ISPO 2019: Highlights, Neuigkeiten, Innovationen

ISPO 2019: Highlights, Neuigkeiten, Innovationen

Von JuliaS am 18.Feb. 2019

Gearjunkies, Techfreaks, angehende Ingenieure und allgemein technisch interessierte Wintersportler erwarten gespannt jedes Jahr aufs Neue die ISPO Munich bzw. die entsprechenden News und Nachberichte. Um Euch das Neueste des Neuen und die bahnbrechenden Innovationen der Skiindustrie hautnah weitergeben zu können weilte die freeskiers.net Redaktion von 3. bis 6. Februar auf der „weltgrößten Multisegment-Messe im internationalen Sport Business“ und scheute keinen Aufwand, um wirklich alles (naja, fast alles) zu sehen: 18 Hallen, mehr als 2.500 Aussteller, ca. 80 Termine stehen zu Buche – hier kommen unsere redaktionsinternen Höhepunkte aus vier Tagen Messe!

Blizzard/Tecnica Zero G Komplettpaket
Blizzard baute in den vergangenen Jahren mit der Zero G-Linie das Freetouring-Segment konsequent aus,für 2019/20 wurde die Linie komplett überarbeitet - weniger Gewicht bei verbessertem Fahrverhalten lautete die Devise. Blizzards Zero G kommt in drei Mittelbreiten (85mm, 95mm, 105mm) und mit Carbon Drive 2.0. Hier wurde die Carboneinlage, die über dem Holzkern liegt und die Seitenwangen ummantelt, am Skiende verkürzt, damit der Ski spielerischer und fehlerverzeihender als die Vorgängermodelle zu fahren ist. Im Bindungsbereich wurden für mehr Stabilität zwei zusätzliche Carbonlagen verarbeitet.

Tecnica liefert mit dem Zero G Boot den auf das Setup abgestimmten Freetouring-Boot. Das neongelbe Spitzenmodell besticht durch dermaßen niedriges Gewicht, dass wohl der eine oder andere Kunde nach dem Kauf mehrmals den Karton kontrollieren wird, ob auch wirklich beide Schuhe drin sind. Der Ski/Walk-Mechanismus sollte unkompliziert zu bedienen sein, der 130er-Flex für ordentliche Abfahrtsperformance sorgen.

K2 Mindbender Serie
K2 bringt 2019/20 endlich wieder was neues, und wer die entsprechenden Social Media Kanäle in letzter Zeit etwas aufmerksamer beobachtet hat, weiß auch schon, wie der neue Wurf heißt: Mindbender! Die Serie beinhaltet nicht nur Freerideski bis 116mm (bzw. 115mm in der Frauenlinie) Mittelbreite, sondern auch eine ganze Linie Skischuhe. Das Topmodell mit Flex 130 überrascht durch niedriges Gewicht trotz vier Schnallen und mega Optik – zusammen mit dem Mindbender 116 mit Camouflage-Details dürfte das ein Verkaufsschlager werden. Für die Freeriderinnen gibt es ab sofort einen Boot mit 110er Flex und je nach Gusto dezent glitzernde und farblich abgestimmte Freeridelatten. Feminin aber nicht girly – nur die neonpinke Base auf den fetten Latten erfüllt zumindest das „pink it“, das den Skiherstellern so oft vorgeworfen wird.

Performancemäßig legt K2 mit der Mindbender-Serie einen Zahn zu: Y-förmige Titanal-Einlagen sind für das verhältnismäßig hohe Gewicht der Ski verantwortlich, sorgen aber auch für eine angenehm harte Abstimmung und ein knackiges Fahrgefühl. Die Mindbender-Linie dürfte ohne Frage K2s kommender großer Wurf werden.

Moonlight Carbon 120 Race
Zugegeben: Der Einsatzbereich eines 1.180 Gramm schweren aber 120mm breiten Freeride- bzw. Freetouringski ist in unseren heimatlichen Gefilden eher eingeschränkt. Ganz besonders, wenn es diese Latten bei Weitem nicht geschenkt gibt. Allerdings sind die nackten Zahlen doch beeindruckend, sodass sich dieses „Leuchtturmprojekt“ der norwegischen Skischmiede auch den diesjährigen ISPO Award verdient hat. Und auch, wenn wir die Bretter noch nicht im Gelände testen konnten: Bisher waren wir durchwegs von den Fahreigenschaften der Moonlight Ski positiv überrascht. Vermutlich wird also auch dieser Ski abseits präparierter Pisten Spaß machen.

B.A.M. Pindung
Wir gratulieren zur Marktreife! Markus „Bambam“ Steinke hat auf der ISPO 2019 die Pindung jetzt auch einsatzfähig präsentiert. Als „die Enduro-Bindung“ angepriesen vereint die Pindung die Vorteile einer Pin-Bindung im Aufstieg mit der Zuverlässigkeit einer Alpinbindung für die Abfahrt. Für den Aufstieg reichen zwei Handgriffe, damit aus dem Vorderbacken zwei Flügel mit Pins herausfahren, die den Schuh sicher fixieren. In der Abfahrt sorgt der Pivot-Hinterbacken wie bei einer klassischen Alpinbindung für sicheres Auslöseverhalten im Fall eines Sturzes.

Leicht oder filigran sind zwei Adjektive, die im Zusammenhang mit der Pindung eher nicht fallen werden, die Bindung aus dem Hause B.A.M. sieht massiv und ziemlich unzerstörbar aus. Sie wird mit Sicherheit ihre Liebhaber finden und so ihre Kundschaft aus dem Shift-Käuferkreis abziehen können.

ATK FR14
Die neuen Freetouring-Modelle der italienischen Pin-Spezialisten ATK glänzen nicht nur mit gewohnt hochwertiger Verarbeitung und ausgesprochen wertigen Materialien, sondern auch mit ihren neuen Features: Der Vorderbacken ist geschlossen, die Verschlusshärte des Verriegelungshebel ist einstellbar – je nachdem wie stark die Pin-Inserts ausgeschlagen sind bzw. nach individueller Vorliebe. Der neu entwickelte Freeride Spacer sorgt für verbesserte Kraftübertragung, da man direkt mit dem Boot draufsteht und nicht nur in den Pins hängt und für alle, die bisher keine Freunde des Stoppers am Vorderbacken waren: Der ist jetzt ebenfalls am Fersenteil angebracht. Insgesamt wiegt die ATK FR 14 gerade mal 360 durchaus auch für längere Aufstiege geeignete Gramm.

Sweet Protection Interstellar Goggle
Mit drei Goggle-Modellen wollen die Norweger den Brillenmarkt aufmischen. „Wir haben uns auf dem Markt umgesehen, aber keine Linsen gefunden, die unseren Ansprüchen gerecht wurden. Wir wollten Goggles für Norwegen bauen: Für flaches Licht und wenig Kontrast. So haben wir die Linsen dann letztendlich selbst entwickelt und herausgekommen ist die RIG-Technologie. RIG steht für Retina Illumination Grading und wirkt kontrastverstärkend. Gleichzeitig wollten wir keine Farbverschiebung sondern die natürlich Farben möglichst erhalten“, erklärt Atle Enberget, General Manager von Sweet Protection. Dazu sind die Scheiben extrem stoßfest und deutlich stärker, als man es gewohnt ist: „Verzerrungen werden dadurch minimiert, auch wenn die Haptik zuerst gewöhnungsbedürftig ist.“ Achja, für die Gearjunkies: Die Goggles entsprechen den militärischen ballistischen Standards für Brillen und sind kugelsicher. James Bond wird wohl im nächsten Ski-Abenteuer Goggles von Sweet Protection tragen…

Arva Evo5
Die einzige Neuvorstellung auf der ISPO 2019 in Sachen LVS kommt von Arva: Der französische Hersteller von Lawinen-Safety-Ausrüstung bringt mit dem Evo5 ein äußerst kompaktes und leichtes LVS auf den Markt, das dennoch sehr übersichtlich wirkt. Die Bedienung sollte dank großer Buttons bzw. Regler intuitiv und einfach sein. Wie sich das Evo5 in der Praxis bewährt, wird sich zeigen, erstmal sieht das Gerät sehr vielversprechend aus: 50m Suchstreifenbreite, Gruppencheck, Markierfunktion, automatische Rückkehr in den Sendemodus, Interferenz-Management, Display mit Hintergrundbeleuchtung und klares akkustisches Signal sollten sämtlichen Ansprüche bei der verschüttetensuche gerecht werden.

Bluebird Mountain Powder Bee
Die Powder Bee ist ein Lawinenrettungsdrohne und soll im Ernstfall die Verschüttetensuche beschleunigen: Sie verwendet das gewohnte Suchsignal eines LVS, kennt das Suchmuster und bewegt sich zehn Mal schneller als der Mensch. Die kompakte Drohne ist in wenigen Sekunden einsatzbereit und mit einem simplen Knopfdruck zu starten. Sie übernimmt die Grobsuche und landet in kurzer Distanz zum Verschütteten. Die Feinsuche obliegt weiterhin den Kameraden.

Die Grenzen der Powder Bee sind somit klar umrissen: Sie braucht ein LVS-Signal und kann „nur“ die Grobsuche unterstützen. Um ordnungsgemäße Lawinenausrüstung und das Wissen, was im Ernstfall zu tun ist, kommt man also auch mit Powder Bee nicht herum. Wenn die Drohne aber die Verschüttetensuche beschleunigt, dann ist das aus unserer Sicht eindeutig positiv zu werten.

Lawinenairbags Black Diamond Jetforce UL & ABS Cape Zip On
Airbag-Systeme werden zunehmend leichter, so auch der Jetforce UL (für Ultralight) von Black Diamond. Dank innovativer Alpride 2.0 Kartuschensystem bringt der Lawinenairbag inklusive voller Kartusche gerade einmal 1.991 Gramm auf die Waage. Die 440 Gramm schweren Argon/CO2-Kartuschen bilden zusammen mit dem 690 Gramm leichten Airbag-System ein extrem leichtgewichtiges, aber dennoch starkes Airbag-System. Mit seinen 26 Litern Fassungsvermögen ist der Rucksack auch für Tagestouren geeignet – keine Ausrede also mehr, den Lawinenairbag nicht auf Tour dabei zu haben.

ABS entwickelte den Cape Zip On gemeinsam mit Geraldine Fasnacht. Das sieht man dem neuen ABS auch an, ist der Packsack doch inspiriert von Fallschirmseide. Die wahre Innovation liegt allerdings woanders: Erstmals hat ein Lawinenairbag nicht nur eine einfache Sicherung, die vor dem Hochrutschen des Rucksacks schützt, sondern einen richtigen Klettergurt. So ist zukünftig das Tragen eines separaten Klettergurtes bei Hochtouren usw. nicht mehr notwendig.

Alles BIO oder was?
Nichts neues, trotzdem in diesem Jahr so deutlich erkennbar wie selten zuvor: kein Hersteller machts mehr ohne bio, eco, öko oder sonst einen ökologisches Bewusstsein vermittelnden Zusatz. Bei einigen echtes Engagement, bei anderen Marketingstrategie ist der Ökotrend nicht wegzudiskutieren. Textilhersteller, Hardware, Accessoires – überall sind Produkte zu haben, die auf das Umweltbewusstsein der Konsumenten abzielen.

Auch Skiwax-Produzenten wie Holmenkol setzen auf biologisch verträgliche Produkte. Die Natural Skiwax Serie verbindet einfache, unkomplizierte Anwendung mit ökologischer Herangehensweise: Die Produkte sind nach OECD 301 biologisch abbaubar. Die Produktionsstätte nahe Münster/Nordrhein Westfalen stellt kurze Lieferwege sicher und verwendet nach Möglichkeit Ökostrom und Energie aus der hauseigenen Photovoltaikanlage. Die Verpackungen können entweder über den gelben Sack entsorgt werden oder aber zum lokalen Sporthändler zurückgebracht werden – von dort gehen sie zurück in die Produktionsstätte und werden wiederverwendet.

Sogar Kunstfaser-Experten wie Primaloft setzen auf bio: Erste Launchpartner wie Houdini, Norrona oder Vaude präsentierten auf der ISPO Munich 2019 Concept Styles aus Primaloft Bio. Die Fasern bestehen vollständig aus Recyclingfasern, die unter bestimmten Umweltbedingungen, wie sie auf Mülldeponien oder in Meerwasser herrschen, von dort natürlich vorkommenden Mikroben zersetzt werden. Das bedeutet nicht, dass Primaloft Bio auf den Kompost darf, sorgt aber dafür, dass nach dem Zersetzungsprozess nur mehr Wasser, CO2, Methan und Biomasse zurückbleiben.

Einen ISPO-Award räumte auch der kleine bayerische Schlafsack-Hersteller Grüezi Bag aus Bad Feilnach ab mit dem zu 100% aus natürlichen Materialien hergestellten Biopod DownWool Nature. „Ich wollte einfach einen Schlafsack entwickeln, in dem ich mich selbst wohl fühle“, erklärte uns Gründer Markus Wiesböck. „Und bei dem alles bis auf den letzten Knopf aus natürlichen Materialien besteht, weil man darin einfach besser schläft.“

Neue Logos braucht das Land!
Der Tiroler Traditions-Handschuhhersteller Zanier hat sich zum 50jährigen Firmenjubiläum ein neues, cleanes und modernes Logo spendiert. „Ziel ist es natürlich, dass in Zukunft die Berge ohne den Zanier-Schriftzug genügen, um auf die Marke aufmerksam zu machen – auch wenn es wahrscheinlich bis dahin noch etwas dauern wird…“, gibt Nadine Mauthner, Marketing bei Zanier, zu Protokoll. Zukunftsorientiert auch der Ansatz der Klimneutralität: „Wir wollen klimaneutrale Produkte anbieten, um unsere Verantwortung für die Zukunft des Alpenraumes zu übernehmen. Das können wir dank unserer Partnerschaft mit Climate Partner, dem führenden Lösungsanbieter für Klimaschutz in Unternehmen.“ Zusätzlich wird die vollständig recycelbare Membran Sympatex die Eigenmembran ZA Tex ersetzen. Dass die Innsbrucker wissen, wie man den perfekten Handschuh fertigt, brauchen wir ja nicht mehr erwähnen oder?

Den Logo-Vogel abgeschossen hat allerdings Spyder. Ja, Spyder. Was Spyder mit Freeride am Hut hat? Seit neuestem einiges. Alleine das Spyder-Freeski-Team liest sich wie ein Who-Is-Who der Szene: Chris Davenport, Bobby Brown, Julian Carr und Amie Engerbretson neben einigen weiteren. Und weil die Freeride-Community ebenfalls die Nase rümpfte und als Kommentar meinte: „Spyder? Das könnten wir nur tragen, wenn das Logo abgeklebt wäre!“ hat Spyder genau das gemacht: Auf den Freeride-Klamotten (die es übrigens für Damen und Herren gibt und die selbstverständlich funktionell alle Stückerln spielen) ist das Spyder-Logo wie mit Ducttape abgeklebt. Kann sich nicht jeder leisten, ist als Statement aber definitiv eine Marke.

Die Farbe der Saison: Grün!
Ohne Olivgrün, Jagdgrün, Moosgrün, Waldgrün, Camouflagegrün, Tannengrün, Braungrün und allen anderen Grüntönen geht im Winter 2019/20 gar nichts. Wir haben keinen Hersteller gesichtet, der auf diese Farbpalette verzichtet hat. Von Sweet Protection (das Olivgrün passt vom Ansatz her ganz gut zu den ballistischen Goggles…) über Marmot (Kombination unterschiedlicher Grüntöne inklusive Teddyfleece) und Maloja (hier eher Tannengrün) bis hin zu Picture Organic Clothing (gerne auch in Camouflage-Muster) – überall hat es nach Wald ausgesehen.

Freeskiers.net Award - der schönste Messestand
Zu guter Letzt: Der redaktionsinterne Preis für den schönsten Messestand geht mit großem Abstand an Picture Organic Clothing! Das französische Brand präsentiert seine große Kollektion in einem liebevoll und gemütlich gestalteten Ambiente mit Holzwänden, Skihüttenatmosphäre, künstlichem Schnee und kleinen Tannenbäumen. Die Musik ist cool und nicht zu laut, man fühlt sich wie in der gemütlichen Stammkneipe um die Ecke. Und hat auch als Messebesucher stets das Gefühl, zu Gast bei Freunden zu sein, die das was sie tun wirklich lieben.

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