Prolog:
Bereits Mitte Woche begannen die Diskussionen. Klar war, dass am Sonntag was gemacht wird. Ursprünglich war Mixedklettern an der Breitwangflue in Kandersteg geplant. Die gemeldeten Temperaturen im zweistelligen Bereich bis in hohe Lagen, veranlassten uns zum umdenken. Waren doch die Verhältnisse bereits zwei Wochen zuvor nicht prickelnd.
Was macht man dann an einem supersonnigen Spätwintertag? Natürlich die Titlis-Rundtour, die haben wir beide noch nicht gemacht und die muss man ja mal gemacht haben. Schnell merkten wir, dass wir nicht alleine waren mit dieser Idee. Als uns klar wurde, dass der Andrang gross sein würde, verwarfen wir auch Plan B.
Ich wollte auch schon lange was steileres fahren auf zwei Brettern. Nicht immer nur hoch, auch mal runter. Plan C entstand, eine Befahrung der Mönch Südwand. Nach Abklärung der vorliegenden Verhältnisse verwarfen wir auch diesen Plan schnell wieder. Anscheinend war weiter oben viel Wind drin.
Uns gingen langsam die Ideen aus. Schlussendlich einigen wir uns auf etwas weniger anspruchsvolles, was uns dann doch genug fordern würde.
Früh Morgens, mit dem ersten Zug, machen wir uns auf den Weg nach Zermatt. Die lange Anreise wird standesgemäss mit Smartphone und Kaffee (auch wenn das einige wohl nicht so nennen würden) verkürzt.
In Zermatt angekommen gönnen wir uns, faul wie wir sind, ein Taxi zur Talstation. Ich habe gehört, dass der Alpinist von Format neuerdings mit dem Elektrotaxi anreist. Ob an diesem Gerücht wirklich etwas dran ist?
Auf dem klein Matterhorn erspähen wir unser gar nicht so weit entferntes Ziel. Wir halten Ausschau nach einer weiteren Mitfahrgelegenheit.
Überall doofe Berge, aber kein Taxi. Na dann gehen wir halt zu Fuss weiter.
Das Wetter ist schon geil. Und richtig warm ist es an der Sonne.
Das Ziel ist fast erreicht. Die Pollux Westflanke. Als wir den Hang von nahem sehen, schwant uns böses. Der obere Teil sieht stark abgeblasen aus.
Die Westflanke des Pollux ist mit rund 250m Länge und einer Neigung von durchschnittlich rund 45 Grad (kurze Stellen 50 Grad) in der Regel keine sonderlich anspruchsvolle Abfahrt und bei gutem Schnee für viele Leute fahrbar. Doch dazu später mehr.
Wir schnallen die Ski auf die Rucksäcke und beginnen mit dem Aufstieg. Die Eisgeräte finden guten Halt. Viel zu guten Halt. Es braucht schon etwas Schwung, um die ganze Haue zu versenken. Der Schnee ist im unteren Teil hart, im oberen Teil noch härter und stellenweise blank.
Wir analysieren noch etwas den Schnee und geniessen die Aussicht.
Echt einen guten Tag erwischt! Das Panorama ist immer wieder schön hier oben.
So laufen wir munter weiter, die letzten paar Meter in einfachem Gelände, bis wir irgendwann auf dem Gipfel stehen.
Der Hintergrund sieht sehr verdächtig nach einem weiteren 4000er aus.
Wir spüren die Höhe langsam, an einem Tag von 500m auf über 4000m ist nicht so einfach für den Kreislauf eines Bürolisten.
Wir gehen zurück in den Sattel wo man in die Westflanke einfahren würde und beginnen zu überlegen. Lohnt es sich jetzt wirklich diese Flanke zu fahren? Oben war der Schnee schon sehr hart und stellenweise war es auch blank. Wie gefährlich ist es? Wir argumentieren damit, dass es ja wie auf einer langen Rutschbahn sei, wenn man ins rutschen kommt. Man muss einfach den Felsen und dem Bergschrund ausweichen. Der Bergschrund war ja eh fast komplett zu.
Der Schnee war durchgehend hart und ich bin mir sicher, dass man frühestens nach dem Bergschrund, also rund 300m weiter unten wieder zum stehen gekommen wäre.
Wir kommen wieder auf den Punkt, dass diese Flanke doch nicht so schwierig ist und von vielen anderen Leuten ständig gefahren wird. Ein Kinderhang im Vergleich zu unserem Plan C. Jedoch ist auch eine kurze Wand mit rund 45 Grad bei pickelhartem Schnee alles andere als einfach zu fahren. Wir sind uns unschlüssig und wissen nicht so recht, ob wir zu Fuss wieder runter sollen oder doch fahren.
Der Kompromiss ist gefunden. Wir seilen einfach die ganze Flanke ab.
Nein, haben wir nicht gemacht. Aber da wir nicht recht wissen, wie viel halt man finden würde auf dieser Unterlage, entscheiden wir uns die ersten Meter abzuseilen und dann weiter zu schauen. Also im flachen Gelände mal etwas Schnee wegräumen und eine nicht sehr solide Eissanduhr einrichten.
Ich gehe vor bis das Seil aus ist.
Noch eingebunden versuche ich auf den Skikanten zu stehen. Es ist mir kaum möglich, ich rutsche. Weiter unten wird der Schnee ja etwas griffiger und flacher wird es auch. Wird schon schief gehen. Ich binde mich mit einer Hand aus, mit der andere halte ich mich vorsichtshalber am Eisgerät fest.
Wieso sehen so Sachen von oben immer steiler aus als von unten? Vielleicht habe ich einfach das Handy schief gehalten.
An der Skispitze sind die Spuren der Frontzacken vom Aufstieg gut erkennbar.
Das Seil ist verstaut, ein Pickel bleibt aber in der Hand. Vorsichtig rutschen wir ein paar Meter ab. Die Kanten finden schlechten halt. Wir sind von unten aus gesehen auf der rechten Seite, über den Felsen. Ins rutschen kommen, möchte man hier lieber nicht. Es wäre schmerzhaft.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier überhaupt einen Schwung machen kann. Also doch, den Schwung schon. Aber ob ich dann wieder verlangsamen kann ist mir unklar, ist doch bereits kontrolliertes abrutschen schwierig.
Ich überwinde mich und setze zu einem Schwung an. Was dann folgt, gefiel mir nicht so. Die Kanten springen über den Schnee und finden nur schlecht halt. Es gibt harte Schläge. Ich vermute, eine nicht verriegelte Bindung, hätte hier auslösen können. Irgendwann stehe ich dann wieder.
Ich entscheide mich noch ein paar Meter abzurutschen, bis ich in die Mitte quere. Ab da wurde der Schnee besser und das fahren leichter. Genussvoll oder schön war es jedoch nicht.
Wie bereits vermutet, von unten sieht es sauflach aus.
Irgendwann sind wir beide unten. Da es bereits spät ist, entscheiden wir uns gegen eine Abfahrt über das Schwarztor und laufen zum klein Matterhorn zurück. Der Weg war dann weiter als gedacht...Schwarztor wäre schlauer gewesen. Über die Skipiste geht es zurück nach Zermatt.
Schlussbouquet.
Zeit ins Bett zu gehen...hoffentlich habe ich mal Gelegenheit einen TR zu unserem Plan C zu schreiben!
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