Knowledge - Die Qual der Skiwahl

Von Marius Schwager am 12.Nov. 2008

In unserem aktuellen Line-Up haben wir euch ja schon die wichtigsten Freeski-Modelle vorgestellt. Viele davon wurden von unseren Usern selbst getestet und bewertet. Doch stellt sich den meisten Freeskiern jede Saison aufs neue die Frage, welcher Ski soll es denn nun genau werden? Die massive Flut an Daten, Bildern, Werbetexten und Meinungen ist nämlich kaum mehr zu durchschauen. Als wäre dies nicht genug gibt es ja noch die Frage der richtigen Skilänge. Selbst wenn man dann sich mal für ein Modell und eine Länge entschieden hat, kommt aus irgendeiner Ecke wieder jemand und bietet einen Superdeal für einen anderen Ski an. Welcher Ski ist also wirklich "DER" richtige Ski für mich?

Damit ihr bei Eurer zukünftigen Skiwahl nicht mehr länger im Dickicht von Radien, Skibreiten, Längenangaben etc. umherirrt, versuchen wir Euch mit diesem Leitfaden einen Weg aus diesem Materialdschungel zu geben.

Kurz gesagt, die Frage, „Welcher ist DER beste Ski für mich?“, kann man nicht beantworten. Es gibt immer mehrere Ski, die zu einem Fahrer passen. Meist unterscheiden sich die Modelle - wenn überhaupt - nur minimal in der Performance. Sehr oft sind Preis, Image und Design die einzigen Merkmale, die ähnliche Ski einer Kategorie wirklich voneinander unterscheiden. Im Folgenden wollen wir Euch hierzu eine kleine Anleitung geben wie ihr an dieses Thema optimal herangehen könnt.

Schritt 1:
Zuerst solltet ihr Euch darüber klar werden welcher Skityp ihr seid und in welchen Bedingungen der gesuchte Ski eingesetzt werden soll. Es gibt zwar keine wirklichen Grenzen mehr für Freeskier, um die Skiwahl aber zu erleichtern sind unserer Meinung nach die folgenden vier Unterteilungen sinnvoll:

Park&Pipe:

Kicker, Pipe, Boxen, Rails, Treppengeländer, Baumstämme, Bierbänke und Pistenstylen. Parkski sind für kleine Revolutionäre, die Skifahren jeden Tag neu erfinden wollen. Sowohl Style als auch technisches Level der Tricks sind wichtig. Die Ski sind teilweise vollkommen symmetrisch zur Skimitte (so genannte "Real Twintips") und haben einen gleichmäßigen, oft eher weichen Flex mit Skibreiten zwischen ca. 75 - 90mm unter der Bindung. Das garantiert volle Beweglichkeit und maximalen Spaß.

Beim Flex gilt: Je verspielter ich fahre bzw. desto weniger heftig die Tricks sind, desto weicher sollte der Ski sein. Profis, die über massive und große Kicker stylen, greifen daher eher zu einem etwas härteren Ski.

Backcountry Freestyle:
Diese Ski sind für Freestyler gemacht, die besonders abseits der Piste ihren Spaß haben wollen. Fette Backcountry-Kicker laden dazu ein, im tiefen Schnee zu stylen und die meist weiche Landung reduziert das Risiko von Verletzungen. Aber auch wer gemütlich im Powder cruisen will findet hier den richtigen Ski. Die Ski sind durchweg Twintip-Konstruktionen. Bei der Breite gibt es fast kein Limit, teilweise erinnern die Bretter schon fast an Snowboards. Der Flex ist überwiegend weich bis sehr weich, wobei gilt: Je mehr Speed und je anspruchsvoller das Gelände, desto härter sollte der Ski sein.

Der neueste Trend sind so genannte "Rocker", auch "Reverse Chamber" oder "negative Vorspannung" genannt. Während bei einer klassischen Konstruktion bei einem unbelasteten Ski vor allem Tip und Tail den Boden berühren und der Ski in der Mitte durch die Vorspannung entlastet wird, sind hier Tip und Tail des Skis nach oben gebogen. Das gibt natürlich nochmal eine extra Portion Auftrieb.

Freeride:
Big Mountain, Hiken und "Deep Powder" - Freerideski sind derzeit noch am stärksten in ihrer Entwicklung und haben weiterhin ein großes Spektrum. Vom tourenorientierten 90mm Modell bis hin zu negativer Vorspannung, Variationen im Seitenzug und 150mm in der Skimitte. Diese Powder-Only-Ski mit Skimittelbreiten ab 115mm bilden eine kleine Untergruppe und sind nur als 2. oder 3. Ski für absolute Powderjunkies zu empfehlen. Die „normalen“ Freerideski mit Mittelbreiten zwischen ca. 90-110mm zeichnen sich dadurch aus, dass sie vorne weicher, unter der Bindung sowie am Heck eher härter sind, um bei allen Bedingungen am Berg die maximale Performance zu bieten. Je schmaler desto allroundtauglicher, je breiter desto eher sollte der Fahrer genau wissen was er tut.

Auch gibt es hier die Untergruppe der Big Mountain Ski, die so gut wie keine Taillierung mehr haben - das heißt 35m Radius und mehr. Sie haben meist keinen Twintip-Shape und sind in Sandwichbauweise gefertigt. Umso schneller sie gefahren werden, desto laufruhiger sind sie. Pros verwenden diese Modelle bei Big Mountain-Contests wie dem Verbier-Ride. Diese Ski sind aber generell nur sehr guten Fahrern mit viel Erfahrung und einer hervorragenden Skitechnik zu empfehlen.

Allmountain:

Backcountry-Kicker, im Park shredden, Powdercruisen, Pistencarven. Der Ski muss für euch überall am Berg ähnlich gut funktionieren. Klar ist, dass hierbei immer Kompromisse eingegangen werden müssen. Dafür habt ihr einen Ski der überall eine gute Figur macht und man nie sagen muss: "Nein, nicht mit diesem Ski." Twintip-Shape, Skibreiten zwischen 85 und 105mm, sowie einen gleichmäßigen, eher weichen Flex bilden den Mix zwischen Freeride, Backcountry und Park-Only.

Schritt 2:
Wenn ihr nun Eure Kategorie gefunden habt geht es auch schon an das Feintuning mit der optimalen Skilänge. Hierzu gibt es zwar viele unterschiedliche Meinungen und viel hängt von euren persönlichen Vorlieben ab. Dennoch haben sich folgende Vorgaben als besonders sinnvoll erwiesen und werden so auch von vielen Pros, unseren Community-Usern und den Herstellern empfohlen:
  • Park&Pipe: Körpergröße minus ca. 5 bis 15cm
  • Backountry-Freestyle: Körpergröße minus 5 bis plus 5 cm
  • Freeride: Körpergröße minus 5 bis plus 15cm
  • Allmountain: Körpergröße minus 10 bis 5cm
Für einen 2m-Mann ist es nicht nur fast unmöglich einen 210cm langen Ski zu finden, es ist auch sinnvoller, wenn sich ein jemand in dieser Größenliga an die unteren Empfehlungen hält. Gleichzeitig kann aber auch ein 170cm großes Kraftpaket mit Beinen wie Baumstämme ohne Probleme einen 190cm langen Freerideski fahren. Gleiches gilt für das Gewicht. Je schwerer ihr seid und je mehr Kraft ihr habt, desto eher könnt ihr längere Ski fahren. Lange Ski bedeuten immer ein Plus an Laufruhe, gleichzeitig jedoch nimmt man Einbußen in Beweglichkeit und Drehfreudigkeit durch ein höheres Drehmoment in Kauf.

Auch euer Alter muss berücksichtigt werden. Gerade der Köper von Jugendlichen verändert sich rasend schnell und so ist es keine Seltenheit, wenn ihr mit 14 Jahren innerhalb einer Skisaison 5-10cm an Körperlänge zulegt.

Der wichtigste Punkt ist allerdings euer persönlicher Geschmack in Verbindung mit euren Vorerfahrungen. Jemand, der bislang kurze Ski gewohnt war und damit besser zurecht kommt als mit längeren Ski, sollte sich nicht in Kategorien zwingen lassen. Gleichzeitig dürfen natürlich auch unsere älteren Semester, die Skifahren noch mit 210cm langen "Pommeslatten" gelernt haben, weiterhin längere Ski fahren.

Wenn ihr Euch wegen der Länge nicht sicher seid, hilft nur eins: Testen.

Schritt 3:
Einen passenden Ski auswählen. Der schwierigste Schritt bei Eurem Skikauf. Aber gleichzeitig auch der mit dem meisten Spaßpotential. Nachdem ihr Euch im Klaren darüber seid, welchen Typ Ski ihr sucht, geht es an die Suche nach passenden Kandidaten. Hier könnt ihr Kataloge wälzen, Internetseiten durchstöbern, eine Glaskugel zu Rate ziehen, Omi fragen oder gleich einen Blick in unser Line-Up und unsere Übersicht in unserer Community werfen.

Schritt 4:
Eine Kaufstätte suchen! Leider ist es noch nicht üblich, dass jeder Skihändler eine große Auswahl an Freeski-Modellen hat. Gerade kleinere Szenemarken sind meist recht schwierig zu besorgen. Auch Onlineshops bieten hier meist nur eine recht begrenzte Auswahl.

Die Frage, ob Online-Shop, normaler Skishop oder Szeneshop, hängt ganz von euren Präferenzen ab. Vorteil eines Szeneshops ist der Service, die Beratung, die größere Auswahl an Freeski, das Einkaufserlebnis an sich und das Wissen, etwas gutes für den Sport, den man so liebt, getan zu haben. Nachteile sind der meist hohe Preis und die Tatsache, dass Szeneshops noch sehr rar gesät sind. Außer in bekannten Freeski-Gebieten und Großstädten in Alpennähe sind sie leider kaum zu finden.

Online-Shops haben meist einen Preisvorteil und bieten einen sehr bequemen Einkauf. 24h am Tag, 7 Tage die Woche, keine nervige Parkplatzsuche, in vom Weihnachtswahn überfüllten Großstädten und kein gestresstes Verkaufspersonal. Leider bieten die meisten Online-Shops keinen Service (z.B. Montage), sowie keine Beratung. Ein positives Beispiel eines Online Shops ist unser Partner Sport Conrad.

Ein normaler Skishop, wie die bekannten Ketten Intersport oder Sport2000, haben den Vorteil, dass sie eine hohe Verbreitung haben, meist relativ akzeptable Preise und etwas Service und Beratung bieten. Gleichzeitig kommen aber weder Beratung noch Service an das Niveau der Szeneshops heran. Klarer Nachteil ist hier meist die sehr begrenzte Auswahl, sofern überhaupt Freeski vorhanden sind - und die Tatsache, dass die Verkäufer Freeskiing oftmals nur aus dem Fernsehen oder Katalog kennen.

Schritt 5:
Nach dem Kauf das Wichtigste und Schönste zum Schluss: Skifahren ist ein Outdoorsport! Also geht raus auf den Berg und lasst es krachen!

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