Alex, kannst du das mal näher erläutern? Interessiert mich!
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Das Risikomanagement nach Munter basiert auf statistischer Analyse und geht davon aus das eine lokale Untersuchung der Schneedecke zu keinen entscheidungsrelevanten Ergebnissen führt.
In Kanada setzt man sehr stark auf lokale Stabilitätstest und entwickelt die Verfahren ständig weiter (z.B. den Extended Colum Test). Sowohl die Lawinenkomissionen als auch Guides und sogar normale Skifahrer mit Lawinenkundeausbildung setzten diese Tests ein. Damit verfügt man über eine sehr viel größere Datengrundlage zum lokalen Schneedeckenaufbau/Stabilität und kann das Riskomanagement besser an lokale Gegebenheiten anpassen.
100% Anhänger der Munter Lehre benötigen einen sehr präzisen, aktuellen und lokal gültigen LLB. Dies ist selbst in den Alpen (z.B Italien) nicht immer gegeben - in anderen Teilen der Welt sowieso nicht. Auch ist die Übertragbarkeit der statistischen Daten auf andere Regionen nicht unbedingt gegeben. Da Schneedeckenuntersuchungen von vielen als unsinnig abgetan werden haben die wenigsten hier darin Erfahrung.
Die Kanadischen Lawinenkommissionen verfügen (durch die Rückmeldung und deutlich häufigeren Tests) über eine viel bessere und genauere Datengrundlage. Können damit präzieser lokal und höhenabhängig differenzieren und vor Gefahrenstellen warnen. Zudem vefügen viele der Backcountry Skifahrer über ein sehr hohes Wissen bzgl. Schneedeckenaufbau und Stabilität.
Ich persönlich finde Munters Risikomanagement sehr praxisbezogen, da es schnell und sicher eine gute Grundeinschätzung des persönlichen Risikolevels ermöglicht. Für viele Regionen der Alpen sicherlich absolut ausreichend. Allerdings finde ich es trotzdem sehr sinnvoll sich mit Schneedeckentests auseinanderzusetzen und auch dieses Stück Information auszuwerten. In vielen Ecken der Welt ist man darauf angewiesen, da es keinen LLB gibt!
Was mich echt nervt ist das überhebliche Verhalten vieler Munter Anhänger wenn man über das Thema Schneedeckentest spricht.....
das deckt sich ja in weiten teilen auch mit den überlegungen dieses allgäuers (name vergesse, mea culpa) und grundsätzlich mit dem was viele von uns schon immer anwenden, manche wohl auch um überhaupt hänge fahren zu können, die nach munter nur mit grasski fahrbar wären, dann aber inkl steinschlaggalore ...
merci, mich hat es v.a. deshalb interessiert, da sicherlich jeder die folgenden zwei Situationen kennt.
1. es hat LWS 4 und die Leute fahren 40°+ Hänge ohne dass irgendwo ein Lockerschneerutsch oder sonstwas passiert.
2. andererseits gibts Tage, wo bei LWS 2 der Schnee vor einem in Schollen bricht und den Hang runter rutschen.
d.h. man passt vor Ort seine Voraussetzungen für die Reduktionsmethode an und stuft rauf oder runter. Was ja selbst laut Munter ok bzw angeraten ist, wenn man vor Ort geänderte Verhältnisse vorfindet.
Nichtsdesto trotz zeigt sich dadurch ja ein teilweise erheblicher Spielraum in der Entscheidungsfindung bzw den Entscheidungsmöglichkeiten, der irgendwie gefüllt werden will. Daher finde ich ergänzende Ansatze immer interessant und diskutabel. Das mit dem Schneeprofil war/ist mir ehrlich gesagt immer etwas suspekt, da sich ja alle paar Hm die Bedingungen stark ändern können. Wenn man keinen LLB hat, dann hat man natürlich auch kaum andere Informationsgrundlagen....
Hier eine Pressemitteilung der Untersuchung des SLF in DAVOS:
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/...story/30085642
spezifizierte Infos im Powderguide:
http://www.powderguide.com/magazin.p...78&display=425
und für die extrem lesefreudigen und nach Wissen dürstenden Studenten (andere nicht ausgeschlossen):
http://www.slf.ch/praevention/lawine...atistik-de.pdf
Worauf basiert der LLB? Daten der Messstationen, Wetterentwicklung und als sehr wichtiger Faktor Schneedeckenuntersuchung wie Profile und Rutschblock. Bei einer intelligenten Wahl des Testorts kann man schon krititische Bereiche Testen. Hauptziel ist es ja auch potenzielle Gleitschichten aufzuspüren, die dann gefährlich werden wenn sie grossflächig vorhanden sind.
Um es dann nach Möglichkeit mit dem Wissen über die Bedingungen und das Wetter der letzten Tage und Wochen zu verknüpfen.
Wir alle arbeiten schliesslich mit diesen "Daten", wenn wir unser Ding machen.
Ganz ehrlich, hätt ich immer rein nach Munter gehandelt, hätt ich a) nicht so viel Spass gehabt und wäre b) in mindestens 2 Brettern drin gewesen.
@ironpower: Danke für die Links. War nicht der, den ich suchte, zeigt aber auch ganz klar, dass Munters 1:3 bzw. 1:10 kompletter Käse ist (auch wenn die Intention dahinter, die Aussage "Komm einfach gar nicht erst in eine Lawine." trotzdem absolut richtig ist.
Schöne Diskussion übrigens. Was ich an der kanadischen Lehre auch sehr schön finde, ist, dass sie das Gelände und seine Formen viel mehr in die Ausbildung mit einbeziehen.
@alex
extended column test ist interessant, hab ich letztes jahr auch einige male gemacht, ist aussagekräftiger als ein normaler schaufelkompressionstest (30x30x100 cm) da auch die ausbreitung beobachtet werden kann.
Bezüglich Munter kann ich immer nur warnen, und auf eine Diskussion in bergundsteigen verweisen, in der Munter mit einem Leserbrief geantwortet hat. (Im letzten Jahr, ging um den Artikel der den aktuellen Diskurs in der Lawinenkunde mit der Auseinandersetzung in der Psychologie verglichen hat und für einen "integrierten" Ansatz plädiert hat)
Kurz: Munter wird immer verkürzt auf sein Risikomanagement mit der Reduktionsmethode, das sind aber nur 50 % seines Managments.
Erfahrene Benutzer sind durch das 3x3 genau in der Lage, sich einen guten Überblick über die Situation unabhängig vom Lawinenlagebericht zu machen und dann regelgebunden zu entscheiden. Deshalb auch das 3 fache Doppel-Ja.
Klassisch beurteilen-regelgebunden entscheiden.
Dinge wie der column und extended column test werden auch von einigen Bergführern aus der österreichischen Bergführerausbildung verwendet und sollen mehr in die Ausbildung integriert werden
@Patrick
Das mag sein, dass Munters Risikomanagement oft nicht vollständig betrachtet wird - will mich da nicht ausschliessen und werde nochmal ein wenig nachlesen.
Ich finde es sehr gut das aktuelle Testmethoden auch von österreichischen Bergführeren verwendet werden - das setzt hoffentlich einen Trend zu mehr Eigenanalyse.
die llbs basieren ja auch auf den versch. testmethoden der experten (bf, hüttenwirte, pistenchefs etc.) vor ort.
munter wird vielfach mit der simplen rechenmethode, oder gar llb-stufe/steilheit gleichgesetzt. die "traditionellen" methoden werden ja weiterhin angewandt. nur ist das für den durchschnittsfahrer alles viel zu viel infos, die man in meist kurzer zeit ja garnicht aufnehmen kann. man sollte auch nicht das ziel einer bzw dieser rechen+filtermethode vergessen: reduzierung der todesfälle und auslösungen allgemein.
@alex: hast du ne gute (!) quelle dazu? würde mich interessieren. "anders" kann ja manchmal die eigene sichtweise erweitern und damit verbessern ;)
um zu konkretisieren: Artikel ist in 4/2008 bergundsteigen,
"des einen Freud des anderen Munter", ist aber nur als abo pdf verfügbar.
Antwort von Werner Munter in 1/2009, auf Seite 6 der PDF
hier:http://www.bergundsteigen.at/file.ph...8dialog%29.pdf zu finden.
das wird in ö bei allen skilehrer- (landeslehrer aufwärts) und skifühererausbildungen in der tat intergriert, die lehrmeinung da ist, dass erst eine klassische beurteilung auf grund von erfahrung, stabilitätstests, schneeprofil etc gemacht wird und jegliche "strategien" (stop or go, snowcard, reduktionsmethode) als mittel zur kontrolle der so getroffenen entscheidung dienen.
Mein Eindruck (und der einiger Kanadier: ich brauch euch ja eigentlich gar nicht erst fragen - Europäer hab keine Schneesäge....) ist, dass durch einige Aussagen von Munter das Thema Schneedeckentests ins Abseits gedrängt wurde. Eingängige Aussagen wie "Abschied von Repräsentativen Schneeprofil" und "denken statt schaufeln" verleiten natürlich bei oberflächlicher Betrachtung dazu.
Das alle weiteren traditonellen Methoden weiter angewandt werden hab ich hier nicht bezweifelt.
Für Kanadier gehört es zum Standardvorgehen wären einer Tour Blocktest oder den erweiterten Blocktest durchzuführen.
Marius - wenn Du nach "colum test" oder "extended colum test" suchst findest Du einiges gutes Material.
Interessant für den Einstieg ist auch dieser Artikel:
http://www.lawinenwarndienst-bayern....undsteigen.pdf
Man sollte weiterhin nicht aus einem column test die Informationen für einen ganzen Hang oder Gebiet ziehen, das war und ist fehlerbehaftet.
Da diese Tests aber nicht so lange dauern, kann man schon mal ein paar machen um dann ein repräsentativeres Bild der Situation zu haben (im Prinzip ist MISTA nichts anderes)
Bruce Tremper zeigt das sehr schön in seinen youtube videos
Tatsächlich würde ich aber das richtig eingehend nur nutzen, wenn kein LLB zu Verfügung ist (was ja für Teile der Rockies zutrifft) oder bei spezielleren Abfahrten, die man schon länger beobachtet.
Hier ein Zitat aus 3x3 (Munter, Seite 114):
"Sackgasse der analytischen Lawinenkunde und Neuorientierung
...Das heisst nun aber nicht, dass wir überhaupt nicht mehr in die Schneedecke schauen sollen, nur geschieht dies mit einer anderen Zielsetzung: Nicht um einzelne Gefahrenstellen zu erkennen, sondern um das allgemeine Gefahrenpotenzial der Gegend (Größenordnung mehrere km2) abzuschätzen, also um eigenverantwortlich einen lokalen Lawinenlagebericht zu erstellen oder um den amtlichen Lawinenlagebericht zu überprüfen......."
Ich denke das trifft es auf den Punkt. Wenn die Entwicklung dynamisch war, man Zweifel am LLB hat aufgrund eigener Beobachtungen, regional sehr grosse Unterschiede bestehen oder man über gar keinen LLB verfügt dann ist ein Profil eine wertvolle Hilfe. Natürlich muss man hinreichend Erfahrung sammeln und erst einmal häufiger testen und mit dem LLB vergleichen.
"In der Region war seit Tagen vor Lawinen gewarnt worden" :rolleyes: