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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung von Lawinen



patrick
11.07.2008, 19:56
Ein Hang muss nicht unbedingt steil sein, damit eine Schneelawine entsteht. Materialforscher haben herausgefunden, dass Schneebretter auch im flachen Gelände ins Rutschen kommen - ausgelöst von Skifahrern, die sich in Sicherheit wähnen.

Der Anblick ist bedrohlich: Meterhoch türmen sich die weißen Massen am Steilhang. Zäune und eigens angepflanzte Wälder sollen dem Schnee die Wucht nehmen, sollte er als Lawine Richtung Tal stürzen. Dutzende Menschen sterben Jahr für Jahr bei Lawinenunglücken. Häufig sind es Skifahrer selbst, die die Katastrophe auslösen.

Bislang galt die Faustregel, dass allein der Neigungswinkel eines Berges entscheidet, ob ein Schneebrett ins Rutschen kommt. Doch dies muss nicht unbedingt stimmen, wie Materialforscher jetzt herausgefunden haben. Gefährliche Lawinen können auch in relativ flachem Gelände abgehen, berichten Joachim Heierli von der University of Edinburgh und seine Kollegen im Wissenschaftsmagazin "Science" (Bd. 321, S. 240).

Heierlis Team hat das Modell für die Entstehung sogenannter Schneebrettlawinen weiterentwickelt, bei denen ein größeres zusammenhängendes Stück Schnee den Hang herunterrutscht. Daneben gibt es auch noch Lockerschneelawinen, die von einem Punkt ausgehen.

Heimtückische Fernauslösung

Schneebrettlawinen entstehen durch das Zusammenspiel von Rissen, die sich großflächig zwischen Schneeschichten ausbreiten, und der Reibung zwischen diesen Schneeschichten. Heierli und seine Kollegen konnten zeigen, dass sich die tückischen Risse auch in vergleichsweise flachem Gelände ausbreiten - und auch dort zu einer Katastrophe führen können.

Schnee in den Bergen ist in der Regel aus mehreren Lagen aufgebaut, die unterschiedlich fest sind. Jederzeit können zwischen den Schichten Hohlräume entstehen, wenn Eiskristalle enger zusammenrücken. Wenn sich diese Hohlräume unter der Schneedecke ausbreiten, sackt diese zusammen. Die obere Schicht liegt dann auf der tieferliegenden Schicht, die Reibungskräfte zwischen den beiden Kontaktflächen entscheiden darüber, ob eine Lawine entsteht oder nicht.

Habe sich erst einmal ein solcher Hohlraum gebildet, bestehe die Gefahr, dass er sich von selbst rasch ausbreitete, erklärt Joachim Heierli. "Die Wirkung ist ähnlich dem Öffnen eines Reißverschlusses." Die Ausbreitung der Kavität, so nennen Forscher den Hohlraum, trenne die gebundenen Schneeschichten voneinander ab. "Sie kann beispielsweise innerhalb von Sekunden vom flachen Gelände aus einen Hang hochlaufen und dort eine Lawine auslösen", sagt der Materialforscher. "Es kommt zu einer sogenannten Fernauslösung, die für Skifahrer besonders heimtückisch ist."

Schnee kollabiert

"Mit unseren Ergebnissen muss die weit verbreitete Auffassung, dass Schneebrettlawinen nur durch Scherkräfte verursacht werden, in Frage gestellt werden", erklärt Mitautor Michael Zaiser von der University in Edinburgh. Man habe gezeigt, wie Schnee in sich selbst kollabiere, ergänzt Peter Gumbsch vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik Freiburg. Nun könne man die Lawinenentstehung viel besser nachvollziehen und einen Beitrag zur Sicherheit leisten.

Von einer präzisen Lawinenvorhersage ist die Forschung allerdings nach wie vor weit entfernt - es ist sogar fraglich, ob sie je gelingt. Denn Schnee ist trotz aller Modellansätze eine höchst komplizierte Materie, mancher Forscher hält ihn schlicht für unberechenbar.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,565253,00.html

falls jemand am tatsächlichen science artikel interessiert ist und keinen zugriff über eine zeitschriftendatenbank hat, einfach melden.

Bodo
13.07.2008, 14:25
find ich jetzt irgendwie nicht so neu weil dass hier bis jetzt nur auf Fernauslösung aufbaut- und das diese sich auch ins flache Gelände ausbreitet
ist auch nicht neu..

knut
13.07.2008, 14:47
Das nicht, aber zum ersten Mal wurde gezeigt, dass die Bruchfortplfanzung nicht von der Hangneigung abhängt, sondern mehr oder weniger konstant ist und von Hangparallelen als auch -normalen Schwerkraftkomponenten getrieben wird.
Klassisch wird (im Modell) angenommen, dass die Scherbruchfortpflanzung allein durch hangparallele Schwerkraftkomponenten angetrieben wird. Dieses erklärt aber "Wumm"-Geräusche, also Bruchfortpflanzungen im Flachen, nicht.
Die Arbeit ist eine rein mechanische, welche zeigt, warum Bruchfortpflanzungen und das Ausmass dieser nicht von der Hangneigung abhängen. Das Bruch nicht gleich Auslösung ist, wissen wir ja alle (Wumm-Geräusche eben) und zusätzlich zu Basalbruch (+Gleitschicht) braucht es eben Hangneigung, damit die Hangparallelen Scherkräfte überwunden werden können. Diese sind bei <30° eben i.d.R. gross genug, um die Schneedecke am Ort zu halten.
Das mathematische Modell zur Bruchvortpflanzung ist scheinbar wirklich interessant, die Darstellung des Spiegel zur Hangneigungsrolle allerdings fragwürdig. Und das ganze hat im Modell relevanz, ändert jedoch nichts an der praktischen Einschätzung und Umsetzung, denn die basiert (noch) weitestgehend auf Erfahrungen.

Bodo
13.07.2008, 14:58
dadurch dürfte also die Beurteilung von Hot Spots im Hang beinflusst werden?

campagnard
13.07.2008, 15:30
dadurch dürfte also die Beurteilung von Hot Spots im Hang beinflusst werden?


nein, die siehst nämlich nicht direkt und in vollem ausmaß. vergegenwärtige dir nochmals knuts ausführung, er fasst es ziemlich gut kurz zusammen. (meine ausführung würde länger als der artikel, depperte sozialwissenschaftskrankheit)

Zorro
17.07.2008, 13:09
interessante erkentnisse. bringt uns aber erstmal leider goarnix. ausser dass wir jetzt noch genauer wissen warum wir eigentlich nichts wissen ;)

knoxville
18.09.2008, 14:43
ich stells einfach hier rein bevor ich einen neues thema oeffne.

auf der suche nach rotationskoerper fuer meine diplomarbeit stiess ich auf diesen imposanten nicht rotierenden block (http://www.swisseduc.ch/glaciers/alps/grosser_aletschgletscher/aletsch_eislawine-de.html)

gruss und tschuss

dru
18.09.2008, 16:47
ich stells einfach hier rein bevor ich einen neues thema oeffne.

auf der suche nach rotationskoerper fuer meine diplomarbeit stiess ich auf diesen imposanten nicht rotierenden block (http://www.swisseduc.ch/glaciers/alps/grosser_aletschgletscher/aletsch_eislawine-de.html)

gruss und tschuss

grüß gott! :eek:

dRu

Dicki
18.09.2008, 21:17
Sowas ist beängstigend, was da für Bilder drin sind. Ist sicher kein alltäglicher Abbruch, aber wenn man sieht was da für Massen in Schwung kommen können und vor allem wie weit das rutscht.