Buchrezension: 3x3 Lawinen von Werner Munter

Von Dennis Forte am 30.Jan. 2009

Seit wenigen Wochen ist Werner Munters „3x3 Lawinen, Risikomanagement im Wintersport“ in der vierten Auflage erhältlich. Grund genug, einen Blick auf sein Werk zu werfen.


Buchrezension: 3x3 Lawinen von Werner Munter

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Das Standartwerk in der vierten Auflage

Autor: Christoph Nägele Date: 27. Januar 2009 Seit wenigen Wochen ist Werner Munters „3x3 Lawinen, Risikomanagement im Wintersport“ in der vierten Auflage erhältlich. Grund genug, einen Blick auf sein Werk zu werfen.
Der Autor
Werner Munter ist gebürtiger Schweizer, Jahrgang 1941. Der Schweiz ist er bis heute treu geblieben. Im Laufe seines Lebens wirkte er nicht nur in verschiedenen Schweizer Verbänden und Gremien, beispielsweise dem Schweizer Bergführerverband oder dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos, sondern auch in der internationalen UIAA-Sicherheitskommission. Aufgrund seiner Tätigkeit als Bergführer und Ausbilder seit 1971 kann er auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der seine Forschungsergebnisse entscheidend geprägt hat. Der Mann weiß also, wovon er spricht!

3x3 Lawinen
Das vorliegende Werk befasst sich in der nunmehr vierten Auflage mit dem Thema "Risikomanagement im Wintersport". Den angesprochenen Risikosportarten ist die Gefahr eines Lawinenunglücks gemeinsam, welche aber anhand Werner Munters Methode vermieden werden können. Dabei wendet er sich ausdrücklich gegen das überkommene Sicherheitsdenken und gibt dieses zugunsten eines bewussten Umgangs mit Risiken auf.

Der Inhalt
Neben der Vermittlung einer Methode zum Umgang mit Lawinenrisiken vermittelt das Buch in 18 meist kürzeren Kapiteln einen umfangreichen Wissenshintergrund, mit dessen Hilfe jeder Leser selbst entscheiden können sollte, welche Risiken er bereit ist einzugehen. Nach historischen Einleitungskapiteln und der Erklärung einiger nivologischer (d.h. schneewissenschaftlicher) Grundlagen wird der Leser in die Zusammenhänge aus Geländeformen, Wetter und deren Auswirkungen auf die Schneedecke eingeführt.

Den Kern des Werkes bilden die Kapitel neun ("Abschied vom repräsentativen Schneeprofi"“) und zehn ("Strategische Lawinenkunde"), in welchen Werner Munter seine Formel "3x3" und die Reduktionsmethode entwickelt. Mehrere Einheiten zur konkreten Umsetzung der Methode im Gelände, sowie ein spezielles Kapitel zu den rechtlichen Aspekten eines Lawinenunfalls runden das Werk ab.

Kritik
Werner Munters Buch wird weithin als „Standardwerk“ für Risikomanagement hinsichtlich Lawinen bezeichnet. Dies ist letztlich darauf zurückzuführen, dass Munter als der Erfinder der Reduktionsmethode bezeichnet werden kann. Oft hört man Sätze wie, "Wenn du Skitouren gehst, musst du den Munter lesen". Doch haben diese Ratschläge auch ihre Berechtigung?

In der Tat fühlt man sich beim Durchlesen des Buches in guten Händen. Das immerhin knapp 230 Seiten starke Werk liest sich sehr schnell. Auch schwierige Sachverhalte werden in verständlicher Sprache behandelt. Fremdwörter und Fachausdrücke werden an den richtigen Stellen verwendet und finden sich in einer erklärenden Übersicht wieder. Der Text ist in zwei Spalten pro Seite aufgeteilt. Dies scheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, macht aber aufgrund der vielen Bilder und Schaubilder Sinn.

Trotzdem lässt sich nicht vermeiden, dass sich manchmal Text und Bild auf unterschiedlichen Seiten finden. Manche Schaubilder erschließen sich erst auf den zweiten Blick bzw. nach dem Lesen der Begleittexte. Auch der inflationäre Umgang mit Zitaten scheint manchmal etwas übertrieben. Überhaupt versucht Munter den Spagat zwischen Lehrbuch, wissenschaftlicher und teils journalistischer Arbeit zu schaffen. Das gelingt nicht immer – tut dem Inhalt allerdings keinen Abbruch. Neben basalen Informationen, die selbst dem Einsteiger ein schnelles Erfassen der Materie ermöglichen, finden sich weiterführende Informationen für „Profis“.

Allerdings wäre für zukünftige Auflagen wünschenswert, das Buch etwas zu entschlacken: Zwar brennen sich elementare Aussagen bei der mehrmaligen Wiederholung gut ein, ermüden andererseits aber den erfahrenen Leser. Auch die Einarbeitung des umfangreichen, dennoch etwas wahllosen Anhangs in die vorherigen Kapitel wäre möglich.

Das Kapitel über Eislawinen, welche nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der vermittelten Methode stehen, macht einen verlorenen Eindruck. Ebenso ist das Kapitel zum Thema Recht und Lawinen aufgrund des speziellen Zuschnitts auf den Schweizer Rechtsraum für die Leser der übrigen Alpenregionen kaum von Interesse. Zudem scheint dieses Kapitel inkonsequent: Zwar liegt dem Leser ein umfängliches Buch zum Thema Risikomanagement vor, welches neben den naturgegebenen Faktoren – im Gegensatz zum hergebrachten Sicherheitsdenken – erstmals auch und vor allem den Menschen ins Blickfeld rückt. Dabei ist Thema des Werkes aber gerade die Prävention eines Lawinenunglücks.

Themen wie "Was tun, wenn man in eine Lawine gerät" werden konsequent ebenso wenig behandelt, wie sich keine Hinweise zur Ausrüstung im Gelände finden. Kern ist eben die Vermittlung der Reduktionsmethode. Insofern ist das Kapitel zum Recht, welches erst nach einem Lawinenunfall relevant wird, überflüssig und sollte schon aufgrund der umfangreichen Materie speziellen Publikationen überlassen werden. Stattdessen könnte ein Kapitel über die verschiedenen Ausprägungen der Reduktionsmethode, welche es mittlerweile gibt, eingefügt werden.

Bei aller Kritik muss betont werden, dass man dem Autor sein Engagement in jedem Satz anmerkt. In den Kapiteln zur Entwicklung der Lawinenforschung – welche dem Verständnis der Reduktionsmethode ungemein nützen – durchleidet man förmlich mit dem Autor den steinigen Weg vom Sicherheitsdenken zum Risikomanagement. Dabei entmündigt Munter seinen Leser nie, sondern belässt ihm die Entscheidung, welche Risiken er bereit ist einzugehen. Darin liegt dann wohl auch die einzige Schwäche der Reduktionsmethode: ihre Anwender.

Fazit
"Der Munter" bleibt weiterhin das Standardwerk zum Risikomanagement im Wintersport. Es deckt sämtliche Facetten der Unglücksprävention ab. Werner Munter bringt dem Leser die Reduktionsmethode, welche sich aus „logischen, statistischen, probabilistischen, kybernetischen, strategischen, kognitiven und psychologischen Elementen zusammensetzt“ (S. 117), immer lebendig und gut verständlich näher und nimmt ihn dabei in die Verantwortung. Nur allzu oft verlässt man sich auf die Technik und betrachtet die Rettungsmöglichkeit mit dem LVS als "Ausweg". Dabei kann auch mit dem LVS durchschnittlich nur einer von drei Verschütteten lebend gerettet werden!

Obwohl das Werk für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen relevant ist, empfiehlt es sich vornehmlich zur Vertiefung bereits gewonnener Erkenntnisse. Der Besuch eines "Lawinencamps", z.B. bei SAAC ergänzt dieses Werk ideal. Für den ersten Zugang wäre etwa der "Powderguide" von Tobi Kurzeder (u.a.) besser, da es neben der Prävention eines Unglücks auch Hinweise zur Ausrüstung gibt und Maßnahmen für den Fall der Fälle aufzeigt.


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