Eines vorweg: Ursprünglich wollte ich diesen [TR] "Moby Dick - der weiße Wal" nennen. Hiermit erhebe ich bis zu meinem Ausscheiden aus diesem Forum Anspruch auf die alleinigen Nutzungsrechte an diesem Fred-Titel.
Doch nun zu unserem eigentlichen Thema.
Obwohl ich hier in der Schweiz auch skitourentechnisch guten Anschluß gefunden habe war es mir ein besonderes Anliegen diesen Winter doch noch eine Tour mit meinen "alten" Skitourenkollegen aus Deutschland zu unternehmen. Dies waren letztendlich Osti und Tomy. Shorsh aka Gex oder auch liebevoll Straightline genannt schaute dieses WE im wahrsten Sinne des Wortes in die Röhre.
Und so begab es sich, dass sich am vergangenen Freitagnachmittag drei Herrschaften, zwei von Norden und einer von Süden auf der verlassenen Ebene der Alpsu (Oberalppass) trafen. Wie schön war es als ich über die Schneefläche zwischen den einsamen Gebäuden schritt und sich just in dem Moment da ich mein Natel zücken wollte zwei bekannte Gestalten aus dem Windschatten einer verwaisten Sonnenterrasse lösten.
Sogleich fuhren wir die wenigen Hm zum Eingang ins Val Maighels ab und bekleideten dort unsere nackten Skis mit Fellen um bei Sonnenschein den gut markierten Aufstieg zur Camona da Maighels zu beginnen.
Noch schien das Tal ebenso einsam wie der Oberalppass selbst. Wir begegneten lediglich zwei Schneeschuhgängern (schwer beladen ) und ließen zwei tote Vögel in Frieden ruhen.
Zu dieser Zeit muss wohl auch dieser ominöse Schulz zu uns gestoßen sein. Dessen weithin bekannter Name mit langgezogenem uuuu ausgesprochen und mit einem HangLoose-Symbol gegen die Stirn gehuldigt wird.
Wie von der Hüttenwirtin gefordert fanden wir uns gegen 1815 in unserem Basislager für die kommenden zwei Tage ein.
Noch war die Maighelshütte zu einem angenehmen Grad gefüllt. Während draußen die Sonne ihr in den Bergen übliches Absschiedsspektakel veranstaltete genossen wir das reichliche und vorzügliche Abendessen - In Gedanken an Shorsh, dessen Vegi-Portion wir uns mit den Tischnachbarn teilten.
Die Nacht war ruhig, war neben uns doch bloß ein weiterer Gast im "Pazzola"-Zimmer untergebracht.
Frisch und ausgeschlafen nahmen wir am folgenden Morgen unser Frühstück zu uns und standen gegen 0715 auf unseren Latten um zum Talgrund abzufahren, dort anzufellen und unseren Aufstieg zum Piz Borel und Piz Ravetsch zu beginnen.
Bei klarem Himmel und beeindruckender Stille durchwanderten wir das noch im Schatten liegende Maighelstal in südlicher Richtung. Die Gruppe zog sich ein wenig in die Länge und so hing wohl jeder seinen Gedanken nach während die Ski über den hartgefrorenen Schnee im Talgrund glitten. Lediglich durch ein gelegentliches leises "Schuuulz" wurde die Stille unterbrochen.
Bald schon verließen wir den Talgrund um am östlichen Hang die erste Steilstufe zu erklimmen. Sobald wir die Ebene verlassen hatten schritten wir durch ersten feinen Powder.
Voller Erwartung begannen unsere Körper mit der Adrenalinproduktion. Und dann war er da: Der Moment in dem wir über eine Kuppe in die Sonne traten die sich zur gleichen Zeit über den das Tal nach osten begrenzenden Grat erhob. Wenn in diesem Moment jemand Schulz anrief, so muss es unhörbar geschehen sein.
Nachdem wir uns unserer Goretex- und Softshell-Schicht entledigt hatten setzten wir den Aufstieg über den frisch verschneiten Gletscher fort.
Nun war klar, dass die Abfahrt ein purer Genuss werden würde. Hier oben lagen gut 20cm Powder. Ob das jetzt Blower war vermag ich nicht zu sagen da ich nur einen schäbigen Aztec mit läppischen 76mm unter der Bindung durch das gute Zeug zirkle.
Staunend ob der sagenhaften Bedingungen stiegen wir über den völlig spaltenfreien Gletscher und erreichten schon bald das Skidepot an der Scharte im Grat zwischen Piz Ravetsch (3.007m) und Piz Borel (2.951m).
Nach einem kurzen Erkundungsaufstieg Richtung Ravetsch
gesellte ich mich wieder zu meinen treuen Begleitern und wir suchten uns etwas abseits des Rummels am Skidepot einen Platz für die Brotzeit. Im knietiefen Pow nahmen wir verdientes Mahl mit Blick auf die vor uns liegende Abfahrt zu uns. An dieser Stelle möchte ich Tomy meinen Respekt aussprechen: Er hätte uns im Notfall mit seiner Brotzeit sicher eine Woche lang am Leben erhalten können.
Bald schon hielt es uns nicht mehr und wir begannen mit der Abfahrt. Ich hätte Mitte April gar nicht mehr mit solch schönem Powder gerechnet. Aber war da. Und wir genossen ihn.
Mit halb so vielen Turns wie der Durchschnitt durchpflügten wir die weiten Hänge. Hier war Platz genug für jeden. Für jeden eine neue Line. Ganz ohne Secret Spot. Dank Schuuulz und Muskelkraft.
Für den relativ kurzen Aufstieg (er erscheint durch seine gute Gliederung sehr kurzweilig) hat man bei dieser Tour eine sehr lohnenswerte Abfahrt. Halt smoooth, ohne supersteile Rinnen - wenn man nicht unbedingt will...
Nach einem kurzen Gegenanstieg in der prallen Mittagssonne (ja, wir genossen auch noch etwas "Firn") erreichten wir wieder unsere Basisstation und brieten den Nachmittag über auf der Terrasse.
Dabei war fast erschreckend wie sich das Haus langsam füllte. Am Abend war die Ruhe dahin. Jeder Platz und jede Koje war belegt. Schon früh verließen wir den von ungewohntem Stimmengewirr gefüllten Essraum und verkrochen uns ins Lager. Mit der Hoffnung den wohlverdienten Schlaf zu finden bevor... Ja bevor der Rest in den mit gefühlten 30cm breiten Matratzen bestückten Schlafraum einfiel. In den folgenden Stunden habe ich auch die Musikstücke auf meinem Handy gehört von denen ich längst vergessen hatte, dass sie sich auf der Speicherkarte befanden.
Während mir mein Nachbar sanft seinen Pastaduft entgegenhauchte und sein Handy ständig blinkte und brummte sehnte ich mich auf eine Hochtour. Dann wäre die Nacht um drei beendet gewesen und die kalten stillen Berge hätten uns empfangen. Doch so stand ich nur nach einer kleinen P-Pause auf der verlassenen Terasse und war wie gebannt vom unendlich scheinenden Sternenzelt. Irgendwie fand ich dann doch noch etwas Schlaf bis um 0600 endlich der Wecker runterging.
Inzwischen war der Himmel bedeckt und leichter Schneefall hatte eingesetzt. Nach dem Frühstück packten wir unser Hab&Gut und stiegen auf den 300m über der Hütte gelegenen Gipfel des Piz Cavradi
um von dort die 1.500hm nach Tschamut abzufahren. Diese Abfahrt war durch die Schneeverhältnisse "ein gutes Training". Doch wir sollten uns nicht beklagen, denn der Schnee langte exakt bis zum Brückle in Tschamut von wo wir nur noch ein paar Meter zur Zughaltestellen aufsteigen mussten.
Dort trennten sich unsere Wege.
Während Osti und Tomy Richtung Norden fuhren stieg ich in den Zug über den Oberalppass nach Andermatt, Brig zurück nach Thun. Wo ich nun sitze und hin und wieder mit diesem Schuuulz rede.
Tomy, Osti, gut seit's g'laufen. Schön war's! Gerne wieder.
Bilder werden ergänzt und sind inkl zusätzlichem Text bei flickr. Den Track gibt's hier.
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