
Wenn wir unsere knallengen Schuhe ausziehen würden, würden sie sich bei der Kälte sofort zusammenziehen und wir dadurch unmöglich wieder reinkommen. Wir Rennfahrer haben ja speziell angefertigte Skischuhe. Die sind so eng, als würde jemand ihre Füße in einen Schraubstock spannen und zudrehen. Ich glaube, wenn Sie meine Skischuhe anziehen würden und ich die Schnallen zumache – Sie würden erst vor Schmerzen schreien, dann würde es Ihnen schwindlig werden.

Was machen Sie jetzt bei Sweet Protection anders?
Wir setzen dort, wo es geht, ökologische Materialien ein. Darüber hinaus habe ich an der Funktion und Qualität gefeilt. Unser Design ist skandinavisches Understatement.

Das passt zu Ihrem neuen Hotel „Fyri Resort“ im norwegischen Hemsdal. Wie kommt ein Skifahrer darauf ins Hotelgewerbe einzusteigen?
Das ist ein Investment wie viele andere auch. Insgesamt bin ich jetzt bei einem Dutzend Start-ups und Unternehmen beteiligt. Aber nicht erst seit heute, sondern seit 2013.

Man hat Sie nie mit dem Laptop auf der Piste gesehen.
Dafür mit Telefon. Ich kann mich noch gut an die Abfahrt in Beaver Creek erinnern, das müsste 2016 gewesen sein. Wir von NorseLab, das ist eine Beteiligungsgesellschaft für Unternehmen und Start-ups, bei der ich Partner bin, hatten plötzlich ein verdammt großes Problem mit einem Geschäftsführer einer unserer Firmen. Der Mann hatte Mist gebaut, er musste gehen. Wir hatten leider keine andere Wahl. Der Zeitpunkt war vielleicht etwas ungeschickt. Ein Kollege war in Oslo, einer im Silicon Valley und ich telefonierend im Starthaus in Beaver Creek. Wir konnten nicht länger warten…

…Moment Mal! Sie sägen einen Manager an dem Ort ab, wo sie einst den Horror-Sturz ihres Lebens hinlegten.
Wir mussten handeln. Anscheinend war es positiver Stress. Ich gewann das Rennen.

Haben Sie sich alles autodidaktisch angeeignet?
Nach dem Brutalo-Crash 2007 sowie den beiden schweren Knieverletzungen hatte ich immer wieder genügend Zeit mich monatelang weiterzubilden. Weil ich mit meinen Reha-Zeiten nicht an einen Ort gebunden war, verlegte ich mein Aufbautraining ins Silicon Valley. Dort besuchte ich Firmen wie Google, las Dutzende Bücher über die Volkswirtschaft und Betriebswirtschaftslehre. Und nun in Corona-Zeiten habe ich an vielen Online-Kursen wie von der Standford University teilgenommen. Man lernt nie aus.

Hatten Sie fast kein Fehlinvestment?
Sie glauben gar nicht wie viel Geld ich versenkt habe. Einige Investments waren finanziell absoluter Horror. Ich habe aber eine Art gefunden mir die Misserfolge schönzureden.

Jetzt bin ich gespannt.
Ich hatte großes Glück durch meinen Sport und mein Leben als Athlet Geld zu verdienen und so meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Allerdings konnte ich nie eine Universität besuchen. Daher konnte ich das Geld, das ich ansonsten für Studiengebühren ausgegeben hätte, sparen.

Wie kommt es, dass sie so ein Unternehmer-Typ sind?
Meinen Großeltern gehörte die Bäckerei „Svindals bakeri“. Sie wiederum hatten den Laden von meinem Urgroßvater geerbt. Und der war in der ganzen Gegend als gewiefter Unternehmertyp bekannt. Ebenso habe ich ganz viel von meinem Vater gelernt. In den letzten Jahren meiner Skikarriere hatte ich nie einen Manager. Ich glaube mein Vater und ich haben das ganz gut hinbekommen. Und wenn es ums Risikomanagement geht, frage ich meinen Bruder Simen. Er ist der „Head of Risk & Compliance“ bei NorseLab, unserer Beteiligungsgesellschaft. Bevor ich in was investiere, überlege ich mir: was ist das „Return on Investment“, wo lauern die Gefahren?

Aksel Lund Svindal, geboren 1982 in Lørenskog, Norwegen, gehört zu den erfolgreichsten Skirennfahrern der Gegenwart. Er gewann im Alpinen Skiweltcup in vier von fünf Disziplinen 36 Rennen, dazu 2006/07 und 2008/09 den Gesamtweltcup. Insgesamt konnte er neun Weltcup-Disziplinenwertungen für sich entscheiden, wurde zwei Mal Olympiasieger und fünf Mal Weltmeister.

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Mittwoch, 03 November 2021 14:10

Interview: Frederic Andes, Valhalla Ski

Ski aus dem Schwarzwald? Ja! Ski aus dem Schwarzwald! Wir haben uns mit Freddi Andes, dem Gründer und Inhaber von Valhalla Ski zum Interview getroffen. Der sommerliche Umzug in neue Räumlichkeiten war Anlass genug für uns, mal nachzufragen, was es denn mit Valhalla so auf sich hat. Und übrigens: Beim Freeride Skitest war Freddi auch wieder mit am Start - Ergebnisse sind im Line Up nachzulesen!

Hey Freddi! Wie geht’s Dir und Valhalla Skis denn so vor dem Saisonstart?
Mir geht’s spitze! Ich freu mich schon richtig auf den kommenden Winter. Ich glaub mit der Freude bin ich nicht alleine, nachdem wir im letzten Winter viel Schnee im Schwarzwald hatten und dieses Jahr voraussichtlich die Lifte wieder laufen, sind alle ziemlich heiß auf Winter. Dementsprechend ist bei mir auch schon richtig was los. Momentan habe ich von fast allen Produkten was auf Lager. Ich werde aber ohnehin den ganzen Winter weiter produzieren.

Sollte jemand noch nie was von Valhalla gehört haben – wer seid Ihr und was macht Ihr?
Wir, das bin eigentlich ich.? Wir sind eine kleine aber feine Skimanufaktur in Freiburg am Fuße des Schwarzwaldes. Meine Liebe zum Winter und Wintersport hat mich irgendwann dazu geführt, wie viele andere auch, einen Ski mal selbst zu bauen. Nach und nach habe ich dann den Wunsch verspürt ein richtiges Produkt zu entwickeln. Das hab ich damals noch mit einem Kumpel zusammen angefangen und jetzt gibt es hochwertige, leichte, tiefschneeorientierte und möglichst nachhaltig produzierte Ski und Snowboards, sowie Splitboards bei mir im Angebot. Und die Modellideen gehen mir noch lange nicht aus.

Was ist denn das Besondere Eurer Ski? Kannst Du ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern?
Ja das Besondere an den Ski ist, wie schon gerade oben angesprochen, mein Ansatz möglichst hochwertig, langlebig und nachhaltig zu produzieren, daher werden alle Ski in Handarbeit in Freiburg gebaut. Von den Fahreigenschaften her leg ich viel Wert auf gute Powdereignung. So gibt es bisher ein Freetouring Modell, welches sich ziemlich surfig fahren lässt und relativ leicht, aber dennoch spritzig daher kommt. Das gibt es mittlerweile in drei Breiten und jeweils drei Längen.

Dann habe ich einen wendigen, pistenorientierten Allmountainski, der sich auch bis 20 cm Powder noch sehr gut fahren lässt. Ein ebenfalls surfig zu fahrendes Powdersnowboard, welches jetzt auch als Splitboard erhältlich ist. Und gerade ist noch ein Twintip Powderboard in der Mache. Perspektivisch entwickle ich noch an einem Freerideski, der noch eine Spur weiter gehen soll was kompromissloses Freeriden und nachhaltige Produktion angeht. Da wird der Fokus dann nicht unbedingt auf Leichtigkeit gelegt… ;-)

Ihr seid ja auch gerade umgezogen – was ist neu, was kann ich erwarten?
Ja das war ein recht umfangreiches Sommer Projekt. Endlich gibt es jetzt einen ansprechenden Showroom. Die Location an sich ist zwar nicht größer als die alte Werkstatt aber da ich einen komplett leeren Raum neu gestalten konnte fühlt es sich jetzt deutlich luftiger an. Außerdem ist die Lage exzellent! 1 Minute zum Zubringer und 4 Minuten zum Bahnhof und Parkplätze direkt vorm Laden - es ist jetzt doch wesentlich kundenfreundlicher.

Erwarten kann man, dass man sich die Ski und Snowboard direkt anschauen kann und vom Showroom direkt in die Produktion blicken kann. Wer will bekommt auch gerne eine Führung und ein bisschen Skibau Nerdwissen oder einen exzellenten Cappuccino. Wer einen Vorgeschmack bekommen möchte, sieht sich am besten unsere drei kurzen Videos an, die Julian Bell üfr uns produziert hat. Da kommt der Valhalla-Spirit wirklich gut rüber. Achja: bell-films.com! (Lacht)

Und zum Schluss noch das Wichtigste: Wie erreiche ich Euch? Und wie komme ich zu Euch?
Erreichen kann man uns am besten per Mail oder über den Onlineshop unter www.valhalla.ski. Gerne kann man auch einfach spontan in der Werkstatt vorbeischauen, da die CNC aber derzeit noch an einem anderen Ort steht, bin ich nicht unbedingt immer da. Im Winter trifft man mich natürlich auch wann immer es geht im Schwarzwald oder in der nahen Schweiz beim Tourengehen oder auch mal am Lift. Außerdem wird es noch diverse Testmöglichkeiten diesen Winter geben, ich werde zum Beispiel mal am Feldberg sein und im März mit dem FreerideTestival wieder in Österreich.

Na dann: Fröhliches Skibauen weiterhin und viel Erfolg mit dem neuen Laden! Wir freuen uns, wenn wir Dich wieder mal am Berg treffen!

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Dienstag, 09 Februar 2021 14:03

Alpinistin Caro North im Interview

Caro North hat sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht - als ehrgeizige, ambitionierte Alpinistin. Sie hat ein Palmares, das Kenner mit der Zunge schnalzen lassen. Wir haben uns mit ihr (online) zum Interview getroffen.

Hi Caro! Danke, dass du dir für uns Zeit nimmst! Wie geht’s dir denn?
Ja top, sauviel Schnee hats hier gerade (lacht).

Dann gleich los ins Interview! Ist dein Nachname denn so etwas wie die self fulfilling prophecy? Immer rauf?
Wahrscheinlich ist das so! Mit diesem Namen muss man ja fast Nordwände klettern und steile Nordhänge mit den Ski befahren… (lacht)

Wie bist du denn auf die Berge gekommen? Nur nach dem Skifahren zu fragen, erscheint mir fast zu einseitig für dich.
Tatsächlich kam das Skifahren zuerst. Ich bin in der Schweiz geboren und hab mit 3 Jahren angefangen, Ski zu fahren. Meine Eltern hatten immer schon in der Nähe von Verbier ein Haus, da ist es wohl ganz normal, dass man von klein auf auf Ski gestellt wird.

Mein Erstkontakt zu den Bergen ist also sicher auf Ski passiert. Später hab ich dann mit meinen Eltern viele Touren in den Bergen gemacht, von Hütte zu Hütte. Da mir immer die Kletterpassagen besonders Spaß gemacht haben, haben sie mich dann später in eine Klettergruppe beim Alpenverein gesteckt.

Vom Hobby zum Beruf ist es dann ja immer noch ein weiter Weg…
Ja stimmt. Ich bin dann auch Wettkämpfe geklettert, hab aber eigentlich immer schon das Abenteuer draußen gesucht. Mit 16 war ich dann auf meiner ersten Expedition. Ich habe damals in Argentinien gewohnt und mich auf zum Aconcagua gemacht. Und das hat mir voll getaugt, Expeditionen zu machen, das war für mich echt „Wow!“
Also bin ich immer weiter auf Expeditionen gegangen und mit der Zeit ist das zunehmend professioneller geworden. Und irgendwann war ich dann auch im DAV Expeditionskader, da hat sich das dann für mich sehr schnell weiterentwickelt.

Wie haben Deine Eltern denn darauf reagiert, dass du mit 16 auf eine Expedition wolltest?
Die haben mich voll unterstützt, sie mussten auch alle Formulare für mich ausfüllen, damit ich überhaupt zum Aconcagua konnte. Meine Eltern haben mir hier die Straße geebnet und den Weg eröffnet, ihnen verdanke ich, dass ich das machen konnte.

Wie siehst du deine Zeit im DAV Expedkader im Nachhinein?
Das war eine extrem coole Zeit, wir haben so viel miteinander gemacht. Ich konnte extrem viel dazulernen, vor allem im Eis und Mixed-Gelände. Ich hab vorher schon Erstbegehungen gemacht und war viel im Fels unterwegs, aber in diesen Bereichen war ich noch nicht so fit. Der Expedkader war für mich das Sprungbrett am Weg zum Profiathleten. Plötzlich gabs eine Plattform, und wir haben auch während der Zeit viele Touren zusammen gemacht.

War das der letztlich ausschlaggebende Punkt an dem du dich entschieden hast, Bergführerin werden zu wollen?
Den Traum hatte ich tatsächlich vorher schon, seit meinem Abi hab ich davon geträumt, Bergführer zu werden. Ich wurde regelrecht ausgelacht, wenn ich das erzählt habe, das konnte sich einfach niemand vorstellen in Darmstadt, was das sein soll, ein Bergführer. Mir fehlte sicher noch die Erfahrung, deshalb wollte ich vor der Ausbildung auch noch mehr Erfahrungen sammeln und mein Profi-Alpinismus-Ding durchziehen. Das lief ganz gut…

Wie war die Ausbildung für dich? Bergführerinnen sind ja immer noch relativ selten.
In der Schweiz ist die Bergführer-Ausbildung sehr selektiv, man muss immer alle Module bestehen, um weiter machen zu können. Ich hab zum Glück immer bestanden und konnte die Ausbildung sozusagen „zeitgerecht“ absolvieren. Am Anfang waren wir noch mehr Mädels, aber am Ende war ich dann in meinem Jahrgang die einzige.

Ich hatte damit nie ein Problem, ich wurde immer gleichbehandelt, sowohl von den Ausbildern als auch von den anderen in der Gruppe, das fand ich schon genial. Es macht auch Spaß und ist wirklich gut, aber wenn du eine 20-tägige Ausbildung zusammen mit 30 Männern, dann wünschst du dir schon manchmal mit einem anderen Mädel reden zu können.

Hast du denn das Gefühl, dass du als Bergführerin Entscheidungen manchmal anders triffst als deine männlichen Kollegen?
Hmmm… Hin und wieder schon, aber ich glaube, dass es vor allem eine Typsache ist, wie du Entscheidungen triffst. Es gibt männliche Bergführer, die einfühlsamer sind als andere und die besser auf ihre Gäste eingehen können als andere, aber das ist bei Frauen dasselbe, würde ich sagen.

Ich glaube aber, dass ich als Frau besser auf ganz praktische Probleme von Frauen am Berg eingehen kann. Also sowas wie mit Klettergurt und zehntausend Sachen dran pinkeln (lacht). Ich kann das halt auch verstehen, wenn eine sagt sie ist total platt, sie hat ihre Tage, da tut sich ein Mann wahrscheinlich schwerer.

Ansonsten denke ich wirklich, dass das ganz stark Typsache ist, wie man als Bergführer entscheidet. Es gibt Bergführer, die ihre Entscheidungen ganz anders fällen wie ich, es gibt aber auch welche, die sehr ähnlich entscheiden. Aber natürlich gibt’s Unterschiede, wie in jedem Beruf. Ich hab sicher nicht so viel Kraft wie ein Mann, kann das aber mit Technik wett machen. Wo ich an meine Limits komme ist aber auch klar: Ich kann niemanden führen, der 100 Kilo wiegt und riesengroß ist, aber das kann auch ein kleiner Mann nicht.

Zurück zu deinen Expeditionen. In einer Dokumentation sagte jemand über dich: „Weit weg sein und unterwegs sein ist ihr Traum, heimkommen fällt ihr dagegen manchmal schwer.“ Wie ist es dir da mit Corona gegangen?
Haha, ja. Ehrlich gesagt ist es mir ganz gut gegangen. Corona hat mich dazu gezwungen, auch mal zuhause zu bleiben und mich mit mir selbst zu beschäftigen, und mir für Dinge Zeit zu nehmen, die mich wirklich beschäftigen. In den zwei Jahren davor habe ich viele Freunde in den Bergen verloren, habe mir aber nie wirklich die Zeit dafür genommen, das zu verarbeiten. Ich bin von einer Reise zur nächsten, von einem Arbeiten zum nächsten. Deshalb hat es mir eher gutgetan, mal ruhiger machen zu müssen, mir Zeit für mich selber zu nehmen und auch meinem Körper die Zeit zum Regenerieren zu geben.

Im Endeffekt habe ich aber sehr viel in der Schweiz gemacht, da gibt es noch so viel zu entdecken, dass einem die Ideen nicht so schnell ausgehen (lacht).

Zahlreiche deiner Projekte, zum Beispiel die Antarktis-Expedition, würden viele als „extrem“ bezeichnen. Ist „extrem“ eine Eigenschaft, mit der du dich selbst beschreiben würdest?
Ich weiß nicht, extrem ist ein großes Wort, aber ich habe schon das Gefühl, dass ich in vielen Dingen anders bin als andere Leute. Ich ziehe mein Ding durch und auch mein Lebensrhythmus unterscheidet sich ziemlich von dem der meisten anderen.

Deshalb fällt mir oftmals das Zurückkommen so schwer, weil ich gefühlt total gegen den Rhythmus der Gesellschaft lebe. Alleine schon, dass ich unter der Woche frei habe und am Wochenende arbeite. Dann habe ich zwei Monate frei und bin dann wieder durchgehend wochenlang am arbeiten unter Hochdruck, während für alle anderen der normale Trott weiter geht. Ich komme dann wieder und habe so viel erlebt, aber hier ist alles immer noch ganz normal.

Manchmal ist dieses Zurückkommen dann nicht so leicht und ich fühle, dass ich ein ganz anderes Leben als die meisten führe. Vielleicht ist es schon auch ein Leben der Extreme, ich bin auch jemand, der Vollgas unterwegs ist, Vollgas am Berg ist. Du hast eine unwahrscheinlich intensive Zeit, bringst deinen Körper an seine absolute Leistungsgrenze – was ich auch total gerne mache, meinen Körper voll fordern – und dann kommt danach aber auch immer ein Tief. Weil mein Körper das zurückfordert, was er braucht.

Mein Leben ist sicher eines der Extreme, bei mir kommen komplette Hochs auf komplette Tiefs. Aber das suche ich auch, immer in der Mitte bleiben, das bin ich einfach nicht.

Auf welche deiner Leistungen bist du besonders stolz, wenn du zurückdenkst?
Das ist sicher die erste Frauenseilschaft-Begehung am Cerro Torre, damit hab ich mir auch ein bisschen meinen Namen gemacht. Auch weil ich drei Anläufe gebraucht habe. Schon im ersten Jahr war ich drei Seillängen vorm Gipfel unterwegs, musste dann aber umdrehen. Im nächsten Jahr hatten wir überhaupt keine Chance, den Cerro Torre anzugehen. Im dritten Jahr hats dann endlich geklappt.

Das ist schon ein Riesenerlebnis, wenn du so viel Zeit in eine Expedition reingesteckt hast. Das ist dann schon was, wo du denkst: „Boah, krass! Und cool, dass es dann endlich geklappt hat.“

Du hast schon so viele spannende Projekte verwirklicht. Was steht denn noch auf deiner Bucket List?
Es gibt noch extrem viel, von dem ich träume, auch in Sachen Expeditionen. Was ich jetzt gemerkt habe, dass es mich immer stärker dahinzieht, weniger zu fliegen. Ich war viele Jahre sehr viel mit dem Flugzeug unterwegs und spüre im Moment, dass ich sehr gerne mehr mit dem Segelboot machen will. Also mit dem Segelboot nach Grönland, mit dem Segelboot nach Baffin Island, und dann vom Boot aus klettern.

Mit dem Segelboot in die Antarktis war ein unglaubliches Erlebnis, man muss sich halt die Zeit dafür nehmen. Das ist ganz einfach: Wenn du nicht mit dem Flugzeug reist, musst du dir Zeit nehmen, weil alle anderen Möglichkeiten viel länger dauern. Aber ich bin dafür bereit, mich reizt das Abenteuer und ich denke, es ist wichtig zu versuchen, anders zu reisen. Ich würde auch gerne wieder in die Antarktis, da gibt es noch viel zu tun (lacht).

Was ist denn das schönste für dich am Reisen?
Die ganzen neuen Erfahrungen, die du machst. Und die Menschen, die du triffst. Für mich sind die Menschen, die ich auf meinen Reisen kennen gelernt habe und mit denen ich diese Erlebnisse teile, sehr wichtig. Das Entdecken neuer Kulturen, aber natürlich auch von neuen Bergen und Landschaften. Für mich ist es ein Zusammenspiel von neuen Kulturen, neuen Bergen und den Menschen.

Und das beste am Heimkommen?
Dass man seine Freunde wieder trifft. Das ist für mich unterwegs schon schwierig, dass man niemanden sieht. Und meine Freunde und meine Familie wiederzusehen ist schön. Das ist das, worüber ich mich am meisten freue. Ansonsten bin ich persönlich nicht auf einen Ort fixiert, wo ich mein ganzes Leben bleiben will oder muss.

Und kocht deine Mama für dich, wenn du heim kommst?
(Lacht): Ja, das was ich mir wünsche. Im Gegensatz zu früher, wo sie geschaut hat, dass ich selbstständig bin und selbst für mich kochen kann, das ist jetzt genau umgekehrt, jetzt fragt sie, was ich gerne essen würde. Ist auch schön (lacht).

Zum Schluss: Müsstest du dich entscheiden – Skifahren oder klettern?
Oh, was für eine gemeine Frage! Ich finde gut, dass ich immer den Wechsel von beidem habe. Hmmm, aber wenn ich eines gar nicht mehr machen könnte (überlegt)… oh làlà, da wär ich aber traurig…

Wie schön, ich hab was gefunden, wo du keine Entscheidung treffen kannst. Du bist kommende Woche ja schon wieder unterwegs, deswegen von unserer Seite nochmal danke, dass du dir zeit für das Interview genommen hast! Und viel Erfolg und Spaß bei deinen nächsten Abenteuern!
Gerne, hat mich sehr gefreut!

Zur Person:
Caro North
Alter: 29
Beruf: Alpinistin und Bergführerin
Homespot: La Tzoumaz/Verbier
Sponsoren: Völkl, Mammut, Julbo, Scarpa,
Karrierehighlights:
2. Winterbegehung des Walkerpfeilers an den Grandes Jorasses in einem Tag, 2019
Skiexpedition mit dem Segelboot in die Antarktis, 2018
Erstbegehungen in Alaska und British Columbia in Fels und Eis, 2018
Erstbesteigung und Befahrung mit Ski des Cerro Gallie in Patagonien, 2017
Erstbesteigung Monte Iñaki, 5300m, Kishtwar, 2016
Erste freie Frauenseilschaft auf den Cerro Torre, 2015
Onsight-Begehung von Astroman, Yosemite 2015
Bigwall-Erstbegehung in Albanien, 2010
Mitglied im ersten DAV Damen-Expeditionskader

Media: @caronorthofficial

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Die Duke PT ist das neue Flaggschiff von Markers Royal Family. Warum es diese "Hardcore Hybrid Freeride Bindung" braucht und was sie kann, hat uns Product Coordinator Max Schmid im Interview erzählt.

Servus Max! Danke, dass Du Dir Zeit für uns nimmst. Gehen wir es an: Warum braucht es die Duke PT als Ergänzung der Royal Family?
Also zuerst mal braucht es eine Duke bzw. eine tatsächlich gehfähige Freeride Bindung innerhalb der Royal Family, das waren bis jetzt unsere Duke & Baron auf Rahmenbindungs Basis.

Die Richtung bzw. Tendenz am Markt ist aber klar: Alles geht in Richtung Pinbindung. Es wurde erkannt, dass früher oder später die Duke bzw. Rahmenbindungen allgemein an Attraktivität verlieren werden und die Besonderheit der bisherigen Duke verloren geht oder nicht mehr zeitgemäß sein wird.

Daher haben wir uns entschlossen, die bekannte Duke neu aufzulegen, mit einem neuen innovativen Konzept, das Pin-Touren- und Alpin-Bindung vereint. Die Duke sollte weiterhin das Flaggschiff der Royal Family bleiben, gleichzeitig aber die neue Benchmark für Hybrid Freeride Bindungen am Markt sein und nicht zuletzt als Technologie-Ausrufezeichen für die Firma Marker als Innovationsführer im Ski-Bindungsbereich dienen.

Große Fußstapfen, in die die Duke PT da treten soll. Apropos groß: Ein paar große Namen waren ja entscheidend an der Entwicklung beteiligt, oder?
Für die Entwicklung der Duke PT haben wir mit drei Kernathleten eng zusammen gearbeitet: Sam Smoothy, Kye Petersen und Markus Eder. Es war sehr hilfreich für uns, das Feedback der Athleten in unsere Prototyp Runden mit einfließen zu lassen, um so das Produkt entstehen zu lassen, das Ihr nun vor Euch seht. Ich denke die Namen sprechen für sich und wofür die neue Duke Bindung gedacht und gemacht ist.

Passenderweise gibt Marker als Einsatzbereich „Ride & Hike Hardcore Freeride“ an. Wozu dann überhaupt eine 12er Version?
Mit der PT16 decken wir die alleranspruchsvollsten Athleten der Szene ab - und solche die sich dafür halten... ;-) Mit der Jester Ferse, die der Markt kennt und schätzt, kommen keine Zweifel an der Robustheit und am Einsatzzweck der Duke PT16 auf – sie ist die Hardcore Freeride Bindung für anspruchsvolle Fahrer.

Aber wenn wir ehrlich sind, reicht ein DIN Wert Bereich von 4 bis 12 wohl für drei Viertel aller User. Wir möchten mit der 12er den kommerzielleren Bereich abdecken und einfach das volle Potential des neu entwickelten Vorderbackens und der Bremse ausschöpfen. Ein Riesenvorteil an diesem Konzept besteht ja darin, dass wir schon bestehende Serienfersen für Duke PT 12 (Squire Ferse) und Duke PT 16 (Jester Ferse), verwenden können – beide in neuester Generation mit verbessertem Einstieg.

Alles geht in Richtung Pinbindung - wer greift denn da noch weiterhin zu den bekannten Modellen Tour oder Baron?
Wir haben uns entschlossen die Baron weiterhin im Programm zu behalten. Diese wurde für 2020-21 auch komplett erneuert mit neuem Vorderbacken und neuer Ferse, weil es nach wie vor Kunden gibt, die Fans von Rahmenbindungen sind und die Robustheit sowie Einfachheit in der Bedienung schätzen, gleiches gilt für unsere Tour F10 und F12 Rahmen-Tourenbindungen. Nicht zuletzt, da diese für Einsteiger preislich gesehen erschwinglicher sind als zB eine Kingpin und man keinen Boot mit Tec inserts benötigt.

Es wird sich zeigen, wie lange sich die Rahmenbindungen noch halten werden, das Konzept Rahmenbindung ist seit einigen Jahren auf dem absteigenden Ast, so viel ist klar. Die Verwendung der Kingpin Bindungen, wie auch der MWerks, macht natürlich nach wie vor sehr viel Sinn, es kommt letztendlich immer darauf an, was Du mit dem Setup am meisten machen wirst. Wir sehen die Kingpin als unsere abfahrtsorientierte Tourenbindung, mit starker Kraftübertragung und attraktivem Gewicht. Jemand, der 80% der Schneetage touren geht und 20 im Resort fährt, ist mit einer Kingpin besser beraten als mit der Duke.

Für die Duke gesprochen wäre es dann genau anders rum: 80% Resort / 20% Touring – nur als Beispiel. Jede aufstiegsfähige Bindung in unserer Kollektion erfüllt einen gewissen Einsatzzweck, und der Kunde wird sicher bei Marker fündig, wenn er weiß was er machen möchte - und ausgeben natürlich ;-).

Deine Top-3-Kaufargumente für die Duke PT?
Erstens: Der absolute Alleskönner: Du hast eine kompromisslose Alpinbindung, beide Auslöserichtungen sind voll einstellbar für die Abfahrt, bei einem Gewicht und einer Standhöhe, die absolut vergleichbar ist mit normalen Alpinbindungen. PLUS die Walk Funktion mit Pins für den Uphill - nicht nur der Hardcore Freerider sondern auch der Rundum Sorglos Paket Typ wird damit bestens versorgt!

Zweitens: Die Jester Ferse als robusteste Freeride Ferse auf dem Markt, für beste Performance und Kraftübertragung.

Drittens: Technischer State of the Art an Bindung - der Alpin Teil des Vorderbackens kann zum Bergaufgehen abgenommen werden, so werden 300 Gramm pro Bindungsstück (und Fuß) gespart!

Und zu guter Letzt: Die Duke PT wird am besten auf diesem/n Ski montiert:
Tendenziell auf breiteren Skiern, klassische Freerider, für 2020-21 eignen sich die neuen Völkl Blaze Ski zB hervorragend. Das Freeride Ski Segment allgemein ist so breit und beliebt geworden in den letzten Saisons, dass es viele sinnvolle Ski-Kombinationen zur Duke PT gibt, das ist ja das tolle! Man schränkt sich durch die Wahl der Duke PT überhaupt nicht ein was das Setup angeht, im Gegenteil, man hält sich immer alle Optionen offen!

Max, vielen Dank für Deine Zeit und das interessante Gespräch!

Hardfacts:
Duke PT 16
Gewicht Uphill 1050 g / downhill: 1350 g
Z-Wert 6.0 - 16.0
Empfohlenes Fahrergewicht 60+ kg
Fersenautomat Inter Pivot 3
Bremsenbreite 100 mm / 125 mm

Duke PT 12
Gewicht Uphill 850 g / downhill: 1150 g
Z-Wert 4.0 - 12.0
Empfohlenes Fahrergewicht <120kg
Fersenautomat Hollow Linkage 2
Bremsenbreite 100 mm / 125 mm



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