Knowledge: Travel-Tipps für Freerider

Von Bernhard Scholz am 8.Nov. 2011

Es waren einmal zwei kleine Freeriderlein die oft zum Skifahren in mystische Winterwonderländer flogen. Dort gibts viel zu erleben, viele tolle Abfahrten, Unmengen Schnee, nette Menschen und gutes Essen. Liebe Kinder gebt fein acht, wir haben Euch ein lehrreiches Interview mitgebracht.

fs.net: Hallo Lea (Hartl), Hallo Georg (Rathfelder). Ihr zwei wart die letzten Jahre oft und lange an entlegenen Orten Skifahren. Da habt Ihr sicher einige Reiseerfahrung gesammelt. Könnt Ihr unseren Lesern bitte ein paar Tipps & Tricks verraten, wie sie eine solche Reise angehen sollten.

Lea: Ja klar, am besten wir sagen dann erstmal was zur Vorbereitung und der Anreise mit dem Flieger.

Georg: Das Packen ist schon gar nicht so einfach, irgendwie packt man immer viel zu viel ein. Das Beste ist, man packt dann wieder aus, sortiert Vieles aus und packt dann neu. Wiegen ist wichtig, damit man kein Übergepäck bezahlen muss. Das geht auch auf einer Personenwaage.

Lea: Es ist eigentlich unglaublich wie wenig man wirklich braucht, wenn man unterwegs ist. Man nimmt besser mehr Geld mit als irgendwelche Pullover. Am besten erkundigt man sich vorher was im jeweiligen Land akzeptiert wird, Traveler Schecks oder Kreditkarten, kommt ganz drauf an. Kreditkarten sind unheimlich praktisch, vor allem wenn man in mehrere Länder reist, spart man sich ein Währungschaos.

Georg: Spezialausrüstung, also Ski, Stöcke usw., muss man aber natürlich mitnehmen. Vielleicht auch etwas, um diese notfalls zu reparieren. Dafür sollte man allerdings auch wissen wie man es repariert. Mein LVS packe ich immer ins Handgepäck, ohne Batterien. Da kann es nicht so leicht kaputt gehen. Wer einmal gesehen hat, wie die Jungs bei der Gepäckverladung zur Sache gehen, packt alles doppelt gepolstert ein. Schaufel und Lawinensonde haben im Handgepäck aber nichts verloren, es sei denn man plant eine umgehende Neuanschaffung.

fs.net: Bei uns sind mal zwei Flaschen bester Schnaps aus Ecuador im Koffer kaputt gegangen. Sehr lecker am Gepäckband und in der Zollkontrolle. 0k, also das Gepäck aufs Minimum beschränken, am Besten man erkundigt sich bei der Fluglinie wie viel man mitnehmen darf. Wie nimmt man Ski und Stöcke mit?

Lea: Ganz einfach in einem großen Skisack mit Rollen. Da passt dann auch noch mehr Zeug rein, Fleecepullover etwa oder eine Skihose, Steigeisen und der Eispickel. Es darf aber auch nicht zu viel werden, sonst platzt das Ding irgendwo und man bekommt ein Bündel kaputtes Zeug im Plastiksack ausgehändigt, oder die Tragegurte reißen ab.

Ganz wichtig ist auch, dass man insgesamt nur so viel mitnimmt, wie man alleine gut über einige Kilometer tragen kann. Skigepäck kostet manchmal extra, wird aber oft nicht gewogen. Hier kann man dann die schweren Sachen noch mit rein packen.

Georg: Die Rollen am Skisack sind wichtig. Wenn man nämlich seinen Koffer mit einem Kofferband auf den Skisack schnallt, hat man gleich alles beisammen. Außerdem sammelt man damit enorm viele (gefühlte) Proskier Punkte am Flughafen. Als Handgepäck ist der Rucksack, mit dem man auch Skifahren geht gut geeignet. Seine Koffer sollte man übrigens öfter mal auf Löcher etc. überprüfen und gegebenenfalls reparieren, das kommt durchaus mal vor.

Um Gewicht zu sparen nimmt man einen leichten Seesack statt eines schweren Hartschalenkoffers. Pass, Geld und sonstige Papiere habe ich immer in einem kleinen Brustbeutel unter dem T-Shirt aufbewahrt. Sowieso ist es besser sein Geld auf mehrere Taschen zu verteilen, dann ist im Fall eines Überfalls unter Umständen nicht gleich alles weg. So bescheuert es klingt: Wenn man einen Geldbeutel für Überfälle vorbereitet und darin glaubhaft auch einige Geldscheine sowie irgendwelche Papiere und ungültige Kreditkarten aufbewahrt, hat man gute Chancen, dass man relativ ungeschoren davon kommt.

fs.net: Klar ist, bei einem Überfall sollte man natürlich nicht den Helden spielen, sonst fliegt man in ner Holzkiste heim.

Lea: Genau. Apropos Sicherheit: So ein Skibag eignet sich übrigens auch gut, um mal eine Nacht darauf an einer Bushaltestelle zu schlafen. Man sollte das aber nur im Notfall und nur dort machen wo andere Menschen sind, nicht irgendwo unter Büschen im Park. Sonst wird man womöglich für einen Penner gehalten und hat dann eine überdachte und gekachelte Unterkunft mit Mindestaufenthaltsdauer.

Georg: Die meisten Menschen, die man trifft, sind sehr nett, freundlich und entgegenkommend. Aber man darf nie zu naiv sein. Es gibt auch Viele die einen übers Ohr hauen wollen. Ist man als Tourist aber freundlich, nett und zuvorkommend, trifft man in der Regel auf gastfreundliche Einheimische. Je weiter weg man von den großen Zentren ist, desto netter sind die Menschen.

Auffällig ist immer, wenn jemand übertrieben freundlich ist, etwa beim Aussteigen aus dem Bus hilft, angebliche Vogelkacke von der Jacke wischen will, oder sich gleich mehrere Gestalten „aus Freundlichkeit“ um das Gepäck und ein Taxi speziell für den Gringo kümmern wollen. Immer wenn man irgendwie das Gefühl hat, bedrängt zu werden, sollten die Alarmglocken schrillen.

Lea: Etwas Misstrauen darf man schon haben, manchmal muss man aber halt auch einfach blind vertrauen. Da ist viel Menschenkenntnis gefragt. Es hilft schon viel, wenn man zumindest ein wenig der Landessprache mächtig ist und sich mit der örtlichen Kultur vertraut gemacht hat. Man erlebt auch viel mehr wenn man in Kontakt mit den Menschen vor Ort tritt und nicht nur stur zum Skifahren geht.

Reisen öffnet die Augen, das sollte man nutzen. Ein Leitspruch dafür ist auch: Es ist nichts besser oder schlechter als Zuhause - es ist anders. Wer mit dieser offenen Einstellung kommt und wieder geht, hat immer ein positives Erlebnis.

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fs.net: Staatsgrenzen sind leider nicht überall offen. Wie geht man da am besten vor? Und was sollte man im Vorfeld noch beachten?

Lea: Da gibt’s ganz einfache Regeln: Man braucht z.B. einen Reisepass, der noch mindestens ein Jahr gültig ist und oft braucht man auch ein Visum. Man fragt am einfachsten bei der Botschaft des entsprechenden Landes, welche Formalien erfüllt werden müssen. In der Regel geht das schnell und problemlos. Für gewisse Länder, beispielsweise Russland, muss man aber schon etwas Zeit einplanen bis alles beisammen ist.

Bedingung für ein Visum ist oft, dass man eine Hotelbuchung oder eine „vertrauensvolle Kontaktperson“ vorweisen kann. In Ländern der dritten Welt können das manchmal auch ausländische Entwicklungshelfer sein, die sich seit einiger Zeit im Land befinden und dort anerkannt sind. Manchmal sind gewisse Impfungen vorgeschrieben.

An Grenzen ist oft Geduld gefragt. Auch die Grundregeln des „Bakschisch“ Verteilens zum Beschleunigen von Behördenbürokratie sollte man beherrschen. Niemals darf man jemanden offen bestechen, da derjenige sonst schwer beleidig ist und vor seinen Kollegen möglicherweise sein Gesicht verliert. Es muss immer so aussehen, als hätte man ein „Geschäft“ abgeschlossen. Andernfalls sollte man sich absolut sicher sein, dass man unbeobachtet ist und dass der Gegenüber empfänglich ist. Aber man muss auch aufpassen, dass man nicht gleich dem Erstbesten etwas in die Hand drückt sondern erst bei dessen Vorgesetzen eine „Aufmerksamkeit für die Gattin und die Kinder hinterlegt“.

Georg: Ganz was Anderes: Möchte man Druckluftpatronen für einen ABS oder Snowpulse Rucksack mitnehmen, muss man diese im Handgepäck verstauen, vorab bei der Fluglinie anmelden und sich eine schriftliche Bestätigung geben lassen. Selbst dann hat man aber meiner Erfahrung nach leider noch keine Garantie, dass man sie dann auch wirklich mitnehmen darf. Je nach Fluglinie sind aber inzwischen Erfahrungen gesammelt worden und die Situation dürfte sich verbessern. Auf Rückflügen aus exotischen Ländern hatte ich dagegen noch nie Probleme.

Lea: Beim Buchen des Flugs lohnt es sich manchmal auch zwischen den Gepäckbestimmungen (Gewicht / Sportgepäck) zu vergleichen. Manchmal ist ein günstigerer Flug durch Zuzahlungen beim Gepäck dann doch nicht mehr so billig wie gedacht. Apropos Gepäck: Reisegepäckversicherungen decken übrigens nicht immer den vollen Gegenwert der Sportausrüstung, manche sogar nur 25%.

Außerdem sind es ja oft auch schwer ersetzbare und individuelle Einzelstücke, passende Skischuhe beispielsweise. Speziell die Boots sollte man sowieso immer im Handgepäck transportieren. An vielen Rucksäcken kann man sie seitlich befestigen. Notfalls hängt man sie sich um den Hals. Wird man darauf hingewiesen, dass dies nicht erlaubt sei, kann man immer ganz gut damit drohen, die Skischuhe gleich an Ort und Stelle anzuziehen, es sind ja unverzichtbare, individuell angepasste Unikate.

fs.net: Das hört sich nach ganz schön viel Aufwand an, für ein bisschen Fliegen…

Georg: Ist es eigentlich nicht, nur beim ersten Mal ist es etwas aufregend. Es sind halt viele Kleinigkeiten die man beachten muss, das lernt man aber schnell und später denkt man gar nicht mehr darüber nach. Sofern man immer genug Zeitpuffer zwischen Transfers einplant und diese gut organisiert sind, sollte es keine ernsten Probleme geben. Je routinierter man beim Reisen wird, desto individueller und spontaner kann man seinen Trip gestalten.

Lea: Beim ersten Mal ist ja alles aufregend, da ist es schon gut, wenn man einen festen Plan hat. Sobald man Erfahrung gesammelt hat und ein wenig weiß, wie der Hase läuft, ist es relativ einfach auch spontan zu agieren. Selbstsicheres Auftreten bei absoluter Ahnungslosigkeit ist auch beim Reisen mit Ski der Schlüssel zum Erfolg. Das heißt auch, man kann durchaus mal etwas dreist sein, um sein Ziel zu erreichen. Wenn man sich auskennt, macht man gleich einen selbstsicheren Eindruck. Einem Anfänger kann man diese Spontaneität aber nicht unbedingt empfehlen, viele Länder sind auch mit einem guten Plan undurchsichtig für uns Europäer.

Georg: Überhaupt muss man akzeptieren, dass in manchen Ländern eben nicht alles so läuft wie man sich das vorher vorgestellt hat. Wenn etwa die zum Mietwagen mitbestellten Schneeketten nicht da sind, holt man sich am einfachsten welche in einem Baumarkt, statt tagelang (!) zu diskutieren.

fs.net: Jetzt haben wir uns sehr ausführlich über viele logistische Details unterhalten. Was möchtet Ihr unseren Lesern für den Aufenthalt im Reiseland sonst noch mit auf den Weg geben?

Lea: Seid offen und geht nicht nur Skifahren!

Georg: Richtig! Aber wie gesagt darf man sich nicht übers Ohr hauen lassen. Beispielsweise sollte man keine Früchte essen, die bereits aufgeschnitten sind. Man wäre nicht der erste Tourist der anschließend über die Wirkung von K.O. Pulver staunt.

Lea: Wer aber allzu misstrauisch in ein Land fährt wird nicht viel erleben. Ein gewisses Risiko muss man eben eingehen. Das trifft auf viele Lebensbereiche zu, insbesondere auch auf das Skifahren. Das Risikomanagement im Bezug auf Lawinen ist an wenigen Orten so ausgeprägt wie bei uns in Europa. Da muss man sich andernorts weiter aus dem Fenster lehnen.

Georg: Will man aber etwas absolut nicht tun, dann wird auch kein noch so penetranter Einheimischer darauf bestehen. Man muss halt überzeugend sein, nicht so windelweich, wie es Touristen meist sind und die dann in Massen an irgendwelchen Sehenswürdigkeiten vorbei geschoben werden. Sprachkenntnisse sind da sehr hilfreich. Je öfter man sich auf fremde Länder einlässt, desto souveräner wird man.

Lea: Habt Spaß! Ein ehrliches Lachen und Freundlichkeit sind eine weltweit funktionierende Sprache.

fs.net: Vielen Dank Euch beiden für Eure Tipps & Tricks sowie die schönen Fotos Eurer letzten Reisen.
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