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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : aus fehlern lernt man



Ruprecht
09.03.2009, 18:39
hallo an alle,

um aus meinem fehler zu lernen und auch um andere für alpine gefahren zu sensibilisiern, poste ich den zum glück glimpflich ausgegangenen lawinenabgang bei meiner letzten tour.

Gefahrenstufe laut llb war 3, hangneigung bei der anbruchstelle war geschätzte 35°. ausgelöst wurde das brett beim aufstieg. wir waren zu zweit unterwegs und haben entlastungsabstände von etwa 15-20m eingehalten (etwa von einer spitzkehre zur nächsten). wir haben das brett mit unserer aufstiegsspur sozusagen "abgeshnitten". exposition west. der hang war eingeweht.

da ich als zweiter aufgestiegen bin und wahrscheinlich mitgerissen worden wäre, wäre ich eine spitzkehre weiter unten gewesen, beschäftigt mich vor allem die frage nach den idealen entlastungsabständen beim aufstieg, da sich diese ja nicht auf ein konstantes maß von 20m oder mehr einhalten lassen (bei spitzkehren). und hätten wir einen mindestabstand von 20m eingehalten, wäre ich wie gesagt wohl weiter unten gestanden und mitgerissen worden.
ach ja, ich halte es im nachhinein für einen fehler überhaupt weitergegangen zu sein und die tour nicht abgebrochen zu haben, vor allem wegen des schlechten bauchgefühls angesichts des eingewehten hangs.. (eine alternative aufstiegsroute gab es nicht, der gipfel wäre im bild weiter rechts oben)

was ich (bis jetzt) daraus gelernt habe: NEIN SAGEN!

grüße ruprecht

Nuno
09.03.2009, 19:00
Uff... ganz nett mal ein Foto von sowas zu haben...
Das mit dem "Nein-sagen" habe ich über Fasching auch gehabt...
Hatten Anfänger dabei, nebelig geworden, später ein white-out. War auch n Bauchgefühl da, hatten dann aber gedacht, dass der weg zu Hütte kürzer sei als der Weg über die ausfstiegsspur zurrück...

knut
09.03.2009, 19:10
Danke "Ruprecht" für das Teilen dieser Erfahrung und willkommen im Forum (?).

Das "Nein-sagen" ist extrem wichtig. Vor allem, sowas in der Gruppe zu diskutieren, jeden Zweifel zu äussern und auch ein Bauchgefühl mitzuteilen.

Ich frage mich allerdings, warum ihr die Spur durch die Rinne gelegt habt und nicht auf dem Rücken. Für mich sieht das auf dem Bild so aus, als wäre das die deutlich bessere Spur gewesen, ist aber natürlich auf nem Bild nie so gut zu sehen, wie im Gelände selber.

gex
09.03.2009, 19:10
Danke für den Bericht!!

das mit den Sicherheits/Entlastungsabstände bei Spitzkehren bereitet mir auch immer Kopfschmerzen...

Es ist immer schwer und zum Teil anmaßend und sinnlos, das mit einem Bild beurteilen zu möchten:
Aber warum keine alternative Aufstiegsroute?
Oberhalb von dem Hang indem das Brett abging ist doch eine flachere Hangpartie?!

Schmichl
09.03.2009, 19:25
Hab am Samstag ein ganz ähnliches Schneebrett vom Skilift aus beobachtet. Der Auslöser war so gescheid und hat genau auf einer Wächte die über einen Hang lag wie auf diesem Foto hier, gequert und ist dann über die Wächte runtergesprungen in den Hang. Das Schneebrett war zwar nur 10 m breit und circa 20 m den Hang hinunter, aber ca. 100 m weiter war die Skipiste.

Das mit dem Nein-sagen hab ich bei mir selber gut beobachten können. Am Morgen die Hänge angeschaut und gemeint: Wäre super aber könnte gefährlich werden da abzufahren, ganz rechts halten denn links schaut es nach Triebschnee aus.

Nach 2 Abfahrten gings nur mehr darum die bessere, noch jungfräuliche Line zu finden und die Gedanken an Lawinen waren irgendwie verflogen.

Ruprecht
09.03.2009, 20:35
ja ist auf dem foto tatsächlich nicht sehr gut ersichtlich warum wir genau da aufgestiegen sind. die schneedecke war in der von knut angesprochenen rinne, da mehr südexponiert, am stabilsten, der angesprochene rücken sah ziemlich eingeblasen aus und führte in steileres gelände (oben unter der wächte) auserdem war die wächte an unserem zwischenziel am grad schon abgegangen, weshalb es uns dort am sichersten erschien. man hätte vielleicht noch weiter links im südhang aufsteigen können, da der schnee sich dort zumindest oberflächlihc bereits ziemlich gut verfestigt hatte, allerdings war da der ganze hang steiler..
ich fürchte, man kann nur aus den bildern nicht nachvollziehen warum wir gerade da aufgestiegen sind, andere angesprochene varianten über den rücken z.b. wären aber wahrscheinlich nicht gefährlicher, also auch möglich, gewesen.

noch zwei bilder. man konnte auch gut die instabile schicht beobachten (reif).

MoO
09.03.2009, 20:35
Einigen von euch mag die Frage sicherlich dumm vorkommen ich stelle sie trotzdem, im Interesse ne neue Erkenntnis mitzunehmen. Dazu sei noch gesagt, dass ich selbst erst 2 richtige Touren (mit erfahrenen Locals) hinter mir habe. Wenn der Gipfel ,also euer Ziel(oder?)sich oben rechts befindet, warum seid ihr dann auf der linken Seite durch die Rinne aufgestiegen ? Hattet ihr vor den kompletten Hang dann noch ca. am Grad zu queren ? Bitte um eine sachliche Antwort von der auch ich was habe ? Und nochwas: Hätte man hier was mit der Reduktionmethode reißen können ?

lg Moritz

Ruprecht
09.03.2009, 20:44
@moritz: am bild im letzten beitrag kannst du erkennen, dass ein direkter aufstieg zum gipfel bei den schneeverhältnissen eher nicht in frage kommen konnte. der tourenführer (buch ;-)) den wir benutzt haben, hat auch angegeben, bei unsicheren schneeverhältnissen (evtl. mit schidepot) über den grad aufzusteigen.

achja, die reduktionsmethode beherrsche ich auch nicht, werd mir aber wohl demnächst das buch holen..

MoO
09.03.2009, 20:48
was hattet ihr denn ursprünglich vor ? also wenn euch keine lawine zum umkehren gebracht hätte ? wolltet ihr lediglich die rinne hoch und dann über den grad und auf der nordseite abfahren oder wolltet ihr euch an den gipfel halten und auf der aufstiegsseite auch wieder abfahren ? schaut iwie komisch aus zumal der hang direkt unter dem gipfel bei ner drei und den angetroffenen verhältnissen(auch ohne direkten hinweis wie hier die lawine) in meinen augen doch definitiv unmöglich gewesen wäre oder ?

Ruprecht
09.03.2009, 21:07
genau, wir wollten zum grat aufsteigen und über diesen weiter zum gipfel. abfahrt wie aufstieg.

Joachim
09.03.2009, 21:32
Als ich das Bild gesehen hab, hab ich mich zuerst das selbe gefragt wie Moritz: Selbst wenn sie es bis auf den Gipfel geschafft hätten (vielleicht auf oder hinter dem Grat) wären sie dann in den zu uns gewandten Hang eingefahren. Das stelle ich mir grauslig vor!:eek:
Ich bin kein Freund der Reduktionsmethode (hab sie allerdings auch nicht drauf). Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich Leute damit gefährliche Hänge "schönreduzieren". Für mich zählt das Bauchgefühl mit Erfahrung. Meines und das aller Kollegen!

Dicki
09.03.2009, 21:46
Vorneweg, ich bin kein Tourengeher. Aber wenn ich den Hang mir anschaue frage ich mich wie man da sicheren Fußes hochkommen soll?

Grüner weg? Man müsste in der Schattenopartie hochsteigen was für mich persönlich als einer der steilsten Flächen aussieht und vermutlich auch zugeweht ist. Da der ausgelöste Teil eine ähnliche Lage hat. Würde das bei einer Abfahrt zumindest meiden das Gebiet.

Der pinke Weg geht zwar auf dem Grat in der Mitte hoch, scheint aber nochmal ein Stück gefährlicher zu sein. Wenn ich den Gletsch höre. Eine Frage, warum das hier? Sonne? Wind? Was?

Hab mich bisher auf kein soooo umfangreiches Wissen und viel Bauchgefühl gestützt bei sowas, bzw den LLB. Eine hilfreiche Aussage wer sehr nett.

Ruprecht
09.03.2009, 22:10
das war unser plan, wie gesagt, abfahrt wie aufstieg!

s3v3rin
09.03.2009, 22:21
Wir mussten dieses WE auch mal NEIN sagen!
Danke für die Bilder!

decay
10.03.2009, 11:53
Bei der Situation hätte ich mich niemals unterhalb des abgegangenen Hanges auch nur vorbeigehen getraut und wäre nach links ausgewichen um zumindest das Gefühl zu haben ausserhalb des Auslaufbereichs zu sein. Einzige Möglichkeit bei dem Hang ist imho weiter links gehen und über den Grat. Naja, und Abfahren geht eigentlich nicht wenn man Stop or Go oder die einfachen Regeln berücksichtigt, 35 Grad sind das imho mindestens.
Ich mache auch keine Reduktionsmethode, habe das gleiche Gefühl wie Joachim und empfinde die einfachen Verhaltensregeln als für mich sicherer.

alex

knut
10.03.2009, 12:33
Ist Dir klar, dass sie das Brett selbst ausgelöst haben? Dein erster Satz ist nämlich in der Hinsicht nicht ganz eindeutig formuliert.

decay
10.03.2009, 12:40
@knut: ja, ist mir schon klar.

alex
11.03.2009, 09:49
Danke für den Bericht!

Rein von de Bilder her beurteilt würde ich sagen, das der Hang - dort wo das Brett ausgelöst wurde steiler als 35° ist. Ich hätte folgende Aufstiegsspur gelegt (siehe Bild).

Mit den Entlastungsabständen habt ihr euch richtig verhalten. Sinn der Sache ist es ja zunächst einmal die Belastung der Schneedecke zu verringern und damit die Auslösung zu vermeiden. Man kann natürlich auch noch Massnahmen gegen Mehrfachverschüttung in Erwägung ziehen und kritische Bereiche einzeln begehen können. Du hättest dann an einem "Safe Spot" warten müssen. In der beschriebenen Situation eher schwierig und sehr Zeitaufwändig (evtl, wäre ein Platz auf dem linken Rücken geeignet gewesen - oberhalb der Rinne). Dabei gilt es ja auch zu berücksichtigen, dass man einen möglichen Lawinenkegel schnell genug erreicht um die Suche zu starten.

alex
11.03.2009, 09:59
Hie noch ein Bild

Schmichl
11.03.2009, 12:12
Danke für den Bericht!

Rein von de Bilder her beurteilt würde ich sagen, das der Hang - dort wo das Brett ausgelöst wurde steiler als 35° ist. Ich hätte folgende Aufstiegsspur gelegt (siehe Bild).

Mit den Entlastungsabständen habt ihr euch richtig verhalten. Sinn der Sache ist es ja zunächst einmal die Belastung der Schneedecke zu verringern und damit die Auslösung zu vermeiden. Man kann natürlich auch noch Massnahmen gegen Mehrfachverschüttung in Erwägung ziehen und kritische Bereiche einzeln begehen können. Du hättest dann an einem "Safe Spot" warten müssen. In der beschriebenen Situation eher schwierig und sehr Zeitaufwändig (evtl, wäre ein Platz auf dem linken Rücken geeignet gewesen - oberhalb der Rinne). Dabei gilt es ja auch zu berücksichtigen, dass man einen möglichen Lawinenkegel schnell genug erreicht um die Suche zu starten.
Wäre es nicht noch besser links von dem Schneebrett aufzusteigen bis zum Joch und dann den ganzen Grad entlang weiter? Ist vom Bild her schwer zu beurteilen wieviel weiter das ganze wäre. Der Hang links vom Schneebrett sieht für mich am "sichersten" aus.