DIY Skiservice: Wachsen

DIY Skiservice: Wachsen

Von JuliaS am 28.Sep. 2017

Warum überhaupt wachsen?

20170928 ReibungSchnee ist ständiger Veränderung unterworfen. Bei tiefen Temperaturen erzeugen die Spitzen und Kanten von Neuschnee an der Belagsoberfläche Reibung. Ungefähr 48 Stunden nach dem Schneefall spricht man von Altschnee. Diese Kristalle sind runder als Neuschneekristalle und sorgen so für eine größere Kontaktfläche und erhöhte Reibung. Ab 0° schmelzen Schneekristalle. Das dabei entstehende – oder durch Niederschlag einsickernde - Wasser erhöht die Kontaktfläche und die Reibung zwischen Ski und Schnee nochmals und es kommt zum Sogeffekt, der Ski saugt sich an. Im Gegensatz zu Naturschnee frieren Kunstschneekristalle von außen nach innen und können beim Frieren auseinanderbrechen, wobei scharfe Kanten entstehen, die die Reibung erhöhen. Außerdem sind die Kristalle deutlich kleiner als Naturschneekristalle. In kurzer Zeit wird eine vergleichsweise hohe Dichte erreicht. Hohe Dichte bedeutet aber auch große Kontaktfläche und hohe Reibung.

Wachsen dient dazu, die Reibung zwischen Schnee und Ski zu verringern, den Ski „schnell zu machen“. Idealerweise ist die Wachsmischung, die aufgetragen wird, genau auf die jeweiligen Schneeverhältnisse abgestimmt. Für den Hobbyfahrer reichen dazu allerdings die Schneetemperatur und –beschaffenheit völlig aus. Um die Gleiteigenschaften eines Skis zu verbessern, bekommt er außerdem eine Belagsstruktur verpasst. Grundsätzlich gilt: je höher die Temperatur und je grobkörniger bzw. durchfeuchteter der Schnee, desto gröber die Wahl der Belagsstruktur um Sogwirkung zu verhindern. Je niedriger die Temperatur und je kristalliner der Schnee, desto feiner die Belagsstruktur um Rei-bung zu reduzieren.

DIY oder doch Profi-Service?

Die Ski selbst zu wachsen und zu präparieren hat eindeutige Vorteile: man kann das jederzeit spontan machen, es ist relativ günstig und Omas altes Bügeleisen kann sinnvoll weiter verwendet werden, wenn man sich die ca. 40 € für ein spezielles Wachsbügeleisen sparen möchte. Generell gibt es Heißwachs und Kaltwachs, die sich – wie der Name schon nahelegt – in der Art der Aufbringung auf die Ski unterscheiden. Während Kaltwachs einfach auf die Oberflä-che des Belags aufgetragen wird, bügelt man Heißwachs in den Skibelag, sodass es in die Poren eindringen kann. Kaltwachs ist easy im Handling, aber nicht so abriebfest wie Heißwachs.

Heißwachse werden mit und ohne Fluor hergestellt, wobei fluorhaltige stärker hydrophob als fluorfreie sind und der Ski schneller läuft. Dass diese HF (High-Fluor)-Wachse im Rennlauf Standard sind, wundert daher wohl niemanden. Für Otto Normalverbraucher lohnt sich aber der Mehraufwand bei der Skipräpa-rierung und die Mehrkosten durch das teure Wachs in den seltensten Fällen. Für Pisten- und Langlaufski genügt auch ein LowFluor-Wachs, bei Freeride- und Tourenski sollte man zum gewöhnlichen fluorfreien Universalwachs greifen. Das ist ab ca. 15 € (180 g) zu haben und deckt einen deutlich größeren Temperaturbereich ab als Spezialwachse. Außerdem kann es vorkommen, dass Felle auf fluor-gewachsten Belägen nicht mehr richtig kleben…

20170928 ExpressTunerMit Hilfe von ein wenig geeignetem Equipment und evtl. einem oder mehreren Video-Tutorials (die sich auf den Websites der Wachshersteller finden - einige Links findest du unten) lassen sich auch Kanten problemlos zuhause präparieren. Bewährt haben sich Tools, bei denen Kanten- und Abhängwinkel fix eingestellt werden. Der Grat lässt sich mit einer feinen Diamantfeile entfernen. „Für Pistenski wählt man üblicherweise einen Winkel von 88° und hängt die Kante um 0,5° bis 0,75° ab. Auch wenn du es nicht glaubst, selbst im Powder läuft ein Ski mit guter Kante besser. Für Freerider nehme ich normalerweise auch die 88°, belagsseitig aber 0,75° bis 1° Winkel“, erklärt Marco Unger, Miteigentümer von Montana Schleifmaschinen Deutschland, Rennsportleiter bei Nordica Deutschland und Ski- & Radservice-Shopinhaber aus Garmisch-Partenkirchen.

Den Profiservice sollte man seinem Sportgerät gönnen, wenn der Belag gröbere und tiefe Macken aufweist, denn hier kann Feuchtigkeit in den Ski eindringen. Der Fachhändler untersucht den Ski außerdem auf Stauchungen und Kantenschäden und kontrolliert Bindung und Skischuhe. Sind bei den Skischuhen nämlich die Absatzplatten abgelaufen, ändern sich Reib- und Auslösewert der Bindung. Bei Pinbindungen wird der feste Halt von Schuhen und Pins überprüft. „Ein Standard-Maschinenservice kostet zwischen 25 und 30 €, der große Skiservice, bei dem auch der Belag ausgebessert wird, zwischen 35 und 40 €. Der Schliff des Skis sollte außerdem keine zu tiefen Strukturen und keine Struktur auf den Kanten aufweisen, damit die Drehfreudigkeit erhalten bleibt. Montana hat mit dem 3D-Tuning ein Verfahren entwickelt, das sich besonders für Freeeride-Ski und Snowboards sehr gut eignet. Sogar extreme Rocker und Twin-Tips können problemlos bis in die Spitzen präpariert werden“, gibt Marco Tipps. „Je nach Gebrauch sollten die Ski mindestens zwei Mal in der Saison zum Service.“

Belagsservice selber machen

Die Grundausstattung:
  • Ein Bügeleisen (wichtig: nach dem Skiwachsen ist das Ding für Kleidung nicht mehr zu gebrauchen, es sollte also wirklich das ausrangierte Bügeleisen sein)
  • Eine Aufnahme für die Ski (es gibt Fixierungen zu kaufen, mit ein bisschen bastlerischem Geschick kann man auch selbst eine bauen; die Ski sollten flach und logischerweise mit der Bindung nach unten liegen können)
  • Universalwachs
  • Abziehklinge aus Kunststoff
  • Nylonbürste
  • Ausbesserungsstift (graphit für schwarzen, transparent für bunten Belag)
  • Metallklinge
  • 2 feste Gummiringe

20171930 BindungAls erstes solltest du die Stopper aus dem Weg bekommen. Dabei hilft ein fettes Gummiband (findest du auf Mamas Einweckgläsern), mit dem man die Stopper über die Bindung so spannt, dass belagsseitig nichts mehr im Weg ist. Solltest du auch deine Kanten präparieren wollen, so mach das bevor du den Belag wachst. Ansonsten versauen deine Kantentools den schönen neu präparierten Belag gleich wieder und du kannst von vorne anfangen… Also Ski in die Halterung und los geht’s.

Als erstes wischt man den Belag mit einem Baumwolltuch ab, er soll auf jeden Fall trocken und sauber sein. Du findest einen größeren Schaden im Belag? Dann greif zum Ausbesserungsstift! Der wird mit Feuerzeug oder Bügeleisen erhitzt und direkt in die auszubessernde Stelle getropft. Mit einer Metallfeile und der Metallabziehklinge wird das überschüssige Material abgetragen, der Belag soll ja wieder schön eben sein. Feilen bitte immer in Richtung Kante, abziehen immer von der Skispitze in Richtung Tail.

Wenn das erledigt ist, wird das Heißwachs auf den Belag entweder aufgerie-ben, oder mit dem Bügeleisen aufgetropft. Beim Auftropfen ist der Materialver-brauch aber deutlich höher. Danach wird das Wachs mit dem Bügeleisen (Omas altes Teil auf „Wolle/Seide“ bzw. ca. 140° einstellen) auf dem Belag verteilt. Sollte es zu Rauchentwicklung kommen, dann ist das Bügeleisen zu heiß! Am besten funktioniert das Einbügeln, wenn man – wie beim Haushaltsbügeln – nie lange auf einem Fleck bleibt sondern leicht kreisend über den Belag fährt.

Nach der Heißwachsbehandlung kühlen die Ski bei Raumtemperatur mindestens 30 min ab, bevor mit der Kunststoffklinge – ja genau! wieder vom Tip zum Tail – das komplette überschüssige Wachs abgezogen wird. Kanten nicht vergessen! Zum Schluss wird mit der Nylonbürste von der Skispitze zum Skiende das Wachs aus der Belagsstruktur gebürstet. Dann nur noch abstauben - fertig.

Quellen:
Interview Marco Unger
Bergstolz #62 (Oktober 2016)
www.bergzeit.de

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