Neue Studie zur Ganzverschüttung
Jedes Jahr werden in Österreich ca. 150 Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung registriert. Wie die jährlichen Statistiken zeigen, bleibt der Großteil aller erfassten Personen bei Lawinenstillstand aber von selbst an der Oberfläche.
Laut einer neuen Studie hatten weniger als 2% aller nicht verschütteten Personen einen ABS-Airbag.
Die bisherige Verschüttungstheorie
Bisher war man der Meinung, dass nur jene Personen an der Lawinenoberfläche bleiben, welche einen ABS-Airbag verwenden. Personen ohne dieses System würden demnach, in den angeblich mehrere Meter tiefen Schneemassen der Flieslawine versinken und dadurch ganz verschüttet werden. Diese Theorie wurde in erster Linie vom Hersteller des ABS-Airbags verbreitet und von vielen Meinungsbildnern offensichtlich ungeprüft übernommen.
Eine neue Studie unter den teil- bzw. nicht verschütteten Personen sollte klären, aufgrund welcher Ausrüstungsgegenstände das „Oben bleiben“ erreicht werden konnte.
Laut den Unterlagen des Kuratoriums für Alpine Sicherheit blieben im Winter 2004/05, insgesamt 146 von Lawinen erfasste Personen an der Oberfläche. Davon hatten nur 2 Personen einen ABS-Airbag. Obwohl die restlichen 144 Personen kein Ballonsystem verwendeten, blieben auch diese "oben auf".
Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Schweiz ab. Laut den Daten des SLF/ Davos (Schweizer Lawinenforschungsinstituts) blieben im Zeitraum von 2000 bis 2005 insgesamt 506 Personen an der Oberfläche. Aber nur 7 Personen mit ABS-Airbag. Die restlichen 499 Personen blieben ohne ABS-Airbag an der Lawinenoberfläche.
Da im Durchschnitt weniger als 2 % aller Nichtverschütteten einen ABS-Airbag verwendeten, stellt sich die Frage, wodurch die restlichen 98% an der Oberfläche geblieben sind?
Eine Erklärung für dieses „natürliche oben bleiben“ publizierte Stephan Harvey vom SLF in Davos bereits im Jahr 2002.
Wie aus der Untersuchung „Skifahrerlawinen und Lawinenbulletin in der Schweiz“ hervorgeht, beträgt die durchschnittliche Anrisshöhe von Lawinen lediglich 40-50 cm. Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass Lawinen im Fließbereich mehrere Meter tief wären, so dass ein Skifahrer darin versinken könnte.
Auch die bei den Unfällen mit dem ABS-Airbag gemessenen Abrisskanten entsprechen dem Ergebnis dieser Untersuchung. (Daten der ABS-Airbag Website)
Fazit: Aufgrund der durchschnittlich geringen Abrisskanten kann ein Skifahrer im Fließbereich der Lawine kaum versinken. Erst die im Staubereich nachfließenden Schneemassen, führten in den aller meisten Fällen zur Ganzverschüttung.
Wie verhalten sich Ballonsysteme bei nachfließenden Schneemassen?
ABS-Airbag: Da die Ballone des ABS-Airbags direkt mit dem Rucksack bzw. mit der Person verbunden sind, können diese den nachfliessenden Schneemassen nicht entweichen und werden dadurch mitverschüttet. Dies zeigten zum einen die Lawinenversuche in der Schweiz (78,6% der ABS-Dummies waren ganzverschüttet) und zum anderen die Praxis mit dem ABS. Die auf Grund nachfliessender Schneemassen tiefste Verschüttung mit dem ABS-Airbag lag bei 3 Meter Tiefe (Lawinenanriss 1,20 m).
Lawinenball: Da der Lawinenball nicht direkt mit dem Körper, sondern über eine flexible Verbindungsleine mit der Person verbunden ist, konnte er sowohl bei den zahlreichen Lawinenversuchen, als auch in der Praxis den nachfliessenden Schneemassen entweichen. Im Gegensatz zum ABS-Airbag blieb der Lawinenball selbst in dieser Situation immer noch gut sichtbar an der Oberfläche, wodurch die Verschütteten sofort gerettet werden konnten!
Zusammenfassung: Wie aus der neuen Studie hervorgeht, sind nachfliessende Schneemassen im Auslaufbereich der Lawine die Hauptursache der Ganzverschüttung. D.h. der Großteil aller Lawinenopfer ist bei Stillstand der Lawine noch nicht bzw. nur teilverschüttet. Erst die nachfliessenden Schneemassen führen in den aller meisten Fällen zur Ganzverschüttung.
Da man aufgrund dieser Tatsache die eigentliche Ursache der Ganzverschüttung (nachfliessende Schneemassen) nicht verhindern kann, spielt der Einsatz der verwendeten Rettungsmittel auf das Überleben eines Lawinenopfers eine entscheidende Rolle.
Geht man davon aus, dass Verschüttete aufgrund sichtbarer Teile in der Regel am schnellsten und dadurch auch lebend geborgen werden konnten, ist der Lawinenball jenes Ballonsystem, welches am längsten sichtbar an der Oberfläche bleibt und dadurch die Chance lebend geborgen zu werden um ein Wesentliches erhöht. Auch in der Praxis hatten Verschüttete mit dem Lawinenball einen "sichtbaren Vorteil"! Alle Ganzverschütteten konnten Dank Lawinenball binnen kürzester Zeit gerettet werden.
Lesezeichen