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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [TR]Niedere Tauern, Februar 2021: Eine pandemische Skireise



gletsch
26.02.2021, 07:34
Pandemie, Lockdown, Reisebeschränkungen etc. Wer hätte das gedacht, dass die 20er Jahre des 21. Jht. so beginnen? Tatsächlich war ja vor ca. 100 Jahren ebenfalls die Welt im Bann einer globalen Pandemie, nämlich der spanischen Grippe. Irgendwie hat man dann das Gefühl, dass sich immer alles wiederholen muss.
Aber genug der themenfremden Einleitung: Hier geht es ja ums Skifahren. Wir hatten ja wieder mal viele Pläne. Sehr viel Schnee im Süden etc. Aber nun unter den gegebenen Bedingungen unerreichbar. Mein Vorschlag an Livrio und seiner Frau, dass wir es mit Wintercamping (hardcore, also mit Zelt als Basislager) versuchen, wurde leider abgelehnt.

Also Plan B! Auch nicht schlecht, beinhaltet dieser Plan nämlich einer der schönsten Skitourengegenden Österreichs, nämlich die Niederen Tauern. Die haben zwar einen etwas undankbaren Namen, sind aber skitechnisch mindestens ihren prominenteren Nachbaren (Hohe Tauern) ebenbürtig. Immerhin liegen einige der bekanntesten Skigebiete Österreichs (Zauchensee, Obertauern, Schladming) in diesen Niederen Tauern. Uns interessieren aber nicht diese Skizentren, sondern die vielen - vom Massentourismus verschonten - Seitentäler, die unzählige Skitourenziele unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade bieten.

Glücklicherweise sind wir diesbezüglich nicht auf ein Zelt angewiesen, sondern können in einem kleinen Haus im Salzkammergut Quartier beziehen, dass Livrio vor vielen Jahren als Ferienhaus gekauft hatte. Nun dient es uns inmitten der Pandemie als Standquartier für eine coronaregelkonforme Skireise! (und ja, mir ist bewusst, wie privilegiert wir sind ...). Bei der Anreise wurde ich noch kompetent covid-19-getestet (Livrio uns seine Frau sind Ärzte) und somit stand dann unserem Skivergnügen nichts mehr im Wege.

Am ersten Tag, es war der Beginn der anhaltenden Wärmeperiode, wählten wir das Tal von Oppenberg als Ausgangspunkt aus. Oppenberg kennt hier wahrscheinlich niemand. Dennoch ist es eines der lohnendsten Skitourentäler der Steiermark, mit dutzenden Zielen.

Wir wählten den Hochschwung, der eine nordseitige Abfahrt bietet in der Hoffnung, dass hier die Wärme und Sonne noch nicht gewütet hatte.

Zunächst hatten wir aber beim Aufstieg noch eher bedeckten Himmel, das sollte sich dann aber im Lauf der Woche komplett ändern ...
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Tatsächlich begann sich bereits während des Aufstiegs die Sonne mehr und mehr durchzusetzen ...

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[to be continued]

gletsch
26.02.2021, 08:58
Das Wetter wurde immer besser und auch das Gelände deutete Skifahrtauglichkeit an. Trotz der Erwärmung, die bereits eingesetzt hatte, war nordseitig der Schnee durchaus noch trocken, ja fast pulvrig. Die Kälteperiode der vergangenen Tage hatte da mit bis zu -20 Grad offenbar für Reserven gesorgt.

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Bald erreichen wir somit den Gipfel des Hochschwungs (2196m).

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Und bald können wir die Abfahrt genießen. Der Schnee ist durch den Wind bearbeitet, aber durchwegs noch trocken und mit größerer Entfernung zum Gipfel dann auch zunehmend lockerer.

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Wir genießen die Hänge hier heroben im schattigen Kar. Bald erreichen wir dann eine fast pistenartige Forststraße, wo wir dann noch über eine lustige Engstelle im Wald abbiegen müssen.

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Der Abschluss war dann noch sehr gemütlich über schöne Bauernwiesen bis zum Parkplatz. Wir waren uns dann alle einig, dass das - für uns alle bislang nur vom Skitourenführerlesen bekannte - Oppenbergtal ein echtes Skitourenjuwel ist.

Kartoffelstampfer
26.02.2021, 10:47
Ach herrlich. TRs versüssen die Freitage ein wenig.

skee0r
26.02.2021, 11:44
Mutig, sich auf den mit Nazi-Vermögen erworbenen Flick'schen Privatländereien schifahrerisch zu verlustieren. Der gemeine Pöbel wird dort gerne, wenn schon nicht von einer verirrten Jägerskugel, so doch von einem grimmigen Knecht aus dem herrschaftlichen SUV heraus aus dem Gebiet verscheucht. Alles privat, verstehst.

Aber ansonsten superschöne Gegend! ;)

gletsch
26.02.2021, 19:45
Am Samstag kam auch meine hart arbeitende Freundin zu unserer Gruppe. Selbstverständlich wurde auch sie sofort getestet bevor sie sich uns anschließen konnte. Wegen des befürchteten Wochenendandrangs fuhren wir bereits gefühlt kurz nach Mitternacht los, die Parkplätze hier in den Talschlüssen sind knapp gehalten, nicht zuletzt, weil wir Skitourengeher bei der fürstlichen/gräflichen/bundesrepublikanischen Jagdherrschaft auch gar nicht so gern gesehen sind. Tatsächlich ergatterten wir dann um ca. 8h45 einen der letzten Parkplätze im hintersten Donnersbachtal.

Unser Ziel war heute der Hochwart mit 2301m einer der höchsten hier. Seine schattige Nordseite gilt als "prächtige Skitour" und versprach selbst in dieser warmen Subtropenluftströmung noch trockenen, pulvrigen Schnee.

Nach dem hier so üblichen, langweiligen Forstraßenauftakt genießen wir bald die ersten Sonnenstrahlen.
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Bald geht es dann steiler hinauf...

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Immer wieder gibt es aber auch flachere Stücke zum Verschnaufen ...

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Und bald nähern wir uns der Gipfelflanke ...

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gletsch
26.02.2021, 20:25
Bald erreichen wir den Gipfelgrat und sind ob des Aha-Effekts des Panoramas ganz ergriffen.
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Beim Schreiben des Berichts wundere ich mich, wie blöd man am Gipfel dreinschauen kann ;)

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Sehr beeindruckend die Tourenmöglichkeiten in dem Seitental, das vom Großsölktal hier reinzieht. Als Ausrüstungsfreak habe ich natürlich sofort mit der Planung eines wintertauglichen Trekking-/Campingequipments begonnen ...

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gletsch
26.02.2021, 21:39
Trotz aller Begeisterung ist es irgendwann notwendig den Gipfel zu verlassen. Die Abfahrt war komplett nordseitig, in Teilen sogar durchgängig schattig, so dass wir uns auf trockenen, wenn auch windbearbeiteten Schnee freuen konnten.
Tatsächlich war es sehr schön...

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Die Abfahrt war von einer nachgerade idealen Kombination von Flachstücken und steileren Hängen geprägt. So ging es mit bester Laune bergab und natürlich wurden bei den diversen Rastpunkten die coronakonformen Abstände penibel eingehalten ...

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[to be continued]

bergjunge
26.02.2021, 21:48
Fein einen TR zu lesen und außerdem eine schöne Ecke.

Kartoffelstampfer
27.02.2021, 09:57
Yeah Stoke! Ich finde du hast einen richtig ergriffenen Gesichtsausdruck und hast auch sicher bei der Abfahrt laut gejubelt!

Ruprecht
27.02.2021, 13:54
schaut gut aus!
wie fährt sichs mit den schuhen? überleg mir auch sowas superleichtes zuzulegen..

gletsch
27.02.2021, 17:46
Ich komme mittlerweile gut klar mit den Schuhen. Das BOA-System finde ich ziemlich genial und man kann den Fuss damit wirklich festzurren. Einziges Problem sind die fehlenden Zwischengrößen. Ich habe Größe 44 gekauft und ich glaube die sind mir einen Tick zu groß (andererseits ist der Leisten wiederum ziemlich schmal). In Verbindung mit den leichten Ski hatte ich jedoch keine Probleme bezüglich Steuerung (und ich bin vorgestern am Loser durchaus auch ordentlich auf den Pisten geheizt).
Ganz großer Vorteil beim Touren: Ich hatte heute in einer Rinne ein (ungeplantes) zwingendes Kletterstück (nur ganz kurz, aber war nicht zu umgehen). Das hätte ich mit meinen Freeride-Tourenschuhen nie geschafft. Mit den Fischer ging es "gut" (hab mir trotzdem fast in die Hose gemacht ;).

gletsch
27.02.2021, 19:39
Für den Sonntag war es gar nicht so einfach eine einschlägige Tour zu finden. Nicht dass die Niederen Tauern einen Mangel an Zielen hätten, aber in pandemischen Zeiten kann es durchaus sein, dass es sonntags ein Parkplatzproblem geben könnte. Wir wählten daher Hohentauern (Triebener Tauern) aus, in der Hoffnung, dass wir a) früh genug dort sein würden und b) es dort genug Parkraum gäbe (und c) hätten wir immer noch beim dortigen, kleinen Skigebiet parken können...).

Umso freudvoller war es dann, als wir direkt am Tourenbeginnen Parkplätze fanden. Getrübt wurde diese Freude dann aber gleich darauf als die Polizei stehen blieb und uns nachlief und darauf hinwies, dass wir mitten im Parkverbot stünden (das Verbotsschild hatten wir komplett übersehen). Tolles Service war dann, als die Polizisten uns dann auf die legalen Ausweichparkplätze einwiesen ;).

Unser Tour begann dann mit einer rasanten "Abfahrt" über eine Eisstraße an Forstvillen vorbei. Bald ging es aber beschaulich aufwärts. Eine Bachquerung war dank der rezenten Kälte noch ohne nasse Füsse möglich ...

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Mit zunehmender Höhe weitete sich natürlich das Panorama

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gletsch
01.03.2021, 06:49
Wir peilen den Schüttnerkogel an, einen unbedeutenden Nachbargipfel des bekannteren Bruderkogels, der aber mit einem (hoffentlich) einsamen Nordkar unsere Aufmerksamkeit auch sich zog.

Dank der guten Fernsicht ist die Szenerie einmalig als wir am Kamm die letzten Meter zum Gipfel gehen.
Uns interessiert aber mehr der Blick in die Nähe, nämlich in das Gamskar, das ja unsere Abfahrt darstellen soll. Der Schnee sieht zwar stark windbeeinflusst aus, aber die Einfahrt ins Kar ist problemlos möglich und außer ein paar kleinere Sharks und Felsinseln ist der riesige Hang hindernislos.

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Weiter unten wird der Hang zunehmend flacher, dafür aber auch der Schnee etwas besser ...

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Über flachere Latschenfelder geht es dann weiter zur Waldgrenze, wo uns ein kurzes steiles Waldstück zur einer Forststraße bringt und wir dann das lange Pölstal hinaus fahren und schieben müssen.

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Wieder ein toller Tag und wir waren auf unserer Abfahrtsseite heute trotz Sonntags die einzigen!

mortiss
01.03.2021, 07:23
Danke gletsch!!
Super Bilder und super Bericht.
Vielen Dank dafür :)

sportsfreund
01.03.2021, 14:25
Gletsch schreibt die besten Tripreports, das war schon zu den seeligen Alpinforumzeiten so :)

gletsch
01.03.2021, 20:11
@sportsfreund, danke ich fühle mich geehrt, gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass es hier auf diesen Seiten durchaus großartige TRs gibt, die ich gerne mit großer Begeisterung lese und bewundere.

Weiter geht's mit unserer pandemischen Skireise:

Für den Montag haben wir uns "Großes" vorgenommen. Nicht bezüglich unseres Zieles, sondern bezüglich der Anreise. Und zwar geht es diesmal bis nach Salzburg, genau genommen in den Lungau nach Zederhaus. Dort hat es jede Menge Schnee und es ist eine Lücke in unserer Liste, die eigentlich nachgerade unverzeihlich ist.

Vom Salzkammergut ist die Anfahrt ja nicht einmal wirklich lang. Nach lediglich 1.5 Stunden sind wir vor Ort. Wir sind zu dritt, im Vergleich zu meinen Anreisen per Fahrrad sind wir natürlich nicht gerade nachhaltig unterwegs, aber manchmal soll man wohl nicht päpstlicher als der Papst sein. Immerhin gehen wir dann ja zu Fuß weiter und nicht per Helikopter ;).

Die Schneelage hier ist jedenfalls deutlich besser als bei uns im Nordosten...

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Wir haben heute eine ganz leichte Tour vor nach hinten in Richtung Muhreralm und dann auf die Aignerhöhe, ganz in der Nähe des Alpenhauptkamms. Es ist unser dritter Skitourentag und da ist es in Österreich von den Schulskikursen her Tradition einen halben Rasttag einzulegen. Und wir halten uns - über 30 Jahre später - immer noch daran ;).

Bald öffnet sich das Tal und wir bekommen die ersten Einblicke

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An der Muhreralm biegen wir dann scharf nach Osten ab und es geht die schönen NO-Hänge weiter Richtung Aignerhöhe

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gletsch
16.03.2021, 20:10
Irgendwie habe ich meine "Skireise" ganz vernachlässigt und bin mitten in unserer Erkundungstour Zederhaustal stecken geblieben.
Dabei bot gerade dort der Anstieg durchaus schöne Blick auf einige der ganz besonderen Skitourenziele dort. So z.B. das Weisseck mit den beeindruckenden Abfahrten "Ödenkar" und "In der Hölle".

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Bald erreichen wir das flache Gipfelgelände und glauben uns in eine "klassische" Wintermalerei vom alten Walde versetzt ...

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In alle Richtungen findet sich feines Tourengelände ...

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Die Abfahrt war dann schneemäßig nicht gerade ein Hochgenuss. Die Stürme der letzten Tage haben den an sich schön ebenmäßigen Nordwesthang etwas "umgepflügt". Aber wir sind ja bescheiden und kommen dann bald wieder sehr zufrieden im Tal an. Insgesamt hat uns Zederhaus im Lungau (der galt früher als "Armenhaus" Salzburgs) durchaus überzeugen können.

bergjunge
16.03.2021, 22:05
Yeah, der Lungau hat ein paar wirkliche Schätze, Weisseck ist eine absolute Wahnsinnstour.

gletsch
18.03.2021, 19:19
Yeah, der Lungau hat ein paar wirkliche Schätze, Weisseck ist eine absolute Wahnsinnstour.

@bergjunge: Ja, wir waren ziemlich begeistert. Das Weisseck habe ich dann extra recherchiert, diese beiden nordseitigen Geländekammern sind ja echt der Hammer als Tour. Ich hatte dann sogar geplant zu Ostern nach Lockdown-Ende ein paar Tage im Zederhaustal zum Touren zu verbringen, leider wird es das ja wohl nun doch nicht spielen...

Und nun weiter zum nächsten Tag der Skireise, da blieben wir wieder in der Steiermark, aber auch wieder innerhalb der Niederen Tauern. Es ging nämlich zur Planneralm. Einem kleinen, sehr schneesicheren Almdorf (ca. 1600m) in dem ich vor über 30 Jahren meinen ersten "großen" Skitourenurlaub verbracht habe. "Back to the roots", sozusagen.

Die zweite Hälfte des Februars war ja bekanntlich heuer durch frühlingshaftes Wetter mit hohen Temperaturen und wolkenlosen Himmel gekennzeichnet. Daher entschieden wir uns mal für eine südseitige Tour mit Hoffnung auf Firn bei entsprechend frühem Aufbruch. Auf der Planneralm ist das "klassische" Firnziel die Hintere Gstemmerspitze (ca. 2080), eine kurze, aber schön steile Tour (oben bis ca. 40 Grad), mit süd- bis südsüdwestseitiger Exposition.

Hier gleich mal der Überblick
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Das Schöne ist, dass sich der Aufstieg etwas seitlich versetzt zu den steileren Hängen der Abfahrt durchführen lässt, wo kleine terassenförmige Gliederungen einen relativ gemütlichen Anstieg auch bei harten Verhältnissen ermöglichen.

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Immer nett auch der Rückblick zur Planneralm mit ihrem kleinen, aber sehr lohnenden Skigebiet. Während des Aufstieges hörten wir immer wieder die "Schleifgeräusche" des einzigen Snowboarders auf den am Vormittag noch harten Pisten des Skigebiets ;).

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Gegen oben hin wurde es dann doch etwas steiler, aber da war es dann bereits aufgefirnt, so dass sogar die Harscheisen im Rucksack bleiben konnten. Wie man auch erkennen kann, waren das die Tage des Saharaevents. Insbesondere der (Fern-)Blick nach Süden war sehr durch den Staub in der Atmosphäre getrübt.

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[to be continued]