Signal de La Grave

Von Julia Schwarzmayr am 21.Nov. 2016

Als Doug Coombs Ende der 90er Jahre zum ersten Mal nach La Grave kam wusste er sein Paradies gefunden zu haben. Aus seiner Heimat Jackson Hole verbannt für Offpiste-Skiing, fand er hier genau das was er suchte und viel mehr. Komplette Freiheit, Powder Hänge, steile Couloirs im Überfluss und keine Verbotsschilder. Uns das beste: All das erschlossen mit einem einfachen Gondelbahn-Ritt.

Wie Doug werden jedes Jahr Extremskifahrer und Powder Liebhaber in den Bann der 3984 m hohen La Meije gezogen, deren schroffe Gipfel das kleine, ursprüngliche Dorf La Grave überschatten. Diejenigen unter Euch, die die Reise nach La Grave schon mal angetreten haben, werden den Eindruck kennen, den die überwältigende Landschaft hinterlässt, den Moment der Realisierung beim Anblick der Hänge "Wo in Gottes Namen soll ich denn hier runter fahren". Es sind Dimensionen, die es so oft auf dieser Welt einfach nicht gibt, geschweige denn mit einer einfachen Gondelfahrt zugänglich sind.

La Grave ist klein und doch so gross. Das 500 Einwohner zählende Dörfchen in den Südfranzösischen Alpen am Rand des Ecrins Nationalpark braucht sich hinter grossen Namen wie Chamonix und Zermatt nicht verstecken, zumindest nicht was die sportlichen Herausforderungen und die Dimensionen des Terrains angeht.

Hier kommt man nicht her um kosmopolitisches Flair, Sternehotels, moderne Anlagen oder sonstigen Luxus der grossen Resorts zu geniessen. Pelztragende Männer aus Asien und Gucci Brillen tragende Damen aus Russland sucht man hier vergebens. La Grave steht für Purheit der Berge, Ungezähmtheit des Geländes und Skifahren in extremem Gelände. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Tatsache, dass dieses kleine Dorf Weltrum genießt verdankt es vor allem einem Mann: Dennis Creissel.

Monsieur Creissel, seines Zeichens Ingenieur, kam in den 1970er Jahren auf die Idee, eine kühne Gondelbahn über zwei Sektionen vom 1450 m hohen La Grave auf den Felsvorsprung Les Ruillans auf 3200 m zu bauen. Viel mehr kam auch seitdem nicht mehr dazu. Und genau das ist es, was Skifahren in La Grave so einzigartig macht: keine Skiautobahnen, markierte Pisten, Kunstschnee oder Schilder, die den Weg zur nächsten Hipster Schneebar zeigen. Es ist Pur. Die Gondelbahn setzt dich inmitten eines gigantischen Backcountry Terrains ab und plötzlich merkst du - das hier ist echt.

Von endlosen, unberührten Powder Hängen über super steile Colouirs bis zu ausgesetzten Flanken mit obligatorischen Abseilstellen ist hier alles dabei. Nur eins nicht: kontrolliertes Ski Terrain. Die Einheimischen bringen's auf den Punkt: Man kann den Berg den Menschen anpassen doch in La Grave passt sich der Mensch dem Berg an.
Die Gondel bringt nur 400 Leute pro Stunde auf den Berg was auch Tage, manchmal Wochen nach dem letzten Dump noch einen Powder Rausch garantiert... etwas „Local Knowledge" oder Kontakte zu den Locals vorausgesetzt.

Szenenwechsel.
Die Wildheit, Ungezähmtheit, das Echte das La Grave, seine Gäste und seine Bewohner ausmacht, könnte bald der Vergangenheit angehören. Die Betreiberrechte für die Gondel, die aktuell noch in Creissels Hand liegen, laufen 2017 aus. Die Gemeinde La Grave hat 2016 eine öffentliche Ausschreibung ins Leben gerufen. Interessierte konnten bis zum 28. Oktober ihre Vorschläge für das Betreiben der Gondel und des Skigebiets einreichen. In den kommenden Wochen wird entschieden welche dieser Vorschläge in die engere Auswahl kommen.

Obwohl die Liste der Interessierten unter Verschluss und Diskretion gehalten werden, geht man davon aus, dass unter den Bietern auch große kommerzielle Konzerne wie die Compagnie des Alpes (CDA) sind. CDA zum Beispiel betreibt das benachbarte Les Deux Alpes, alleine schon ein gigantischer Liftverbund aus über 50 Liften und 220 Pistenkilometern. Es wird befürchtet, dass ein Zuschlag an CDA zu einem Zusammenschluss von La Grave und Les Deux Alpes führen könnte, vielleicht sogar die Einbindung in eine der dann weltweit größten Skischaukeln durch Integration von Alpe d'Huez. Was das für das Skifahren, für die Community und den Charakter von La Grave bedeutet würde, dürfte allen Lesern bewusst sein.

Einen Lichtblick bietet eine Privatinitiative unter der Führung des Belgiers Joost VanZundert. Joost lebt seit Jahren in La Grave und hat die Geschichte des Dorfes hautnah miterlebt. In ihm schlägt das Herz eines Puristen, der es sich zum Ziel gesetzt hat, einer Ausbeutung und Kommerzialisierung La Grave's entgegenzuwirken.

Sein Vorschlag sieht eine nachhaltige Entwicklung des Dorfes vor und keine weitere Erschließung des Skigebietes. Seine Non-Profit-Organisation „Signal de la Grave" hat es sich zunächst zur Aufgabe gemacht die öffentliche Aufmerksamkeit zu schärfen, den Support der Community zu demonstrieren und die fragile einheimische Gemeinde zu fördern. Eine Crowdfunding Kampagne auf indiegogo.com wurde ins Leben gerufen, deren Einnahmen zu Teilen direkt in die lokale Wirtschaft eingebracht werden und zu Teilen dazu genutzt werden, das Start-up für die Betreiberfirma der Gondel zu finanzieren. Sollte die Kommune sich dazu entschliessen, Joost's Vorschlag weiter zu verfolgen... Die €5 Millionen, die für Modernisierungsarbeiten an Gondelbahn, Restaurants und sonstiger Infrastruktur erforderlich wären, sollen anschließend von einer Reihe privater Investoren kommen.

Die Konkurrenz ist hart. Es ist irgendwie das Gefühl von David gegen Goliath, von nachhaltiger Entwicklung und Powder Skiing gegen Ausbeutung, Kommerzialisierung und Carven auf gezähmten Skiautobahnen. Hoffen wir, dass die Kommune eine kommerzielle Optimierung in den Hintergrund stellt und dem Vorschlag von Joost eine Chance gibt.

Wenn ihr die Initiative „Signal de La Grave" unterstützen möchtet, dann könnt ihr das auf der Crowdfunding Website tun. Und thank you for spreading the word!

https://www.indiegogo.com/projects/signal-de-la-grave-environment#/

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