Der Winter war in unserer Region noch nicht eingebrochen, eine Base unterhalb der Treeline gab es kaum. Bis dato verbuchten wir einen Powderday in Saalbach/Hinterglemm. Würden die Bedingungen in den Hautes Alpes besser sein
Und los! Auf 19.00 Uhr zwei Spezln in München plus Gear aufsammeln, ab zum Großmarkt und Proviant (Alkoholisches) einkaufen und anschließend gemeinsames Abendessen, die Dachbox montieren und den Skoda vollstopfen, Abfahrt gegen 22.30 Uhr. Um 08.59 geht in Les Brevieres das Rolltor des Ticketsverkaufs vor mir auf, d.h. vor mir steht noch ein älterer französischer Herr - ebenfalls mit Schnauzbart - welcher sich einen Saisonpass gönnt. Zahnpflege, Gear up, kurzes Bierdosentauschen mit einigen aus der Gruppe und rauf nichts wie rauf auf den Felsen. Die Aiguille Percée ist an diesem Samstag verlockend, wir sind müde, sind durchgefahren und gönnen uns eine zwei Stunden Mittagspause mit frischem Käse, Kaminwurzen, Baguette, Humus, Bier uvm in der ballernden März-Sonne (nicht nur die Sonne ballert) auf der Süd-Ost Seite des Torbogens. Das Panorama kickt schon hart und die Vibes sind ziemlich gut und so steuern wir blind vor Liebe und angeheitert in Richtung Val Claret und über Auigille Percée gegen 16.00 Uhr zurück in das Vallon de la Sachette wobei wir auf Höhe der Baumgrenze zurück auf die Talabfahrt fahren und in Richtung Chalet in Les Brevieres herauskommen.
Conditions? Kaum von denen zuhause zu unterscheiden, das Skigebiet ist in Summe relativ hoch und viele Regionen liegen über der Baumgrenze, was die Schneedecke winderverblasen, angepresst und meist geschlosen macht. Stellenweise hat die Sonne sich auch hier bis auf die Almwiese gedrückt.
Chalet? Klassische Hautes Alpes Bauweise, Meterdicke Natursteinwände und Holzbalken bis unters Dach im 4. OG. Platz für unsere 17 Personen, eigene Apartments mit 2-4 Betten plus TV und teilweise eigenen oder geteilten Badezimmern mit den Nebenräumen. Wir pennen unterm Dach. Was den Vorteil hat, dass wir immer alles mitbekommen, was im Gemeinschafts und Küchenbereich darunter passiert. Was den Nachteil hat, dass wir von den Küchendämpfen ebensoviel mitbekommen. Die Stimmung ist mehr als ausgelassen.
An Skitag 2 lockt uns die Ostseite, Le Fornet, wir drehen eine Runde über den Cascade express, über den Col d'Iseran, fahren mit dem Lessieres Express (für manche mag diese Liftfahrt aufregend sein, von osten kommend ist der Absprung mit gutem timing definitiv möglich, eine Spur gibt es auf jeden Fall - but it's not gonna happen this trip!) wieder zurück nach Westen und nehmen die schöne Abfahrt am Manchet Express ehe wir uns auf die Variante Les Marmottes ein und bei Sonnenschein im Val D'Isère unterhalb des Lac de L'Ouillette niederlassen. Auf Höhe der Baumgrenze schaut süd-westseitig die Wiese raus, wir chillen und bruzzeln mit Sicht auf "La face de Bellevarde" - die berühmte Olympiabafahrt und Ruisseau du grand Pré und haben zum Lunch eine perfekte Show der Speedflyer direkt über uns im Super S. Die Jungs fliegen Lap um Lap und grooven sich dabei immer mehr ein. Wir schließen den Tag mit einem ausgedehnten Besuch des La Folie Douce und der gewohnten Apès Ski Party (folie moon) ab (Apérol 0,4l für 15EUR), nehmen an diesem Abend gegen 17.45 Uhr den Bus von La Daille zurück nach Tignes Les Boisses 1800 und fahren anschließend die Pavot Talabfahrt im Halbdunkeln und mit einigen Airs und sketchy Sidehits praktisch bis 100 Meter vors Chalet ab.
An Tag 3 geht es auf den Gletscher, also Sonnencrème aufziehen. Wir lassen uns von der Lust und Laune durchs Gebiet treiben, fahren Rails und Kicker und scopen Lines, Einstiege und Hänge, welche bei Neuschnee als Variante interessant werden würden und fahren hier und da ins Geände. Von Val Claret aus nehmen wir Les Lanches, die Funiclaire Grande Motte hat einfach eine zu lange Schlange - es scheint einen Hype um diese Liftanlage zu geben, wir können so die Shaper dabei beobachten, wie sie für den Contest mächtige Kicker vorbereiten. Diese Variante oder diese Route müssten im übrigen diejenigen sein, auf welcher die Lawiene auf Jespers Video eine Woche später abgegangen war. Die Südroute vom Gletscher lassen wir aus, zu warm ist es, zu wenig lockt uns das zerfarene Gelände. Die Nordseite weist ein anspruchsvolles Eisfeld auf, welches uns wegen der Spalten und Exposition abschreckt. Wir merken uns den Grand Balme unterhalb vom Gletscher für einen Tag mit mehr Schnee. Vom Col des Ves aus sollte ein Traversieren in den Nordhang möglich sein. Das Petite Balme lassen wir aus, zu groß ist uns das Risiko, dass wir uns im oberen, undurchsichtigeren Teil des Einstiegs verfahren.
Tag 4, wir nehmen uns die Tour du Charvet vor. Der Einstieg ist einfach, die Fahrt durch den Bachlauf zwischen Felsen und Spalten hindurch macht mir persönlich großen Spaß. Wir machen erneut Mittag in der Sonne und nehmen uns Zeit für die tollen Eindrücke dieser Variante. In Le Manchet kann man den Manchet express zurück nehmen, die Abfahrt kennen wir bereits. Wir entscheiden, dass uns die Schneebedingungen im Bachbett hier oben bereits "sketchy" genug sind und das berüchtigte Vallée Perdue, welches ich auf meiner Liste hatte, bei diesen Bedingungen (wenig Schnee) nicht zu fahren. Wer das Abenteuer wagen will, sollte eine solide Base bis unten ins Tal vorfinden, die jedoch nicht zu hoch sein darf - es sei denn er hat Freude an Grabungsarbeiten. Wer das Face Nord de Borsat ohne Hike, also direkt von der Abfahrt vom Col de Fresse aus abfährt, der wirft sowohl einen Blick in den verlockenden Nordhang als auch auf die ausgebaute Seite des Gletschers Grand Motte. Der Hike ist jedoch absolut zu empfehlen und dauert nur 10-12 Minuten! Worth it! Es zieht dann endlich zu. Ein letzter Stop im Val de la Sache, diesmal auf der Route les Trois Mur ein Stück oberhalb des Wiedereinstiegs unter dem Fangzaun auf die Talabfahrt. Als wir Späzle machen bis die Arme aufgeben, setzen Wind und Schneefall ein. Endlich...
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