Kurztest Teil 2 - G3 ONYX Bindung

Von christian fink am 27.Apr. 2010

Mit der ONYX schlägt G3 eine Brücke zwischen aufstiegsorientierten Bindungen nach dem Dynafit TECH-Konzept und Abfahrtsperformance. Wir haben die Bindung zwei Monate auf Herz und Nieren im rauen Freeride-Alltag getestet.


Test - G3 ONYX Bindung – Teil 2

Review

Zweiter Teil des freeskiers.net Praxistests der G3 ONYX Bindung

Autor: Knut Pohl Date: 25. April 2010
Nach anfänglichen Spielereien wurde es schnell ernst für die G3 Onyx und ich habe sie im Alltag eines Freeriders auf Herz und Nieren geprüft und sie vom rauen Einsatz nicht verschont. Nachdem ich die Bindung in Teil 1 unseres Testes vorgestellt hatte, hat sie mich über rund 3 Monate beim Variantenfahren, in technischem Gelände, aber auch bei kleineren Aufstiegen und vollwertigen Skitouren begleitet und musste dabei mehrere tausend Höhenmeter Aufstieg und ein Vielfaches davon in der Abfahrt absolvieren. Dank der Wechselfunktion durch die auch separat erhältlichen Grundplatten wurde die Bindung je nach Bedingung und Anforderungen auf einem klassischen Vertreter der Allmountain-Ski, einem Völkl Mantra, sowie auf einer reinrassigen Freeride Latte, einem Katana, gefahren. Die Wechselfunktion ist ein sehr nützliches und Kosten sparendes Feature, will man die Bindung auf mehr als einem Ski einsetzen, doch ist sie nichts für Kurzentschlossene. Wer die Skiwahl erst am Bergbahnparkplatz treffen möchte, wird das Rennen um Firstlines wohl oder übel verlieren, braucht man doch auch mit etwas Routine gut 20 Minuten für den Wechsel des Gleitgerätes unter der Bindung.

Demontage und Montage gehen zwingend mit einer erneuten Einstellung von Z-Wert und Sohlenlänge einher und brauchen ein paar Handgriffe sowie entsprechendes Werkzeug. Zuviel des Morgens auf dem Parkplatz, aber problemlos abends im Skikeller erledigt. Die ebenfalls mögliche Verschiebung der Bindungsposition um 15mm spielt in der Praxis keine Rolle und ist nur dann nützlich, wenn Schuhe mit unterschiedlichen Sohlenlängen genutzt werden.

Steht man nun oben am Berg und will die Bretter anschnallen, so wird der Unterschied zu normalen Alpinbindungen sowie klassischen Touren- oder Freeridebindungen mit Rahmenkonstruktion klar. Einfach reinhüpfen und los ist nicht. Man muss den vorderen Bindungsbacken durch Druck mit dem Skistock auf den Hebel öffnen und die Pins der Bindung in die Inserts der Schuhsohle manövrieren. Wenn man einmal gelernt hat, wie das am besten geht –von hinten, nicht von oben- ist es allerdings kein Problem und der Unterschied zu den Komfortbindungen ist minimal.

Durch die Fixierung des Skis mit der Stockspitze und den Skistoppern ist auch der Einstieg in heiklem Gelände keinerlei Problem und sicher kein Nachteil gegenüber anderen Konstruktionen. Der Ausstieg gestaltet sich ähnlich. Einfach den Hebel herunterdrücken, die Zehenspitze anheben und den Fuss nach vorne heraus schwingen. Mit ein wenig Eingewöhnung geht das flüssig und ein anfängliches Abschütteln der Ski wird unnötig. Einzig wenn fester Schnee sich unter den Hebel des Vorderbackens geschoben hat, muss man diesen manchmal durch Aneinanderschlagen der Ski losklopfen, bevor man wieder Fussgänger werden kann.

Doch in der Regel will man das erst an der Apres-Bar und vorher gilt es, die Firstlines zu geniessen, die da kommen. Und in diesem Job ist die Onyx wirklich zuhause. Auch wenn es mal keine Firstlines gibt und nur noch Zerhacktes übrig blieb. Oder sonst harte Verhältnisse herrschen. Egal wo, die Kraftübertragung ist satt und direkt und die Steuerimpulse werden kommentarlos umgesetzt.

Auch beim Auslöseverhalten zeigt sich die Onyx von ihrer Besten Seite

Im gesamten Testzeitraum löste sie überhaupt nur dreimal aus. Trotz „nur“ tabellarischem Z-Wert jedes Mal zu Recht. Hier merkt man, dass dem Auslöseverhalten bei der Entwicklung das Hauptaugenmerk galt. Der grundsätzliche Drang des Vorderbackens, geschlossen zu sein sowie die ausgeprägte Rückstellung nach leichten Bewegungen aus der Mitte scheinen Fehlauslösungen sehr effektiv zu verhindern. Und wer trotzdem mehr möchte, kann immer noch den Vorderbacken verriegeln und eine Auslösung komplett blockieren.

Notfalls muss man bei Auslösung des Hinterbackens dann einen Schwung im Telemark-Stil fahren, bis man die Ferse wieder herunter drücken und in die Bindung einrasten kann. Löst die Bindung dann trotzdem aus, kann es allerdings sein, dass man Tief in der Gülle sitzt. Denn das Gerät, das dazu dienen soll, den Ski in Reichweite zu behalten, tut dieses leider nicht zuverlässig. Die Rede ist von der Skibremse. Die Feder, welche die Bremse ausklappen soll, ist leider stark unterdimensioniert und zu schwach auf der Brust um ihren Job, gerade bei breiten Ski zu verrichten. Auch klappt sie nur mässig an und steht evtl. deutlich über.

Die gute Nachricht ist, dass G3 hier Besserung versprochen hat und eine überarbeitete Skibremse heraus bringt, ab nächster Saison sogar bis 130mm Breite. Solange sollte man zumindest zusätzlich die mitgelieferten Fangriemen montieren, wenn man breite Ski benutzt.

Sind die liftnahen Hänge zerhackt und man möchte sich weiter Entferntem zuwenden, ist dies kein Problem –vorausgesetzt natürlich, man hat die Felle eingepackt. Ganz einfach lässt sich die Bindung in den Tour-Modus umstellen. Einfach den Hebel am Hinterbacken, am besten mit dem Stockgriff, herunterdrücken, den Vorderbacken blockieren und los geht’s. Da der Schuh dazu nicht aus der Bindung genommen werden muss auch sehr nützlich, wenn man den elendig langen Talboden hinausqueren muss oder mit Fellen eine kurze Zwischenabfahrt einlegt.

Im Aufstieg, auch auf langen Touren merkt man der Bindung ihre Herkunft an. Das Dynafit-TECH Konzept, dass ganz ohne bewegliche Teile an der Bindung auskommt, so dass ausser den Schuhen kein weiteres Gewicht an der Sohle zerrt, ist im Aufstiegskomfort nicht zuletzt auch dank des günstigen Drehpunktes direkt an den Zehen wohl unerreicht. Die zweistufige Steighilfe lässt sich dabei nach kurzer Eingewöhnung schnell und zuverlässig mit Stockspitze oder Teller bedienen.

Hat man denn einmal herausgefunden, welchen Wechsel man wie am besten macht, geht es flott von der Hand auch wenn hier die Komfortbindungen weiterhin die Nase vorn haben. Mancher würde sich eine dritte Stufe wünschen, doch nötig ist sie nicht. Berichte, dass die erste Stufe der Steighilfe durch Aneinanderschlagen der Ski abfallen könnte, haben sich in der Praxis nicht bestätigt, auch wenn wir den Vorfall im Versuch rekonstruieren konnten.

Das Problem scheint mit breiten Ski weniger akut, und ab nächster Saison wird die Steighilfe verschraubt sein und nicht nur aufgesteckt. Auch die erhältlichen Harscheisen lassen sich schnell und einfach montieren und wieder abnehmen. Mit Übung und gutem Gleichgewichtssinn auch mit dem Schuh in der Bindung. Da sie konstruktionsbedingt nicht mit dem Schuh angehoben werden sondern sich passiv aus dem Schnee drücken, erzeugen sie einen gewissen Widerstand. Hier könnte man vielleicht von innovativeren Lösungen träumen, aber es funktioniert auch so.

Zusammenfassend kann man sagen, dass G3 mit der Onyx ein wirklich guter Wurf einer etwas anderen Freeride-Bindung gelungen ist, denn wer in ihr nur eine im Vergleich zur Konkurrenz schwerere Tourenbindung sieht, verkauft sie gewaltig unter Wert. Das Abfahrts- und Auslöseverhalten der Bindung ist hervorragend und macht sie zu einer echten Alternative zu den Freeride-Bindungsklötzen mit Aufstiegsfunktion. Einziger Wehrmutstropfen bleibt die Skibremse.

In einem früheren Test habe ich mir mal eine Bindung mit den Aufstiegseigenschaften einer Naxo, der Steighilfe einer Fritschi und der Stabilität einer Duke gewünscht. Die G3 Onyx ist in meinen Augen jedenfalls ein guter Schritt in diese Richtung.

Photos: Christa Mosimann, Marius Schwager und Knut Pohl
Additional Information
www.g3onyx.com
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