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Thema: LVS-Suche bei Mehrfachverschüttung

  1. #1
    Freeskier Avatar von ThinkPow
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    Standard LVS-Suche bei Mehrfachverschüttung

    Hallo zusammen,

    letzt beim Üben ist einem Kumpel und mir eine Frage bezüglich der Suche bei mehr als einem Verschütteten in den Sinn gekommen. Wir hatten 3 Geräte und haben somit dann auch mal, jeder alleine, zwei Geräte gesucht. Nun folgende Frage, vielleicht kann jemand weiterhelfen:

    Und zwar geht es um das Vorgehen bei z.B. 2 Verschütteten, nachdem man den ersten gefunden hat. Das Vorgehen zu Beginn ist klar. Je nach Breite der Lawine Suchstreifen mit passendem Abstand zueinander und dann hoch bzw. runter. Nun finden aber die Sucher (Annahme: 2) das gleiche Signal und werden somit beide direkt zum ersten Verschütteten geführt. Sondieren, Treffer - es gräbt nur einer (?), der andere macht sich auf die Suche nach dem anderen Verschütteten. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher . Unter Umständen stehe ich jetzt ja mitten im Lawinenkegel, in welche Richtung beginne ich mit meiner Suche? Da ich jetzt alleine unterwegs bin, laufe ich jetzt in angepassten Schlangenlinien über das Lawinenfeld - aber in welche Richtung? Da beide Sucher auf dem Weg nach oben nur ein Signal gefunden haben, liegt es ja nahe, dass sich der zweite Verschüttete oberhalb der Fundstelle des ersten befinden muss - heißt, ich würde einfach den Hang queren und somit meine "Schlangenlinien" beginnen?

    Hoffe, die Frage ist einigermaßen verständlich formuliert - vielleicht kann mir jemand weiterhelfen. Auch wenn es nach der häufig vertretenen Forumsmeinung eher selten zu einer Mehrfachverschüttung kommt, würde mich das trotzdem interessieren.

    Danke schonmal!
    ski-ing. the art of catching a cold and going broke while rapidly heading nowhere at great personal risk.

    "Jeder ist seines Glückes Schmied. Deshalb gehe ich jetzt ein Bier trinken." (Zitat aus der lokalen Sportumkleide)

    "You put on your boots, click into your bindings, dust the snow off your skis, and it doesn't matter that you failed a test, didn't get the girl, or that your life is on a one way trip down the shitter, your world is right for the next couple of hours."

  2. #2
    Freeskier Avatar von knut
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    Standard AW: LVS-Suche bei Mehrfachverschüttung

    Wenn vorher der gesamte Bereich des Lawinenkegels unterhalb des ersten Verschütteten mit der Suche abgedeckt wurde (was der Fall sein sollte, wenn gemeinsam von unten gesucht wird, egal ob man in zwei Streifen geradeaus gehen kann oder in zwei parallelen Schlangenlinien geht), kann der zweite Suchende den oberhalb liegenden Lawinenkegel nun alleine in Schlangenlinien in Suchstreifenbreite absuchen, den zweiten finden und dann wird entschieden, ob der bereits Grabende dort aufhört und kommt, um beim Bergen des zweiten zu helfen, oder ob der Suchende nur den Fundort markiert (Sonde stecken lassen)
    Denn zu zweit gräbt man effektiver zwei Löcher hintereinander, als wenn zwei Leute zwei Löcher unabhängig voneinander graben. Ausserdem kann so schon einer mit dem Graben beginnen, während der andere noch beim Einkreuzen und Sondieren ist.
    Und man erhöht so die Chancen, wenigstens einen zu bergen, statt parallel bei zwei Verschütteten zu spät dran zu sein.

    Das ist aber nicht immer zwingend das gescheite Vorgehen, denn je nach Triagekriterien (Verschüttungstiefe, Gefahrenbereich (z.B. Felsen, Abbüche in der Lawinenbahn oder Bäume), Kegelform) kann es sinnvoll sein, zuerst gemeinsam diesen Verschütteten auszugraben oder den anderen zu suchen und dann zu entscheiden. Gerade bei Verschüttungssituationen mit weit verteiltem Kegel oder gar mehreren räumlich getrennten Kegeln kann nämlich die Suche des zweiten zuviel wertvolle Zeit kosten. Speziell wenn einfache Kommunikation nicht möglich ist.
    Ist der Erste z.B. in 3m Tiefe lokalisiert, ist es gut möglich, dass der zweite Verschüttete weniger tief liegt und somit bessere Überlebenschancen hat.
    Ist die Bergung des Ersten jedoch vermeintlich einfach, lohnt es sich u.U. diesen zuerst gemeinsam auszugraben und nach erfolgreicher Bergung zu zweit oder im besten Fall sogar zu dritt den zweiten Verschütteten zu bergen.


    Da hast Du Dir aber auch gleich ein richtig kompliziertes Entscheidungsszenario rausgesucht. Zwei Verschüttete, zwei Retter UND Suche von unten beginnend....
    Bei mehr Rettern wär die Sache schon ziemlich klar. Einer sucht weiter, die anderen buddeln.
    Wenn mehr Verschüttete als Retter da sind, ist's eigentlich auch relativ klar. Dann wird zuerst gegraben und dann weiter gesucht. Denn ohne Sonde nützt das Weitersuchen nichts. Und die Sonde bleibt nach der Punktortung stecken, bis der damit geortete Verschüttete geborgen ist.

    Zu solch komplexen Fragen empfiehlt sich die Literatur von Manuel Genswein's Werken, der Mann hat da einige Strategien entwickelt. Von der gängigen allgemeintauglichen Literatur geht sein Kapitel in "Powderguide: Free Ski" wohl am tiefsten in die Materie.

    Solche komplexen Entscheidungen sind aber schon im Profi-Bereich angesiedelt und da muss man schon fit sein, um schnell und gut in der Stresssituation am Berg entscheiden zu können. Das wichtige ist aber, nicht zu verzweifeln und einfach zu handeln, wie man es für richtig hält. Denn schlussendlich sind das Nuancen und man hat keine Chance auf jeden Fall richtig zu liegen. Man kann die Chancen nur verbessern.

    Das viel wichtigere bei solchen Entscheidungen ist aber, Strukturen zu schaffen. Die Verteilung der Aufgaben muss in den ersten Sekunden geregelt werden und im besten Fall übernimmt einer die Leitung und trifft die Entscheidungen. Natürlich dürfen die anderen diese Entscheidungen im Zweifelsfall beeinflussen, wenn sie stark anderer Meinung sind, aber wenn man jedes Mal wertvolle Zeit durch Diskussionen verliert, ist das meist schlimmer, als eine suboptimale Strategie zu fahren, die ohne Diskussionen schneller ist.


    Das ganze ist natürlich meine persönliche Einschätzung aufgrund dessen, was ich so gelernt habe. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht ganz sicher, ob es eine klare Richtlinie in der Fachliteratur gibt, die in dieser Situation eine klare Entscheidung vorgibt.

    Bin gespannt, was andere dazu sagen.
    Geändert von knut (28.01.2015 um 15:19 Uhr)
    “Anti-intellectualism has been a constant thread winding its way through our political and cultural life, nurtured by the false notion that democracy means that 'my ignorance is just as good as your knowledge.'" ― Isaac Asimov

  3. #3
    Freeskier Avatar von ThinkPow
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    Standard AW: LVS-Suche bei Mehrfachverschüttung

    Zitat Zitat von knut Beitrag anzeigen
    Da hast Du Dir aber auch gleich ein richtig kompliziertes Entscheidungsszenario rausgesucht. Zwei Verschüttete, zwei Retter UND Suche von unten beginnend....
    Der Teufel ist ein Eichhörnchen

    Das nenn' ich mal eine ausführliche Antwort! Generell kann ich dir zustimmen, je nach Situation muss man halt dementsprechend reagieren und die Vorgehensweise abstimmen.

    Bin auch mal gespannt auf weitere Meinungen
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  4. #4
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    Standard AW: LVS-Suche bei Mehrfachverschüttung

    Ich schätze die Vorgehensweise, die Knut beschrieben hat, objektiv wie subjektiv als richtig ein. So wurde sie mir im zweiten Kurs auch vom Bergführer vermittelt.

    Mir wurde gesagt, dass man sich im Zweifelsfall bei großen Differenzen der Verschüttungstiefen immer entschließen sollte, eine Person gemeinsam zu bergen. Aber das ist natürlich die Theorie.

    Du hast wirklich ein Worst-Case-Szenario ausgesucht, Suche von unten, 1:1 Verantwortung und daraus resultierende ethische Entscheidungen, die man vermutlich treffen muss....

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